Urteil vom Finanzgericht Münster - 15 K 827/18 U
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Zwischen den Beteiligten ist strittig, in welchem Umfang die Klägerin den Vorsteuerabzug aus einer Insolvenzverwaltervergütung und aus Steuerberatungskosten geltend machen kann.
3Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist die Vermietung und Verwaltung, der An- und Verkauf sowie die Vermittlung von Immobilien im In- und Ausland. In den Streitjahren 2013 und 2014 verwaltete und vermietete die Klägerin ausschließlich ein ca. 4,7 ha großes Grundstück in M nahe Q. Andere Umsätze führte die Klägerin nicht aus. Seit Anfang 2011 vermietete die Klägerin einen Teil der Grundstücksfläche steuerfrei (847 m²) und einen anderen Teil (1.440 m²) unter Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a) des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Der Großteil der der Klägerin insgesamt gehörenden Fläche wurde nicht vermietet.
4Mit Beschluss des Amtsgerichts N vom 00.5.2010 00 IN 00/10 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Klägerin eröffnet und mit Beschluss vom 00.4.2013 mit Zustimmung der Gläubiger wieder eingestellt. Die Gesellschaft wurde anschließend fortgesetzt. Zur Insolvenzverwalterin war Rechtsanwältin U L bestellt worden. Datierend auf den 13.3.2013 erteilte sie über ihr Honorar als Insolvenzverwalterin eine Rechnung über 350.000 € zzgl. 66.500 € Umsatzsteuer (416.500 € brutto). In die durch die Insolvenzverwalterin während des Insolvenzverfahrens geführte Insolvenztabelle wurden ausschließlich unternehmerisch begründete Verbindlichkeiten der Klägerin aufgenommen.
5In den Besteuerungszeiträumen 2013 und 2014 rechneten außerdem die steuerlichen Berater über Steuerberatungsleistungen gegenüber der Klägerin ab. Für die Erstellung des Jahresabschlusses 2011 stellten die Berater am 11.4.2013 eine Rechnung mit einer ausgewiesenen Umsatzsteuer i. H. von 1.076,83 € und für die Finanzbuchhaltung 2012 eine Rechnung vom 15.4.2013 mit einer ausgewiesenen Umsatzsteuer von 241,83 € aus. Im Übrigen rechneten die steuerlichen Berater in 2013 nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens über weitere Steuerberatungsleistungen gegenüber der Klägerin durch Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer i. H. von 5.581 € ab. In 2014 rechneten die steuerlichen Berater über ihre Leistungen mit einer ausgewiesenen Umsatzsteuer i. H. von 5.693,50 € ab.
6Außerdem machte die Klägerin teilweise Vorsteuern aus einer Rechnung der Stadtentsorgung Q vom 12.4.2013 mit einer ausgewiesenen Umsatzsteuer i. H. von 131,67 € in 2013 geltend und aus einer Rechnung aus 2014 über bezogene Leistungen im Bereich des Winterdienstes mit einer ausgewiesenen Umsatzsteuer i. H. von 199,11 €, sowie weitere Vorsteuern für das Grundstück über bezogenen Leistungen mit einer Umsatzsteuer i. H. von 81,25 € geltend. Hinsichtlich dieser Vorsteuern besteht zwischen den Beteiligten allerdings kein Streit, dass diese nach dem Verhältnis der steuerfrei zu den steuerpflichtig vermieten Flächen (Flächenschlüssel) aufzuteilen sind.
7Datierend auf den 4.3.2015 reichte die Insolvenzverwalterin unter der für das Insolvenzverfahren erteilten Steuernummer xxx/xxxx/xxx1 eine Umsatzsteuererklärung für den Zeitraum 1.1.2013 bis 19.4.2013 mit einer Umsatzsteuer von ./. 41.524,01 € ein. Ebenfalls datierend auf den 4.3.2015 reichte die Klägerin für den Zeitraum 20.4.2013 bis 31.12.2013 unter ihrer Steuernummer xxx/xxxx/xxx2 eine Umsatzsteuererklärung für 2013 mit einer Umsatzsteuer von ./. 2.052,38 € ein. Die für den Besteuerungszeitraum 2013 insgesamt erklärte Umsatzsteuer beläuft sich danach auf ./. 43.576,39 €. In der Steuererklärung für den Zeitraum 1.1.2013 bis 19.4.2013 sind nach den Angaben der Klägerin aufzuteilende Vorsteuern enthalten, die die Klägerin ausweislich ihres übersandten Auszugs aus dem Buchführungskonto unter Anwendung des Flächenschlüssels wie folgt berechnete:
8abziehbar: 1.440 m² / 2.312 m² |
42.322,01 € |
nicht abziehbar: 872 m² / 2.312 m² |
25.628,32 € |
Die für den Zeitraum 20.4.2013 bis 31.12.2013 erklärten Vorsteuern belaufen sich auf 3.800,38 €. Diese beinhalten die Vorsteuer aus Steuerberatungskosten i. H. von 5.581 € und die sonstigen Vorsteuern i. H. von 454,75 € multipliziert mit dem von der Klägerin angenommenen Flächenschlüssel von 1.440m²/2.287m² (= 62,96 %).
10Datierend auf den 6.5.2015 reichte die Klägerin eine Umsatzsteuererklärung für 2014 mit einem Umsatzsteuerbetrag von ./. 1.164,25 € beim Beklagten ein. Die von der Klägerin erklärten Vorsteuerbeträge berechneten sich wie folgt:
11Winterdienst |
199,11 € |
[steuerliche Beratung] u.a. |
5.693,50 € |
Gesamt |
5.892,61 |
Davon abziehbar: 1.440 m² / 2.287 m² |
3.710,25 € |
Nicht abziehbar: 872 m² / 2.287 m² |
2.182,36 € |
Beginnend im Februar 2017 führte der Beklagte bei der Klägerin eine Umsatzsteuersonderprüfung durch. Der Prüfer traf, ausweislich des Berichts über die Umsatzsteuersonderprüfung vom 28.4.2017, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, im Wesentlichen die folgenden Feststellungen: Soweit die Klägerin Eingangsleistungen bezogen habe, die mit der Grundstücksnutzung in unmittelbarem Zusammenhang stehen würden, verbleibe es bei der durch die Klägerin vorgenommenen Aufteilung nach Nutzflächen – mit dem Verhältnis von 1440 m² zu 2287 m² und nicht wie von der Klägerin für 2013 unter Ansatz eines Verhältnisses von 1440 m² zu 2312 m² berechnet. Bei der Aufteilung von Vorsteuerbeträgen aus allgemeinen Aufwendungen des Unternehmens sei dagegen auf das Verhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Umsätzen abzustellen. Da die Insolvenzverwalterin eine einheitliche Leistung an die Klägerin erbracht und deren unternehmerische Tätigkeit fortgeführt habe, sei für die Vorsteueraufteilung betreffend die Insolvenzverwaltervergütung das Umsatzverhältnis während der gesamten Verwaltungszeit zu berücksichtigen. Durch die Insolvenzeröffnung am 21.5.2010 und der Verfahrenseinstellung am 19.4.2013 ergebe sich folgendes Umsatzverhältnis:
14in € |
2010 |
2011 |
2012 |
2013 |
Summe |
in Prozent |
steuerfreie Umsätze |
7.304 |
18.191 |
19.152 |
30.476 |
75.123 |
71,56 |
steuerpflichtige Umsätze |
0 |
12.250 |
13.400 |
4.200 |
29.850 |
28,44 |
Summe |
7.304 |
30.441 |
32.552 |
34.676 |
104.973 |
100,00 |
Die Vorsteuer aus der Insolvenzverwaltung i. H. von 66.500 € sei daher gemäß § 15 Abs. 4 UStG im Umfang von 28,44 % und damit i. H. von 18.909,86 € abziehbar. Die Vorsteuern aus der Rechnung für die Erstellung des Jahresabschlusses 2011 sei nach dem Umsatzverhältnis in 2011 (12.250 € / 30.441 € = 40,24 %) und die Vorsteuern aus der Rechnung für die Finanzbuchhaltung 2012 im Umsatzverhältnis des Jahres 2012 (13.400 € / 32.552 € = 41,16 %) abziehbar.
16Für die für das Jahr 2013 im Übrigen geltend gemachte Vorsteuer aus Beratungskosten ergebe sich folgender Aufteilungsmaßstab:
17in € |
1.1.2013 bis 19.4.2013 |
19.4.2013 bis 31.12.2013 |
Summen |
in Prozent |
steuerfreie Umsätze |
30.476 |
10.608 |
41.084 |
75,41 |
steuerpflichtige Umsätze |
4.200 |
9.200 |
13.400 |
24,59 |
Summen |
34.676 |
19.808 |
54.484 |
100,00 |
Die Vorsteuer aus den weiteren Beratungskosten in 2013, die ab dem 20.4.2013 in Rechnung gestellt wurden, im Umfang von 5.581 € seien daher i. H. von 24,59 % abziehbar, d. h. i. H. von 1.372,73 €.
19Die abziehbare Vorsteuer für 2013 berechne sich daher wie folgt:
20Vorsteuer Insolvenzverwaltervergütung |
66.500 € x 28,44 % |
18.909,86 € |
Vorsteuer Steuerberatungskosten |
1.076,83 € x 40,24 % |
433,32 € |
Vorsteuer Steuerberatungskosten |
241,83 x 41,16 % |
99,54 € |
Vorsteuer Stadtentsorgung Q |
131,67 € x 1.440m²/2.287m² |
82,91 € |
Abziehbar bis zum 19.4.2013 |
19.525,62 € |
Ab 20.4.2013 bis 31.12.2013 abziehbare Vorsteuer: |
||
Vorsteuer Steuerberatungskosten |
5.581 € x 24,59 % |
1.372,37 € |
Sonstige Vorsteuern |
454,75 € x 1.440m²/2.287m² |
286,33 € |
Abziehbar insgesamt in 2013 |
21.184,32 |
Da die Klägerin bislang 46.122,39 € abgezogen habe, seien die Vorsteuern um 24.938,07 € zu kürzen.
23Für das Jahr 2014 sei folgende Vorsteueraufteilung betreffend die Beratungskosten vorzunehmen:
24in € |
2014 |
in Prozent |
Steuerfreie Umsätze |
38.936 |
74,40 |
Steuerpflichtige Umsätze |
13.400 |
25,60 |
Summen |
52.336 |
100,00 |
Von der geltend gemachten Vorsteuer aus Beratungskosten i. H. von 5.693,50 € in 2014 seien daher nur 25,60 %, d. h. 1.457,54 €, abziehbar.
26Für 2014 berechne sich die abziehbare Vorsteuer daher wie folgt:
27Vorsteuer Winterdienst |
199,11 € x 1.440m²/2.287m² |
125,36 € |
Vorsteuer Steuerberatungskosten |
5.693,50 € x 25,60 % |
1.457,54 € |
Abziehbare Vorsteuer 2014 |
1.582,90 € |
|
Bisher abgezogene Vorsteuern |
3.710,25 € |
|
Unterschiedsbetrag |
2.127,35 € |
Entsprechend den Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung änderte der Beklagte die Umsatzsteuerfestsetzungen für 2013 und 2014 mit Bescheiden vom 23.5.2017 und setzte die Umsatzsteuer auf ./. 18.638,32 € (2013) und auf 963,10 € (2014) fest. Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 16.2.2018 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung führte er aus, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nur insoweit bestehe als die Eingangsleistungen zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze verwendet würden. Bei steuerfreier Verwendung sei der Vorsteuerabzug ausgeschlossen, § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Bei gemischter Verwendung seien die Vorsteuern nach § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen. Da es sich bei den strittigen Eingangsleistungen um solche handeln würde, die als allgemeine Kostenbestandteile direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit der Klägerin zusammenhingen (sog. Gemeinkosten), fehle es an einem wirtschaftlichen Aufteilungsmaßstab, sodass nach dem Umsatzverhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Umsätzen aufzuteilen sei. Eine Aufteilung nach dem Flächenschlüssel komme für die Steuerberatungskosten und das Honorar der Insolvenzverwalterin nicht in Betracht.
29Dagegen hat die Klägerin am 21.3.2018 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, dass die Vorsteuern aus den Eingangsleistungen gemäß § 15 Abs. 4 UStG nach der Verwendung der Grundstücksflächen aufgeteilt werden müssten. Hierüber habe man sich auch mit der Umsatzsteuersonderprüferin in der vorherigen Prüfung geeinigt. Derart seien die Vorsteuern auch in den Besteuerungszeiträumen 2011 und 2012 aufgeteilt worden. Insofern genieße die Klägerin Vertrauensschutz. Eine Aufteilung nach Umsätzen sei nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zuordnung möglich sei. Dies sei hier allerdings nicht der Fall. Da die gesamte Tätigkeit der Klägerin nur in der Vermietung dieser einen Immobilie bestehe, seien alle Vorsteuern nach der Verwendung der jeweiligen Flächen aufzuteilen.
30Mit Schriftsatz vom 19.3.2018 hat die Klägerin den Klagegegenstand um die Zinsen zur Umsatzsteuer 2013 und 2014 erweitert, ohne dass hinsichtlich der Zinsen eine Einspruchsentscheidung ergangen ist.
31Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
32die Umsatzsteuerbescheide für 2013 und 2014 vom 23.5.2017 und die Einspruchsentscheidung vom 16.2.2018 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2013 i. H. von 24.938,07 € und die Umsatzsteuer 2014 i. H. von 2.127,35 € herabgesetzt werden, und
33die Zinsfestsetzungen zur Umsatzsteuer 2013 i. H. von 3.112 € und zur Umsatzsteuer 2014 i. H. von 136 € jeweils vom 23.5.2017 aufzuheben.
34Der Beklagte beantragt,
35die Klage abzuweisen.
36Im Rahmen seiner Gegenäußerung verweist er auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
37Mit Schriftsatz vom 28.2.2020 hat der Beklagte auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Klägerin hat sich dieser Erklärung mit Schriftsatz vom 20.5.2020 angeschlossen.
38Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die vom Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.
39Entscheidungsgründe:
40I. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
41II. Der erkennende Senat legt den Antrag der Klägerin in entsprechender Anwendung von §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dahingehend aus, dass die Klägerin die Umsatzsteuer 2014 um weitere Vorsteuern i. H. von 2.127,35 € und nicht lediglich um 2.122,35 € herabgesetzt wissen möchte. Denn bei der Auslegung des Antrags ist der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks festzuhalten (Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 29.1.2007 IX B 181/05, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH – BFH/NV – 2007, 1511). Der Wille der Klägerin ist bei Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont unter Berücksichtigung der Klagebegründung im vorbezeichneten Sinne zu verstehen, da in der Berechnung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 9.5.2018, in der sie ausführte, dass es ihr um die Gesamtsumme inklusive Zinsen von 30.313,42 € gehe, der begehrte Herabsetzungsbetrag der Umsatzsteuer für 2014 versehentlich um 5 € zu niedrig angegeben wurde.
42III. Die Klage ist – soweit die Zinsfestsetzungen für 2013 und 2014 angegriffen wurden – unzulässig.
431. Gemäß § 40 Abs. 1 FGO i. V. mit § 44 FGO sind Klagen auf Änderung eines Verwaltungsaktes (Anfechtungsklagen) nur zulässig, wenn das dafür vorgesehene außergerichtliche Vorverfahren durchgeführt worden ist. Dies ist hier nicht der Fall, da der Beklagte mit der Einspruchsentscheidung vom 16.2.2018 lediglich über die Umsatzsteuerfestsetzungen 2013 und 2014, nicht aber auch über die Zinsfestsetzungen entschieden hat. Eine Einspruchsentscheidung hierzu existiert (noch) nicht.
442. Die Klage gegen die Zinsen zur Umsatzsteuer 2013 und 2014 ist außerdem unzulässig, weil der Kläger insoweit keine eigenständige Beschwer vorgetragen hat. Die Umsatzsteuerfestsetzungen bilden im Verhältnis zur Zinsfestsetzung nach § 233a der Abgabenordnung (AO) Grundlagenbescheide; gemäß § 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 2 AO können Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheides angegriffen werden. In Konsequenz dessen ist eine Klage wegen der Zinsfestsetzungen unzulässig, wenn und soweit sich der Steuerpflichtige mit seinem Begehren – wie im Streitfall – allein gegen die Besteuerungsgrundlagen der Steuerbescheide (hier: Umsatzsteuer) wendet (ebenso FG Bremen, Beschluss vom 11.10.2004 2 V 311/03, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2005, 654; Hessisches FG, Beschluss vom 20.6.2000 6 V 6399/98, juris, jeweils für den einstweiligen Rechtsschutz und FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.6.2008 12 K 3038/05 B, juris, zum Klageverfahren).
45IV. Die Klage ist unbegründet – auch bezüglich der Zinsfestsetzungen 2013 und 2014 ihre Zulässigkeit unterstellt.
46Die Umsatzsteuerbescheide für 2013 und 2014 und die Zinsbescheide zur Umsatzsteuer 2013 und 2014 jeweils vom 23.5.2017 und die Einspruchsentscheidung vom 16.2.2018 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Beklagte hat die Vorsteuern aus den Steuerberatungskosten und der Insolvenzverwaltervergütung zutreffend nach dem Verhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Umsätzen des gesamten Unternehmens (Gesamtumsatzschlüssel) aufgeteilt und soweit sie auf den steuerfreien Teil der Umsätze entfallen zu Recht nicht zum Abzug zugelassen (1.). Die Zinsen zur Umsatzsteuer 2013 und 2014 wurden zutreffend in gesetzlicher Höhe festgesetzt (2.).
471. Ein Unternehmer kann nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 UStG die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind und für die er eine ordnungsgemäße Rechnung i. S. der §§ 14, 14a UStG besitzt (Eingangsleistung), als Vorsteuerbetrag abziehen. Die nationale Regelung beruht auf Artt. 167, 168 Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL).
48Die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugsrechts einschließlich des Vorliegens ordnungsgemäßer Rechnungen hinsichtlich aller in diesem Verfahren relevanten Leistungen sind – zwischen den Beteiligten unstrittig – erfüllt.
49a) Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug aber nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet. Diese Regelung hat ihre Grundlage in Art. 168 Abs. 1 MwStSystRL („Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden…“).
50Nach der Rechtsprechung von EuGH und BFH muss ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen Eingangs- und Ausgangsleistung bestehen. Bei richtlinienkonformer Auslegung setzt § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG voraus, dass der Unternehmer Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 9 MwStSystRL) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c MwStSystRL) zu verwenden beabsichtigt. Die Ausgangsleistungen des Unternehmers müssen zudem steuerpflichtig oder in § 15 Abs. 3 UStG (Art. 169 MwStSystRL) benannt sein (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 15.4.2015 V R 44/14, Sammlung der Entscheidungen des BFH - BFHE - 250, 263, Bundessteuerblatt - BStBl - II 2015, 679; EuGH-Urteil vom 6.9.2012 C-496/11, Portugal Telecom, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 2012, 1119). Die Aufwendungen für den Bezug der Eingangsleistungen müssen Teil der Kosten der zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze sein, für die die Gegenstände und Dienstleistungen verwendet werden.
51b) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG kann der Unternehmer die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Nach § 15 Abs. 4 Satz 3 UStG ist eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist. Diese Vorschrift beruht auf Artt. 173 bis 175 MwStSystRL.
52Fehlt ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, ist der Unternehmer grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die Kosten für die Eingangsleistung zu seinen allgemeinen Aufwendungen gehören und – als solche – Bestandteile des Preises der von ihm erbrachten Leistungen sind. Derartige Kosten hängen direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen und berechtigen nach Maßgabe dieser Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug (vgl. BFH-Urteil vom 24.4.2013 XI R 25/10, BFHE 241, 451, BStBl II 2014, 346 m.w.N. zur EuGH-Rechtsprechung; so auch Finanzgericht (FG) Münster, Gerichtsbescheid vom 4.5.2020 5 K 546/17 U, Umsatzsteuerberater – UStB – 2020, 245).
53c) Für den Sonderfall des Bezugs von Leistungen eines Insolvenzverwalters durch einen Gemeinschuldner hat der BFH eine besondere Aufteilungsmethode entwickelt. Der BFH führt insoweit aus (BFH-Urteil vom 15.4.2015 V R 44/14, BFHE 250, 263, BStBl II 2015, 679, Rn. 12 - 20):
54„Dient ein Insolvenzverfahren sowohl der Befriedigung von Verbindlichkeiten des --zum Vorsteuerabzug berechtigten-- Unternehmers wie auch der Befriedigung von Privatverbindlichkeiten des Unternehmers, ist der Unternehmer aus der Leistung des Insolvenzverwalters nur im Verhältnis der unternehmerischen zu den privaten Verbindlichkeiten, die im Insolvenzverfahren jeweils als Insolvenzforderungen geltend gemacht werden, zum anteiligen Vorsteuerabzug berechtigt.
55a) Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 bis 3 UStG ist, wenn der Unternehmer eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen, der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln. Eine Ermittlung des nicht abziehbaren Teils der Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze, die den Vorsteuerabzug ausschließen, zu den Umsätzen, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, ist nur zulässig, wenn keine andere wirtschaftliche Zurechnung möglich ist.
56b) Die Leistungen des Insolvenzverwalters stehen im direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den im Insolvenzverfahren angemeldeten Insolvenzforderungen.
57aa) Der für ein Insolvenzverfahren (§ 1 InsO) bestellte Insolvenzverwalter erbringt seine Leistung aufgrund staatlicher Bestellung (§ 27 InsO) an den Gemeinschuldner, über dessen Vermögen das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren eröffnet. Das Insolvenzverfahren bezieht sich dabei auf das gesamte Vermögen des Schuldners, dessen Verwertung zu einer gemeinschaftlichen Befriedigung der Schuldner führen soll (§ 1 InsO). Handelt es sich bei dem Gemeinschuldner, wie im Streitfall, um eine natürliche Person, die als Unternehmer tätig war, kann das Insolvenzverfahren daher gleichermaßen der Befriedigung unternehmerischer wie auch privater Verbindlichkeiten dienen.
58bb) Die Leistung, die der Insolvenzverwalter gegen Entgelt an den Gemeinschuldner erbringt, ist eine einheitliche Leistung, die gleichermaßen durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse des Gemeinschuldners (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) der Befriedigung der Insolvenzgläubiger dient. Die Einheitlichkeit dieser Leistung ergibt sich dabei zum einen aus der für den Insolvenzverwalter fehlenden Möglichkeit, seine Tätigkeit auf einzelne Aufgabenbereiche zu beschränken (vgl. z.B. zur Einheitlichkeit der Leistung eines Vermögensverwalters EuGH-Urteil Deutsche Bank vom 19. Juli 2012 C-44/11, ECLI:EU:C:2012:484, BStBl II 2012, 945, Umsatzsteuer-Rundschau 2012, 667, Rz 20 ff., und BFH-Urteil vom 11. Oktober 2012 V R 9/10, BFHE 238, 570, BStBl II 2014, 279, Rz 21 f.). Zum anderen spricht für die Einheitlichkeit auch die Vergütung, die der Insolvenzverwalter für seine insgesamt ausgeübte Tätigkeit erhält (§§ 63 ff. InsO i.V.m. §§ 1 ff. der Insolvenzrechtlichen Vergütungsordnung --InsVV--). Dass einzelne Tätigkeiten des Insolvenzverwalters zu besonderen Zu- und Abschlägen nach § 3 InsVV führen können, begründet nicht das Vorliegen umsatzsteuerrechtlich selbständiger Leistungen.
59cc) Bezieht sich die einheitliche Leistung des Insolvenzverwalters auf die Gesamtheit der im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger, besteht der für den Vorsteuerabzug maßgebliche direkte und unmittelbare Zusammenhang zu der Gesamtheit dieser Insolvenzforderungen. Eine Berücksichtigung einzelner Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters kommt demgegenüber nicht in Betracht.
60c) Bezieht der --zum Vorsteuerabzug berechtigte-- Unternehmer, der eine natürliche Person ist, als Gemeinschuldner die Leistung des Insolvenzverwalters sowohl für die Befriedigung seiner unternehmerischen Verbindlichkeiten wie auch für die Befriedigung seiner Privatverbindlichkeiten, ist eine Vorsteueraufteilung entsprechend § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen (s. oben II.1.b).
61Die wirtschaftliche Zurechnung i.S. von § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG, die unionsrechtlich auf Art. 173 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. c MwStSystRL beruht (BFH-Urteil vom 7. Mai 2014 V R 1/10, BFHE 245, 416, Rz 19), erfordert dabei eine Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der unternehmerisch begründeten Verbindlichkeiten zu den Privatverbindlichkeiten, wobei jeweils auf die im Insolvenzverfahren angemeldeten Insolvenzforderungen abzustellen ist.
62Ob und unter welchen Voraussetzungen der Unternehmer durch eine andersartige sachgerechte Schätzung nach § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG aufteilen kann, ist im Streitfall ebenso wenig zu entscheiden wie über die Frage, ob es im Fall einer Unternehmensfortführung durch den Insolvenzverwalter zu einer Vorsteueraufteilung nach Maßgabe der fortgesetzten unternehmerischen Tätigkeit unter Vernachlässigung --einer nur teilweisen unternehmerischen Begründung-- von Insolvenzforderungen kommen könnte.“
63d) Der erkennende Senat wendet für den Vorsteuerabzug aus der Insolvenzverwaltervergütung und den Steuerberatungskosten weder die spezifischen Aufteilungsgrundsätze nach der Rechtsprechung des BFH (nachfolgend aa)) noch die von der Klägerin angenommene Aufteilung der Vorsteuern nach dem Verhältnis der steuerfrei zu den steuerpflichtig vermieteten Flächen an (nachfolgend bb)). Vor dem Hintergrund der vorstehenden normativen Grundlagen und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BFH und des EuGH hält der Senat allein eine Vorsteueraufteilung betreffend die Insolvenzverwaltervergütung und die Steuerberatungskosten nach dem Verhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Umsätzen des gesamten Unternehmens (Gesamtumsatzschlüssel) des jeweiligen Besteuerungszeitraums für sachgerecht. Der Vorsteuerabzug besteht nur, soweit diese Aufwendungen auf den steuerpflichtigen Teil der Umsätze des jeweiligen Besteuerungszeitraums entfallen.
64aa) Nach der Auffassung des Senats ist unklar, wie weitreichend die Rechtsprechung des BFH zum Abzug von Vorsteuern aus Insolvenzverwaltervergütungen zu verstehen ist. Soweit ein Insolvenzverfahren sowohl der Befriedigung von Verbindlichkeiten eines – zum Vorsteuerabzug berechtigten – Unternehmers wie auch der Befriedigung von Privatverbindlichkeiten des Unternehmers dient, soll die Vorsteueraufteilung nach dem Verhältnis der unternehmerisch begründeten Verbindlichkeiten zu den Privatverbindlichkeiten erfolgen, wobei jeweils auf die im Insolvenzverfahren angemeldeten Insolvenzforderungen abzustellen ist. Eine Berücksichtigung einzelner Verwertungshandlungen des Insolvenzverwalters kommt nicht in Betracht. Diese Folgerungen sind insoweit widersprüchlich, als durch einzelne Verwertungshandlungen (steuerfreie Umsätze) das Vorliegen eines zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmers anders zu beurteilen ist als ohne diese Verwertungshandlung. Bezogen auf das Gesamtunternehmen besteht nur noch eine teilweise Vorsteuerabzugsberechtigung, wenn bei im Übrigen steuerpflichtigen Umsätzen einzelne Umsätze steuerfrei sind. Insoweit könnte der BFH mit dem „zum Vorsteuerabzug berechtigten“ Unternehmer dessen (vollständige) Abzugsberechtigung vor der Insolvenzeröffnung gemeint haben. Insoweit dürfte kaum anzunehmen sein, dass ein Unternehmer, der zeitlebens nur steuerfreie nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze ausgeführt hat, im Falle seiner Insolvenz aus der Insolvenzverwaltervergütung die Vorsteuer abziehen kann. Für einen zuvor teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigten Unternehmer kann nach Auffassung des Senats nichts anderes gelten. Es ist nicht ersichtlich, dass die vom BFH bislang entschiedenen Fälle einen Unternehmer betrafen, der – wie im vorliegenden Verfahren – vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens teilweise steuerfreie und teilweise steuerpflichtige Umsätze ausführte.
65Dasselbe dürfte für einen Unternehmer gelten, für den ein Insolvenzverwalter tätig geworden ist, dessen Handlungen – wie im Streitfall – gar nicht auf die Liquidation sämtlicher Vermögenswerte gerichtet ist, sondern vielmehr auf die Verwaltung und den Erhalt des Unternehmens, so dass das Unternehmen durch den Gemeinschuldner nach Beendigung des Insolvenzverfahrens fortgeführt werden kann, wie dies im Streitfall auch tatsächlich geschehen ist.
66Für einen derartigen Unternehmer kommt ein Vorsteuerabzug nach Auffassung des erkennenden Senats nur nach allgemeinen Grundsätzen in Betracht. Die Vorsteuerbeträge sind – nach allgemeinen Grundsätzen – wenn kein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zu Ausgangsumsätzen hergestellt werden kann und sie damit zu den allgemeinen Aufwendungen des Unternehmers gehören und direkt und unmittelbar mit seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zusammen hängen, nach dem Umsatzschlüssel gesamtumsatzbezogen aufzuteilen (BFH-Urteil vom 7.5.2014 V R 1/10, BFHE 245, 416 m. w. N.). Bei der Aufteilung der Vorsteuern aus bezogenen Gemeinkosten ist grundsätzlich auf die Verhältnisse der gesamten Umsätze im jeweiligen Besteuerungszeitraum abzustellen (BFH-Urteil vom 24.4.2013 XI R 25/10, BFHE 241, 451, BStBl II 2014, 346, Rn. 32).
67Dies gilt nach Auffassung des erkennenden Senats sowohl für die Vorsteuern aus der Vergütung der Insolvenzverwalterin als auch für die Vorsteuern aus Steuerberatungskosten, da es sich bei beiden um nicht zuordenbare Gemeinkosten handelt.
68Der Anwendung dieser Aufteilungsgrundsätze liegt ferner die Überlegung zugrunde, dass der Kern der Leistung eines Insolvenzverwalters – im Falle der Unternehmensfortführung – im Wesentlichen in der Führung der Geschäfte der Gesellschaft und der Verwaltung und des Erhalts des Unternehmens besteht. Würde ein anderes am Markt aktives Unternehmen einen selbständigen Unternehmer – vergleichbar einem das Unternehmen fortführenden Insolvenzverwalter – engagieren, um dieselben Tätigkeiten durchführen zu lassen, würden die Kosten für diesen selbständigen Berater/Verwalter zu den Gemeinkosten des Unternehmens gehören und keinem konkreten Ausgangsumsatz zugeordnet werden können. In der Folge würden – mangels eines wirtschaftlichen Aufteilungsmaßstabs – die Vorsteuern aus diesen Kosten nach dem Verhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Umsätzen aufgeteilt werden. Der Neutralitätsgrundsatz in seiner Ausprägung der Wettbewerbsgleichheit gebietet, beide Sachverhalte gleich zu behandeln.
69Nicht entscheidungserheblich ist, ob nach allgemeinen Grundsätzen für die Berechnung des Umsatzschlüssels auf den Besteuerungszeitraums der Leistungserbringung abzustellen ist, oder ob – entsprechend der Auffassung des Finanzamts – für die Aufteilung der Vorsteuer aus der Insolvenzverwaltervergütung auf die Umsätze des Insolvenzzeitraums abzustellen ist, da das Abstellen auf den Insolvenzzeitraum für die Klägerin günstiger ist. Die Vorsteuern aus der Insolvenzverwaltervergütung hat der Beklagte im Umfang von 28,44 %, die Vorsteuern aus der Rechnung für die Erstellung des Jahresabschlusses 2011 im Umfang von 40,24 % und die Vorsteuern aus der Rechnung für die Finanzbuchhaltung 2012 im Umfang von 41,16 % für abziehbar angesehen. Unter Zugrundelegung des Umsatzverhältnisses des Besteuerungszeitraums der Leistungsausführung würden nur 24,59 % der Umsätze auf steuerpflichtige Umsätze entfallen. Das Gericht ist durch das sogenannte Verbot der reformatio in peius, also des Verbots der Schlechterstellung der Klägerin im Klageverfahren, aber daran gehindert, die Umsatzsteuerfestsetzung zu Lasten der Klägerin zu ändern und eine höhere Steuer festzusetzen. Insoweit bedarf es keiner Entscheidung, ob es für die Berechnung des Umsatzschlüssels auf den Besteuerungszeitraum der Leistungserbringung oder aber den Insolvenzzeitraum ankommt.
70bb) Es ist auch nicht angezeigt, die Kosten nach dem Verhältnis der steuerfrei zu den steuerpflichtig vermieteten Grundstücksflächen aufzuteilen, da dieser Maßstab nicht als präziserer Aufteilungsmaßstab angesehen werden kann. Ein vom Umsatzschlüssel abweichender Aufteilungsschlüssel ist dann anwendbar und anzuwenden, wenn durch den Aufteilungsschlüssel die Zuordnung der Eingangsleistung zu den steuerpflichtigen bzw. steuerfreien Ausgangsleistungen präziser ist, als bei der Zugrundelegung des Umsatzverhältnisses. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Sowohl die konkreten Leistungen als auch die Höhe des für die Leistungen zu zahlenden Entgelts weisen keine Art von Korrelation zum Umfang der vermieteten Flächen auf. Selbst wenn dies so wäre, wäre nicht einzusehen, warum nur die steuerfrei vermieteten Flächen den steuerpflichtig vermieteten Flächen gegenüber zu stellen wären und nicht auch die nicht genutzten Flächen einbezogen werden sollten. Unter Einbeziehung dieser Flächen, würde eine Zuordnung der Vorsteuern zu den ausschließlich steuerpflichtigen Flächen noch niedriger ausfallen als eine Aufteilung nach dem Gesamtumsatzschlüssel.
71Auch die Höhe der Vergütung des Insolvenzverwalters (prozentuale Bemessung vom Wert der Insolvenzmasse, § 2 InsVV) und die regelmäßige Vergütung des Steuerberaters (Interesse, d.h. die steuerliche Bedeutung für den Mandanten, § 10 Abs. 1 Satz 2 der Vergütungsverordnung für Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften – Steuerberatervergütungsverordnung (StBVV)) haben eine größere Nähe zur Höhe des Umsatzes als zur Fläche der Grundstücke und zur Art der Vermietung als steuerpflichtig und steuerfrei. Es liegt jedenfalls keine irgendwie geartete Korrelation zur vermieteten Fläche vor, so dass der Umsatzschlüssel als Auffang-Aufteilungsschlüssel anzuwenden ist.
722. Rechtsgrundlage für die angefochtene Zinsfestsetzung stellt § 233a Abs. 5 AO dar. Danach wird die bisherige Zinsfestsetzung geändert, wenn die Steuerfestsetzung aufgehoben, geändert oder nach § 129 AO berichtigt wird (§ 233a Abs. 5 Satz 1 Hs. 1 AO). § 233a Abs. 5 AO ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auch anwendbar, wenn es durch die Änderung der Steuerfestsetzung erstmals zu einer Zinsfestsetzung kommt (vgl. BFH-Urteil vom 18.5.2005 VIII R 100/02, BFHE 210, 1, BStB II 2005, 735). Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist für die Berechnung des Zinsbetrags der Unterschiedsbetrag zwischen der festgesetzten und der vorher festgesetzten Steuer, jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge und um die anzurechnende Körperschaftsteuer, maßgebend. Die Umsatzsteuerfestsetzungen für 2013 und 2014 wurde gemäß § 164 Abs. 2 AO durch Bescheide vom 23.5.2017 geändert. Damit sind gemäß § 233a Abs. 5 Satz 1 AO die Voraussetzungen für eine (auch erstmalige) Zinsfestsetzung dem Grunde nach gegeben.
73a) Der Beklagte hat die Zinsen auch der Höhe nach richtig berechnet. Der Differenzbetrag zwischen der nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerfestsetzung für 2013 vom 23.5.2017 (./. 18.638,32 €) und den beiden erstmaligen Festsetzung vom 4.3.2015 zusammen (./. 43.576,39 €) jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge betrug zu Ungunsten der Klägerin 24.938,07 €. Dieser Unterschiedsbetrag war nach § 238 Abs. 2 AO auf den nächsten durch 50 € teilbaren Betrag abzurunden, sodass der zu verzinsende Betrag mithin 24.900 € betrug. Bezogen auf diesen Betrag begann der Zinslauf nach § 233a Abs. 2 AO am 1.4.2015 und endete mit Bekanntgabe der geänderten Festsetzung am 26.5.2017. Da nach § 238 Abs. 2 AO Zinsen nur für volle Monate zu zahlen sind und angefangene Monate außer Ansatz zu bleiben haben, war der zu verzinsende Betrag in Höhe von 24.900 € mit 12,5 % (25 Monate x 0,5 %) zu verzinsen. Danach ergab sich ein festzusetzender Zinsbetrag i. H. von 3.112,50 €, der nach § 239 Abs. 2 Satz 1 AO zugunsten des Steuerpflichtigen auf einen vollen Eurobetrag abzurunden war, d.h. auf 3.112,00 €. Der im angefochtenen Bescheid angesetzte Zinsbetrag i. H. von 1.370 € beruht auf der Herabsetzung der zuvor zugunsten der Klägerin festgesetzten Zinsen über 1.742 € um den angefochten Zinsbescheid mit einem Zinsbetrag über 3.112 €. Die Zinsen i. H. von 1.370 € (3.112 € ./. 1.742 €) sind deshalb vom Beklagten in zutreffender Höhe festgesetzt worden.
74b) Der Differenzbetrag zwischen der nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatzsteuerfestsetzung für 2014 vom 23.5.2017 (963,10 €) und der erstmaligen Festsetzung vom 6.5.2015 (./. 1.164,25 €) jeweils vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge betrug zu Ungunsten der Klägerin 2.127,35 €. Dieser Unterschiedsbetrag war nach § 238 Abs. 2 AO auf den nächsten durch 50 € teilbaren Betrag abzurunden, sodass der zu verzinsende Betrag mithin 2.100 € betrug. Bezogen auf diesen Betrag begann der Zinslauf nach § 233a Abs. 2 AO am 1.4.2016 und endete mit Bekanntgabe der geänderten Festsetzung am 26.5.2017. Der zu verzinsende Betrag in Höhe von 2.100 € war nach § 238 Abs. 2 AO mit 6,5 % (13 Monate x 0,5 %) zu verzinsen. Danach ergab sich ein festzusetzender Zinsbetrag i. H. von 136,50 €, der nach § 239 Abs. 2 Satz 1 AO zugunsten des Steuerpflichtigen auf 136 € abzurunden war. Die Zinsen sind vom Beklagten i. H. von 136 € in zutreffender Höhe festgesetzt worden.
75c) Der erkennende Senat hegt auch keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Zinssatzes (so auch BFH-Urteil vom 9.11.2017 III R 10/16, BFHE 260, 9, BStBl II 2018, 255; a. A. BFH-Beschlüsse vom 25.4.2018 IX B 21/18, BStBl II 2018, 415; und vom 3.9.2018 VIII B 15/18, BFH/NV 2018, 1279).
76V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO liegen vor.
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