Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (6. Senat) - 6 K 1503/11

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Besteuerung von Erträgen, die im Rahmen einer in betrügerischer Absicht betriebenen Kapitalanlage (Schneeballsystem) ausgezahlt bzw. gutgeschrieben wurden.

2

An der ... GbR (Klägerin) waren in den Streitjahren die Gesellschafter A und B zu je 50% beteiligt (Bl. 60 d. PrA.). Seit dem Jahr 1994 standen sie in Geschäftsbeziehungen zu der Firma C GmbH (im Folgenden: C) (Bl. 67 d. Steuerfahndungsakte).

3

Die C wurde 1985 gegründet. Gegenstand des Unternehmens war die Unternehmensberatung und Vermittlung von Kapitalanlagen. Alleiniger Gesellschafter/Geschäftsführer war seit Februar 1986 Herr A. Am  1. Oktober 2001 wurde die C-Mitarbeiterin D (jetzt: E) als weitere Geschäftsführerin bestellt. Im Laufe des Oktober 2001 wurde durch Ermittlungsmaßnahmen gegen die C-GmbH und Anordnung der Untersuchungshaft gegen A bekannt, dass ein Ermittlungsverfahren gegen diesen wegen des Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz eingeleitet worden war. Am 2. November 2001 wurde durch das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der C eröffnet. A wurde wegen Betruges durch Urteil der ... Strafkammer des Landgerichts wegen Betrugs in 2.086 besonders schweren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Er ist mittlerweile verstorben.

4

Insgesamt warb die C ca. 2.800 Kunden als Kapitalanleger an, wobei durch den wichtigsten Vermittler, den gelernten Maschinenbauschlosser M im Raum X ca. 2000 Anleger und u.a. auch die Klägerin geworben wurden. Die C betätigte sich nach der Darstellung A´s mit der Vermittlung von Kontrakten im Termingeschäft (angeboten als nichtsteuerbare Differenzgeschäfte) und später innerhalb der I-Pools mit Währungs- und Devisenfutures, also mit Finanzterminkontrakten an verschiedenen US-Börsen. Bis 1998 wurden zum Teil reale Termingeschäfte von der C abgewickelt. Im Jahr 1993 eröffnete A zwei Konten beim Brokerhaus Y auf die C-GmbH, ein Aktien- bzw. Commodity-Konto und ein Konto, auf dem Treasury Bills verbucht wurden. Für beide Konten hatte ausschließlich A Kontovollmacht. Allein A traf über dieses Konto Anlageentscheidungen.

5

Durch Verluste des Jahres 1993 auf Grund von Fehlentscheidungen wurden sowohl erwirtschaftete Gewinne als auch angelegte Kundengelder größtenteils aufgebraucht. A begann daraufhin, zur Vertuschung der Verluste Abrechnungen zu fingieren. Es wurden von Anlegern vereinnahmte Anlagegelder im Rahmen eines Schneeballsystems an diese als Rendite ausgezahlt. Dies erfolgte zwischen 1993 und 1998. Mitte 1998 wurden letztmals über das Brokerhaus Y Börsengeschäfte durch die C durchgeführt. Nach 1998 hat A keinerlei Handel mit Brokerhäusern mehr betrieben und sämtliche Vorgänge, die reale Geschäfte vortäuschen sollten, fingiert. Im Jahre 1998 kam es wegen geplanter Änderung der Steuergesetze ab 1999 zu erheblichen Rückforderungen seitens der Anleger. Diese mussten durch Privateinlagen (Verkauf eines Fahrzeugs und Beleihung mehrerer Lebensversicherungen) befriedigt werden. Bereits mit Wirkung ab 1998 fand eine Novellierung des Kreditwesengesetzes statt, auf Grund derer nicht allein das Einlagegeschäft, als typisches Bankgeschäft, sondern auch Finanzdienstleistungen einer Erlaubnis durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen bedurft hätten. Um eine nach vorläufiger Erteilung der Genehmigung anstehende Prüfung zu umgehen, strebte A nunmehr das Angebot von Finanzinnovationen an, die über einen Fond im Ausland abgewickelt werden sollten. Den Anlegern gegenüber wurde dies mit geänderten inländischen Regeln zur Besteuerung der angeblich durchgeführten Geschäfte der C begründet. Im Laufe des Jahres 1999 wurden die Kläger veranlasst, ihre Anlagen auf einen sogenannten „I Pool“ der „I Incorporation“ zu übertragen. Sämtliche Anteile dieser Gesellschaft gehörten A unter Zwischenschaltung zweier von ihm erworbener und mittels Generalvollmacht geführter US-Briefkastenfirmen: der "US ... Management Service Incorporation" und der "I International Bank und Trust Company Incorporation". Das Aktienkapital der I Incorporation in Höhe von 1 Million Dollar wurde durch Kapitalanlagegelder der Kunden aufgebracht. Im Rahmen dieser Umschichtung forderte A die Anleger auf, eine auf den 4. Januar 1999 datierende auf den Beginn des Jahres 1998 rückwirkende Umschreibung ihrer Kapitalanlagen vorzunehmen. In der Anfangsphase der Umstellung auf den I Pool wurden die Kundengelder auf ein Konto der Sparkasse S überwiesen. Es handelte sich um ein Konto, dass als sog. „Währungsdifferenzkonto“ der C am 1. Oktober 1991 von A eröffnet worden war. Verfügungsberechtigt war zunächst allein A, ab dem 23. Februar 1996 noch eine weitere Person. Etwa ab April 2000 wurden vereinnahmte Kundengelder von den Konten der C GmbH zu Konten, die auf den Namen der I Corporation bei der Sparkasse S eröffnet worden waren, umgeschichtet.

6

Tatsächlich wurden - auch in der Folge - über die I keinerlei tatsächliche Börsengeschäfte mehr abgewickelt, sondern ausschließlich im Rahmen eines Schneeballsystems umgeschichtet, indem Gelder auf den verschiedenen Konten bei der Sparkasse S verschoben wurden. Bei der internen Verwaltung der Kapitalanlagen nutzte A zwei Softwareprogramme, bezeichnet als „System 1“ und „System 2“. Im Rahmen des Systems 2 wurde der monatliche Abrechnungslauf für den Pool dergestalt gesteuert, dass A mit einem von ihm festgesetzten Index Gewinne oder Verluste betreffend die bis dahin eingezahlten und durch Buchgewinne aufgelaufenen Kapitalanlagen bestimmte. Die von der C in den Abrechnungen ausgewiesenen Gewinne und Verluste orientierten sich an fiktiven Berechnungen des Geschäftsführers der C GmbH.

7

Wegen dieser Feststellungen wird verwiesen auf den Tatbestand des Urteils des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz im Verfahren 2 K 1550/03. Sie bilden den für alle Geschäfte des A maßgeblichen Sachverhalt ab und basieren auf der Auswertung der Steuerfahndungsakten der Anleger im damaligen Verfahren, der Strafverfahrensakten des A und der Insolvenzakten der involvierten Gesellschaften.

8

Vom 15. Oktober 2002 bis 17. Oktober 2002 fand bei der Klägerin eine Außenprüfung statt. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf die Ausführungen im Außenprüfungsbericht vom 25. November 2002 verwiesen (Bl. 4 ff. d. Steufa-Akte).

9

Danach beteiligte sich die Klägerin an den Angeboten der C-GmbH und besaß die Kundennummern: ...80 und ...10. Sie leistete in den Streitjahren folgende Einzahlungen:

10

Jahr   

   Einzahlungstag  

   Einzahlungssumme

Nachweis

1996   

03.01.1996

20.000 DM

Bl. 72 d. Steufa-Akte

        

10.06.1996

40.000 DM

Bl. 75 d. Steufa-Akte

        

05.08.1996

30.000 DM

Bl. 78 d. Steufa-Akte

1997   

06.01.1997

30.000 DM

Bl. 81 d. Steufa-Akte

1998   

28.01.1998

60.000 DM

Bl. 84 d. Steufa-Akte

1999   

29.11.1999

40.000 DM

Bl. 87 d. Steufa-Akte

2000   

31.12.2000

1.462,92 DM

   Bl. 91f. d. Steufa-Akte

                 

221.462,92 DM

        

11

Den Einzahlungen standen ausweislich der Steuerfahndung folgende Auszahlungen gegenüber:

12

Jahr   

Auszahlungstag

   Auszahlungssumme

   Nachweis

1996   

----   

        

        

1997   

----   

        

        

1998   

02.03.1998

25.000 DM

Bl. 31 d. Steufa-Akte

        

28.04.1998

25.000 DM

   Bl. 32 f. d. Steufa-Akte

        

28.05.1998

90.000 DM

Bl. 37 d. Steufa-Akte

1999   

31.05.1999

60.000 DM

Bl. 40 d. Steufa-Akte

2000   

01.07.2000

50.000 DM

Bl. 43 d. Steufa-Akte

        

30.11.2000 (Agio)

2.760 DM

Bl. 47 d. Steufa-Akte

        

30.11.2000 (Agio)

1.610 DM

Bl. 47 d. Steufa-Akte

        

30.11.2000 (Agio)

1.380 DM

Bl. 47 d. Steufa-Akte

        

30.11.2000 (Agio)

2.760 DM

Bl. 47 d. Steufa-Akte

        

30.11.2000 (Agio)

2.070 DM

Bl. 47 d. Steufa-Akte

        

30.11.2000 (Agio)

2.070 DM

Bl. 47 d. Steufa-Akte

        

30.11.2000 (Agio)

5.520 DM

Bl. 53 d. Steufa-Akte

        

30.11.2000 (Agio)

3.712 DM

Bl. 53 d. Steufa-Akte

                 

271.882 DM

        

13

Im tatsächlich ausgezahlten Betrag des Jahres 2000 sind Agios in Höhe von 21.882 DM enthalten, welche mit erhaltenen C-Renditen verrechnet wurden. Die Agios erkannte das Finanzamt in gleicher Höhe als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen an, so dass sich der Betrag insgesamt neutralisierte (Bl. 68 d. Rechtsbehelfsakte).

14

Die C erteilte der Klägerin regelmäßig Abrechnungen über die Entwicklung ihrer Anlegekonten. Danach ergeben sich folgende Renditen:

15

Jahr   

C-Rendite

Auszahlung

   Differenz (Scheinrendite in DM)

   Differenz (Scheinrendite in Euro)

1996   

44.755,00

0,00   

44.755,00

22.882,87

1997   

95.705,00

0,00   

95.705,00

48.933,19

1998   

127.046,00

140.000,00

- 12.954,00

- 6.623,28

1999   

233.274,00

60.000,00

173.274,00

88.593,59

2000   

533.264,00

71.882,00

461.382,00

235.900,87

Summe 

   1.034.044 DM

   271.882,00 DM

762.162,00 DM

389.687,24 €

16

Die Klägerin beteiligte sich nach der Umstellung auf den I-Pool an einem sogenannten I Pool # 2. Insoweit erfolgte eine Umschichtung der von der C verwalteten Anlagegelder auf den Pool. Die Kläger waren von der Umstellung auf den I Pool insoweit betroffen, als alte C-Anlagen darauf umgeschichtet und neue Einzahlungen geleistet wurden. In der Folge erhielten die Kläger wieder monatliche Abrechnungen über die aus so genannten Eingangstrades im Laufe des Monats erzielten Gewinne, wobei nunmehr keine Angaben zu angeblich gehandelten Gütern oder Währungen mehr erfolgten (Bl. 84 und Bl. 91 d. Steufa-Akte). Diese Abrechnungen umfassten den Zeitraum Januar 2000 bis September 2001.

17

Der Beklagte ging in der Folge davon aus,  dass sich die Klägerin als stille Gesellschafterin am Handelsgewerbe der C GmbH beteiligt habe und die gutgeschriebenen Renditen die Tatbestandsmerkmale des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erfüllen. Er rechnete daher die entsprechenden Erträge der Klägerin den Einkünften aus Kapitalvermögen hinzu.

18

Am 7. März 2003 erließ das Finanzamt für die Streitjahre Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1996 bis 2001, wobei folgende Einnahmen aus Kapitalvermögen zugrunde gelegt und mit je 50% den beiden Gesellschaftern zugerechnet wurden (Siehe Bescheide in der Feststellungsakte):

19

1996   

44.755,00 DM

1997   

95.705,00 DM

1998   

127.046,00 DM

1999   

233.273,00 DM

2000   

533.264,00 DM

20

Hiergegen legte die Klägerin am 9. April 2003 form- und fristgerecht Einspruch ein (Bl. 3 d. Rechtsbehelfsakte). Sie sei nicht als stille Gesellschafterin an der C beteiligt gewesen. Vielmehr habe sie selbst bis 1998 steuerfreie Differenzgeschäfte durchgeführt und ab 1999 ihr Anlagekapital in einen Pool eingebracht, dessen Wertsteigerung nicht der Besteuerung unterläge.

21

Das Einspruchsverfahren ruhte zunächst bis zur höchstrichterlichen Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Verfahren VIII R 36/04 vom 28. Oktober 2008.

22

Nach Wiederaufnahme des Verfahrens trug die Klägerin vor, dass an der materiellen Richtigkeit der Musterentscheidung des BFH im C-Verfahren mit dem Aktenzeichen VIII R 36/04 aus verschiedenen Gründen erhebliche Bedenken bestünden.

23

Mit Einspruchsentscheidung vom 28. März 2011 wurde die Einsprüche gegen die Bescheide der Jahre 1996 bis 2000 als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 110 d. Rb-Akte). Der Beklagte verwies hierzu auf die Entscheidung des BFH vom 28. Oktober 2008 (VIII R 36/04). Der BFH habe im C-Musterverfahren bestätigt, dass sich die Anleger als typisch stille Gesellschafter an dem Handelsgewerbe der C bestätigt hätten. Die vermeintliche Übertragung des Kapitals auf den I Pool sei nach Ansicht des BFH unbeachtlich.

24

Dem Streitfall liege ein mit der damaligen Entscheidung weitgehend identischer Sachverhalt zu Grunde. Die Kläger hätten keine Umstände dargelegt, die auf bedeutsame Abweichungen hinwiesen. Der Verbraucherschutzgedanke der MaBV sei auch im Verfahren des BFH schon Gegenstand der Argumentation gewesen. Die Verordnung regele die zivilrechtlichen Verhältnisse zwischen den Anlegern und der Kapitalanlagegesellschaft sowie Kontrollmaßnahmen durch unabhängige Wirtschaftsprüfer. Für das Besteuerungsverfahren sei sie ohne Bedeutung, da das pflichtwidrige Verhalten der C im Sinne der Verordnung nichts daran ändere, dass nach dem tatsächlichen Geschehen die Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nummer 4 EStG erfüllt worden seien. Das Urteil des BFH mit dem Aktenzeichen III R 4/07 habe bei den Novationsvoraussetzungen im Bezug auf die Frage der Leistungsbereitschaft des Schuldners lediglich Klarstellungen gebracht. Die unbedingte Leistungsbereitschaft der C sei bereits im Musterverfahren bestätigt worden. Etwas anderes hätten die Kläger auch nicht vorgetragen.

25

Eine Entscheidung über den Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 2001 unterblieb im Hinblick auf eine im Billigkeitswege eingeräumte Möglichkeit der Verrechnung der gutgeschriebenen und stehengelassenen Scheinrenditen als negative Einnahmen im Veranlagungszeitraum 2001 und der weitergehenden Konsequenz eines Verlustabzugs im Rahmen des § 10d EStG. Der Beklagte änderte insoweit den Bescheid für 2001 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Abgabenordnung und legte den Einkünften aus Kapitalvermögen Einnahmen aus stiller Beteiligung in Höhe von - 562.162,00 DM zugrunde (Bl. 118 d. Rechtsbehelfsakte).

26

Mit ihrer am 27. April 2011 beim Finanzgericht eingegangenen Klage gegen die Einkommensteuerbescheide wegen 1996 bis 2000 wendet sich die Klägerin gegen die Besteuerung der ausgezahlten und der stehengelassenen Scheinrenditen. Die Klägerin habe die C erstmals im Jahr 1998 im Rahmen eines Antrags auf Kontoeröffnung und Kontoführung mit dem Kauf und Verkauf von Terminkontrakten an US-Börsen beauftragt (Bl. 65 d. PrA.). Später habe sie unter Vermittlung der C einen Anteil an dem von der Fa. I Inc. ausgegebenen I-Pool gezeichnet und Anlagekapital dorthin überwiesen. Während bis Ende 1998 die C einzeln über den Verlauf und das Ergebnis der einzelnen Terminkontrakte abgerechnet habe, habe sie die Klägerin danach monatlich über die quotenmäßige Wertentwicklung der jeweiligen Fondsbeteiligung informiert (Bl. 65 d. PrA.).

27

Die Klägerin habe zu keinem Zeitpunkt zweifeln müssen, dass die Firma nicht als Finanzportfolioverwalter Warentermingeschäfte oder Fondsanlagen ausführe. Das Finanzamt sei nicht in der Lage, die der Besteuerung zu Grunde liegenden Unterlagen vorzulegen. Es akzeptiere eine "Betrügerbuchhaltung" als richtig. Die Kläger seien nicht in der Lage, das relevante Zahlenmaterial nachzuvollziehen.

28

Gegen die Annahme einer stillen Gesellschaft spreche vorliegend, dass die Gelder der Klägerin nicht in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts, also der C GmbH bzw. der I Inc. übergegangen seien (Bl. 70 d. PrA.). Die C habe sich mit der Vermittlung von Kapitalanlagen beschäftigt, wofür sie die nach § 34c GewO erforderliche gewerberechtliche Erlaubnis besessen habe (Bl. 125f. d. PrA.). Sie habe aufgrund ihres Geschäftsbetriebes der Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehens- und Anlagenvermittler, Anlageberater, Bauträger und Baubetreuer (MABV) unterlegen. Damit seien die Gelder nicht in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäftes übergegangen. Die Verordnung verwirkliche den aktiven Verbraucherschutz. Letzterer werde ad absurdum geführt, würde das Finanzamt die Klägerin neben dem für sie entstandenen Schaden noch durch die Besteuerung von Scheingewinnen schädigen. Die Rechtstellung des Kunden würde damit derartig vom Gedanken der Verordnung abweichen, dass sie nicht mehr mit den Motiven des Gesetzgebers vereinbar sei. Auch die MaBV sei Element der öffentlich-rechtlichen Rechtsordnung, die vom BFH gewählte Konstruktion einer stillen Beteiligung stünde im krassen rechtswidrigen Widerspruch zu ihren Bestimmungen.

29

Die Klägerin habe bei der C GmbH die Eröffnung und Führung eines Kontos beantragt und den Auftrag erteilt, das Konto beim kontoführenden Broker der C GmbH als Treuhandkonto zu führen (Bl. 73 d. PrA.). Die C GmbH sei nicht berechtigt gewesen, die Gelder zu vereinnahmen. Dementsprechend sei die Klägerin davon ausgegangen, dass die Hergabe des jeweiligen Betrags nicht zur Beteiligung an der C GmbH und damit nicht als stille Einlage diene. Vielmehr habe ein Treuhandverhältnis i.S.d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Abgabenordnung vorgelegen. Hätte sich die C vertragsgemäß verhalten, seien die Gewinne als Ergebnis von Differenzgeschäften bis einschließlich 1998 nicht steuerbar und ab 1999 allenfalls als Wertsteigerung der Fondsanteile im Rahmen des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG steuerlich relevant gewesen (Bl. 192 d. PrA.). Da sich der Treuhänder nicht vertragsgemäß verhalten habe, treten nach Auffassung der Finanzverwaltung eine Umqualifizierung des ursprünglich vom Anleger gewollten Treuhandverhältnisses ein.

30

Die von der C GmbH zur Verfügung gestellten Broschüre "..." (Bl. 127 ff. d. PrA.) stelle klar, dass das anzulegende Kapital nicht der C GmbH zuließe, sondern die Anleger dieses Geld bei Broker - Häusern deponierten (Bl. 74 d. PrA.). Die Klägerin habe weder der C GmbH noch der I Inc. Geldbeträge überlassen, sondern diesen lediglich die Dispositionsbefugnis für das angeblich eröffnete Depot eingeräumt (Bl. 76 d. PrA.).

31

Somit sei ein Treuhandverhältnis zwischen der Klägerin und der C-GmbH begründet worden. Anhand der Pflichten der Beteiligten ergäben sich Merkmale der Treuhand. Dieses sei von der Klägerin gewollt gewesen. Für die Annahme einer Treuhand spreche die Vergütungspflicht gegenüber der C durch ein Agio, die Ermächtigung und Pflicht der C, das Geld der Klägerin auf deren Namen und für deren Rechnung anzulegen, der Anspruch der C auf Beteiligung am Gewinn, und die direkte Einzahlung des Anlagebetrags beim Broker (Bl. 76 f. d. PrA.).

32

Selbst wenn die Klägerin mit der C eine Stille Beteiligung begründet habe, also einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen habe, sei dieser nach den gesetzlichen Bestimmungen der Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehens- und Anlagevermittler, Anlageberater, Bauträger und Baubetreuer (MaBV) wegen Verstoßes gegen deren Bestimmung nichtig (Bl. 174 d. PrA.).

33

Die vom BFH im "C-Musterfall" aufgestellten Grundsätze würden durch sein Urteil vom 16. März 2010 (VIII R 4/07) in einem Punkt modifiziert. An der Leistungsbereitschaft des Betreibers fehle es, wenn er auf einen Auszahlungswunsch des Kunden hin die sofortige Auszahlung ablehne und stattdessen über anderweitige Zahlungsmodalitäten verhandele. Im Streitfall seien die Feststellungen zur tatsächlichen Leistungsfähigkeit recht dürftig. Das Schneeballsystem habe kurz vor dem Zusammenbruch gestanden. A habe private Habe verwertet, um Liquidität zu schaffen. Für die Voraussetzungen einer Novation trage das Finanzamt die Darlegungs- und Feststellungslast. Es sei nicht darauf abzustellen, dass im singulären Einzelfall tatsächlich eine Auszahlung hätte bewirkt werden können.

34

Zudem könnte § 11 Abs. 1 EStG und die BFH-Grundsätze zum Zu- und Abflussprinzip zwar zur Ermittlung des zutreffenden Zeitpunkts der Besteuerung beitragen, nicht aber die Frage beantworten, ob überhaupt steuerbare Einkünfte vorlägen (Bl. 81 d. PrA.). Durch die Rechtsprechung des BFH werde der Zufluss in zweifelhafter Vermengung der Regelungsgegenstände auch zur Begründung eines Besteuerungsgegenstandes genutzt.

35

Die Rechtsprechung des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs zu den Anlagebetrugfällen divergiere zudem von der Rechtsprechung des II. Senats des Bundesfinanzhofs. Während der VIII. Senat (VIII R 4/07, BFH/NV 2010, 1527) davon ausgehe, dass es sich bei den Gutschriften und Zahlungen des Anlagebetrügers an Anleger um Leistungen in Erfüllung einer miteinander geschuldeten Vereinbarung handele und damit Einkünfte aus Kapitalvermögen darstellen, gehe der II. Senat des Bundesfinanzhofs (II R 62/08, BFH/NV 2011, 7) von Kapitalrückzahlungen aus (Bl. 186 d. PrA.). Da der Anlagebetrüger keine Überschüsse erzielen könne und die "Ertragszahlungen" an die Anleger aus der Substanz getätigt würden, bestünde kein Anspruch auf Erbringung von Erträgen.

36

Zudem verweist die Klägerin auf die Ausführungen des RiBFH a.D. Wolff-Diepenbrock in der Festschrift für Wolfgang Spindler zum 65. Geburtstag (Köln 2011, 897-912) (Bl. 189 d. PrA.). Danach sei eine Forderung wie ein geldwertes Gut im Sinne des § 8 Abs. 1 EStG zu bewerten. § 11 EStG stehe in engem Regelungszusammenhang mit diesem Paragraphen. Bei den Einkünften werde zwar nicht die Forderung, sondern erst der Zufluss des geschuldeten Geldbetrags erfasst. Ausnahmsweise stelle aber auch der Zufluss einer Forderung eine Einnahme dar. Ob es sich bei der Novation um einen solchen Sonderfall handele, sei der Rechtsprechung des BFH nicht klar zu entnehmen, werde aber von Wolff-Diepenbrock bejaht. In Anlagebetrugsfällen vereinbarten die Beteiligten eine Novation: an die Stelle der Geldzahlungsschuld trete an Erfüllungs Statt die Erhöhung des Beteiligungskapitals. Es gebe keine Verkürzung des Leistungsweges, sondern nur eine Leistung im Sinne der erhöhten Beteiligung. Den Anlegern seien nicht Zinsen, sondern nur eine Kapitalforderung als geldwertes Gut zugeflossen. Diese sei in Fällen wie dem Streitfall regelmäßig wegen der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners mit 0 DM/€ zu bewerten.

37

Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung der Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1996 bis 2000 vom 7. März 2003, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2011, Renditen aus solchen Kapitalanlagen, die über die C GmbH vermittelt worden sind, nicht als Kapitaleinnahmen aus einer stillen Beteiligung festzustellen und diese der Besteuerung zu unterwerfen.

38

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

39

Der Beklagte führt klageerwidernd unter Bezugnahme auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung aus, die Frage der Besteuerung der C-Scheinrenditen (einschließlich der Auslegung des Vertragsverhältnisses und des Vorliegens der Novationsvoraussetzungen) sei durch höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt. Ein pflichtwidriges Verhalten der C GmbH im Sinne der MaBV ändere nichts daran, dass nach dem tatsächlichen Geschehensablauf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG erfüllt seien (Bl. 178 d. PrA.). Der Bundesfinanzhof habe in ständiger Rechtsprechung zu den sog. Schneeballsystemen stets betont, dass es ohne Bedeutung sei, woher das für die Auszahlung verwendete Kapital stamme.

Entscheidungsgründe

40

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

41

Die Klage ist zulässig. Die Klage wurde zwar von "A" und "B" erhoben (Bl. 14 d. PrA.), die jeweils auch Prozessvollmacht erteilt haben (Bl. 16 d. PrA.). Die Kläger haben jedoch in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die Klage eigentlich von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, bestehend aus A und B, erhoben wurde. Dies entspricht der Auslegung im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes. Nach der Rechtsprechung ist bei Klageerhebung durch einen Gesellschafter einer GbR gegen einen gegenüber der Gesellschaft ergangenen Steuerbescheide im Sinne eines effektiven Rechtsschutzes im Zweifel davon auszugehen, dass die Klage von der Gesellschaft erhoben wurde (BFH Beschluss vom 19. Juli 2005, XI B 206/04, BFH/NV 2006, 68). Vorliegend richten sich die Steuerbescheide an die Gesellschaft bürgerlichen Rechts; auch die Einsprüche sind von dieser erhoben worden.

II.

42

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin erzielte sowohl mit den ausgezahlten als auch mit den gutgeschriebenen Erträgen Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG.

43

1. Im Streitfall handelt es sich wegen der Frage der Steuerbarkeit und -pflicht der tatsächlich ausgezahlten sowie gutgeschriebenen Erträge um solche, die nach den vom BFH in dem Musterverfahren (Urteil vom 28. Oktober 2008 VIII R 36/04, Bundessteuerblatt II 2009, 190) aufgestellten Grundsätzen als Erträge aus einer stillen Beteiligung der Kläger an der C-GmbH zu werten sind. Als solche unterliegen die Einnahmen als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG der Besteuerung.

44

a. Mit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 28. Oktober 2008 (VIII R 36/04, Bundessteuerblatt II 2009, 190) ist für die von dem A als Gesellschafter und Geschäftsführer der C GmbH unter deren Namen vertriebenen Kapitalanlagen geklärt, dass es sich bei der den Anlegern angebotenen Anlageform um eine stille Beteiligung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nummer 4 EStG gehandelt hat.

45

Eine stille Gesellschaft setzt den vertraglichen Zusammenschluss zwischen einem Unternehmensträger ("Inhaber eines Handelsgeschäfts") und einem Anderen voraus, kraft dessen sich der Andere ohne Bildung eines Gesellschaftsvermögens mit einer Einlage an dem Unternehmen beteiligt und eine Gewinnbeteiligung erhält. Da die stille Gesellschaft nur als Innengesellschaft existiert und nach außen hin nicht in Erscheinung tritt, muss die Einlage nach § 230 HGB so geleistet werden, dass sie in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht; die Einlage wird daher kein Gesamthandsvermögen. Ferner erfordert die stille Gesellschaft einen gemeinsamen Zweck, was bedeutet, dass das gemeinsame Streben zur Erreichung gemeinsamer Ziele im Vordergrund stehen muss. Mit der Einigung auf den gemeinsamen Zweck werden die gemeinsamen Vorstellungen der Parteien über Grundlagen und Ziele des Vertrages zum Vertragsinhalt erhoben; diese dürfen indes nicht mit den Motiven der Parteien für ihre Beteiligung an der Gesellschaft vermengt werden. Letztlich unterscheidet daher die "Gemeinsamkeit des Zwecks" die Gesellschaft von den reinen Austauschverhältnissen.

46

Im sog. C-Musterverfahren hat der BFH mit Urteil vom 28. Oktober 2008 bestätigt, dass sich die Anleger als stille Gesellschafter am Handelsgewerbe der C GmbH beteiligt haben (BFH Urteil vom 28. Oktober 2008, VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190). Die C-GmbH habe ein Handelsgewerbe betrieben. Die Anleger hätten zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks dadurch beigetragen, dass sie der C auf unbestimmte Zeit Kapital überlassen hätten, mit dem die C ihre Handelsgeschäfte betreiben sollte. Dieses Kapital habe zugleich den Gesellschafterbeitrag als auch die stille Einlage verkörpert und sei in das Vermögen der C übergegangen. Für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses spreche insbesondere die erhebliche Erfolgsbeteiligung, aber auch die Verlustbeteiligung ohne jegliche Sicherheiten. Der Wortlaut der getroffenen Vereinbarung, insbesondere die fehlende Erwähnung des Begriffs "stille Gesellschaft", stehe der Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses nicht entgegen. Entscheidend sei, was die Vertragsparteien wirtschaftlich gewollt haben, und ob dieser -unter Heranziehung aller Umstände zu ermittelnde- Vertragswille dem objektiven Rechtsbild der (stillen) Gesellschaft entspricht. Ergebe sich danach, dass sich die Vertragspartner zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks verbunden haben und nicht lediglich jeweils ihre eigenen Interessen verfolgen, so sei die Vereinbarung als Gesellschaftsvertrag zu qualifizieren.

47

Weiterhin hat der BFH im C-Musterverfahren ausgeführt, dass fehlende Kontrollrechte der Anleger in dem System der C nicht gegen ein Gesellschaftsverhältnis sprechen. Auch die erfolgte Umschichtung der Kapitalanlagen auf den "I Pool" verändere nicht die steuerliche Bewertung des Vertragsverhältnisses. Nach wie vor konnte die C aufgrund eigener Entscheidungskompetenz über die Anlagen der Klägerin verfügen und ihr Abrechnungen erteilen.

48

Soweit das FG des Saarlandes das Vorliegen einer stillen Gesellschaft in einem anderen C-Fall u.a. mit dem klaren Wortlaut der Vereinbarungen verneint (Urteil des FG des Saarlandes vom 16. Mai 2013, 1 K 1680/10, EFG 2013, 1236), vermag dieses Argument die Annahme einer stillen Gesellschaft nicht zu erschüttern. Die Geldanlage erfolgte bei C nicht nach Maßgabe der schriftlichen Vereinbarungen und zwar auch nicht von Seiten der Anleger. So haben die Gesellschafter der Klägerin nach eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung sämtliche Einzahlungsbeträge in bar an einen Vertreter der C-GmbH übergeben, obwohl der Anlagebetrag ausweislich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom Kunden direkt an den Broker zu überweisen war und die C-GmbH ausweislich der AGBs nicht berechtigt war, Kundengelder entgegenzunehmen. Bei derartigen Differenzen zwischen dem Wortlaut der Vereinbarung und der tatsächlichen Handhabung ist nicht auf die Papierform, sondern darauf abzustellen, was die Vertragsparteien wirtschaftlich tatsächlich gewollt haben. Die Ausführungen der Gesellschafter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung lassen aber nur den Schluss zu, dass die Klägerin der C GmbH Kapital auf unbestimmte Zeit überlassen wollte, damit diese mit dem Geld ihre Handelsgeschäfte betreiben konnte bzw. sollte. Hierfür spricht auch, dass die Klägerin keine Möglichkeit hatte, unmittelbar auf ihre Gelder zuzugreifen: sowohl für das C-Konto als auch für den I Pool besaß sie keine Kontovollmacht.

49

Etwas anderes gilt auch nicht aufgrund der von der Klägerin vorgelegten Broschüre "...". Unabhängig von den darin genannten Ausführungen über die so genannten Commodity-Terminkontrakte wird auch in dieser Informationsschrift festgehalten, dass wiederum der C 30 % des erwirtschafteten Gewinns zustehen sollten. Hierin manifestiert sich der wesentliche gemeinsame Zweck der stillen Gesellschaft, zu deren Zweck die Klägerin der C Geld überließen.

50

Der Annahme einer stillen Gesellschaft und Einkünften aus § 20 Abs. 1 Nummer 4 EStG stehen auch keine Gedanken des Verbraucherschutzes entgegen. Es ist für den Senat nicht nachzuvollziehen, inwieweit im Streitfall die Verordnung über die Pflichten der Makler, Darlehens- und Anlagenvermittler, Anlageberater, Bauträger und Baubetreuer (MABV) mit ihrer den Schutz des Verbrauchers bezweckenden Zielrichtung dazu führen könnte, dass ein tatsächlich verwirklichter Besteuerungstatbestand -hier Einkünfte aus der Überlassung von Kapital an einen Dritten- nicht unter eine Einkunftsart des Einkommensteuergesetzes fallen soll. Hiervor soll die Verordnung nicht schützen. Es besteht auch kein Schutzinteresse, da der nach den Grundsätzen der Rechtsprechung bei der Klägerin zu bejahende Zufluss der "Renditen" keinen Schaden oder eine Gefährdung der Vermögensinteressen für die Anleger darstellt.

51

Dieser Gedanke liegt auch der Vorschrift des § 41 AO zu Grunde. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 AO ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Rechtsgeschäft unwirksam ist oder es wird, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. In einer Reihe von Entscheidungen des Bundesfinanzhofes (so in den so genannten Ambros-Fällen: mehrere Urteile vom 22. Juli 1997, u.a. VIII R 57/95, Bundessteuerblatt II 1997, 755; vom 10. Juli 2007 VIII R 35/00, Bundessteuerblatt II 2001, 646) stellt der BFH wie auch in der Entscheidung "C" vom 28. Oktober 2008 darauf ab (wird nachfolgend noch dargestellt), dass ein Zufluss trotz einer fehlenden eindeutigen und unbestrittenen Leistungsverpflichtung des Schuldners zu bejahen ist, wenn dieser sich erkennbar auf zivilrechtliche Einwendungen (z.B. wegen Nichtigkeit des schuldrechtlichen Vertrages) und Einreden gegen die Forderung des Gläubigers nicht berufen will. Der BFH erkennt gerade darin einen Fall des § 41 Abs. 1 Satz 1 AO. Auch die Klägerin hätten sich dagegen verwahrt, dass A sich ihnen gegenüber auf die Nichtigkeit ihrer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung mit der C berufen hätte, indem er unter Hinweis auf die MaBV ein Leistungsverweigerungsrecht geltend gemacht hätte. Sie hätten auf der faktischen Durchführung des Geschäftes bestanden.

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b. Mit der Annahme einer typischen stillen Gesellschaft i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 4 Alternative 1 EStG ist zugleich auch die Frage verneint, ob die von der C getätigten Geschäfte der Klägerin im Rahmen einer Treuhandabrede direkt zuzurechnen sind.

53

Zwar stellen die Antragsunterlagen und allgemeinen Geschäftsbedingungen der C ihrem Wortlaut in Ziff. 1 und 2 nach die Beauftragung zu Börsengeschäften dar, die im Namen und für Rechnung der Anleger abgewickelt werden sollten. Allein dies reicht allerdings nicht aus für die Annahme eines Treuhandverhältnisses im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO hinsichtlich des an die C überlassenen Kapitals.

54

Maßgebend für die Einordnung eines Vertragsverhältnisses ist nicht dessen äußere Bezeichnung, sondern der materielle Regelungsgehalt, welcher auf der Grundlage des Gesamtzusammenhangs der Abreden zu beurteilen ist. Ein Treuhandverhältnis kann nur dann der Besteuerung zu Grunde gelegt werden, wenn es zum einen im Vorhinein klar und eindeutig vereinbart und zum anderen vereinbarungsgemäß durchgeführt worden ist. Es muss zweifelsfrei erkennbar sein, dass der Treuhänder in dieser Eigenschaft ― und nicht für eigene Rechnung ― tätig geworden ist (BFH-Urteil vom 15. Juli 1997 VIII R 56/93, Bundessteuerblatt II 1998, 152, 156). Ein Treuhandverhältnis zeichnet sich in erster Linie durch eine umfassende Herrschaftsmacht und Dispositionsbefugnis des Treugebers über das Treugut aus. Wesentliche Kriterien des Treuhandverhältnisses sind deshalb die umfassende Weisungsgebundenheit des Treuhänders und dessen Verpflichtung, das Treugut jederzeit auf Anforderung zurück zu übertragen. Der Treuhänder muss ausschließlich auf Rechnung und Gefahr des Treugebers handeln. Das Treuhandverhältnis darf nicht einfach fingiert werden. Bei der Prüfung, ob ein Treuhandverhältnis tatsächlich besteht, ist ein strenger Maßstab anzulegen.

55

Dies zugrunde gelegt kann vorliegend kein Treuhandverhältnis angenommen werden. Die Klägerin konnte weder aufgrund der getroffenen Vereinbarungen noch tatsächlich durch bindende Weisungen an die C als Treuhänder die tatsächliche Sachherrschaft über die Anlagebeträge nach deren Übergabe ausüben. Vielmehr entschied der Geschäftsführer faktisch ohne Bestimmungsmöglichkeit der Anlage über die Art der getätigten Börsengeschäfte und welche Waren oder Devisentermingeschäfte abgewickelt werden sollten. Die Klägerin hatte auch nicht die Absicht, die Art der Geschäfte zu bestimmen. Sie wurde weder über die Art des Börsengeschäfts informiert noch beanstandete sie letzteres in der Folge. Ebenso wenig hatte die Klägerin die Möglichkeit, die Auswahl der Broker-Häuser zu bestimmen. Zudem bestanden keine getrennte Verwaltung der einzelnen Geldanlagen. Sämtliche Anlegergelder wurden vielmehr auf inländischen Konten der C GmbH angelegt.

56

2. Mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung geht der Beklagte zudem zutreffend davon aus, dass alle gutgeschriebenen Renditen - d.h. nicht nur die tatsächlich geleisteten Auszahlungen, sondern auch die wieder angelegten (Schein-) Renditen - der Einkommensteuer unterliegen.

57

Die gutgeschriebenen (Schein-) Renditen sind der Klägerin auch nach § 8 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG in den Streitjahren zugeflossen.

58

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs können auch Renditen aus Gutschriften aus sog. "Schneeballsystemen" zu Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 4 EStG führen (BFH Urteil vom 16. März 2010, VIII R 4/07, BFHE 229, 141; BFH Urteil vom 28. Oktober, VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190). Entscheidend ist, ob der Steuerpflichtige in seinem konkreten Fall eine Auszahlung hätte erreichen können. Entscheidet sich der Steuerpflichtige in Ausübung seiner Dispositionsbefugnis über die gutgeschriebenen und fälligen Geldbeträge, auf die sofortige Auszahlung zu verzichten und die Beträge stattdessen zur ertragsbringenden Wiederanlage zu verwenden, stellt dies nach höchstrichterlichen Rechtsprechung einen Zufluss i.S.v. § 11 Abs. 1 EStG dar.

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a. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Einnahmen im Sinne des § 11 Abs. 1 EStG zugeflossen, wenn der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kann einen Zufluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmäßige Festhalten einer Schuld zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berechtigen von nun an zur Verwendung stehen soll (BFH Urteil vom 28. Oktober 2008, VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190). Allerdings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leistungsfähigen Schuldner herbeizuführen. Ein Zufluss kann durch eine gesonderte Vereinbarung zwischen Schuldner und Gläubiger bewirkt werden, indem der Betrag nunmehr aus einem anderen Rechtsgrund geschuldet sein soll (Novation). Durch die Novationsvereinbarung wird der Leistungsweg abgekürzt, indem auf den Umweg der Aus- und Rückzahlung des Geldbetrages verzichtet wird (BFH Urteil vom 28. Oktober 2008, VIII R 36/04, BStBl. II 2009, 190). Die Novation muss sich aber als Folge der Ausübung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht des Gläubigers über den Gegenstand der Altforderung darstellen und somit auf einem freien Entschluss des Gläubigers beruhen.

60

Für die Annahme eines Zuflusses durch Novation darf der entsprechende Schuldner nicht zahlungsunfähig sein. Als Zahlungsunfähigkeit in diesem Sinne ist das auf dem Mangel an Zahlungsmitteln beruhende dauernde Unvermögen des Schuldners anzusehen, seine sofort zu erfüllenden Schulden noch im Wesentlichen zu berichtigen. Dies ist vor dem "Zusammenbruch" des Schuldners im Regelfall zu verneinen, so lange ein Antrag auf Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners noch nicht gestellt wurde.

61

b. Nach diesen Grundsätzen, denen der Senat folgt, waren auch die ermittelten "Scheinrenditen" der Klägerin zugeflossen (a.A. Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 10. Mai 2012, 1 K 2327/03, EFG 2012, 1642; Finanzgericht des Saarlandes, Urteil vom 16. Mai 2013, 1 K 1680/10, EFG 2013, 1236).

62

Die "Renditen" wurden der Klägerin mitgeteilt und gutgeschrieben. Die Klägerin hatte die freie Wahl, sich die Renditen auszahlen zu lassen oder sie wieder anzulegen. Wenn sich die Klägerin in Ausübung ihrer Dispositionsbefugnis über die gutgeschriebenen und fälligen Beträge dafür entschied, auf die sofortige Auszahlung der Beträge zu verzichten und die Beträge als Wiederanlage zu verwenden, so stellt dies die oben dargestellte Novation dar, die den Zufluss bewirkt.

63

Hätte die Klägerin statt der Wiederanlage der (Schein-) Renditen deren Auszahlung gewählt, wäre die C in den Streitjahren zu den entsprechenden Zahlungen auch bereit und fähig gewesen. Hierfür spricht nicht zuletzt die Tatsache, dass es in den Streitjahren auch zu nicht unerheblichen Kapitalrückflüssen an die Klägerin gekommen ist. Die Klägerin hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass einem Auszahlungsverlangen nicht nachgekommen wurde. Auch die Ausführungen des BFH im C-Musterverfahren (VIII R 36/04) stützen die Annahme der Leistungsfähigkeit der C im gesamten streitigen Zeitraum.

64

Der BFH bestätigte im C-Musterverfahren, dass die C in den maßgebenden Zeitpunkten der jeweiligen Wiederanlage der "Renditen" bis Oktober 2001 objektiv zahlungsfähig war. Dies folgte aus der Tatsache, dass sie im Zeitraum 1996-2001 (gemäß den Feststellungen im Musterverfahren) allen Auszahlungsverlangen sowohl in Bezug auf "Renditen" als auch in Bezug auf gekündigte Kapitalanlagen prompt nachkam.

65

Unter Berücksichtigung der Ausführungen des BFH zur Zahlungsfähigkeit der C folgt der Senat dieser Auffassung, insbesondere da nach den Feststellungen im Musterverfahren noch im Juli 2001 eine Auszahlung von immerhin 110.000 DM an die damaligen Kläger geleistet wurde. Weder die damaligen Kläger, denen überdies noch Gutschriften in Höhe von rund 120.000 DM im Juli 2001 gutgeschrieben wurden, noch die Klägerin im Streitfall hatten Anlass, an der Zahlungsfähigkeit und -bereitschaft der C zu zweifeln. Für alle Anleger galt, dass erst staatsanwaltschaftliche Ermittlungen im Zusammenhang mit den Geschäftsaktivitäten der C eher zufällig, nämlich im Zuge der Ermittlungen wegen des Verdachts der Geldwäsche gegen den Sohn eines Kapitalanlegers aufgenommen wurden. Dies führte erst zur Verhaftung des A und dem Antrag der C auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Oktober 2001 (so Urteil des BFH vom 28. Oktober 2008, VIII R 36/04).

66

Unbeachtlich ist bei der Ermittlung der Zahlungsfähigkeit, ob der Initiator eines Schneeballsystems im fraglichen Zeitraum auch im Stand gewesen wäre, alle seine Verbindlichkeiten auf einmal auszuzahlen (FG München, Urteil vom 25. April 2013, 5 K 1778/10, juris-Dokument). Denn mit einer solchen Konstellation musste A bei verständiger und objektiver Beurteilung der gegebenen Sachlage nicht rechnen, solange er den gestellten Auszahlungsverlangen nachkam. Daran ändert auch die Diskrepanz zwischen den tatsächlich verfügbaren Mitteln und den tatsächlich bestehenden Forderungen nichts, jedenfalls solange das Schneeballsystem als solches funktionierte und den einzelnen Auszahlungsverlangen nachgekommen wurde.

67

Soweit die Klägerin auf Wertungswidersprüche zwischen der Rechtsprechung des II. und des VIII. Senats des BFH hinweist, sieht der erkennende Senat hierin keinen Grund für eine andere Beurteilung.

68

Das von der Klägerin zitierte Urteil vom 22. September 2010 (II R 62/08, BFH/NV 2011, 7) erging zur Vermögensteuer und betraf die Frage, welcher Wert der Forderung auf Rückzahlung betrügerisch erlangten Kapitals gegenüber dem Betrüger beizumessen ist. Die Entscheidung des VIII. Senates des BFH vom 28. Oktober 2008 (VIII R 36 /04) befasst sich nicht mit der Bewertung einer Kapitalforderung, sondern mit der Besteuerung eines tatsächlichen Zuflusses im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen. Dies stellt die Entscheidung zur Vermögensteuer vom 22. September 2010 auch ausdrücklich heraus, wenn darin aufgeführt wird, anders als bei der Beurteilung der Frage, ob Einnahmen aus Kapitalvermögen vorliegen, komme es bewertungs- und vermögenssteuerrechtlich auf die Zivilrechtslage an. Bei der Entscheidung über die Vermögensteuer sei nicht von den Grundsätzen der Entscheidungen zur Einkommensteuer auszugehen. Vielmehr handele es sich um Rückzahlungen. Die Entscheidung des II. Senates des BFH enthält also für die Einkommensteuer keine Wertungswidersprüche zur Rechtsprechung des VIII. Senates des BFH. Dies gilt umso mehr, da es sich um das abgetrennte Verfahren wegen Vermögensteuer des ursprünglichen Verfahrens des 8. Senates handelte, welches dieser mit Urteil vom 16. März 2010 (VIII R 4/07; Ambros) zuvor bereits entschieden hatte.

69

Der Senat sieht mit Blick auf die Rechtsprechung des BFH im C-Musterverfahren und die erwünschten Rechtseinheit in den C-Anlagefällen mit vergleichbarer Sachverhaltsgestaltung auch keine Möglichkeit, aufgrund der von der Klägerin angesprochenen Meinungen in der Literatur von Wolff-Diepenbrock zu einem abweichenden Ergebnis zu gelangen. Die Frage, ob den Klägern eine Forderung zugeflossen sei, deren Wert zum Zuflusszeitpunkt zu bewerten sei, ist durch die Musterentscheidung des BFH entschieden. So hat er klargestellt, dass in der Novation der Zufluss des Geldbetrages als solchem und nicht der Zufluss einer Forderung zu sehen ist, die zur unmittelbaren Erhöhung des Beteiligungskapitals führt.

70

Die Klägerin kann auch die Entscheidung des BFH vom 16. März 2010 (VIII R 4/07, BFH/NV 2010, 1527) nicht dafür anführen, dass die dargestellte Rechtsprechung zu den Ambros- und C-Fällen im Wandel begriffen sei. Vielmehr handelt es sich um die Wiederholung der Grundsätze zum Zufluss von "Renditen" in Schneeballsystemen, ergänzt um den Hinweis, dass es an der Leistungsbereitschaft des Betreibers des Schneeballsystems fehlen könne, wenn er auf einen Auszahlungswunsch des Anlegers hin eine sofortige Auszahlung ablehnt und stattdessen über anderweitige Zahlungsmodalitäten verhandelt. Derartige Vorkommnisse in den Streitjahren hat die Klägerin weder vorgetragen noch ist es bei allen sonstigen Anlegern im gleichen Schneeballsystem zu derartigen Zahlungsverweigerungen gekommen.

III.

71

Die Kostenentscheidung folge aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.

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