Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (1. Senat) - 1 K 1214/13


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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe eines aus einer Zwangseinziehung von GmbH-Anteilen resultierenden Verlustes nach § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

2

Die Kläger sind Eheleute, die gemäß § 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielte im Streitjahr 2010 Einkünfte aus Gewerbebetrieb und als Gesellschafter-Geschäftsführer Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

3

Der Kläger war bis einschließlich Januar 2009 zu 50 % an der M GmbH  mit Sitz in F beteiligt. Die Geschäftsanteile veräußerte er im Januar 2009 gegen eine Barzahlung in Höhe von 45.000 EUR. Darüber hinaus erhielt er Anlagevermögen der M GmbH im Wert von 46.209 EUR (Bl. 73 Rs. der Einspruchsakten).

4

Seit Januar 2009 war der Kläger Gesellschafter der A GmbH mit Sitz in F. Die A GmbH wurde mit notariellem Vertrag vom 22. Januar 2009 gegründet (Bl. 12 f. der Einspruchsakten). Gegenstand des Unternehmens ist die Entwicklung, Herstellung und der Vertrieb von hydraulischen Sonderpressen und Automatisierungsanlagen für industrielle Zwecke weltweit, die Modernisierung und Instandsetzung vorhandener Hydraulikpressen und Automatisierungsanlagen in der Feuerfestindustrie, Serviceleistungen und Ersatzteillieferung bestehender Pressen und Anlagen. Der Kläger hatte sich am Stammkapital in Höhe von 200.000 EUR (bestehend aus 200.000 Geschäftsanteilen im Nennbetrag von je 1 EUR) zur Übernahme von Geschäftsanteilen im Nennbetrag von insgesamt 98.000 EUR (49 %) verpflichtet (Gesellschaftsvertrag vom 22. Januar 2009, Bl. 13 Rs. - 20 der Einspruchsakten). Die Einlage wurde vom Kläger geleistet (erste Teilzahlung in Höhe von 49.000 EUR am 25. Februar 2009, zweite Teilzahlung in gleicher Höhe am 2. Juni 2009, Bl. 66 der Einspruchsakten). Die übrigen Geschäftsanteile hielt M. A.

5

Im Rahmen der außerordentlichen Gesellschafterversammlung am 19. November 2010, an der der Kläger teilnahm, wurde die Einziehung seiner Geschäftsanteile gemäß § 10 des Gesellschaftsvertrages vom 22. Januar 2009 ohne seine Zustimmung beschlossen (Protokoll siehe Bl. 51 - 53 der Einspruchsakten). Zugleich wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen. Ausweislich des Protokolls sollte der dem Kläger gemäß § 12 des Gesellschaftsvertrages zustehende Abfindungsbetrag kurzfristig ermittelt werden. Der vom Kläger gegen die A GmbH vor dem Landgericht geführte Rechtsstreit (Anfechtungsklage mit dem Ziel der Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der Gesellschafterbeschlüsse, Az. 7 HK O …/10) wurde durch gerichtlichen Vergleich vom 12. Mai 2011 beendet. In diesem verpflichtete sich die Gesellschaft zur Zahlung eines einmaligen Abfindungsbetrages an den Kläger für den Verlust seiner Geschäftsanteile an der Gesellschaft sowie zur Abgeltung aller etwaigen Ansprüche aus dem beendeten Geschäftsführeranstellungsvertrag in Höhe von 60.000 EUR (vgl. Protokoll Landgericht, Bl. 27 - 34 der Einkommensteuerakten).

6

In der Einkommensteuererklärung 2010 erklärte der Kläger einen Verlust nach § 17 EStG in Höhe von 45.759 EUR. Diesen setzte er mit der Begründung zu 100 % an, dass dieser nicht unter das Teileinkünfteverfahren falle. Den Verlust ermittelte er wie folgt:

7

Anschaffungskosten der Anteile

        

98.000 EUR

Sacheinlagen Anlagevermögen M GmbH

  46.209 EUR

        

abzgl. erhaltener Teilkaufpreis

38.450 EUR

        

= Wert Sacheinlage

  7.759 EUR

  7.759 EUR

Anschaffungskosten gesamt

        

105.759 EUR

Abfindung für Geschäftsanteile

        

 - 60.000 EUR

Veräußerungsverlust

        

 45.759 EUR

8

Der Verlust blieb im Einkommensteuerbescheid 2010 vom 30. Dezember 2011 unberücksichtigt. Der Erläuterung im Bescheid ist zu entnehmen, dass der Verlust nicht habe anerkannt werden können, da weder Verträge oder Vereinbarungen über den Verkauf der Anteile noch ein Nachweis über die Einzahlung der Stammeinlage vorgelegt worden seien.

9

Im Einspruchsverfahren trug der Kläger vor, die Anteile seien gegen seinen Willen eingezogen worden. Deshalb finde auch das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 20. Juli 2011 (7 K 3666/08) keine Anwendung. In dem dort entschiedenen Fall habe der Gesellschafter nämlich seine Beteiligung aus freien Stücken veräußern können. Der damalige steuerliche Berater des Klägers teilte weiter mit, dass der Kläger bis zu seiner Abberufung sämtliche Bezüge aus seiner Geschäftsführertätigkeit erhalten habe und insoweit eine Abfindung für nicht erhaltenes Gehalt nicht in Betracht komme. Die Abfindung sei ausschließlich für den Verlust der Anteile gezahlt worden (Schriftsatz vom 30. Januar 2012, Bl. 2 der Einspruchsakten). Bei den im Wege der Sacheinlage eingebrachten Wirtschaftsgütern handele es sich um nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung. Diese Anlagegüter, die er – der Kläger – im Rahmen seines Ausscheidens aus der Firma M GmbH übernommen habe, habe er auch nur im Rahmen seiner neuen Tätigkeit bei der Firma A GmbH verwenden und für die dortigen betrieblichen Zwecke nutzen können. Die Firma A GmbH habe hierfür jedoch nur einen Betrag von 38.450 EUR vergütet (vgl. Kaufverträge vom 2. Februar 2009, 15. April 2009 und 2. Januar 2010, Bl. 75, 76, 78, 78 Rs. der Einspruchsakten). Bereits nach seiner Abberufung sei absehbar gewesen, dass die A GmbH aufgrund der Verlustsituation niemals Überschüsse erzielen werde und er daher auch keine Erlöse für die Anteile erhalten würde.

10

Mit Schriftsatz vom 27. September 2012 trug der damalige steuerliche Berater des Klägers weiter vor, es sei bislang noch gar nicht geklärt, wofür die vereinbarte Vergleichszahlung erfolgt sei. Hier käme eine arbeitsrechtliche Abfindung, eine wegen des Verlustes der GmbH-Anteile oder eine für das überlassene Knowhow in Form von Konstruktionszeichnungen und Patenten in Betracht. Jedenfalls könne es sich nicht um eine Zahlung für die Einziehung der Anteile handeln, da dieser die Vorschrift des § 33 GmbHG entgegenstehe. Die Firma A GmbH habe jedenfalls zu keinem Zeitpunkt über die notwendigen Rücklagen verfügt, um eigene Anteile erwerben zu können (Bl. 65 der Einspruchsakten). Die A GmbH befinde sich nunmehr in Liquidation. Bereits jetzt sei sicher, dass die vorhandenen Gesellschafterdarlehen bzw. die (restliche) Hafteinlage nicht mehr vollständig zurückgezahlt werden könnten. Hieraus ergebe sich zweifelsfrei, dass die Zahlung an ihn keinen durch das Teileinkünfteverfahren begünstigten Erlös aus dem Gesellschaftsanteil im Sinne der BFH-Rechtsprechung darstelle.

11

Mit Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2013 änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzung dahingehend, dass er erstmals einen Veräußerungsverlust im Sinne des § 17 EStG in Höhe von 22.800 EUR berücksichtigte. Steuerlich sei die Einziehung von GmbH-Anteilen als Veräußerung im Sinne des § 17 EStG zu würdigen. Da die Einziehung den Geschäftsanteil des betroffenen Gesellschafters vernichte und sämtliche mit dem Geschäftsanteil verbundenen Mitgliedschaftsrechte  und –pflichten untergehen lasse, komme eine Berücksichtigung des Verlustes nach § 17 EStG dem Grunde nach im Jahre 2010 in Betracht.

12

Eine verdeckte Einlage sei nicht gegeben. Die Beweislast für die nachträglichen Anschaffungskosten, hier die verdeckte Einlage durch Sacheinlage, trage der Steuerpflichtige. Aus der eingereichten Inventarliste per 31. Januar 2009 der M GmbH sowie den eingereichten Rechnungen über den Verkauf der Wirtschaftsgüter ergebe sich zum einen, dass nicht sämtliches von der M GmbH erhaltenes Anlagevermögen an die A GmbH veräußert worden sei, und zum anderen, dass die Veräußerungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattgefunden hätten. Bei den Veräußerungen am 2. Februar 2009 (PKW BMW touring 320d für 4.000 EUR und Drehmaschine für 2.000 EUR) sowie am 15. April 2009 (Gabelstapler für 9.000 EUR) ergebe sich keine verdeckte Einlage, da die Anschaffungskosten laut Inventarliste zum 31. Januar 2009 dem jeweiligen Verkaufspreis entsprochen hätten. Bei der Veräußerung vom 2. Januar 2010 seien nicht sämtliche Wirtschaftsgüter mitveräußert worden (Schleifblock, Auto Opel, Regale, PC’s 3 Stück „normal“, Bildschirme 2 St. normal, Fax). Da zwischen der Veräußerung diverser Wirtschaftsgüter für 23.450 EUR am 2. Januar 2010 und deren Erwerb am 31. Januar 2009 fast ein ganzes Jahr liege und sämtliche übertragenen Wirtschaftsgüter der Abnutzung unterlägen, sei davon auszugehen, dass der bei der Veräußerung am 2. Januar 2010 erzielte Wert dem Teilwert der Wirtschaftsgüter zu diesem Zeitpunkt entspreche. Abweichende Teilwertermittlungen der einzelnen Wirtschaftsgüter seien nicht vorgetragen oder vorgelegt worden.

13

Der Veräußerungserlös betrage 60.000 EUR. Zwar komme nach dem Wortlaut der Vergleichsvereinbarung eine Zuordnung der Ausgleichszahlung zu den Einkünften aus § 19 EStG und denen aus § 17 EStG in Betracht. Jedoch habe der steuerliche Berater zu Beginn des Einspruchsverfahrens erklärt, dass eine Abfindung für nicht erhaltenes Gehalt gar nicht in Betracht komme. Dem folgend werde daher der Abfindungsbetrag in voller Höhe dem Verlust der Geschäftsanteile und damit den Einkünften gemäß § 17 EStG zugeordnet.

14

Der Veräußerungserlös unterliege dem Teileinkünfteverfahren. Auf der Ebene des Anteilseigners sei auch nach den durch das BilMoG eingetretenen Änderungen im Handelsrecht von einem Veräußerungsgeschäft auszugehen. Daher sei nach § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c) EStG 40 % des Veräußerungspreises steuerfrei zu behandeln. Entsprechend dürften nach § 3c Abs. 2 EStG Werbungs-, Veräußerungskosten bzw. Anschaffungskosten bei der Ermittlung der Einkünfte nur zu 60 % abgezogen werden. Demnach seien Einkünfte nach § 17 EStG wie folgt zu berücksichtigen:

15

Abfindung für Geschäftsanteile

  60.000 EUR

- Anschaffungskosten der Anteile

  98.000 EUR

Veräußerungsverlust

- 38.000 EUR

Nach Teileinkünfteverfahren

- 22.800 EUR

16

Mit ihrer Klage begehren die Kläger den Ansatz eines Verlustes von nunmehr 51.205 EUR in voller Höhe ohne Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens. Sie tragen im Wesentlichen vor, es seien nachträgliche Anschaffungskosten in Höhe von 6.484 EUR zu berücksichtigen. Von den von der M GmbH übernommenen Anlagegütern habe der Kläger Wirtschaftsgüter im Wert von 1.275 EUR in sein Privatvermögen übernommen, da diese nicht in der neuen Gesellschaft benötigt worden seien (PKW Opel, drei PCs mit Bildschirmen). Die übrigen Anlagegüter (Wert 44.934 EUR) seien sofort in die neu gegründete Firma eingebracht und dort auch genutzt worden. Aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Liquiditätslage der Gesellschaft habe er für die eingebrachten Wirtschaftsgüter lediglich einen Betrag in Höhe von 38.450 EUR in Rechnung gestellt und vereinnahmt. Die Rechnungsstellung sei entsprechend der Liquiditätslage erfolgt, obwohl die eingebrachten Anlagegüter sofort von der neuen Gesellschaft genutzt worden seien. Aus dem Protokoll der Vergleichsvereinbarung des Landgerichts gehe nicht hervor, ob es sich um eine arbeitsrechtliche oder gesellschaftsrechtliche Abfindung handele. Die Zahlung der Abfindung sei vom alleinigen verbleibenden Gesellschafter geleistet worden, der sämtliche seine – des Klägers - Geschäftsanteile übernommen habe. Die Gesellschaft sei zu keinem Zeitpunkt hierzu in der Lage gewesen.

17

Er – der Kläger – habe im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung 2011 nachträgliche Betriebsausgaben aus der wesentlichen Beteiligung an der GmbH in Höhe von 6.721 EUR geltend gemacht. Hierbei handele es sich um aufgrund des Klageverfahrens entstandene Rechts-, Gerichts- und Beratungskosten. Der Auffassung des Beklagten im Veranlagungsverfahren, dass diese Aufwendungen bereits im Veranlagungszeitraum 2010 anzusetzen seien, werde gefolgt. Das Teileinkünfteverfahren sei nicht anzuwenden, da er zu keinem Zeitpunkt Erträge aus seiner Beteiligung erzielt habe. Dies ergebe sich aus den Ausführungen des Bundesfinanzministers im Erlass vom 28. Juni 2010 und Urteilen des Bundesfinanzhofs vom 25. Juni 2009 (IX R 42/08) und 18. März 2010 (IX B 227/09). Der Verlust nach § 17 EStG ermittele sich daher wie folgt:

18

Anschaffungskosten

        

  98.000 EUR

Sacheinlage Anlagevermögen

44.934 EUR

        

Erhaltener Teilkaufpreis

38.450 EUR

        

Wert Sacheinlage

 6.484 EUR

    6.484 EUR

Anschaffungskosten gesamt

        

104.484 EUR

Abfindungsbetrag

        

- 60.000 EUR

Vorläufiger Verlust

        

  44.484 EUR

Nachträgliche Betriebsausgaben

        

    6.721 EUR

Verlust gemäß § 17 EStG

        

  51.205 EUR

19

Die Kläger beantragen sinngemäß und schriftsätzlich,
den Einkommensteuerbescheid 2010 vom 22. Juli 2013 dahingehend abzuändern, dass ein weiterer Betrag von 24.372 EUR als Verlust nach § 17 EStG berücksichtigt wird.

20

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

21

Er nimmt zunächst auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung Bezug und trägt ergänzend vor, die entgeltliche Einziehung der Anteile durch die A GmbH habe zu einem Erwerb der eigenen Anteile durch die A GmbH geführt und zu einer Veräußerung durch den Kläger im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG. Aus den im Einspruchsverfahren eingereichten Kauf- bzw. Verkaufsunterlagen ergebe sich zweifelsohne, dass der Verkauf der in Rede stehenden Wirtschaftsgüter erst zum 2. Januar 2010 erfolgt sei. Es werde davon ausgegangen, dass der Veräußerungspreis dem Teilwert im Zeitpunkt der Veräußerung entsprochen habe. Die unentgeltliche Nutzung der Wirtschaftsgüter in der Zeit vom 31. Januar 2009 bis zum 1. Januar 2010 führe nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung. Denn der mit der unentgeltlichen Überlassung verbundene Nutzungsvorteil sei mangels Aktivierbarkeit bei der GmbH nicht einlagefähig und daher nicht als verdeckte Einlage anzusehen.

22

Bei den im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2011, eingegangen am 8. Februar 2013, nachträglich geltend gemachten Betriebsausgaben in Höhe von 6.721 EUR handele es sich um Veräußerungskosten, die im Zeitpunkt der Veräußerung, sprich im Streitjahr zu berücksichtigen seien. Unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens sei somit der Veräußerungsverlust um 4.032,60 EUR auf 26.832,60 EUR zu erhöhen.

23

Unter dem 22. Juli 2013 erließ der Beklagte einen insoweit geänderten Einkommensteuerbescheid (Bl. 30 - 32 der Klageakten).

24

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten eingereichten Schrift-sätze verwiesen (§ 105 Abs. 3 Satz 2 FGO).

Entscheidungsgründe

25

Die Klage, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), ist unbegründet. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2010 vom 22. Juli 2013 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Das Finanzamt hat den Verlust i.S.d. § 17 EStG in zutreffender Höhe angesetzt.

26

Die betragsmäßige Erweiterung des Klagebegehrens nach Klageerhebung und nach Ablauf der Klagefrist, mit der die Kläger nunmehr die Anerkennung eines Verlustes in Höhe von 51.205 EUR begehren, ist nicht als Klageänderung i.S.d. § 67 FGO anzusehen, sondern als zulässige Klageerweiterung gem. § 155 FGO i.V.m. § 264 Nr. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO - ohne Änderung des Klagegegenstandes (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 23. Oktober 1989 GrS 2/87, BFHE 159,4, BStBl II 1990, 327).

27

1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn bzw. der Verlust aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hielt.

28

a. Die Einziehung gegen Entgelt (§ 34 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -) wird auf Ebene des von der Einziehung betroffenen Gesellschafters als Veräußerungstatbestand i.S.d. § 17 EStG behandelt, sofern er in den letzten fünf Jahren vor der Einziehung mit mindestens 1 % an der Gesellschaft beteiligt war. Überwiegend wird der Vorgang als entgeltliche Anteilsveräußerung i.S.v. § 17 Abs. 1 EStG beurteilt (Vogt in Blümich, EStG-Komm., 128. Aufl. 2015, § 17 Rn. 401 m.w.N.; Gosch in Kirchhof, EStG-Komm., 14. Aufl. 2015, § 17 Rn. 54 m.w.N.; offen gelassen BFH-Urteil vom 22. Juli 2008 IX R 15/08, BFHE 222, 468;). Teilweise wird die entgeltliche Einziehung von Anteilen als eine wirtschaftliche Teilliquidation in analoger Anwendung von § 17 Abs. 4 EStG angesehen (insbesondere Weber-Grellet in Schmidt, 34. Aufl. 2015, § 17 Rn. 101). Relevant ist die Zuordnung der Abfindungszahlung im Rahmen der Einziehung für die Frage, ob die Abfindung einheitlich dem Teileinkünfteverfahren unterworfen oder aber, soweit die Abfindung auf die Kompensation des laufenden Gewinns und der Gewinnrücklagen entfällt, als Einkünfte aus Kapitalvermögen erfasst wird (vgl. hierzu ausführlich Wollweber/Ruske, Steuerfolgen eines Gesellschafter-Ausschlusses, GmbHR 2015, 785, 787 unter B.II.2.a m.w.N.). Nach wohl herrschender Ansicht in der Literatur und auch nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen (BMF-Schreiben vom 27. November 2013 IV C 2-S 2742/07/10009, BStBl I 2013, 1615) soll die Abfindungszahlung bei Einziehung einheitlich nach § 17 Abs. 1 EStG erfasst werden; der Gewinn unterliegt dem Teileinkünfteverfahren. Nach der Gegenansicht, die vom Vorliegen einer Teilliquidation ausgeht, ist das Entgelt für den ausscheidenden Gesellschafter kein Veräußerungspreis, sondern Einnahmen aus Kapitalvermögen, soweit für die Abfindungszahlung nicht die nach § 27 KStG festgestellten Einlagen verwendet werden.

29

Wenn ein Einziehungsbeschluss weder nichtig ist noch für nichtig erklärt wird, wird die Einziehung mit der Mitteilung des Beschlusses an den betroffenen Gesellschafter und nicht erst mit der Leistung der Abfindung wirksam (BGH-Urteil vom 24. Januar 2012 II ZR 109/11, BGHZ 192, 236 unter II 2). Sie vernichtet den Geschäftsanteil des betroffenen Gesellschafters und lässt sämtliche mit dem Geschäftsanteil verbundenen Mitgliedschaftsrechte und –pflichten untergehen (BFH-Urteil vom 22. Juli 2008 IX R 15/08, BFHE 222, 468 m.w.N.).

30

Nach Ansicht des Senats handelte es sich bei der am 19. November 2010 erfolgten (Zwangs-)Einziehung der Anteile des Klägers gegen Zahlung einer Abfindung um eine entgeltliche Anteilsveräußerung i.S.d. § 17 Abs. 1 EStG. Die abweichende Auffassung, wonach die Einziehung wie eine Teilliquidation nach § 17 Abs. 4 EStG analog steuerlich zu erfassen sei, überzeugt nicht. Zwar spricht die gesellschaftsrechtliche Lage für diese Ansicht. Denn das Einziehungsentgelt zieht eine Minderung des Eigenkapitals nach sich; die Kapitalgesellschaft wird insoweit nicht „bereichert“. Es handelt sich bei den eingezogenen Anteilen aber dennoch um Vermögensgegenstände. Als solche sind sie deshalb auch steuerlich zu behandeln (so auch Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 17 Rn. 54.). Es ist nicht entscheidungserheblich, dass es sich um eine Zwangseinziehung von Geschäftsanteilen handelte. Nach Ansicht des Senats ist eine Differenzierung danach, ob es sich um eine Einziehung mit oder ohne Zustimmung des ausscheidenden Gesellschafters handelte, jedenfalls in Fällen einer entgeltlichen Einziehung nicht angezeigt. Außerdem erfordert § 17 EStG keine freiwillige (gewollte) Anteilsveräußerung (vgl. Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 17 Rn. 44).

31

Aufgrund des im Rahmen der Veräußerungstatbestände des § 17 EStG geltenden Stichtagsprinzips ist die Abfindung – wie auch geschehen – bereits im Jahr des Ausscheidens (2010) der Besteuerung nach § 17 EStG zu unterwerfen und nicht erst mit Zufluss der Abfindung im Jahre 2011 (vgl. hierzu u.a. BFH-Beschluss vom 19. Juli 1993 GrS 2/92, BFHE 172,66, BStBl II 1993, 897).

32

b. Der Kläger kann nicht mit seinem pauschalen Vorbringen durchdringen, die Abfindung, die nach § 10 Nr. 3 i.V.m. § 12 Nr. 1, Nr. 3 Satz 5 des Gesellschaftsvertrages innerhalb von sechs Monaten nach erfolgter Beschlussfassung von der Gesellschaft zu bezahlen war, habe nicht aus dem freien Vermögen der Gesellschaft geleistet werden können, so dass es sich damit nicht um eine Zahlung für die Einziehung gehandelt habe. Die Einziehung der Geschäftsanteile gegen Entgelt – und damit das Ausscheiden des Klägers aus der Gesellschaft – wurde unstreitig vollzogen. So wurde der Rechtsstreit (Anfechtungsklage des Klägers erhoben mit dem Ziel der Feststellung der Nichtigkeit des Einziehungsbeschlusses) mit gerichtlichem Vergleich vom 12. Mai 2011 beendet. Dabei wurde die Gesellschaft zur Zahlung einer Abfindung an den Kläger als ausscheidendem Gesellschafter u.a. für den Verlust seiner Geschäftsanteile verpflichtet. Ausweislich des Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 3. Januar 2011 wurden die Anteile des Klägers unter Aufstockung der Anteile des verbleibenden Gesellschafters A eingezogen (Bl. 25 der Einkommensteuerakten). Schon deshalb kann sich der Kläger spätestens mit Abschluss des gerichtlichen Vergleiches und Vereinnahmung der Abfindung nicht mehr darauf berufen, es läge keine wirksame Einziehung gegen Entgelt und damit auch kein Veräußerungstatbestand gemäß § 17 Abs. 1 EStG vor.

33

Zwar erfolgt nach § 34 GmbHG i.V.m. § 30 Abs. 1 GmbHG die Zahlung des Entgelts für die Einziehung von GmbH-Anteilen grundsätzlich zu Lasten des Bilanzgewinns oder der freien Rücklagen. Ein Einziehungsbeschluss ist entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig, wenn bereits bei Beschussfassung feststeht, dass das Einziehungsentgelt nicht aus freiem, die Stammkapitalziffer nicht beeinträchtigenden Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann (BGH-Urteil vom 17. September 2001 II ZR 245/99, DStR 2001, 1898 m.w.N.). Jedoch haften die Gesellschafter, die den Einziehungsbeschluss gefasst haben, dem ausgeschiedenen Gesellschafter anteilig, wenn sie nicht anderweitig dafür sorgen, dass die Abfindung aus dem ungebundenen Vermögen der Gesellschaft geleistet werden kann, oder sie die Gesellschaft nicht auflösen. Den verbliebenen Gesellschaftern wächst anteilig der Wert des eingezogenen Geschäftsanteils zu (BGH-Urteil vom 24. Januar 2012 II ZR 109/11, BGHZ 192, 236 unter II 2 cc). Sollte der Gesellschaft – wie vom Kläger lediglich behauptet – eine Zahlung aus ungebundenem Vermögen tatsächlich nicht möglich gewesen sein, dann hätte dies nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur die Haftung des in der Gesellschaft verbleibenden Gesellschafters A gegenüber dem Kläger als ausscheidendem Gesellschafter ausgelöst. Nach Ansicht des erkennenden Senats hat die Zahlung einer Abfindung durch den verbleibenden Gesellschafter keine Auswirkungen auf das Vorliegen eines Veräußerungstatbestandes nach § 17 Abs. 1 EStG beim ausscheidendem Gesellschafter (so wohl auch Wollweber/Ruske, Steuerfolgen eines Gesellschafter-Ausschlusses, GmbHR 2015, 785, 792 unter B.II.7). Im Gegensatz zum Grund für die Zahlung (Abfindung für die Einziehung, die dem Kläger nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag zustand) kann die Herkunft des für die Abfindung verwendeten Geldes aufgrund des tatsächlich erfolgten Ausscheidens des Klägers aus der A GmbH auf Ebene des Klägers steuerlich nicht relevant sein.

34

Im Übrigen ist das Vorbringen des Klägers ohnehin in sich widersprüchlich: Einerseits will er die Abfindungszahlung nicht als Entgelt für die Einziehung ansehen und damit auch nicht als Veräußerung i.S.d. § 17 EStG. Andererseits bringt er aber diese bei Berechnung des von ihm in der Einkommensteuererklärung selbst als Veräußerungsverlust nach § 17 EStG bezeichneten Verlustes als Abfindung für Geschäftsanteile zum Abzug. Zu Beginn des Einspruchsverfahrens bekräftigt er zudem, dass die Abfindung für den Verlust der Anteile bezahlt worden sei. Im Klageverfahren wiederum hinterfragt er erneut den Grund für die Abfindung.

35

2. Veräußerungsgewinn ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Zu einem Verlust i.S. von § 17 Abs. 2 EStG kann auch die Einziehung von GmbH-Anteilen führen (BFH-Urteil vom 22. Juli 2008 IX R 15/08, BStBl II 2008, 927).

36

a. Als Veräußerungspreis i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG hat der Beklagte zutreffend die in der gerichtlichen Vergleichsvereinbarung genannte Abfindungszahlung in voller Höhe (60.000 EUR) angesetzt. Zwar wurde im gerichtlichen Vergleich vom 12. Mai 2011 vereinbart, dass der Abfindungsgesamtbetrag sowohl für den Verlust der Geschäftsanteile als auch zur Abgeltung aller etwaigen Ansprüche aus dem beendeten Geschäftsführeranstellungsvertrag gezahlt werde. Jedoch hat der damalige steuerliche Berater des Klägers zu Beginn des Einspruchsverfahrens vorgetragen, dass der Kläger bis zur Abberufung sämtliche Bezüge aus seiner Geschäftsführertätigkeit erhalten habe und insoweit eine Abfindung für nicht erhaltenes Gehalt gar nicht in Betracht komme und die Abfindung somit ausschließlich alleinig für den Verlust der Anteile gezahlt worden sei (Schreiben vom 30. Januar 2012, Bl. 2 der Einspruchsakten). Hieran muss sich der Kläger mangels gegenteiliger Nachweise festhalten lassen. Konsequenterweise hat er auch den vollen Abfindungsbetrag in seiner Einkommensteuererklärung 2010 den Einkünften aus § 17 EStG zugeordnet statt einen Teil oder gar den gesamten Betrag als steuerpflichtigen Arbeitslohn i.S.d. § 19 EStG zu behandeln. Soweit er im späteren Verlauf des Einspruchsverfahrens behauptete, es käme eine arbeitsrechtliche Abfindung, eine Abfindung wegen des Verlustes der GmbH-Anteile oder eine Abfindung für das überlassene Knowhow in Form von Konstruktionszeichnungen und Patenten in Betracht (Schreiben vom 27. September 2012, Bl. 65 der Einspruchsakten), so ist dieses Vorbringen widersprüchlich, unsubstantiiert und zudem unbelegt. Auch im Klageverfahren setzt sich die Widersprüchlichkeit des Vorbringens fort: so wird der Abfindungsbetrag vom Kläger erneut in voller Höhe bei der Berechnung des Verlustes in Abzug gebracht, obwohl er zugleich Zweifel aufwirft, wofür die Abfindung gezahlt worden sei.

37

Der Abfindungsbetrag ist – was der Beklagte beachtet hat – im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens gemäß § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c) EStG nur mit 60 % anzusetzen, mithin in Höhe von 36.000 EUR. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, wird die Abfindungszahlung bei Einziehung einheitlich nach § 17 Abs. 1 EStG erfasst und unterliegt damit dem Teileinkünfteverfahren.

38

b. Darüber hinaus sind bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG neben den Anschaffungskosten in Höhe von 98.000 EUR Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 6.721 EUR zu berücksichtigen, da diese in unmittelbarer sachlicher Beziehung zur Einziehung des GmbH-Anteils des Klägers (Anfechtungsklage vor dem Landgericht) stehen.

39

Ein Ansatz von nachträglichen Anschaffungskosten in Höhe von 6.484 EUR in Form einer Sacheinlage kommt hingegen nicht in Betracht. Einlagen sind gem. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Laufe des Wirtschaftsjahres zugeführt hat. Die Beweislast für das Vorliegen nachträglicher Anschaffungskosten trägt der Steuerpflichtige, da es sich insoweit um steuermindernde Tatsachen handelt (u.a. BFH-Urteil vom 13. Juli 1999 VIII R 31/98, BStBl II 1999, 724, BFHE 189, 390).

40

Zutreffend hat der Beklagte ausgeführt, dass sich aus der vorliegenden Inventar-Liste der M GmbH zum 31. Januar 2009 (Bl. 73 Rs. der Einspruchsakten) sowie den im Rahmen des Einspruchsverfahrens vorgelegten Kaufverträgen (Bl. 75 ff. der Einspruchsakten) zum einen ergibt, dass nicht sämtliches von der M GmbH erhaltenes Anlagevermögen vom Kläger an die A GmbH veräußert wurde und zum anderen, dass die Veräußerungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattgefunden haben. Aus der Veräußerung des PKW BMW touring 320d und der Drehmaschine mit Vertrag vom 2. Februar 2009 sowie der Veräußerung des Gabelstaplers mit Vertrag vom 15. April 2009 kann sich schon deshalb keine verdeckte Einlage ergeben, da der Verkaufspreis den Anschaffungskosten laut Inventarliste zum 31. Januar 2009 entsprach.

41

Die Veräußerung der Werkstatt- und Büroausstattung sowie des Installationsmaterials gemäß Inventarliste vom 2. Januar 2010 führte ebenso wenig zu einer verdeckten Einlage durch Sacheinlage. Der Kläger hat erstmals im Klageverfahren insoweit eingeräumt, von den von der M GmbH übernommenen Anlagegütern Wirtschaftsgüter im Wert von 1.275 EUR in sein Privatvermögen übernommen zu haben. Ein Abgleich der Inventarliste der M GmbH zum 31. Januar 2009 mit der Inventarliste zum Kaufvertrag vom 2. Januar 2010 bzw. dem Jahreskonto 71901 bei der A GmbH ergibt aber, dass insgesamt Güter im Wert von ca. 1.367 EUR nicht an die A GmbH veräußert wurden (Schleifblock 50 EUR, Auto Opel 500 EUR, Regale 50 EUR, PC’s 3 St. „normal“ 600 EUR, Bildschirme 2 St. Normal ca. 117 EUR, Fax 50 EUR). Der Wert der übrigen Wirtschaftsgüter betrug laut Inventarliste zum 31. Januar 2009 29.842 EUR. Eingebucht wurden die Wirtschaftsgüter bei der A GmbH zum 2. Januar 2010 (entspricht dem Datum des Kaufvertrages) mit insgesamt 23.450 EUR. Aufgrund des Zeitablaufs von knapp einem Jahr ist von einem entsprechenden Wertverlust der (gebrauchten) Wirtschaftsgüter durch Abnutzung auszugehen, so dass die Vermutung des Beklagten, der Verkaufspreis habe dem Teilwert entsprochen, nicht zu beanstanden ist. Einen höheren Teilwert der einzelnen Wirtschaftsgüter hat der Kläger nicht nachgewiesen.

42

Soweit der Kläger erstmals im Klageverfahren vorträgt, die in dem Kaufvertrag vom 2. Januar 2010 genannten Anlagegüter sofort in die neu gegründete Firma eingebracht und dort auch genutzt zu haben, die Rechnung aber erst entsprechend der Liquiditätslage später gestellt zu haben, verhilft dies seiner Klage nicht zum Erfolg. Überlässt ein Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft dieser unentgeltlich ein Wirtschaftsgut (hier nach eigenem Vorbringen im Zeitraum vom 31. Januar 2009 bis zum 1. Januar 2010), so stellen die damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Gesellschafters keine nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung dar, wie dies bei einer verdeckten Einlage der Fall wäre. Denn der mit der unentgeltlichen Überlassung verbundene Nutzungsvorteil ist mangels Aktivierbarkeit bei der GmbH nicht einlagefähig und daher nicht als verdeckte Einlage anzusehen (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 28. März 2000 VIII R 68/96, BFH/NV 2000, 1278).

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c. Damit sind insgesamt Aufwendungen in Höhe von 104.721 EUR berücksichtigungsfähig. Diese unterliegen jedoch entgegen der Auffassung des Klägers dem Teilabzugsverbot und sind daher mithin nur in Höhe von 62.832,60 EUR zu berücksichtigen.

44

Gemäß § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG dürfen Betriebsvermögensminderungen, Betriebsausgaben, Veräußerungskosten oder Werbungskosten, die mit den dem § 3 Nr. 40 EStG zugrunde liegenden Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen oder mit Vergütungen nach § 3 Nr. 40a in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, unabhängig davon, in welchem Veranlagungszeitraum die Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen, bei der Ermittlung der Einkünfte nur zu 60 Prozent abgezogen werden; Entsprechendes gilt, wenn bei der Ermittlung der Einkünfte der Wert des Betriebsvermögens oder des Anteils am Betriebsvermögen oder die Anschaffungs- oder Herstellungskosten oder der an deren Stelle tretende Wert mindernd zu berücksichtigen sind.

45

Auf die genannten Anschaffungskosten und die Rechtsverfolgungskosten ist § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG anzuwenden, da sie in wirtschaftlichem Zusammenhang mit Einnahmen i.S.d. § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c) EStG, hier der Abfindungszahlung als Veräußerungspreis, stehen.

46

Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur „einnahmenlosen“ Beteiligung ist nicht einschlägig (vgl. zu Auflösungsverlusten aus der Insolvenz einer AG/ GmbH: Urteile vom 25. Juni 2009 IX R 42/08, BFHE 225, 445, BStBl II 2010, 220, und vom 14. Juli 2009 IX R 8/09, BFH/NV 2010,0399 sowie Beschluss vom 18. März 2010 IX B 227/09, BFHE 229, 177, BStBl II 2010, 627; ausführliche Darstellung von Beckerath in Kirchhof, EStG-Komm., 14. Aufl. 2015, § 3c Rn. 30g, 30h). Danach kommt eine teilweise Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 40 EStG nicht in Betracht, wenn keine Betriebsvermögensmehrungen oder Einnahmen anfallen. Folgerichtig tritt die nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG maßgebende Bedingung dafür, entsprechenden Aufwand nur zum Teil zu berücksichtigen, nicht ein.

47

Vorliegend hat der Kläger aber jedenfalls in Form der Abfindungszahlung Einnahmen aus der Beteiligung i.S.v. § 17 Abs. 1 EStG in Höhe von 60.000 EUR erzielt, die dem § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c) EStG unterfallen. Mit der Abfindungszahlung stehen die vom Kläger geltend gemachten Anschaffungskosten sowie Rechtsverfolgungskosten in wirtschaftlichem Zusammenhang. Zwar überschreiten die mit der Einziehung der Anteile gegen Entgelt wirtschaftlich zusammenhängenden Aufwendungen die Einnahmen, so dass es zu einem Verlust kommt. Dies führt aber nicht zur Unanwendbarkeit des § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG. Werden bei der Anteilsveräußerung im Sinne von § 17 EStG veräußerungsbedingte Einnahmen (Veräußerungspreis) erzielt, sind nach Rechtsprechung des BFH Halbeinkünfteverfahren (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. c EStG) und Halbabzugsverbot (§ 3c Abs. 2 EStG) auch im Verlustfall anzuwenden (BFH-Urteil vom 6. April 2011, IX R 40/10, BFHE 233, 442, BStBl II 2011, 785; vgl. auch rechtskräftige Urteile des Finanzgerichts Münster vom 15. Dezember 2010, 10 K 2061/05 E, EFG 2011, 950 – 952 und vom 20. Juli 2011, 7 K 3666/08 E, EFG 2011, 1864 – 1867). Der Umstand, dass der Steuerpflichtige die zum Verlust führenden Aufwendungen in voller Höhe getragen hat, rechtfertigt keine volle Berücksichtigung der tatsächlichen Aufwendungen, da diese nach § 3c Abs. 2 EStG lediglich in typisierender Weise anteilig anzusetzen sind. Dass dies einen „Fallbeileffekt“ bei auch nur geringen Einnahmen nach sich zieht, ist von der vom BFH als verfassungsgemäß erachteten gesetzlichen Typisierung umfasst. Danach sind Halbeinkünfteverfahren und Halbabzugsverbot auch anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige wegen lediglich geringfügiger Veräußerungseinnahmen im Ergebnis einen Verlust erwirtschaftet hat (BFH-Urteil vom 6. April 2011, IX R 40/10, a.a.O.; so auch Vogt in Blümich, EStG-Komm., 128. Aufl. 2015, § 17 Rn. 774). Nach Ansicht des erkennenden Senats ist kein Grund ersichtlich, den Fall einer verlustbringenden (Zwangs-)Einziehung von Geschäftsanteilen gegen Entgelt (Abfindung) anders zu behandeln. Das Teilabzugsverbot findet daher auf die Anschaffungs- und Rechtsverfolgungskosten Anwendung.

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Der Veräußerungsverlust beträgt demnach – wie vom Beklagten im Einkommensteuerbescheid vom 22. Juli 2013 zutreffend angesetzt – 26.833 EUR.

49

3. Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen. Soweit der Beklagte im Klageverfahren nachträgliche Betriebsausgaben anerkannt hat, kam eine Kostenbeteiligung nach § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO nicht in Betracht. Denn die Kläger haben die nachträglichen Betriebsausgaben (Rechtsverfolgungskosten aufgrund des im Mai 2011 – und damit bereits vor Eingang der Einkommensteuererklärung 2010 am 24. Juni 2011 beim Beklagten – beendeten Prozesses) erst im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung des Folgejahres (Eingang beim Beklagten am 8. Februar 2013) geltend gemacht. Der geänderte Einkommensteuerbescheid für 2010 beruht insofern auf Tatsachen, die die Kläger früher hätten geltend machen können und sollen (§ 137 S. 1 FGO).

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4. Die Revision wird gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen, da der BFH – soweit ersichtlich – bislang noch nicht über die Behandlung einer verlustbringenden (Zwangs-) Einziehung gegen Entgelt entschieden hat.

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