Urteil vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz (2. Senat) - 2 K 2359/14


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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Streitig ist nach Rückabwicklung eines Kaufvertrages die Gewährung der Eigenheimzulage.

2

Der Kläger ist Mitglied einer Gruppe von vier Familienmitgliedern, welche ein Hausgrundstück zur jeweiligen Eigennutzung erwerben wollten. Ein weiterer Erwerber war sein Bruder M.L., über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Zur Erwerbergemeinschaft gehörte noch seine Adoptivmutter A.L. (Klägerin im Verfahren 2 K 1221/15, Urteil vom 24. August 2016) sowie seine Schwester N.D., welche durch Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 11. Juni 2014 (2 K 1287/13, EFG 2015, 1172) zur Rückzahlung festgesetzter Eigenheimzulage für die Jahre 2003-2010 verurteilt wurde. Wegen des auch dem hier streitigen Verfahren zu Grunde liegenden Sachverhaltes wird auf das Urteil verwiesen. Nach den Feststellungen des Urteils war dem Beklagten nachträglich bekannt geworden (§ 173 Abs. 1 Nummer 1 AO), dass seitens der dortigen Klägerin kein Eigentumserwerb stattgefunden habe. Mit Revisionsurteil vom 12. Januar 2016 (IX R 20/15, juris-Dokument) hob der Bundesfinanzhof das Urteil des Finanzgerichts für alle Jahre der Festsetzung auf.

3

Der Kläger wohnte seit dem 1. Mai 2003 im hier betroffenen Objekt in L.

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Mit notariellem Vertrag vom 27. Dezember 2002 erwarben der Kläger und die oben genannten Miterwerber für einen Kaufpreis von 194.290,91 € zu je einem Viertel das oben genannte bebaute Grundstück. Am 10. Januar 2003 wurde eine Auflassungsvormerkung zur Absicherung des Anspruchs auf Übereignung im Grundbuch eingetragen. Damit wurde gemäß Abschnitt 3 Nummer 1a des Kaufvertrages der Kaufpreis innerhalb von 3 Monaten nach Kenntnis der Käufer von der Eintragungsvormerkung fällig. Der Kaufpreis wurde nicht bezahlt, die Erwerber zahlten jedoch monatlich 745,80 € an die Verkäuferin bzw. nach deren Ableben an deren beide Söhne als Rechtsnachfolger, und zwar bis ins Jahr 2007. Nachdem der Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 mangels Kaufpreiszahlung rückabgewickelt wurde, erwarb der Kläger mit notarieller Urkunde vom 28. Oktober 2011 von den Rechtsnachfolgern der Verkäuferin des Jahres 2002 zu Alleineigentum das betroffene Grundstück für einen zu zahlenden Restkaufpreis von 130.000 €. Dabei ging man von einem Kaufpreis von 194.290,91 € aus, auf den von den damaligen Käufern geleistete Mietzahlungen/Nutzungsentgeltzahlungen in Höhe von 34.290,91 € angerechnet und 30.000 € für einen Brandschaden aus dem Jahr 2007 in Abzug gebracht wurden, da die damaligen Käufer bereits Renovierungs- und Sanierungsleistungen erbracht hatten.

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Am 17. März 2004 beantragte der Kläger Eigenheimzulage ab dem Jahr 2003 nach §§ 1 ff Eigenheimzulagengesetz (EigZulG). Als Anschaffungskosten erklärte er einen Kaufpreis von 43.172 €, Grunderwerbsteuer von 1700 €, Gerichtskosten der LOK von 44,62 € und Notargebühren von 273,31 € (zusammen 45.189,93 €). In dem Antrag gab er an, als Erwerber mit Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 das Objekt erworben zu haben. Als Zeitpunkt des Übergangs von Besitz, Nutzungen und Lasten führte er ebenso den 27. Dezember 2002 an. Als Zeitpunkt der erstmaligen Eigennutzung nannte er den 1. Mai 2003. Mit Schreiben vom 31. März 2004 bat der Beklagte um Vorlage des notariellen Kaufvertrages in Kopie und einen Nachweis über den Beginn der Eigennutzung. Der Kläger legte daraufhin den Kaufvertrag sowie eine Meldebestätigung zum Einzug am 1. Mai 2003 vor.

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Mit Bescheid vom 6. Juli 2004  setzte der Beklagte für die Jahre 2003-2010 die Zulage in Höhe von jährlich 1080 € (2,5 % der berücksichtigungsfähigen Anschaffungskosten) fest.

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Aus einem Schreiben des ehemaligen Bevollmächtigten der Erwerberin N.D. an den Beklagten vom 9. August 2004 (Blatt 64 der Eigenheimzulage-Akten) ergibt sich, dass am 2. Dezember 2003 im Finanzamt eine Besprechung stattfand, in der M.L. dargelegt habe, dass die Finanzierung des Erwerbs nicht zu Stande gekommen sei und die Käufer sowie die Verkäuferin damals die Rückabwicklung des Vertrages betrieben hätten. Im Januar 2004 sei es den Käufern gelungen, die Finanzierung zu erreichen. 2 Monate später seien dann auch die Anträge auf Eigenheimzulage gestellt worden. Auf das Schreiben wird verwiesen (Blatt 64 der Eigenheimzulage-Akten im Verfahren 2 K 2359/14).

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Am 25. Juli 2012 erhielt der Beklagte von der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts B die Mitteilung, dass der Kauf des Anwesens nie zur Eintragung ins Grundbuch gelangt und der Kaufvertrag rückabgewickelt worden sei. Dieser Rückabwicklung lagen ein Urteil des Landgerichts vom 23. Dezember 2009 sowie ein Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 zu Grunde. Nach den Feststellungen der gerichtlichen Entscheidungen hatte die Verkäuferin des Grundstücks zunächst die Eintragung einer Auflassungsvormerkung bewilligt und deren Eintragung damit bewirkt. Wegen (überwiegender) Nichtzahlung des vereinbarten Kaufpreises bei Fälligkeit spätestens im April 2003 erklärte nach den Feststellungen der Entscheidungen die Verkäuferseite nach einer letztmaligen Aufforderung vom 6. März 2009 zur Zahlung bis zum 16. März 2009 am 2. April 2009 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Die gerichtlichen Entscheidungen folgten nicht der Auffassung der Käufer und dortigen Beklagten (unter anderem dem Kläger), dass der Kaufpreis aufgrund eines behaupteten nachträglich vereinbarten Mietkaufes mit gesonderten Tilgungsabreden noch nicht fällig gewesen sei. Der Beschluss des Oberlandesgerichts führt weiterhin unter 1.3. aus:

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"… dass die Beklagten die Eigenheimzulage von 35.000 € zurückzahlen müssen, liegt nicht an der Nichtigkeit der späteren Absprache, sondern daran, dass sie diese im Zusammenhang mit dem formwirksamen Kaufvertrag in Anspruch genommen und den Kaufpreis nicht bezahlt haben. …"

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungen verwiesen (Blatt 3-10 und 11-18 der Rechtsbehelfsakten).

11

Mit Bescheid vom 3. März 2013 hob der Beklagte nach § 11 Abs. 3 Satz 1 EigZulG die Festsetzung der Eigenheimzulage auf und forderte diese von dem Kläger für die Jahre 2003-2010 zurück.

12

Mit seinem Einspruch hiergegen trug der Kläger vor, zunächst habe der Beklagte die Aufhebung der Festsetzung ab dem Jahr 2008 in Aussicht gestellt, im angefochtenen Bescheid werde nun die Festsetzung ab dem Jahr 2003 aufgehoben. Aufgrund unterschiedlicher Beurteilung des gleichen Sachverhaltes sei der Bescheid insgesamt ersatzlos aufzuheben. Die Miterwerberin N.D. habe Klage gegen die Rückforderung für die Jahre 2003-2010 erhoben.

13

Im Verfahren 2 K 1287/13 trug die dortige Klägerin im Einspruchsverfahren noch vor, die Bemühungen der Käufer zu einer Bankfinanzierung des Kaufpreises seien gescheitert. Mit der Verkäuferin sei daher einvernehmlich vereinbart worden, den Kaufpreis in jährlichen Raten von jeweils 9000 € für die ersten 5 Jahre zu zahlen. Diese Zahlungen seien jeweils halbjährlich erfolgt. Zinsen seien nicht vereinbart worden. Mit dem Kauf hätten die Käufer eine eigentumsähnliche wirtschaftliche Sachherrschaft über das Grundstück erlangt. Im Kaufvertrag werde dies bestätigt, insofern den Käufern ein Renovierungsaufwand von mindestens 35.000 € entstanden sei, um das Objekt bewohnbar zu machen. Die tatsächliche Sachherrschaft sei derart ausgeübt worden, dass die Eigentümerin von der Einwirkung auf die Durchführung der Renovierungen ausgeschlossen gewesen sei. Die Erben der Verkäuferin hätten sich an die mit ihr getroffenen Vereinbarungen bezüglich der Tilgungen nicht gebunden gesehen. Sie hätten die Rückabwicklung des Kaufvertrags beantragt, dies sei im Jahr 2011 erfolgt. Im Dezember 2010 hätten die Käufer die schriftliche Zusage über ein Darlehen in Höhe des Kaufpreises erhalten. Die Erben der Verkäuferin hätten aber das für die Erwerber nicht nachvollziehbare Ziel der Rückabwicklung weiterverfolgt. Die Klägerin (im Verfahren 2 K 1287/13) habe die Voraussetzungen für die Festsetzung der Eigenheimzulage erfüllt.

14

Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2014 wurde der Einspruch gegen den  Aufhebungsbescheid als unbegründet zurückgewiesen, da der Kläger das Grundstück nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch nicht wirksam zu Miteigentum angeschafft habe. Der Bescheid über die Festsetzung der Zulage sei gemäß den Grundsätzen im Verfahren 2 K 1287/13 nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EigZulG, § 173 Abs. 1 Nummer 1 AO, § 169 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz AO aufzuheben. Dem Beklagten sei nachträglich bekannt geworden, dass die Voraussetzungen für den Bezug der Eigenheimzulage nicht erfüllt gewesen seien. Der Kläger habe kein Wohneigentum erworben. Er sei nicht als Miteigentümer in das Grundbuch eingetragen worden, ebenso habe er kein wirtschaftliches Eigentum an dem Grundstück erlangt, da mangels Kaufpreiszahlung Gefahren, Nutzen und Lasten nicht übergegangen seien. Ebenso wenig habe ein Besitzrecht nach § 986 Abs. 1 BGB bestanden. Angebliche Stundungsvereinbarungen und darauf beruhende Zahlungen hätten kein Besitzrecht begründet. Der fehlende Anschaffungsvorgang sei bei Antragstellung im März 2004 bekannt gewesen. Die nachträgliche Kenntnisnahme beruhe auf Umständen, die in der Sphäre des Klägers angelegt gewesen seien. Er habe unzutreffende Angaben in dem Antrag auf Eigenheimzulage gemacht. Der Beklagte habe ihn aufgefordert, Kaufvertrag, Anmeldebestätigung und Finanzierungs- und Zahlungsnachweise vorzulegen. Er habe nur Kaufvertrag und Anmeldebestätigung vorgelegt. Ein Erwerber (M.L.) habe in einem Gespräch beim Beklagten am 2. Dezember 2003, auf den ein Schreiben des Bevollmächtigten der N.D. vom 9. August 2004 (Blatt 64 der Rechtsbehelfsakten) Bezug nehme, Finanzierungsprobleme thematisiert. Es habe ausgeführt, dass die Finanzierung im Januar 2004 gesichert gewesen sei, woraufhin zwei Monate später der Antrag gestellt worden sei. Die Festsetzung seitens des Beklagten sei im Vertrauen auf die behauptete sichergestellte Finanzierung erfolgt. Durch dieses Erklärungsverhalten sei nicht bekannt geworden, dass eine Zahlung nicht erfolgt sei und eine Eigentumsumschreibung nicht stattgefunden habe. Den Erwerbern sei bereits Ende Dezember 2002 bekannt gewesen, dass eine Finanzierung von Anfang an in Zweifel gestanden habe. Gleichwohl hätten sie die Eigenheimzulage beantragt. Sie hätten im März 2004 angegeben, dass Gefahren, Nutzen und Lasten am 27. Dezember 2002 übergegangen seien. Bereits hierdurch sei der Beklagte über den nicht eingetretenen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums getäuscht worden. Eine erneute Täuschung sei mit der Behauptung, nunmehr stehe eine Finanzierung, begangen worden. Unerheblich seien Vereinbarungen mit der Verkäuferin, da aufgrund fehlender Kaufpreiszahlung hierdurch nicht das wirtschaftliche Eigentum habe übergehen können. Bei einer angeblich internen Finanzierung oder einem Mietkauf sei die Eigenheimzulage nicht festzusetzen gewesen. Auch im gesamten Förderzeitraum sei keine Kaufpreiszahlung erfolgt. Weder die von Rechtsnachfolgern der Verkäuferin aufgestellten Forderungen noch die beiden zivilrechtlichen Prozesse hätten die Erwerber zu einer Klarstellung gegenüber dem Beklagten veranlasst. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 unter Ziffer 1.3.. Soweit bei einer normalen Festsetzungsverjährung von vier Jahren die Rückforderung der Eigenheimzulage 2003-2008 ausgeschlossen wäre, für 2008 spätestens mit Ablauf des Jahres 2012, sei auf die Festsetzungsverjährungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO zu verweisen. Aus dem Urteil des Finanzgerichts im Verfahren 2 K 1287/13 ergebe sich, dass auch bei Eigenheimzulage-Betrug die Festsetzungsverjährung von 10 Jahren gelte, obwohl keine Steuerhinterziehung vorliege.

15

Mit seiner Klage hiergegen trägt der Kläger vor, aufgrund der guten Beziehungen zur Verkäuferin sei es zu einer Vereinbarung bezüglich des zu zahlenden Kaufpreises gekommen. Die Erwerber hätten sie davon überzeugt, dass das Objekt mit weit größerem Aufwand zu sanieren gewesen sei als bei Vertragsabschluss angenommen. Daraufhin habe sie einer Regelung zugestimmt, dass sie einen einer Miete angemessenen Betrag und zusätzlich ein jeweils jährlich abzustimmenden Betrag in Anrechnung auf den Kaufpreis erhalte. Damit sei für die Käufergemeinschaft mit Zustimmung der Verkäuferin die Finanzierung im Januar 2004 gesichert und erreicht worden. Hierüber habe der Erwerber L. im Januar/Februar 2004 den Beklagten informiert. Zu diesem Zeitpunkt sei dem Beklagten die gescheiterte Finanzierung bekannt gewesen, nunmehr sei er über die positiven Verhandlungen mit der Verkäuferin informiert worden. Unter Bezug auf den dann gestellten Antrag habe der Beklagte der Kläger aufgefordert, den notariellen Kaufvertrag, Nachweise zur Kaufpreiszahlung, über den Beginn der Eigennutzung und der Finanzierung des Eigenheims vorzulegen. Der Kläger habe nur Kaufvertrag und Anmeldebestätigung vorgelegt. Die anderen Unterlagen habe er mangels Existenz nicht vorlegen können. Gleichwohl habe der Beklagte auf den unvollständigen Antrag hin in die Eigenheimzulage festgesetzt. In der Einspruchsentscheidung verweise der Beklagte auf ein Schreiben des Bevollmächtigten der N.D. vom 9. August 2004, in welchem darauf hingewiesen worden sei, dass es den Käufern im Januar 2004 gelungen sei, die Finanzierung des Hauses zu erreichen. Der Beklagte möge das Schreiben vorlegen und erläutern, wie er bei einer Festsetzung von Eigenheimzulage am 6. Juli 2004 den Inhalt eines Schreibens vom 9. August 2004 schon habe berücksichtigen können. Der Kläger verfüge nicht über Erfahrungen und Kenntnisse im Zusammenhang mit der Beantragung der Eigenheimzulage. Wenn eine Bewilligung erfolge, dann könne und dürfe der Kläger davon ausgehen, dass von seiner Seite alles Notwendige für die Bewilligung getan worden sei. Wenn der Beklagte ausführe, es fehle am Übergang des wirtschaftlichen und rechtlichen Eigentums, entziehe sich dies der Bewertung durch der Kläger. Dies könne ihm nicht angelastet werden. Von dem Kläger stamme keine Erklärung, die zu der Erkenntnis hätte verleiten können, es gebe einen Darlehensvertrag oder eine nachweisliche Übertragung des Eigentums schon zum Zeitpunkt der Antragstellung. Wegen der weiteren Begründung der Klage, insbesondere zur Thematik der verlängerten Festsetzungsverjährung wird auf den Schriftsatz vom 13. April 2015 verwiesen (Blatt 13 bis 22 der Prozessakten).

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In der Folge hat der Prozessbevollmächtigte auf das Urteil des BFH vom 12. Januar 2016 (IX R 20/15) verwiesen, mit dem die Entscheidung des Finanzgerichts im Verfahren 2 K 1287/13 aufgehoben wurde und zusätzlich vorgetragen, im Parallelverfahren habe das Finanzgericht festgestellt, dass die Festsetzungsverjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2004, dem Jahr der Antragstellung, begonnen habe und vier Jahre betrage. Die Verlängerung der Festsetzungsverjährung sei durch die Revisionsinstanz verneint worden.

17

§ 10 EigZulG sei im Hinblick auf Beginn und Ablauf der Festsetzungsfrist nach der Abgabenordnung nicht einschlägig. Nach § 11 Abs. 5 EigZulG dürfe eine Aufhebung zuungunsten des Anspruchsberechtigten frühestens mit Wirkung ab dem Kalenderjahr erfolgen, in dem das Finanzamt aufhebe. Im Streitfall hätte daher eine Aufhebung nur ab dem Jahr 2013 erfolgen können, nicht aber für 2009 und 2010.

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Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage 2003 bis 2010 vom 8. März 2013 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2014 sowie in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16. Juni 2016 dahingehend zu ändern, dass auch für 2009 und 2010 auf die Rückforderung von Eigenheimzulage verzichtet wird bzw. eine solche erneut festgesetzt wird.

19

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

20

Er trägt hierzu vor, nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Parallelverfahren sei die Eigenheimzulage für 2003-2008 durch Bescheid vom 16. Juni 2016 wieder festgesetzt worden. Der Bescheid über die Aufhebung der Eigenheimzulage für die Jahre 2009 und 2010 vom 8. März 2013 unterliege nicht der 4-jährigen Festsetzungsverjährung, es verbleibe bei seiner Aufhebung nach § 173 Abs. 1 Nummer 1 AO. Gemäß § 15 Abs. 1 EigZulG seien die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung entsprechend anzuwenden. Nach § 155 Abs. 4 AO seien die Vorschriften über die Steuerfestsetzung sinngemäß für die Festsetzung einer Steuervergütung anzuwenden, hierzu zählten unter anderem auch die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung nach §§ 169 ff AO. Der Beginn der Festsetzungsfrist sei gemäß § 170 Abs. 1 AO vom Entstehen des Anspruchs auf Eigenheimzulage abhängig. Dieser entstehe nach § 10 EigZulG mit dem Beginn der Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken und für die weiteren Jahre des Förderzeitraums jeweils mit dem Beginn des Kalenderjahres, für das eine Eigenheimzulage festzusetzen sei. Daher beginne die Festsetzungsverjährung für jedes einzelne Jahr des Förderzeitraums mit Ablauf des jeweiligen Förderjahres, so dass für jedes Förderjahr eine eigenständige Verjährungsfrist zu beachten sei. Das Förderjahr 2008 sei erst am 31. Dezember 2013 verjährt gewesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

22

Der Beklagte geht zutreffend davon aus, dass trotz des Urteils des BFH vom 12. Januar 2016 (IX R 20/15, juris-Dokument) die Aufhebung der Festsetzung der Eigenheimzulage für 2009-2010 unter gleichzeitiger Rückforderung der hierfür geleisteten Zulagen mit Bescheid vom 23. Mai 2013 noch zulässig gewesen ist. Bezüglich der geförderten Jahre 2009 und 2010 war noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten.

23

Die Aufhebung der Festsetzung durch Bescheid vom 8. März 2013 erfolgte zutreffend nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO. So sind dem Beklagten nachträglich Tatsachen bekannt geworden, die zum Nachteil des Klägers zur Rückzahlung einer Steuervergütung führen.

24

Nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. Dies gilt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG für die Eigenheimzulage durch die entsprechende Anwendung der Änderungsvorschriften der Abgabenordnung für Steuervergütungen nach § 155 Abs. 4 AO.

25

Die Anwendung des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 AO leitet sich im Streitfall aus dem Umstand ab, dass die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG  für die Förderung einer zur Eigennutzung angeschafften Wohnung in einem im Inland gelegenen Haus oder einer im Inland gelegenen Eigentumswohnung nicht erfüllt gewesen sind. Für die (entgeltliche) Anschaffung ist im Steuerrecht die Übertragung des Eigentums an einem Wirtschaftsgut von einem Eigentümer auf den anderen erforderlich, was im Streitfall nicht erfolgt ist. Dies ist dem Beklagten erst nachträglich bekannt geworden.

26

Der Kläger hat kein Wohneigentum in diesem Sinne erworben. Für eine Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums fehlt es an der erforderlichen Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch nach § 873 Abs. 1 BGB. Die mit notariellem Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 eingeleitete Verfügung über das Eigentum aufgrund einer Einigung des Veräußerers und des Erwerbers über die Übertragung des Eigentums gemäß § 925 BGB (Auflassung) wurde im Streitfall nicht durch die Eintragung des Klägers als neuem Miteigentümerin in das Grundbuch abgeschlossen.

27

Soweit dies daran scheiterte, dass die für die Eintragungsbewilligung erforderliche Kaufpreiszahlung seitens des Klägers und seinen Miterwerbern nie erfolgt ist, konnte die Käuferseite auch kein wirtschaftliches Eigentum an dem Grundstück erlangen. So bestimmte der notarielle Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002, dass erst mit Zahlung des Kaufpreises über 194.290,91 € Gefahren, Nutzen und Lasten auf die Käufer übergehen sollten (Abschnitt 6 des Vertrages).

28

Wirtschaftliches Eigentum liegt vor, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nummer 1 AO).  Damit sind das Objekt und auch dessen Erträge und Kosten nicht dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer, sondern dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen.

29

Im Streitfall erfüllen die von dem Kläger angeführten Tatsachen für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums die genannten Voraussetzungen nicht.

30

Die wirtschaftliche Sachherrschaft wurde zunächst nicht durch die Vereinbarungen zur Renovierung des Gebäudes begründet. Dass die rechtliche Eigentümerin von der Einwirkung auf die Durchführung der Renovierungen wirtschaftlich ausgeschlossen gewesen sei, auch weil die Erwerber hierfür mindestens 35.000 € aufzuwenden gedachten, führte nicht zu ihrem wirtschaftlichem Eigentum. Damit war die zivilrechtliche Eigentümerin weder für die wirtschaftliche Nutzungsdauer des Gebäudes von der Einwirkung darauf ausgeschlossen, noch gingen Gefahren, Nutzen und Lasten hierdurch auf die Erwerber über. Auch eventuelle durch die Käufer geplante und in die Wege geleitete bauordnungsrechtliche Verfahren ändern hieran nichts.

31

Überdies ergibt sich bereits aus der Vereinbarung einer monatlichen Zahlung eines Nutzungsentgeltes, dass der zivilrechtlichen Eigentümerin nach wie vor auch die Erträge des Grundstücks zufließen sollten.

32

Ebenso wenig ist ein wirtschaftliches Eigentum begründendes Besitzrecht im Sinne des § 986 Abs. 1 BGB ersichtlich.

33

Nach dieser Vorschrift kann der Besitzer die Herausgabe einer Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist. Sofern überhaupt, die Entscheidungen des Landgerichts sowie des Oberlandesgerichts verneinen dies mangels eines nachgewiesenen substantiierten Vortrags der dortigen Beklagten, ein Besitzrecht durch eine Vereinbarung mit der Verkäuferin bestanden haben sollte, bezog sich dies in Anbetracht der eindeutigen Regelung des notariellen Kaufvertrages allenfalls darauf, vorab das Grundstück zur Durchführung von Renovierungsmaßnahmen in Besitz nehmen zu dürfen.

34

Auch die Vereinbarung der Zahlung eines monatlichen Nutzungsentgeltes oder Vereinbarungen zur teilweisen Stundung der Kaufpreiszahlung und darauf beruhende Zahlungen in Höhe von angeblich insgesamt 36.000 € in den Jahren 2003-2006 sowie die Zahlung von Grunderwerbsteuer begründeten kein dem wirtschaftlichen Eigentum entsprechendes Besitzrecht der Erwerberseite. Dies gilt unabhängig davon, ob entsprechenden Vereinbarungen der Kaufvertragsparteien formwirksame (§ 311 BGB) Änderungen des notariellen Kaufvertrages vom 27. Dezember 2002 zu Grunde gelegen haben. Im Ergebnis haben die Käufer bzw. der Kläger nicht nachgewiesen, dass ein derartiges Besitzrecht die Verkäuferin in rechtlich zulässiger Weise von der faktischen Einwirkung auf ihr Grundstück ausgeschlossen hätte.

35

Die fehlende Übertragung des Eigentums und damit das Fehlen einer Voraussetzung für die Förderung des Eigentumserwerbs waren bei Antragstellung im März 2004 gegeben gewesen. In Unkenntnis dieser Umstände hat der Beklagte mit Bescheid vom 6. Juli 2004 die Eigenheimzulage festgesetzt. Erst durch die beantragte Rückerstattung der für den vermeintlichen Anschaffungsvorgang geleisteten Grunderwerbsteuer im Jahr 2012 erhielt der Beklagte Kenntnis von dem gescheiterten Eigentumsübergang. Ihm ist die Tatsache daher nachträglich bekannt geworden.

36

Die nachträgliche Kenntnisnahme beruht auf Umständen, die in der Sphäre des Klägers angelegt gewesen sind. Aufgrund seines Erklärungsverhaltens und seiner missverständlichen Mitwirkung hat er die Ursachen dafür gesetzt, dass der Beklagte die Zulage festgesetzt und über Jahre ausgezahlt hat. Soweit dieser möglichen Zweifel an den Angaben des Klägers hätte nachgehen müssen, steht dem eine Verletzung der klägerischen Erklärungspflichten entgegen, so dass Treu und Glauben einer Aufhebung der Festsetzung nach § 173 Abs. 1 Nummer 1 Satz 1 AO nicht entgegenstehen.

37

So kann die Finanzverwaltung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben daran gehindert sein, die Änderung eines Bescheides zulasten des Steuerpflichtigen darauf zu stützen, dass ihm steuerlich erhebliche Tatsachen erst nachträglich bekannt geworden seien. Wäre ihr bei ordnungsgemäßer Erfüllung ihrer Amtsermittlungspflichten die später bekannt gewordene Tatsache nicht verborgen geblieben, kann sie sich später nicht darauf berufen. Die Ermittlungspflicht wird verletzt, wenn die Finanzbehörde offenkundigen Zweifelsfragen und Unklarheiten, die sich nach Sachlage aufdrängen, nicht nachgeht oder Ermittlungsmöglichkeiten nicht nutzt, deren Ergiebigkeit sich ihr hätten aufdrängen müssen. Die Finanzbehörde braucht dabei den Angaben des Steuerpflichtigen nicht mit Misstrauen zu begegnen, sondern kann regelmäßig von deren Richtigkeit und Vollständigkeit ausgehen. Die Erklärung muss daher erkennbar unvollständig oder in sich widersprüchlich sein oder sich aus anderen bekannten Umständen Zweifel an ihrer Richtigkeit aufdrängen (Rüsken in Klein, Kommentar zur Abgabenordnung, 12. Aufl, § 173 Rz. 80, 81 und 82).

38

Die Berufung auf nach Treu und Glauben vorwerfbare Unkenntnis oder auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflichten ist ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige seinerseits hinsichtlich der betreffenden Tatsache seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist und nicht im Rahmen des Zumutbaren die bei objektiver Betrachtung wesentlichen Tatsachen vorgetragen hat, insbesondere den steuerlich relevanten Sachverhalt in seiner Steuererklärung richtig, vollständig und deutlich dem Finanzamt zur Prüfung unterbreitet, zur Beurteilung des Sachverhalts erforderliche Unterlagen nicht beifügt oder eine Nachfrage des Finanzamts unbeantwortet gelassen hat (BFH Urteil vom 7. Juli 2004 XI R 10/03, Bundessteuerblatt II 2004, 911).

39

Beim Zusammentreffen einer Verletzung der Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen und einer Verletzung der Amtsaufklärungspflicht sind die beiderseitigen Pflichtverletzungen grundsätzlich gegeneinander abzuwägen (BFH-Beschluss vom 10. November 2009 VI B 54/09, BFH/NV 2010, 602; BFH-Beschluss vom 6. Februar 2013 X B 164/12, BFH/NV 2013, 694); in der Regel ist jedoch die Verantwortung dem Steuerpflichtigen anzulasten (BFH-Urteil vom 18. August 2005 IV R 9/04, Bundessteuerblatt II 2006, 581), so dass ein Bescheid geändert werden kann, insbesondere wenn er bewusst beim Finanzamt einen Irrtum hervorgerufen hat.

40

Wenn sowohl der Steuerpflichtige als auch das Finanzamt es versäumt haben, den Sachverhalt aufzuklären, so stehen die Grundsätze von Treu und Glauben nur dann dem Erlass eines Änderungsbescheides entgegen, wenn der Pflichtverstoß des Finanzamts deutlich überwiegt (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1993 III R 74/92, BFH/NV 94, 315). Bei Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen sind an die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen erhöhte Anforderungen zu stellen (BFH-Urteil vom 4. Dezember 1992 III R 50/91, BFH/NV  1993, 496).

41

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist im Streitfall nicht davon auszugehen, dass die von dem Kläger behauptete Verletzung der Ermittlungspflichten des Finanzamts zur Beseitigung möglicher Zweifel deutlich Pflichtverstöße des Klägers überwiegen.

42

So hat der Kläger in seinem Antrag auf Eigenheimzulage vom 17. März 2004 angegeben, dass gemäß einem notariellen Kaufvertrag vom 27. Dezember 2002 der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten am gleichen Tage erfolgt sein soll. In der geforderten Angabe zum Beginn der Eigennutzung gab der Kläger den 1. Mai 2003 an.  Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin im Klageverfahren stand eine Finanzierung von Anfang an in Zweifel. Eine Bankfinanzierung soll danach bereits in der Zeit unmittelbar nach dem notariellen Vertragsabschluss Ende Dezember 2002 gescheitert sein, wenn nicht bereits früher. Dies war den Käufern damals auch bekannt gewesen. Gleichwohl beantragte der Kläger -ohne durch Kaufpreiszahlung eine Eigentumsübertragung bewirken zu können- die Eigenheimzulage. Dies stellt einen erheblichen Verstoß gegen die bestehenden Erklärungspflichten zu Erlangung einer Steuervergütung dar.

43

Demgegenüber stehen mögliche Ermittlungspflichtverletzungen des Beklagten zurück.

44

Zunächst fehlende Angaben bzw. Nachweise, wie Kaufvertrag und Anmeldebestätigung forderte der Beklagte mit Schreiben vom 20. April 2004 an. Einen Finanzierung- und Zahlungsnachweis verlangte er nicht. Mögliche Zweifel an der Zahlung hätten sich ihm nur aufdrängen müssen, wenn er den Angaben im Formular der Antragstellung mit Misstrauen hätte begegnen müssen.

45

Der Kläger legte daraufhin den Kaufvertrag sowie die Anmeldebestätigung der Gemeinde vor. Soweit sich dem Beklagten danach Zweifel hätten aufdrängen müssen, überwiegt nach obigen Grundsätzen gleichwohl der Pflichtenverstoß des Klägers, er hatte bis zu diesem Zeitpunkt mangels Zahlung kein wirtschaftliches Eigentum erlangt. Dies war ihm auch bekannt. Aus dem Vertragsinhalt ergab sich, dass wirtschaftliches Eigentum erst bei Übergang von Gefahren, Nutzen und Lasten erfolgen sollte und zivilrechtliches Eigentum erst mit der Eintragung als Eigentümer im Grundbuch. Auch die ohne Konsequenzen gebliebene Fälligkeit des Kaufpreises drei Monate nach Eintragung einer Auflassungsvormerkung im April 2003 war dem Kläger bekannt.

46

Aus seinen Schilderungen zu den Vorgängen Anfang des Jahres 2004 ergibt sich keine andere Schlussfolgerung. Auch mit den aus Anlass eines Gesprächs mit dem Beklagten gemachten Angaben sowie der nachfolgenden Antragstellung hat er seine Mitwirkungspflichten verletzt. Die Antragstellung erfolgte, obwohl zuvor das Problem der Finanzierung des Hauses in einem Gespräch am 2. Dezember 2003 an Amtsstelle bereits thematisiert worden sein soll. Dies trägt der Kläger im vorliegenden Verfahren vor. Kurz danach (Januar/Februar 2004) soll durch den Miterwerber M.L. gegenüber dem Beklagten geäußert worden sein, dass es den Käufern gelungen sei, den Erwerb zu finanzieren. Wenige Monate später ist dann der Antrag auf Eigenheimzulage gestellt worden.

47

Bei seiner Entscheidung war dem Beklagten aus Sicht des Klägers aufgrund seiner Kenntnisse Anfang des Jahres 2004 bekannt, dass nunmehr eine Finanzierung angeblich gesichert sei. Wenn am 17. März 2004 der Antrag gestellt und am 6. Juli 2004 ihm entsprochen wurde, ging der Beklagte davon aus, dass mittlerweile durch die aufgrund der angeblich gesicherten Finanzierung erfolgten Zahlung des Kaufpreises zumindest wirtschaftliches Eigentum auf Seiten der Erwerber begründet worden ist.

48

Dass eine Zahlung des Kaufpreises bei Antragstellung noch nicht erfolgt ist, demzufolge wieder zu wirtschaftlichem Eigentum noch zivilrechtlichem Eigentum durch Eigentumsumschreibung im Grundbuch geführt haben, ist daher überwiegend durch das  Erklärungsverhalten des Klägers dem Beklagten nicht bekannt geworden.

49

Ausgehend hiervon ist es unerheblich, inwieweit der Beklagte ausweislich seiner Feststellungen in der Einspruchsentscheidung  noch den Inhalt eines Schreibens des Bevollmächtigten eines Erwerbers aus dem Dezember 2004 in seine Entscheidung auf Festsetzung am 6. Juli 2004 einbezogen haben konnte.

50

Unmaßgeblich in diesem Zusammenhang ist auch ein von dem Kläger angeführtes Schreiben der Verkäuferin an die Erwerber vom 6. April 2004 zu möglichen Stundungs- und Zahlungsvereinbarungen, da hierdurch die fehlende Kaufpreiszahlung für den Übergang von Gefahren, Nutzen und Lasten nicht ersetzt werden konnte. So wäre aufgrund einer im Schreiben behaupteten angeblichen internen Finanzierung oder eines Mietkaufes die Eigenheimzulage nicht festzusetzen gewesen. Voraussetzung bzw. Anknüpfungspunkt für die Festsetzung der Eigenheimzulage war für den Beklagten allein der Eintritt eines Eigentumsübergangs gemäß den Regelungen des notariellen Kaufvertrags vom 27. Dezember 2002. Auch wenn der Kläger wegen einer hiervon abweichenden Vereinbarung mit der Verkäuferin die Voraussetzungen für eine Antragstellung unzutreffend als erfüllt angesehen hat, hätte er im Rahmen seiner Pflicht zur vollumfänglichen Erklärung diese abweichende Regelung dem Beklagten darstellen müssen.

51

In den folgenden Jahren des Förderzeitraums ist ebenso wenig eine Kaufpreiszahlung  gemäß dem notariellen Vertrag erfolgt. Weder die von den Rechtsnachfolgern der Verkäuferin im März 2009 aufgestellte Forderung zur Leistung des Kaufpreises noch die in der Folge ergangenen Entscheidungen des Landgerichts vom 23. Dezember 2009  sowie des Oberlandesgerichts vom 10. November 2010 veranlassten den Kläger zu einer Klarstellung gegenüber dem Beklagten bezüglich des gescheiterten Eigentumsübergangs. Dabei hat der Kläger insbesondere den deutlichen Hinweis des Oberlandesgerichtes in seinem Beschluss vom 10. November 2010 unter 1.3., dass die Eigenheimzulage zurückzuzahlen sei, weil der Kaufpreis nicht gezahlt worden sei, nicht zum Anlass genommen, eine Korrektur der Festsetzung durch den Beklagten zu veranlassen. Stattdessen wurde unter Ausnutzung des beim Beklagten fortbestehenden Irrtums über die fehlende Voraussetzung zur Gewährung der Eigenheimzulage ein unberechtigter Vorteil weiterhin in Anspruch genommen.

52

Der Aufhebung der Eigenheimzulage für die Jahre 2009 und 2010 stand keine Festsetzungsverjährung entgegen. Durch die Abgabe des Antrags auf Eigenheimzulage im Jahr 2004 begann gemäß § 170 Abs. 3 AO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG die Frist nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 AO von 4 Jahren für die Aufhebung oder Änderung der Festsetzung einer Steuervergütung mit Ablauf des Jahres 2004 zu laufen, soweit es sich um die bis zum Förderzeitraum 2004 gemäß § 10 EigZulG bereits entstandenen Ansprüche gehandelt hat.

53

In den folgenden Jahren ist der Beginn der Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nummer 2 AO gemäß § 170 Abs. 1 AO vom Entstehen des Anspruchs auf Eigenheimzulage abhängig. Der Anspruch auf Eigenheimzulage entsteht nach § 10 EigZulG mit dem Beginn der Nutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken und für die weiteren Jahre des Förderzeitraums jeweils mit dem Beginn des Kalenderjahres, für das eine Eigenheimzulage festzusetzen ist. Daher beginnt die Festsetzungsverjährung gemäß § 170 Abs. 1 AO für jedes einzelne Jahr des Förderzeitraums mit Ablauf des jeweiligen Förderjahres, so dass für jedes einzelne Förderjahr eine eigenständige Verjährungsfrist zu beachten ist (BFH-Urteil vom 20. Oktober 2010 IX R 55/09, BFH/NV 2010, 767; Urteil des FG Niedersachsen vom 28. Oktober 2009 9 K 146/09, EFG 2010, 299; Urteil des FG Köln vom 23. April 2015 11 K 3371/14, EFG 2015, 1331).

54

Die Festsetzungsfrist für das Förderjahr 2009 lief nach diesen Grundsätzen am 31. Dezember 2013 - und für das folgende Förderjahr 2010 entsprechend später - ab. Die Aufhebung der Festsetzung der Eigenheimzulage für 2009 und 2010 erfolgte noch vor dem Ablauf der jeweiligen Festsetzungsfrist mit Bescheid vom 8. März 2013.

55

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

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