Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht (3. Senat) - 3 K 114/11

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darum, ob und in welchem Umfang in einer Bilanz zum 30. Juni 1999 eine Teilwertaufholung für verschiedene Grundstücke vorzunehmen ist.

2

Die Kläger sind die Eheleute A und B in … . Die Klägerin war Eigentümerin eines ca. 68,5 ha großen Hofes in …, welcher vom Kläger bewirtschaftet wurde. Vor diesem Hintergrund wiesen die eingereichten Gewinnermittlungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) als Betriebsinhaber stets den Kläger aus und wurden die erzielten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft diesem auch zugerechnet. Der Wirtschaftsjahreszeitraum war der 1. Juli bis 30. Juni. Der landwirtschaftliche Betrieb wurde mit Wirkung vom 1. Juli 2002 auf den gemeinsamen Sohn der Eheleute C im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu Buchwerten übertragen.

3

In den Jahren ab 1979 waren im Betrieb u. a. folgende Zukäufe landwirtschaftlicher Flächen getätigt worden:

4

Nr.     

Datum 

Verkäufer

Fläche in ha

AK in DM

AK/ha 

1       

18.12.1979

        

3,6185

92.619,36

25.596

2       

12.06.1981

        

3,2774

57.403,08

17.515

3       

01.11.1985

        

10,8702

232.785,00

21.415

4       

31.12.1987

        

9,0653

199.610,14

22.019

5

Im Jahr 1991 machte der Kläger für die o. g. Ländereien Teilwertabschreibungen zum 30. Juni 1990 und zum 30. Juni 1991 geltend. Im Einzelnen handelte es sich dabei um folgende Beträge:

6

Nr.     

Fläche in ha

Teilwert/ha 30.06.90

Teilwert/ha 30.06.91

TW – AFA 89/90

TW – AFA 90/91

1       

3,6185

23.000 DM

12.000 DM

13.129 DM

10.500 DM

2       

3,2774

14.000 DM

12.000 DM

9.881 DM

6.645 DM

3       

10,8702

18.000 DM

16.000 DM

37.124 DM

21.740 DM

4       

9,0653

19.000 DM

17.000 DM

24.958 DM

18.120 DM

                                   

85.092 DM

57.005 DM

7

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Teilwertabschreibungen seien aufgrund der Beschaffenheit und Lage aus Sicht der Bilanzstichtage 30. Juni 1990 und 30. Juni 1991 notwendig und eine Zuschreibung über den neuen Teilwert in Zukunft nicht zu erwarten. Die Teilwertabschreibungen seien bewertungsrechtlich auf die einzelnen Flächen bezogen möglich und in diesen Fällen auch angebracht, um einem falschen Bilanzbild entgegen zu stehen. Der amtliche landwirtschaftliche Sachverständige des Finanzamts kam nach Überprüfung zu dem Ergebnis, dass die begehrten Teilwertabschreibungen zu den angegebenen Stichtagen gerechtfertigt seien. Vor diesem Hintergrund berücksichtigte das Finanzamt die Abschreibungen in der beantragten Höhe.

8

Im Wirtschaftsjahr 1995/1996 wurde eine weitere Teilwertabschreibung auf den Grund und Boden in Höhe von 52.272,14 DM vorgenommen; hiervon entfielen – ausgehend von einem angenommenen Teilwert von jeweils 14.000 DM/ha – auf die Fläche 3 ein Betrag in Höhe von 21.740 DM und auf die Fläche 4 ein Betrag in Höhe von 30.532,14 DM. Die Flächen waren danach mit folgenden Buchwerten bilanziert:

9

Nr.     

Fläche in ha

Buchwert zum 30.06.1996

1       

3,6185

68.990,36 DM

2       

3,2774

40.877,08 DM

3       

10,8702

152.181,00 DM

4       

9,0653

126.000,00 DM

10

In der Zeit vom 3. April 2006 bis 7. April 2006 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung statt, die die Wirtschaftsjahre 1998/1999 bis 2001/2002 sowie die Kalenderjahre 1999 bis 2002 umfasste. Im Betriebsprüfungsbericht vom 28. April 2006 stellte der Betriebsprüfer – neben weiteren, hier nicht streitigen Feststellungen – fest, dass im Hinblick auf die gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 weggefallene Möglichkeit der Beibehaltung eines niedrigeren Teilwerts bei späteren Wertsteigerungen hinsichtlich der Flächen Nr. 3 und 4 eine Wertaufholung auf einen Teilwert von 18.500 DM/ha vorzunehmen sei. Auf dieser Basis ermittelte der Prüfer für das Wirtschaftsjahr 1998/1999 eine Gewinnerhöhung von 89.415,00 DM. Da die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 1998 bereits zum 31. Dezember 2005 abgelaufen war, verzichtete der Kläger auf die Möglichkeit der Bildung einer Rücklage nach § 52 Abs. 16 EStG so dass letztlich nur die auf das Kalenderjahr 1999 entfallene hälftige Gewinnerhöhung steuerlich erfasst wurde.

11

Mit dem angegriffenen Bescheid vom 24. Mai 2006 setzte das Finanzamt die Feststellungen des Betriebsprüfers um und änderte den gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden ersten Steuerbescheid 1999 vom 3. August 2004 entsprechend; der Vorbehalt der Nachprüfung wurde – wie auch bei den die Jahre 2000 – 2002 betreffenden, nach der Prüfung ergangenen Änderungsbescheiden – aufgehoben. Im angegriffenen Bescheid legte das Finanzamt Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von … DM zugrunde und setzte die Steuer auf … DM (… €) fest.

12

Hiergegen wandten sich die Eheleute mit ihrem am 1. Juni 2006 beim Finanzamt eingegangenen Einspruch. Zur Begründung trugen sie – soweit hier von Interesse – unter Bezugnahme auf das seinerzeit beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht anhängige Verfahren 5 K 357/02 vor, das in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG eingeführte Wertaufholungsgebot verstoße gegen das Rückwirkungsverbot. Die Kläger erklärten sich mit einer Bearbeitung der Einsprüche erst nach abschließender gerichtlicher Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage einverstanden.

13

Im Rahmen einer im Jahre 2008 beim Sohn der Kläger als Betriebsübernehmer durchgeführten Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 2002 bis 2006 stellte sich die Prüferin auf den Standpunkt, dass die für die vorbenannten Flächen Nr. 1-4 in der Vergangenheit vorgenommenen Teilwertabschreibungen zum 30. Juni 2003 in vollem Umfang aufzuholen seien, da nicht mehr von einer dauernden Wertminderung ausgegangen werden könne. Bei den Flächen Nr. 1 und 2 war die Teilwertaufholung auf den nach Abspaltung des Buchwerts der Milchquote verbliebenen Betrag der Anschaffungskosten zu begrenzen. Auf dieser Basis erfolgte zum 30. Juni 2003 eine Teilwertaufholung in Höhe von 37.397,27 EUR (73.142,70 DM), die sich aus folgenden Teilbeträgen zusammensetzte:

14

Nr.     

Fläche
in ha

AK in DM

AK nach
Abspaltung
Milchquote

Buchwert
01.07.2002
in DM

Teilwertaufholung
in DM

1       

3,6185

92.619,36

69.335,00

68.990,36

344,64

2       

3,2774

57.403,08

48.876,00

40.877,08

7.998,92

3       

10,8702

232.785,00

        

201.096,00

31.689,00

4       

9,0653

199.610,14

        

166.500,00

33.110,14

                                   

Summe:

73.142,70

15

Die aufgrund dieser Betriebsprüfung gegenüber dem Sohn der Kläger ergangenen Einkommensteuerbescheide wurden angefochten; die Rechtsbehelfe sind noch anhängig. Aufgrund der Erhöhung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft für die Veranlagungszeiträume 2002 und 2003 durch die Teilwertaufholung im Wirtschaftsjahr 2002/2003 wurde die Einkunftsgrenze des § 5 Eigenheimzulagegesetz (EigZulG) überschritten, so dass das Finanzamt die Festsetzung der Eigenheimzulage für eine in 2003 fertig gestellte Wohnung gemäß § 11 Abs. 4 EigZulG aufhob.

16

Vor diesem Hintergrund trugen die Kläger mit Schreiben vom 9. März 2010 vor, dass der angefochtene Einkommensteuerbescheid 1999 für den Fall, dass der Bundesfinanzhof (BFH) die Verfassungsmäßigkeit des Wertaufholungsgebots bestätigen sollte, zu ihrem Nachteil zu ändern sei, dass namentlich zum 30. Juni 1999 eine Teilwertaufholung auf den ursprünglichen Wert der Anschaffungskosten vorgenommen werden müsse. Denn im Rahmen der in 2006 durchgeführten Betriebsprüfung sei zwar zutreffend festgestellt worden, dass im Wirtschaftsjahr 1998/1999 eine Teilwertaufholung vorzunehmen gewesen sei; es sei jedoch unzutreffend ausgeführt worden, dass die Wertaufholungen nur bis zur Höhe des damals aktuellen Werts zu erfolgen hätten. Bei der Durchführung der Betriebsprüfung im April 2006 sei die weitere Entwicklung nach dem 30. Juni 1999 bekannt gewesen. Es habe festgestanden, dass der aktuelle Teilwert am 30. Juni 1999, den man auf 18.500,00 DM/ha beziffert habe, nicht von Dauer gewesen sei. Somit habe bereits auf diesen Stichtag eine Teilwertaufholung auf die ursprünglichen Anschaffungskosten erfolgen müssen. Auch die Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 – wonach eine Änderung der Bilanz nicht zulässig ist, wenn die Bilanz einer Steuerfestsetzung zu Grunde liegt, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden kann – stehe einer antragsgemäßen Änderung des angefochtenen Bescheides nicht entgegen, da sie erstmals auf den Veranlagungszeitraum 2007 betreffende Bilanzberichtigungen anwendbar sei (Hinweis auf Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 17. November 2009, 12 K 185/09). Mit einer entsprechenden verbösernden Entscheidung über ihren Einspruch erklärten sich die Kläger einverstanden.

17

Mit Einspruchsentscheidung vom 24. Juni 2011 wies das Finanzamt den Einspruch zurück. Die Frage, ob der Einspruch im Hinblick auf die beantragte Festsetzung einer höheren Steuer mangels Beschwer unzulässig sei, da es aufgrund der Hofüberlassung bei den Klägern in späteren Jahren nicht zu einem per Saldo überwiegenden Nachteil in Form einer zu hohen Steuerfestsetzung kommen könne, könne dahin stehen. Denn der Einspruch sei jedenfalls unbegründet. Das Wertaufholungsgebot des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG sei zwar verfassungsgemäß (Hinweis auf BFH-Urteil vom 25. Februar 2010, IV R 37/07); die von den Klägern nachträglich beantragte Teilwertaufholung bis zu den ursprünglichen Anschaffungskosten komme dennoch nicht in Betracht. Das Tatbestandsmerkmal der dauernden Wertminderung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG sei so zu verstehen, dass ein Wertansatz unterhalb der Bewertungsobergrenze nicht gerechtfertigt sei, wenn lediglich eine auf allgemeine Preisschwankungen gestützte Wertminderung vorliege. Die bis einschließlich des Wirtschaftsjahres 1997/1998 erfolgten und anerkannten Teilwertabschreibungen seien aufgrund einer dauernden Wertminderung vorgenommen worden. Nur soweit sich der Wert des landwirtschaftlichen Grundstücks gegenüber dem in der Bilanz ausgewiesenen Teilwert inzwischen wieder erholt habe, sei diese Werterhöhung im Wirtschaftsjahr 1998/1999 bis zum Erreichen der Bewertungsobergrenze steuerlich zu erfassen gewesen. Im Rahmen der seinerzeit durchgeführten Betriebsprüfung sei dementsprechend zu prüfen gewesen, ob sich der Teilwert wieder erhöht hatte. Hinsichtlich der Höhe des anzusetzenden Wertes habe nach dem Ergebnis der Schlussbesprechung offenkundig Übereinstimmung bestanden. Auch den Ausführungen der Kläger im Einspruchsverfahren sei nicht zu entnehmen, dass sie den auf diesen Bilanzstichtag ermittelten Wert als objektiv unzutreffend ansahen. Darüber hinaus sei eine Bilanzberichtigung nach der Änderung des § 4 Abs. 2 Satz 1 EStG durch das Jahressteuergesetz 2007 ohnehin nicht mehr zulässig, da die Bilanz einer Steuerfestsetzung zu Grunde liege, die nicht mehr aufgehoben oder geändert werden könne. Eine Änderung der streitigen Bilanz sei ausschließlich dann denkbar gewesen, wenn beide Veranlagungen, auf die sich die Bilanzberichtigung auswirke, noch geändert werden könnten. Diese Neuregelung sei nach Art. 20 Abs. 6 des Jahressteuergesetzes 2007 ab dem 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Sie gelte daher für alle Bilanzberichtigungen, die nach dem 31. Dezember 2006 vorgenommen werden; auf den betroffenen Veranlagungszeitraum komme es dagegen nicht an.

18

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer am 29. Juni 2011 bei Gericht eingegangenen Klage. Die Klage sei zulässig. In diesem Zusammenhang werde auf die Kommentierung in Tipke/Kruse, § 40 Finanzgerichtsordnung (FGO), Tz. 59 sowie die dort genannte Rechtsprechung, insbesondere das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 27. Juni 2000 (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 2000, 1375) verwiesen. Darüber hinaus sei zu bemerken, dass der Einspruch vom 31. Mai 2006 gegen den Einkommensteuerbescheid 1999 zunächst wegen der Frage der Verfassungswidrigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG eingelegt worden sei. Mit dem Einspruch sei also nicht die Festsetzung einer höheren Steuer beantragt, sondern vielmehr eine niedrigere Steuerfestsetzung begehrt worden. Gemäß § 365 Abs. 1 AO gelten für das Verfahren über den Einspruch im Übrigen die Vorschriften sinngemäß, die für den Erlass des angefochtenen oder des begehrten Verwaltungsaktes gelten. Dies schließe u.a. die Verpflichtung gemäß § 85 AO mit ein, wonach die Finanzbehörden die Steuer nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben haben. Dem entspreche auch die Vorschrift des § 367 Abs. 2 Satz 1 AO, wonach die Finanzbehörde, die über den Einspruch entscheide, die Sache in vollem Umfang erneut zu prüfen habe. Die Finanzbehörde dürfe nur dem Gesetz verpflichtet sein und müsse zu Gunsten und zu Ungunsten des Einspruchsführers (§ 88 Abs. 2 AO) tätig werden. Sie sei nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO nicht nur zur Verböserung berechtigt, sondern sogar verpflichtet. In diesem Zusammenhang werde noch einmal erwähnt, dass ein Einverständnis mit einer verbösernden Entscheidung ausdrücklich bestanden habe. Im Übrigen sei eine Rechtsverletzung im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO auch im Falle einer „Rechtsverletzung drittbetroffener Nichtadressaten“ (Hinweis auf Tipke/Kruse, § 40 FGO, Tz. 43 i.V.m. Tz. 71 ff.) sowie eine „Rechtsverletzung durch Privilegierung sonstiger Dritter“ (Hinweis auf Tipke/Kruse, § 40 FGO, Tz. 87 ff.) gegeben. Soweit der Beklagte vertrete, dass die Beschwer nachträglich mit der Hofübergabe an den Sohn entfallen sei, gehe dies fehl. Die Hofübergabe sei bereits im Jahre 2002 erfolgt, die Einsprüche jedoch erst am 31. Mai 2006 eingelegt worden. Somit könne die Beschwer nicht nachträglich mit der Hofübergabe entfallen sein. Wäre die Beschwer durch die Hofübergabe entfallen, hätte der Einspruch als unzulässig zurückgewiesen werden müssen. Dies sei jedoch nicht erfolgt, da das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurückwies. Außerdem halte selbst der Beklagte die Klage insofern für zulässig, als seine Einspruchsentscheidung darauf hinweist, dass gegen die Einspruchsentscheidung Klage erhoben werden könne. Die Kläger verweisen zur Bestätigung ihrer Rechtsauffassung ferner auf das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 5. Dezember 2003, EFG 2004, 407.

19

Die Klage sei auch begründet. Es sei nicht der vom Betriebsprüfer angenommene „aktuelle Wert“ zum 30. Juni 1999 anzusetzen gewesen, sondern die ursprünglichen Anschaffungskosten. Denn es habe keine dauernde Wertminderung mehr vorgelegen. Die Teilwerte der Grundstücke seien nicht nur bis zum 30. Juli 1999 wieder gestiegen, sondern sie seien auch in den späteren Wirtschaftsjahren weiter gestiegen. Dass dieses mit dem Beklagten unstrittig sei, ergebe sich aus den Ausführungen im Bericht vom 9. September 2008 über die beim Sohn der Kläger durchgeführte Außenprüfung. Dort heiße es: „In den Vorjahren wurden Teilwertabschreibungen für einige Flurstücke in Anspruch genommen. Da nicht von einer dauernden Wertminderung ausgegangen werden kann, sind die Grundstücke mit ihren damaligen Anschaffungskosten unter Berücksichtigung der Milchquotenabspaltung zu bilanzieren.“ Folglich habe beim Kläger eine Teilwertaufholung bis zur Höhe der Anschaffungskosten zum Ende des Wirtschaftsjahres 1998/1999 zu erfolgen. Der Teilwert sei in allen Wirtschaftsjahren nach dem 30. Juni 1999 gestiegen. Soweit das Finanzamt die Auffassung vertrete, § 4 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbsatz EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 verbiete im vorliegenden Fall eine Bilanzberichtigung, stehe dies im Widerspruch zum BFH-Urteil vom 19. Juli 2011 (Bundessteuerblatt -BStBl- II 2011, 1017). Auch das BMF habe dieses Urteil am 8. Dezember 2011 für allgemein anwendbar erklärt.

20

Die Kläger beantragen,
den Bescheid für 1999 über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer vom 24. Mai 2006, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Juni 2011 dahingehend zu ändern, dass im Wirtschaftsjahr 1998/1999 die Teilwertaufholung für den Grund und Boden bis zur Höhe der sich nach Milchquotenbuchwertabspaltung ergebenden Anschaffungskosten erfolgt, mithin eine weitere Teilwertaufholung in Höhe von 73.172,70 DM berücksichtigt wird, die zur Hälfte auf 1999 entfällt, und die Einkommensteuer entsprechend höher festgesetzt wird,

die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren für notwendig zu erklären.

21

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

22

Die Klage sei unzulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH könne ein Steuerpflichtiger durch eine zu niedrige Steuerfestsetzung in seinen Rechten verletzt sein, wenn nach seiner Darlegung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit angenommen werden müsse, dass ihm der Vorgang, auf dem die Festsetzung beruhe, bei der gleichen Steuer für spätere Steuerabschnitte steuerliche Nachteile verursachen werde, die den durch die angefochtene zu niedrige Steuerfestsetzung bewirkten Vorteil überwiegen. Dabei komme es stets darauf an, dass der spätere Nachteil bei demselben Steuerpflichtigen eingetreten wäre. Gerade dies sei aber im Streitfall wegen der zwischenzeitlich erfolgten Hofüberlassung nicht der Fall, so dass eine Verletzung der Kläger in ihren Rechten durch den angefochtenen Steuerbescheid nicht erkennbar sei. Die Beschwer sei nicht durch die Hofübergabe entfallen, sondern durch das geänderte Vorbringen der Kläger. Diese hatten zunächst eine niedrigere Besteuerung, nach der Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit des Wertaufholungsgebotes dann eine höhere Steuer beantragt.

23

Die Klage sei auch unbegründet. Insoweit werde zunächst auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung verwiesen. Es werde betont, dass sich nach den im Rahmen der in 2006 stattgefundenen Betriebsprüfung durchgeführten Ermittlungen gerade keine weiteren Wertsteigerungen ergeben hätten. Dass für die Flächen nachfolgend weitere Teilwertaufholungen bis zur Höhe der Anschaffungskosten vorzunehmen waren, sei erst im Rahmen der beim Sohn der Kläger in 2008 durchgeführten Betriebsprüfung festgestellt worden.

24

Mit Beschluss vom 16. April 2015 hat der Berichterstatter Herrn C, den Sohn der Kläger, zum Verfahren beigeladen.

Entscheidungsgründe

I.)

25

Die Klage ist unzulässig.

1.)

26

Die Kläger begehren in materiell-rechtlicher Hinsicht eine Wertaufholung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 i.V.m. Nr. 1 Satz 4 EStG in der Bilanz auf den 30. Juni 1999. Das Wertaufholungsgebot dieser Vorschriften greift ein, wenn aus der Sicht des Bewertungsstichtages eine Teilwerterhöhung eingetreten ist, sei es, weil die Gründe weggefallen sind, die seinerzeit für die Teilwertabschreibung ursächlich waren, sei es, dass an deren Stelle auch keine anderen wertmindernden Gründe getreten sind, sei es, dass sogar Gründe für eine Wertzuschreibung hinzugekommen sind, oder sei es, dass eine zunächst voraussichtlich dauernde Wertminderung angenommen wurde, sich diese später aber als nur vorübergehend herausstellt (vgl. Werndl in: Kirchhof/Söhn, EStG, § 6 Rn. B 436). In diesen Fällen sind die am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres teilwertberichtigten Wirtschaftsgüter auf den aktuellen Teilwert – maximal bis zu den fortgeführten Zugangswerten – aufzuwerten. Mit dem Begehren einer (weiteren) Wertaufholung in der Bilanz auf den 30. Juni 1999 beantragen die Kläger in der Konsequenz höhere Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und folglich eine höhere Steuer für das Streitjahr 1999.

2.)

27

Die auf dieses Begehren gestützte Klage ist unzulässig, weil es an der für die Zulässigkeit erforderlichen Beschwer im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO mangelt.

a.)

28

Nach § 40 Abs. 2 FGO ist eine Klage grundsätzlich nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsaktes oder eine andere Leistung in seinen Rechten verletzt zu sein. In objektiver Hinsicht werden die Anforderungen, die nach § 40 Abs. 2 FGO an ein Klagebegehren zu stellen sind, entscheidend von der Art des angefochtenen Verwaltungsakts bestimmt. Aus § 157 Abs. 2 AO folgt dabei die Regel, dass gegenüber dem objektiven Inhalt von Steuerbescheiden eine Rechtsverletzung im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO grundsätzlich nur wegen zu hoher Steuerfestsetzungen geltend gemacht werden kann. Unzulässig ist daher grundsätzlich die Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid, in welchem die Steuerschuld auf 0,- EUR, oder in welchem eine aus klägerischer Sicht zu niedrige Steuerschuld festgesetzt wird (vgl. BFH-Beschluss vom 28. Februar 2002, V B 56/01, BFH/NV 2002, 805; von Groll in Gräber, FGO, 7. Aufl., § 40, Rn. 86, 87, 88 m. w. N.).

29

Nach diesem Grundsatz mangelt es an der nötigen Beschwer, weil die Kläger – nachdem sie sich im Einspruchsverfahren zunächst noch unter Berufung auf eine Verfassungswidrigkeit des Wertaufholungsgebots gegen die Teilwertaufholung und damit gegen eine aus ihrer Sicht zu hohe Steuer gewandt haben – eine Erhöhung der vorgenommenen Teilwertaufholung und damit eine Erhöhung des zu versteuernden Einkommens und der festgesetzten Steuer begehren.

b.)

30

Eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass es beim Begehren einer höheren Steuer an der Beschwer im Sinne des § 40 Abs. 2 FGO mangelt, liegt im Streitfall auch nicht im Hinblick auf etwaig zu erwartende steuerliche Nachteile der Kläger in den dem Streitjahr nachfolgenden Veranlagungszeiträumen vor. Die Frage nach einer Beschwer kann nicht allein durch die isolierte Betrachtung des festgesetzten Steuerbetrages beantwortet werden, sondern es müssen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse einbezogen werden, die für die Festsetzung des Steuerbetrages erheblich sind. Aus diesem Grund nimmt die Rechtsprechung ausnahmsweise eine Beschwer auch im Falle einer Null-Festsetzung bzw. einer begehrten höheren Steuer an, wenn nach den Darlegungen des Klägers mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass dem Kläger der Vorgang, auf dem die Festsetzung beruht, bei der gleichen Steuer für spätere Steuerabschnitte oder bei einer anderen Steuerart steuerliche Nachteile verursachen wird (vgl. BFH-Urteil vom 3. April 2014, IV R 12/10, BStBl II 2014, 1000; BFH-Beschluss vom 20. Dezember 2006, VIII B 111/05, BFH/NV 2007, 699), die den durch die angefochtene zu niedrige Steuer bewirkten Vorteil überwiegen (BFH-Urteil vom 7. August 1979, VIII R 153/77, BFHE 129, 325). So kann eine Beschwer auch angenommen werden, wenn die angegriffene zu niedrige Besteuerung aufgrund der Rechtsprechung des BFH zum Bilanzzusammenhang in Zukunft zu steuerlichen Nachteilen für den Steuerpflichtigen führen kann (BFH-Urteile vom 12. Dezember 1972, VIII R 39/67, BFHE 108, 278 m. w. N.; vom 7. August 1979, VIII R 153/77, BFHE 129, 325; vgl. auch FG Münster, Urteil vom 8. Oktober 1970, I 361/70 E, EFG 1971, 85, wonach eine Beschwer vorliegt, wenn der zu niedrige Bilanzansatz „im folgenden Jahr zu einer höheren Steuer führt“). Grundlage dieser Rechtsprechung ist der Gedanke, dass der erstrebte Nachteil des Steuerpflichtigen im ersten Zeitpunkt mit dem möglichen Vorteil des Steuerpflichtigen zu einem späteren Zeitpunkt einhergeht und letzterer den ersten zu überwiegen geeignet ist. Zur Bestimmung der Beschwer in ihrem für den Steuerpflichtigen nachteiligen Gewicht ist die erstrebte Steuer mit der vorgenommenen Veranlagung einschließlich der mit letzterer verbundenen zu erwartenden möglichen Steuerbelastung zu vergleichen (BFH-Urteil vom 12. Dezember 1972, VIII R 39/67, BFHE 108, 278).

31

Danach liegt nach Auffassung des Senats keine Beschwer vor. Zwar ist den Klägern zuzugestehen, dass eine (weitere) Teilwertaufholung auf den 30. Juni 1999 bis zur Höhe der Anschaffungskosten einerseits die Möglichkeit späterer (erneuter) Abschreibungen eröffnete, sowie andererseits die Möglichkeit späterer (weiterer) Teilwertaufholungen ausschloss. Damit begründet der mit der Aufholung begehrte steuerliche Nachteil – objektiv betrachtet – potentielle steuerliche Vorteile in späteren Veranlagungszeiträumen. Auch erkennt der Senat, dass in Ansehung der Verjährung des Veranlagungszeitraums 1998 die Wertaufholung auf den 30. Juni 1999 nur hälftig der Besteuerung unterworfen wurde und die hälftige „Ersparnis“ das Begehren der Kläger im Hinblick auf später etwaig vorzunehmende Wertaufholungen, welche grundsätzlich der vollen Besteuerung unterliegen würden, – objektiv betrachtet – steuerlich vorteilhaft erscheint. Das bedeutet, dass die durch das Klagebegehren angegriffene steuerliche Privilegierung die objektive Möglichkeit späterer steuerlicher Nachteile und damit eine potentielle Beschwer impliziert. Jedoch ist neben einer objektiven Betrachtung erforderlich, dass der Verwaltungsakt auch gerade den Kläger in seinen subjektiven Rechten verletzt (vgl. Braun in Hübschmann / Hepp / Spitaler, AO/FGO, § 40, FGO Rn. 212); dies folgt auch aus den von der o.g. Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, weil darin darauf abgestellt wird, ob der angegriffene steuerliche Vorteil des Steuerpflichtigen im ersten Zeitpunkt mit dem möglichen steuerlichen Nachteil des Steuerpflichtigen zu einem späteren Zeitpunkt einhergeht.

32

An dieser in subjektiver Hinsicht erforderlichen Beschwer mangelt es im Streitfall, weil der Betrieb bereits zum 1. Juli 2002 zu Buchwerten auf den Sohn übertragen wurde. Dadurch sind die späteren steuerlichen Nachteile des Unterlassens der begehrten Teilwertaufholung in subjektiver Hinsicht bei Würdigung aller vorliegenden Umstände des Streitfalls nicht mehr mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geeignet, die Kläger zu treffen. Die Voraussetzung, dass der Vorgang, auf dem die zu niedrige Steuerfestsetzung beruht, dem Steuerpflichtigen bei der gleichen Steuer für spätere Steuerabschnitte oder bei einer anderen Steuerart steuerliche Nachteile verursachen konnte, ist damit – auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass zwischen dem 30. Juni 1999 und dem Veräußerungsstichtag noch drei Jahre lagen –  nicht gegeben. Nach dem eigenen Vortrag der Kläger – wonach sich der Wert der Flächen zum 30. Juni 1999 bereits erholt hatte und die vollen Anschaffungskosten zu bilanzieren waren –, ist nicht erkennbar und folgerichtig auch nicht geltend gemacht, dass in dem verbleibenden Zeitraum bis zur Übertragung auf den Sohn – also zwischen 2000 und 2002 – erneute Teilwertberichtigungen der Kläger beabsichtigt waren oder objektiv in Betracht kamen, welche durch die steuerliche Behandlung des Finanzamts in der Bilanz zum 30. Juni 1999 vereitelt wurden. Für das Vorliegen der Voraussetzungen solcher Abschreibungen gibt es auch aus dem Vortrag des Finanzamts oder aus den sonst vorliegenden Umständen keinerlei Hinweise. Auch sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Eheleute aufgrund der steuerlichen Behandlung des Finanzamts in der Bilanz zum 30. Juni 1999 in dem Zeitraum bis zur Übertragung auf den Sohn mit weiteren steuererhöhenden Wertaufholungen rechnen mussten. Denn die Bewertung des Grund und Bodens war Gegenstand der die Wirtschaftsjahre bis zur Übertragung des Betriebs umfassenden Betriebsprüfung. Sowohl der Prüfer als auch, diesem folgend, das Finanzamt haben die angegriffene Bewertung der Grundstücke auch für die Folgejahre bis zur Übertragung angesetzt. Das Finanzamt hat dementsprechende Steuerbescheide erlassen und den Vorbehalt der Nachprüfung i. S. d. § 164 Abs. 1 AO der Bescheide aufgehoben. Weder aus dem klägerischen Vortrag, noch aus der Auffassung, dem Vortrag oder dem Verhalten des Finanzamts waren oder sind hinreichende Anhaltspunkte zu entnehmen, welche die Unsicherheit begründeten oder begründen, dass die vom Beklagten vorgenommene Bewertung zum 30 Juni 1999 zu (weiteren) Teilwertaufholungen bei den Klägern in der Zeit bis zur Übertragung führen könnten. Schließlich spricht auch die verfahrensrechtliche Situation gegen das Vorliegen einer Gefahr steuerlicher Nachteile der Eheleute in dem verbliebenen Zeitraum 2000 – 2002. Denn es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, wonach die nach Abschluss der Betriebsprüfung geänderten Bescheide 2000 – 2002 in Ansehung der Regelungen des § 173 Abs. 2 AO sowie der Regelungen über die Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO) durch die Finanzbehörde aufgrund etwaig festgestellter Werterhöhungen zu Lasten der Eheleute änderbar wären.

33

Der Senat sieht in diesen Ausführungen auch keinen Widerspruch zur Entscheidung des BFH vom 12. November 1964 (IV 129/61, HFR 1965, 283). Darin führt der Senat zwar aus, dass ein Steuerpflichtiger, welcher eine abweichende bilanzmäßige Behandlung durch das Finanzamt angreift, „immer“ durch die Höhe der festgesetzten Steuer beschwert ist. Dabei hatte der BFH jedoch keinen Fall zu entscheiden, in welchem der Betrieb in der Folgezeit unentgeltlich übertragen wurde und nach den konkreten Umständen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür erkennbar waren, dass der steuerliche Vorteil im Streitjahr noch zu späteren Nachteilen des übertragenden Steuerpflichtigen führen konnte. Denn in dem vom BFH zu entscheidenden Fall wandte sich der Kläger gegen eine vom Finanzamt eingestellte Rückstellung mit der Begründung, er – der Kläger selbst – habe diese in den Folgejahren wieder aufzulösen. Dementsprechend bejahte der BFH die Klagebefugnis, weil die durch das Finanzamt vorgenommene bilanzmäßige (vorteilhafte) Behandlung (Rückstellung) im Streitjahr eine Ungewissheit hinsichtlich späterer steuerlicher Nachteile (Auflösung der Rückstellung) für den Kläger begründete. Eine solche Ungewissheit zu Lasten der Kläger erkennt das Gericht im Streitfall nicht.

c.)

34

Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus den Grundsätzen über die „Rechtsverletzung drittbetroffener Nichtadressaten“ (vgl. Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO § 40 FGO, Tz. 71). Ob jemand von einem Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt ist, hängt davon ab, ob er von dem Verwaltungsakt inhaltlich (rechtlich) betroffen ist. Inhaltlich betroffen kann nicht nur jemand sein, für den der Verwaltungsakt inhaltlich bestimmt ist (der Inhaltsadressat), sondern auch jemand, der – ohne Inhaltsadressat oder Bekanntgabeadressat zu sein – als Dritter rechtlich betroffen ist. Dabei muss die Betroffenheit auch des Dritten eine rechtliche und nicht nur eine wirtschaftliche, tatsächliche oder ideelle sein (vgl. m. w. N. Seer, a. a. O.). Der Grundsatz der „Rechtsverletzung drittbetroffener Nichtadressaten“ vermag damit die Klagebefugnis eines Nichtadressaten zu begründen; sie vermag jedoch nicht die Klagebefugnis eines nichtbeschwerten Adressaten dadurch zu begründen, dass ein dritter Nichtadressat durch den Verwaltungsakt beschwert ist.

35

Die Kläger können ihre eigene Klagebefugnis daher nicht auf die Erwägung stützen, dass ihr Sohn – weil er an die Bilanzwerte bei der Übertragung gebunden war – als „drittbetroffener Nichtadressat“ beschwert ist (vgl. dazu das BFH-Urteil vom 08. Juni 2011, I R 79/10, BStBl II 2012, 421, worin der Senat im Falle der Einbringung eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils i. S. des § 20 UmwStG 1995 davon ausgeht, dass die Bindung des Einbringenden an den bei der aufnehmenden Gesellschaft angesetzten Wert nicht bewirkt, dass die aufnehmende Gesellschaft jenen Wert ohne Rücksicht auf eine eigene Beschwer überprüfen lassen kann. Der BFH ging vielmehr davon aus, dass die an die Bilanzwerte gebundene Person – im Streitfall also nicht die Kläger, sondern der Sohn der Kläger – ein Anfechtungsrecht gegen den aus ihrer Sicht unzutreffend angesetzten Wert haben müsse). Ob sich der Sohn der Kläger selbst als klagebefugte Person mit Erfolg gegen die bilanzmäßige Behandlung zum 30. Juni 1999 hätte wehren können, kann in diesem Verfahren dahin stehen. Etwas anderes folgt auch nicht aus der erfolgten Beiladung. Dadurch erlangt der Sohn der Kläger zwar die Stellung eines Verfahrensbeteiligten i.S.d. § 57 Nr. 3 FGO; er bleibt aber dennoch ein selbstständiger Dritter in einem fremden Rechtsstreit (Leipold in Hübschmann / Hepp / Spitaler, AO/FGO, § 60 FGO, Rn. 162), sodass hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit der Klage (namentlich der Klagebefugnis) allein auf die Kläger – und nicht auf den Beigeladenen – abzustellen ist.

d.)

36

Auch die Grundsätze einer „Rechtsverletzung durch Privilegierung sonstiger Dritter“ (vgl. dazu Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO § 40 FGO, Tz. 87 ff.) führen zu keinem anderen Ergebnis. Nach diesem Grundsatz kann ein Steuerpflichtiger auch außerhalb von konkreten Wettbewerbsverletzungen durch die Privilegierung eines Dritten in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verletzt sein. Ein gleichheitswidrig Diskriminierter besitzt nicht nur das legitime Bedürfnis, sondern auch das subjektive Recht auf Beseitigung der Benachteiligung (Seer, a. a. O.). Auch dieser Grundsatz vermag damit zwar eine Klagebefugnis eines (durch die Privilegierung eines Dritten) Beschwerten zu begründen; er führt jedoch nicht zur Klagebefugnis eines Nichtbeschwerten aufgrund der Beschwer einer anderen Person.

e.)

37

Schließlich führt auch die Berücksichtigung der von den Klägern angeführten Urteile des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 27. Juni 2000 (9 K 339/98, EFG 2000, 1375) und des Finanzgerichts Münster vom 5. Dezember 2003 (4 K 2382/98 F, EFG 2004, 407) zu keinem anderen Ergebnis. Das Finanzgerichts Baden-Württemberg ging in seiner Entscheidung – ebenso wie der Senat – von dem Grundsatz aus, dass ein begehrter höherer Bilanzansatz (und damit eine höhere Steuer) zu einem ersten Zeitpunkt eine Beschwer begründet, wenn mit diesem steuerlichen Vorteil später eintretende steuerliche Nachteile des Steuerpflichtigen verbunden sind. Letzteres ist aber im Streitfall, wie dargelegt, nicht der Fall. Das Finanzgericht Münster bejahte die (erstmalige) Beschwer durch eine Rechtsbehelfsentscheidung und hatte dabei keine dem Streitfall vergleichbare Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen.

II.)

38

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

39

Da der Beigeladene keine Anträge gestellt hat, war es weder geboten, ihm Kosten aufzuerlegen (§ 135 Abs. 3 FGO), noch die Erstattung außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen anzuordnen (§ 139 Abs. 4 FGO).

40

Der Senat hat die Revision gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO im Hinblick auf die unter I.) 2.) b.) erörtere Frage zugelassen, ob im Falle des Angriffs einer abweichenden bilanzmäßigen Behandlung durch das Finanzamt immer eine Beschwer vorliegt, oder ob die Beschwer bei Vorliegen besonderer Umstände wie im Streitfall abzulehnen ist.


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