Beschluss vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf - 4 Ta 488/16
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1, 2, 3 und 6 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 16.06.2016 - 6 BV 206/15 - wird zurückgewiesen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Wahl der Delegierten zur Wahl des Aufsichtsrats des zu 5) beteiligten Versicherungsunternehmens am 22.04.2015 sowie der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder durch die Delegierten am 19.05.2015. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind wahlberechtigte Arbeitnehmer der Beteiligten zu 5). Die Beteiligte zu 6), die Vereinigung "Neue B. Gewerkschaft (O.) e.V.", reichte unter dem 02.02.2015 einen Wahlvorschlag zur Aufsichtsratswahl ein (Bl. 30 - 31 d. A.). Mit Schreiben vom 16.02.2015 wies der Unternehmenswahlvorstand den Vorschlag als ungültig zurück, da die Beteiligte zu 6) keine Gewerkschaft sei.
4Mit einem am 04.06.2015 beim Arbeitsgerichts Hamburg eingegangenen Antrag haben die Beteiligten zu 1) bis 3) und 6) daraufhin die Feststellung der Unwirksamkeit der vorgenannten Wahlen beantragt.
5Das Landesarbeitsgericht Hessen stellte mit Beschluss vom 09.04.2015 - 9 TaBV 225/14 - in einem Verfahren nach § 97 Abs. 2 ArbGG fest, dass die O. keine tariffähige Gewerkschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 TVG sei. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde wies das Bundesarbeitsgericht mit Beschluss vom 17.11.2015 - 1 ABN 39/15 - zurück. Nachfolgend legte die O. Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des hessischen Landesarbeitsgerichts ein (1 BvR 1/16). Über die Verfassungsbeschwerde ist bislang eine Entscheidung nicht ergangen.
6Mit Schriftsatz vom 22.12.2015 (Bl. 372 d. A.) haben die Beteiligten zu 1) bis 3) und 6) beantragt,
7das vorliegende Verfahren vorläufig bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Annahme der Verfassungsbeschwerde bzw. über die Verfassungsbeschwerde selbst auszusetzen.
8Mit Beschluss vom 16.06.2016 (Bl. 629 d. A.) hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Aussetzung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es auf Entscheidungen in einem Parallelrechtsstreit Bezug genommen (14 BV 160/15 Arbeitsgericht Düsseldorf und 3 Ta 63/16 Landesarbeitsgericht Düsseldorf, versehentlich mit 4 Ta 63/16 bezeichnet). Der Beschluss wurde ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 16.06.2016 in der mündlichen Verhandlung verkündet und mitsamt Begründung und Rechtsmittelbelehrung in das Protokoll aufgenommen. Das Protokoll ist dem Prozessbevollmächtigten der Beteiligten zu 1) bis 3) und 6) am 20.07.2016 zugestellt worden (Bl. 661 d. A.).
9Mit ihrer am 29.07.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde wenden sich die Beteiligten zu 1) bis 3) und 6) gegen die Zurückweisung ihres Aussetzungsantrages. Sie machen insbesondere geltend, die bloße Bezugnahme des Arbeitsgerichts auf Entscheidungen in einem Parallelrechtsstreit könne die Zurückweisung des Aussetzungsantrages nicht begründen. Es sei nicht erkennbar, inwieweit das Arbeitsgericht das ihm zustehende Ermessen nach § 148 ZPO selbst ausgeübt habe. Ungeachtet dessen sei in den vom Arbeitsgericht angeführten Entscheidungen aus dem Parallelverfahren unberücksichtigt gelassen, dass es im vorliegenden Rechtsstreit um eine grundrechtsrelevante Entscheidung über den Bestand einer Gewerkschaft gehe. Deren Status könne nicht nachfolgend im Falle einer für sie positiven Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und der Erhebung einer Restitutionsklage einfach "wiederhergestellt" werden. Ungeachtet dessen stünde bereits heute und unabhängig vom Ausgang der Verfassungsbeschwerde fest, dass die streitigen Unternehmenswahlen rechtsunwirksam seien. Denn der Wahlvorstand habe ohne jede intensive Prüfung und Anhörung bereits am 16.02.2015 und damit vor der Entscheidung des hessischen Landesarbeitsgerichts (09.04.2015) oder des Bundesarbeitsgerichts (17.11.2015) rechtswidrig den Wahlvorschlag der zu 6) beteiligten O. zurückgewiesen. Aus diesem Grund könne eine spätere Entscheidung über die Tariffähigkeit über die Beteiligte zu 6) gar nicht mehr "rückwirkend" auf die Wahl durchschlagen. Die Wahl sei bereits endgültig unwirksam.
10Mit Beschluss vom 01.08.2016 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Zur Begründung hat es sich die Ermessensentscheidung der 14. Kammer im Parallelverfahren zu eigen gemacht (14 BV 160/15 Arbeitsgericht Düsseldorf) und ergänzend darauf hingewiesen, eine Aussetzung des Verfahrens scheide erst recht aus, wenn - wie in der Beschwerdebegründung - die Vorgreiflichkeit der Verfassungsbeschwerde verneint würde.
11II.
12Die vom Arbeitsgericht der Beschwerdekammer am 05.08.2016 vorgelegte sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 78 ArbGG, 252, 567 ZPO), aber unbegründet. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist beschwerderechtlich nicht zu beanstanden.
131.Eine Aussetzung gem. § 97 Abs. 5 ArbGG, die gegenüber der Aussetzung nach § 148 ZPO vorgreiflich ist (lex specialis), kommt nicht in Betracht.
14a.Gem. § 97 Abs. 5 ArbGG hat das Gericht - ohne Ermessen - ein Verfahren bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits unter anderem davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig ist. Gem. § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für die Entscheidung über die Tariffähigkeit und die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung. Ein solches Beschlussverfahren ist im Sinne von § 97 Abs. 5 ArbGG "erledigt", wenn das Bundesarbeitsgericht die Nichtzulassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nach § 2 a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG zurückgewiesen hat. In diesem Fall tritt formelle Rechtskraft ein, das Verfahren ist beendet. Die Aussetzungspflicht nach § 97 Abs. 5 ArbGG greift nicht mehr ein. Das Beschlussverfahren wird auch durch den außerordentlichen Rechtsbehelf der Verfassungsbeschwerde nicht verlängert. Es ist - vorbehaltlich einer Aufhebung der angegriffenen Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht - zunächst formell rechtskräftig beendet (BAG 16.04.2014 - 10 AZB 6/14, NJW 2014, 1903, Rn 7 mwN).
15Das Verfahren vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht 9 TaBV 225/14 war zwar ein solches nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG. Es ging um die Eigenschaft der O. als tariffähige Gewerkschaft. Doch war das Verfahren nach Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das Bundesarbeitsgericht am 17.11.2015 rechtskräftig beendet.
16b.Eine Aussetzung des Verfahrens in entsprechender Anwendung von § 97 Abs. 5 ArbGG im Hinblick auf die Verfassungsbeschwerde scheidet nach Auffassung der Beschwerdekammer aus.
17Allerdings wird in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu § 148 ZPO eine entsprechende Anwendung auf Verfassungsbeschwerden im Einzelfall für möglich gehalten (vgl. die Nachweise in BAG 16.04.2016, aaO, Rn 8). Dies kann jedoch nicht auf die Aussetzungspflicht nach § 97 Abs. 5 ArbGG übertragen werden. Hier besteht kein Ermessen, das den Umständen des Einzelfalls Rechnung tragen könnte, sondern eine zwingende Aussetzungspflicht. Mit dieser verträgt sich eine analoge Anwendung "im Einzelfall" nicht.
182.Nach rechtskräftiger Beendigung des Beschlussverfahrens nach § 97 Abs. 2 ArbGG dürfte § 97 Abs. 5 ArbGG einer Anwendung von § 148 ZPO grundsätzlich nicht mehr entgegenstehen. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, das Verfahren nicht in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO auszusetzen, ist beschwerderechtlich aber jedenfalls nicht zu beanstanden.
19a.Gem. § 148 ZPO kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Rechtsstreits auszusetzen ist. Die Vorschrift ist trotz der fehlenden Verweisung in § 80 Abs. 2 ArbGG auch im Beschlussverfahren anzuwenden (vgl. LAG Düsseldorf 15.11.1974 - 16 TaBV 23/74, EzA § 148 ZPO Nr. 1; Germelmann/Matthes/Spinner, ArbGG, 8. Aufl., § 80 Rn 43 mwN).
20Der Umstand, dass dem Erstgericht auf der Rechtsfolgenseite des § 148 ZPO ein Ermessen eingeräumt ist und es sich hier nicht nur um einen rechtlich gebundenen Beurteilungsspielraum handelt, wie er oft bei Prüfungen auf der Rechtsvoraussetzungsseite der Norm vorliegt, hat Auswirkung auf die Prüfungskompetenz des Rechtsmittelgerichts. Das Beschwerdegericht hat den Entscheidungsspielraum des Erstgerichts zu achten (MüKo-ZPO, 4. Aufl. 2013, § 252 Rn 26). Der Prüfung des Beschwerdegerichts unterliegt lediglich, ob das Erstgericht die Grenzen des ihm durch § 148 ZPO eingeräumten pflichtgemäßen Ermessens bei der Anordnung der Aussetzung überschritten hat (OLG Düsseldorf - 2 W 26/84, NJW 1985, 1966). Es hat die angegriffene Entscheidung zunächst nur auf etwaigen Missbrauch des Ermessens zu überprüfen (Musielak, ZPO, 3. Aufl., Rn 4 zu § 252), das heißt darauf, ob sich das Erstgericht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder nicht alle wesentlichen Gesichtspunkte in seine Entscheidung einbezogen hat (Dahlem/Wiesner, NZA-RR 2001, 173). Solange dies nicht der Fall ist, fehlt dem Beschwerdegericht die Befugnis, sein Ermessen an die Stelle des dem Erstgericht eingeräumten Ermessens zu setzen (OLG Düsseldorf, NJW 85, 1967). Da der Ermessensspielraum des § 148 ZPO weit ist, wird ein Entscheidungsfehlgebrauch nur in besonderen Ausnahmefällen vorliegen (OLG Düsseldorf, aaO). Voll überprüfbar ist dagegen, ob die tatbestandliche Voraussetzung für eine Aussetzung, nämlich eine Vorgreiflichkeit, vorliegt (LAG Nürnberg 27.02.2003 - 7 Ta 13/03, Rn. 8, juris).
21Bei Anlegung dieser Maßstäbe spricht viel dafür, dass die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Vorschrift erfüllt sind (dazu b). Doch hält es sich jedenfalls im Rahmen des dem Arbeitsgericht zustehenden Ermessens, den Rechtsstreit nicht auszusetzen (dazu c).
22b)Das vor dem Bundesverfassungsgericht seit Anfang des Jahres 2016 anhängige Verfahren 1 BVR 1/16 dürfte grundsätzlich in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO für den vorliegenden Rechtsstreit als vorgreiflich angesehen werden können.
23aa)Für das Beschwerdeverfahren nach § 252 ZPO wird unterstellt, dass der Ausgang des Hauptverfahrens von der Eigenschaft der O. als tariffähige Gewerkschaft abhängt. An der Entscheidungserheblichkeit dieser Frage für das Hauptverfahren fehlt es jedenfalls nicht offenkundig.
24Das Arbeitsgericht hat nicht ausgeführt, dass aus seiner Sicht der Ausgang des Rechtsstreits von der Vorfrage abhängt, ob die O. den Status einer tariffähigen Gewerkschaft hat. Dies geht jedenfalls aus der bloßen Inbezugnahme des Arbeitsgerichts auf die Erwägungen der 14. Kammer in dem Parallelrechtsstreit 14 BV 160/15 nicht hervor. Allerdings hat die 14. Kammer eine Aussetzung des Rechtsstreits in Ausübung ihres Ermessens abgelehnt und nicht mangels Abhängigkeit von der anderweitig anhängigen Vorfrage. Ob es im zugrundeliegenden Rechtsstreit darauf ankommt, dass die O. eine tariffähige Gewerkschaft ist, haben das Ausgangsgericht und ggfs. die Rechtsmittelgerichte des Hauptverfahrens zu beurteilen, nicht aber das Beschwerdegericht im Verfahren nach § 252 ZPO (BAG 26.10.2009 - 3 AZR 24/09, NZA 2009, 1436, Rn 9). Eine Ausnahme gilt nur bei offensichtlichem Fehlen der Entscheidungserheblichkeit (BAG 16.10.2009, aaO).
25bb)Es ist unschädlich, dass der Rechtsstreit vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht nicht das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses zum Gegenstand hatte, sondern die Feststellung einer Eigenschaft (tariffähige Gewerkschaft).
26Rechtsverhältnis iSv. § 148 ZPO ist ein solches, dessen Bestehen oder Nichtbestehen nach § 256 Abs. 1 ZPO festgestellt werden kann (vgl. Zöller/Greger, aaO, § 148 Rn 5). Danach ist ein Rechtsverhältnis jede durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandene rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache. Das kann sich auch auf bloße einzelne Beziehungen, Ansprüche oder Verpflichtungen und den Umfang einer Leistungspflicht beziehen. Damit können bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses ebenso wie abstrakte Rechtsfragen grundsätzlich nicht Gegenstand eines Feststellungsantrags im Sinne von § 256 ZPO sein. Etwas anderes gilt aber dann, wenn das Gesetz wie etwa in § 2 a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 ArbGG die Möglichkeit der gerichtlichen Klärung rechtlicher Vorfragen ausdrücklich vorsieht (BAG 18.03.2015 - 7 ABR 42/12 - Rn 23, zitiert nach juris, mwN). Eine solche gesetzlich ausdrücklich zugelassene Klage kann in gleicher Weise für den Ausgang eines Rechtsstreits präjudiziell iSv. § 148 ZPO sein wie eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO. Die von § 148 ZPO verfolgten Zwecke der Prozessökonomie und der Entscheidungsharmonie gebieten daher in den spezialgesetzlich zugelassenen sonstigen Feststellungsklagen regelmäßig eine analoge Anwendung.
27cc) Das vor dem Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren 1 BVR 1/16 dürfte nach den hier gegebenen Umständen des Einzelfalls in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO als vorgreiflich angesehen werden können.
28Zwar hat dieses Verfahren nicht unmittelbar die Feststellung der Eigenschaft einer tariffähigen Gewerkschaft zum Gegenstand. Doch betrifft es die Frage einer Grundrechtsverletzung im Verfahren vor dem hessischen Landesarbeitsgericht (9 TaBV 225/14), in dem es um die vorgenannte Feststellung ging. Im Falle des Erfolgs der Verfassungsbeschwerde ist das Verfahren vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht fortzuführen. Dies gilt unabhängig davon, ob vor dem Bundesverfassungsgericht eine Verletzung der Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG), des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor Gericht (Art. 103 Abs. 1 GG) oder etwa die Verfassungswidrigkeit der Verkürzung des Rechtswegs durch § 97 Abs. 2 ArbGG (Art. 19 Abs. 4 GG) geltend gemacht wird.
29c)Die Frage einer entsprechenden Anwendung von § 148 ZPO kann jedoch offen bleiben. Denn die Ablehnung der Aussetzung hält sich jedenfalls im Rahmen des dem Arbeitsgericht gemäß § 148 ZPO eingeräumten Ermessens.
30aa)Die Vorgreiflichkeit selbst ist kein Ermessenskriterium, sondern Voraussetzung dafür, dass überhaupt ein Ermessen des Gerichts zur Entscheidung über die Aussetzung des Rechtsstreits eröffnet ist (BAG 16.04.2014 - 10 AZB 6/14 - juris; BVerfG 22.09.2008 - 1 BvR 1707/08 -, juris, Rn 19).
31bb)Unter Berücksichtigung der nur eingeschränkten Überprüfungskompetenz des Beschwerdegerichts (vgl. oben unter 2. a.) ist die Ablehnung der Aussetzung des Verfahrens nicht zu beanstanden.
32Das Arbeitsgericht hat weder die Grenzen seines Ermessens überschritten noch wesentliche Ermessensgesichtspunkte nicht beachtet noch ist ihm ein sonstiger Ermessensfehlgebrauch anzulasten. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung in dem Parallelverfahren 14 BV 160/15 vom 22.01.2013 wie auch auf die weitere Nichtabhilfeentscheidung vom 29.01.2016 (Bl. 459-468 d. A.) hat das Arbeitsgericht die maßgeblichen Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen und eine ermessensfehlerfreie Entscheidung getroffen. Es hat sowohl die Gründe der Prozessökonomie und Entscheidungsharmonie, das Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG, den Beschleunigungsgrundsatz für arbeitsgerichtliche Verfahren gem. § 9 Abs. 5 ArbGG als auch die Möglichkeit einer Restitutionsklage nach erfolgreicher Verfassungsbeschwerde und Neuverhandlung vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht berücksichtigt.
33Der von den Beschwerdeführern mit der Beschwerde vorgebrachte Gesichtspunkt, dass eine Mobilisierung von Beschäftigten nach einer Restitutionsklage nicht mehr ohne weiteres möglich sei, rechtfertigt die Aussetzung des Verfahrens nicht. Grundsätzlich kann allerdings das Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG auch durch nachteilige faktische Auswirkungen für die Handlungsfähigkeit einer Gewerkschaft, die aus einer bestimmten Verfahrensführung des Gerichts folgen, verletzt werden. Dafür haben die Beschwerdeführer jedoch nichts dargetan. Der bloße Hinweis darauf, dass eine Mobilisierung von Arbeitnehmern nicht jederzeit aus dem Stand wiederherstellbar ist, genügt nicht. Die Beschwerdeführer betreiben das Anfechtungsverfahren betreffend die Unternehmenswahlen, dessen Aussetzung sie nunmehr begehren, selbst. Die Liste der O. wurde bei den Wahlen nicht berücksichtigt, die darauf befindlichen Kandidaten wurden offenbar nicht gewählt, zumindest nicht über die Liste. An diesem Zustand würde eine Aussetzung des Verfahrens nichts ändern. Es ist nicht ersichtlich, warum sie einer Mobilisierung von Arbeitnehmern für die O. gleichwohl zuträglich sein soll.
34Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang auch die nur begrenzte Dauer der Wahlperiode der Unternehmenswahlen von längstens fünf Jahren gemäß §§ 13, 15 MitbestG iVm. mit den für das jeweilige Organ maßgeblichen Bestimmungen (vgl. HWK/Seibt, 7. Aufl., §§ 9 - 18 MitbestG Rn 44). Die Dauer des Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht ist nicht absehbar. Sie ist nicht auf die Dauer der Wahlperiode im vorliegenden Rechtsstreit ausgerichtet, da es in dem der Verfassungsbeschwerde zugrunde liegenden Verfahren vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht schlechthin um den Status der O. ging. Im Falle des Obsiegens vor dem Bundesverfassungsgericht sowie in dem anschließend fortgesetzten Rechtsstreit vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht könnte bei Aussetzung des vorliegenden Verfahrens betreffend die Unternehmenswahlen ein Restitutionsverfahren dann (mangels Rechtsschutzbedürfnisses) nicht mehr durchgeführt werden, wenn die Wahlperiode abgelaufen ist. In diesem Fall bliebe das Aufsichtsgremium während seiner gesamten Amtszeit ohne Klärung der Rechtswirksamkeit seiner Wahl. Es käme mithin nicht nur zu einer Verfahrensverzögerung, sondern uU zu einer vollständigen Vermeidung einer Entscheidung. Dies spricht gegen eine Aussetzung.
35Die Erwägung der Beschwerdeführer, die Unternehmenswahlen seien bereits unabhängig vom Ausgang der Verfassungsbeschwerde rechtsunwirksam gewesen, weil der Wahlvorstand bereits vor Ergehen der gerichtlichen Entscheidungen über die Tariffähigkeit der O. deren Wahlvorschlag zurückgewiesen habe, rechtfertigt erst recht keine Aussetzung des Verfahrens, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat. In diesem Fall fehlte es bereits an der Vorgreiflichkeit.
36III.
37Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens bilden Teil der Prozesskosten und sind gegebenenfalls bei der Hauptsacheentscheidung zu berücksichtigen (BGH 12.12.2005 - II ZB 30/04, MDR 2006, 704 mwN).
38Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.
39Quecke
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