Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (6. Kammer) - 6 Sa 204/09

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 21.1.2009 - 3 Ca 1609/08 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Zahlung von Bruttovergütung für die Zeit vom 19. August 2008 bis 30. September 2008.

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Der am 17. März 1956 geborene Kläger, der verheiratet und 2 Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtend ist, wurde von der Beklagten ab 01. Mai 1988 als Chemiker beschäftigt.

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Ab 14. November 2005 verrichtete er seine Tätigkeit in der Unterabteilung Global Technology auf einer Planstelle als Technologiemanager. Bei dieser Arbeit handelt es sich um eine globale Schnittstellentätigkeit zwischen Produktion und Forschung. Zentrale Aufgabe ist, die Kosten und Produktion von Wirkstoffen im Zusammenspiel mit der Produktion und Forschung zu optimieren. Dies geschieht jeweils in definierten Projekten. Die verschiedenen Projektphasen bzw. wesentlichen Aufgaben eines Technologiemanagers bestehen im Folgenden:

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Der Technologiemanager führt eine umfassende fachliche Literaturrecherche durch und prüft die erforderlichen Aspekte. Dieser Recherche und theoretischen Prüfung schließt sich eine Laborphase an. Der Technologiemanager ist dabei der fachliche Vorgesetzte der Labormitarbeiter, die nach seiner Anweisung die erforderliche Versuche durchführen. Der Technologiemanager trägt die Verantwortung, dass die Versuchsplanung zu keinen Sicherheitsrisiken für die Mitarbeiter oder Umgebung führen kann.

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Die im Labor getesteten und für einsetzbar befundenen Wirkstoffe werden sodann einer Art Praxistest unterzogen. Bei der sogenannten Anwendungstechnik untersucht der Technologiemanager, ob die hergestellten Produkte beim Einsatz des neuen Wirkstoffes nach wie vor den Anforderungen genügen. Hierbei arbeitet er mit vielen verschiedenen Facheinheiten und Experten zusammen wie der Analytik und Biologen. Er trägt die Verantwortung dafür, die richtigen Facheinheiten in die Projektarbeiten einzubinden und begleitet die jeweiligen Versuche. Danach muss er die betriebliche Anwendung und den ggf. erforderlichen Anlagenbau untersuchen, der sind in der Regel mit Investitionen verbunden ist. In dieser Projektphase bindet der Technologiemanager wiederum weitere Abteilungen und Personen ein wie z. B. die Produktion, Sicherheitsfachleute und Ingenieure. Zudem muss er die wirtschaftlichen Konsequenzen evaluieren. Er prüft, unter welchen Kostengesichtspunkten der neue Wirkstoff zu beschaffen ist. Insoweit kann es auch dazu kommen, dass er gemeinsam mit dem Einkauf mit externen Lieferanten verhandelt über die Kosten etwaiger Beschaffung. Schließlich führt der Technologiemanager die gewonnenen Ergebnisse zu einem sogenannten Businesscase zusammen. Er stellt die neue Vorgehensweise beim Management bzw. Marketing vor und setzt sich für die Umsetzung seiner Änderungsvorschläge ein.

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Bei den übertragenen Projekten geht es in der Regel um sehr grundsätzliche und strukturelle Änderungen eines Produktionsprozesses bzw. einer Wirkstoffentwicklung, die sich in vielfacher Hinsicht auf Folgeprozesse bei der Beklagten auswirken. Ein erfolgreicher Abschluss solcher Prozesse ist von zentraler Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit. Unterlaufen Fehler, kann dies Probleme im Produktionsablauf, erhebliche Sicherheitsrisiken oder wirtschaftliche Schäden verursachen. Die Tätigkeit erfordert insgesamt tiefe fachliche Kenntnisse, konzeptionelle Fähigkeiten, erhebliches Kommunikationsvermögen, starke Vernetzung, Kenntnisse und Erfahrung in der Organisation der Beklagten, ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Eigeninitiative, Verhandlungsstärke und ein erhebliches Maß an Belastbarkeit. Der Kläger wurde als leitender Angestellter geführt und war in einem der oberen Gehaltsbänder eingruppiert.

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Zur der Genese des Beschäftigungsverhältnisses und dem Antrag des Klägers wird auf den Tatbestand des Teilurteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 21. Januar 2009 - 3 Ca 1609/08 - (Seite 2 - 8 = Bl. 98 - 104 d. A.) gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG verwiesen.

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Die Berufung gegen das stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts gegen die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 12. Mai 2006 zum 30. Juni 2006 wurde mit Urteil vom 26. Januar 2009 zurückgewiesen (6 Sa 55/09). Ein Revisionsverfahren wird unter dem AZ: 2 AZR 794/09 geführt.

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Die Beklagte sprach unter dem 20. März 2008 eine weitere ordentliche Kündigung zum 31. März 2009 aus. Die hiergegen klageerweiternd erhobene Kündigungsschutzklage wird erstinstanzlich geführt.

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Das Arbeitsgericht hat durch Teilurteil vom 21.1.2009 - 3 Ca 1609/08 - die Beklagte verurteilt, an den Kläger 10.295,-- € nebst Zinsen zu zahlen.

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Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf abgehoben, dass durch das Attest des Dr. S. vom 10.8.2008 eine Arbeitsfähigkeit des Klägers bestätigt würde. Dies löse die zuerkannten Ansprüche ab 19.8.2008 und für September 2008 auf der Basis der zuletzt abgerechneten Vergütung aus.

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Gegen das der Beklagten am 18.3.2009 zugestellte Urteil richtet sich die von ihr am 8.4.2009 eingelegte und am 18.5.2009 begründete Berufung. Die Beklagte stellt insbesondere die Auffassung heraus, dass der Kläger objektiv nicht in der Lage sei, die vertraglich geschuldete Tätigkeit im Anspruchszeitraum zu erbringen. Für ein Leistungsunvermögen spräche die extrem lange Krankheitszeit. Der Kläger selbst sei erstmals 2003 an einer Psychose erkrankt, die der Gruppe der Schizophrenien angehöre. Die ärztlichen Gutachten und Atteste aus 2008 sprächen gegen eine Arbeitsfähigkeit des Klägers. Im Gutachten Dr. G. sei ausgeführt: "Bei komplexen Fragestellungen berichte er (der Kläger) noch über eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit; im Gespräch imponiere noch Weitschweifigkeit". Bei 3 Untersuchungen im Mai 2008 habe es keine positive Gesundheitsprognose gegeben. Das Arbeitsgericht selbst hätte sich nicht auf das Attest des Dr. S. stützen dürfen. Der Kläger sei außerdem auf die Einnahme von starken Medikamenten angewiesen (Seroquel prolog 100-0-400 mg). Dieses sei mit erheblichen Nebenwirkungen versehen. Rückfälle seien nicht ausgeschlossen. Das Verhalten des Klägers sei unberechenbar. Diesem sei noch bis Mitte Juli 2008 ein gesetzlicher Betreuer zugeordnet gewesen. Eine Heilung habe - so die weiteren Ausführungen im Schriftsatz vom 28. August 2009 - erst kurz vor der Einweisung in die Tagesklinik  S. begonnen, wie dem Gutachten der behandelnden Ärztinnen zu entnehmen sei. Der Vortrag zu einer Remission der Krankheit durch alle beteiligten Ärzte sei unsubstantiiert.

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Die Beklagte hat zweitinstanzlich beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 21. Januar 2009 - 3 Ca 1609/08 - wird abgeändert und die Klage kostenpflichtig abgewiesen.

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Der Kläger hat Zurückweisung der Berufung

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beantragt und erwidert,

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ab 19. Dezember 2007 hätten sich nach intensiven Gesprächen insbesondere mit Frau Dr. F. und der Ehefrau des Klägers die Genesung von der Krankheit in großen Schritten entwickelt. Die Entlassung aus der P, die am 14. Januar 2008 erfolgt sei, habe erfolgreiche Belastungsproben ergeben. Der Arzt P habe eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit festgestellt. Auch Frau Dr. S und Dr. F von der Tagesklinik hielten den Kläger nicht mehr für arbeitsunfähig. Sie hätten lediglich eine weitere Beobachtung durch Dr. S. empfohlen. Dieser habe die Arbeitsfähigkeit bestätigt. Das vom Kläger eingenommene Medikament sei nebenwirkungsfrei.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die bezeichneten Schriftsätze und hinsichtlich der Berufungsbeantwortung auf den Schriftsatz des Klägers vom 24. Juni 2009 (Bl. 290 - 297) sowie sämtlichen vorgelegte Unterlagen Bezug genommen.

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Die erkennende Kammer hat durch Beschluss vom 03. März 2010 zur zwischen den Parteien umstrittenen Frage, ob der Kläger ab 19. August 2008 und im September 2008 aus gesundheitlichen Gründen in der Lage gewesen sei, die von der Beklagten beschriebenen Tätigkeitsanforderungen zu erfüllen, ein Gutachten des Chefarztes der G der R Fachklinik B-Stadt Herrn Dr. B. eingeholt.

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Auf die Feststellungen des psychiatrisch-neurologischen Gutachtens vom 28. April 2010 (Bl. 477 - 501 d. A.) wird Bezug genommen.

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In ihrer Stellungnahme zu diesem Gutachten vertritt die Beklagte die Auffassung, dass sich aus der Gesamtschau aller ärztlichen Stellungnahmen ergäbe, dass der Kläger im fraglichen Zeitraum arbeitsunfähig krank für die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit als Technologiemanager gewesen sei. Die gestellte Beweisfrage beurteile der Gutachter Dr. B. nicht eindeutig, weil er die Befragung des Dr. S. anrege. Das Gutachten ginge im Übrigen nicht auf die komplexe und anspruchsvolle Tätigkeit des Klägers ein. Die Gutachterin Dr. A. führe aus, dass sich die fachärztliche Stellungnahme von Dr. G. und Dr. S. widersprächen oder nicht deutlich genug seien. Dr. S. berücksichtige in seinem Attest nicht, welche Auswirkungen sich aus dem leichten Residualsyndrom für die Tätigkeit des Klägers ergäbe. Aus dem Bericht der Tagesklinik  S. vom Mai 2008 folge, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt kein physisch voll remittierter Patient gewesen sei. Dr. S. habe am 23. Juni 2008 nur von einer Verbesserung der Konzentrationsstörung gesprochen. Im Juli 2008 seien noch Symptome einer schweren psychischen Erkrankung gegeben gewesen, wie sich aus dem Gutachten Dr. G. vom 10. Juni 2008 ergäbe. Ob die Gefahr eines Rezidivs gegeben sei, würde nicht ausgeführt. Der Kläger sei noch heute alle 4 bis 6 Wochen bei Dr. S. in Behandlung und nehme regelmäßig Psychopharmaka ein.

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Diesen Ausführungen ist der Kläger in seiner Stellungnahme vom 18. Mai 2010 entgegengetreten. Er ist der Auffassung, dass bezüglich der Einschätzung des Dr. S. mehrere in der Grundtendenz klare ärztliche Atteste vorlägen. Auf das Gutachten von Frau Dr. A. könne nicht abgestellt werden. Diese habe nämlich ausgeführt, zu einer Begutachtung nicht in der Lage zu sein. Im Übrigen sei Dr. S. mit den konkreten Anforderungen im Betrieb der Beklagten sehr gut bewandert. Diese habe bereits im Mai 2008 die Ansicht vertreten, dass Arbeitsfähigkeit des Klägers vorgelegen habe. Im Februar und März 2008 habe eine mehrwöchige Psychoedukation durch Dr. F. und Frau V. stattgefunden. Nach dieser sei die Konzentrations- und Aufmerksamkeitsfähigkeit des Klägers wieder gegeben. Im Übrigen setze sich das Gutachten Dr. B. auf den Seiten 8 und 24 mit der Tätigkeit des Klägers als Technologiemanager auseinander. Nach Prof. B. bestünde auch bei einem leichten unspezifizierten Residuum bei 75 % aller Untersuchten eine volle Arbeitsfähigkeit. Bei voll remittierten Probanden läge die Arbeitsfähigkeit bei 97 %. Beim Kläger sei spätestens seit Mai 2008 eine volle Remission aller spezifischen Symptome festgestellt worden. Die Beklagte habe in Zusammenarbeit mit Frau Dr. H. im Mai 2006 eine Weiterbeschäftigung des Klägers in Aussicht gestellt. Im Übrigen suche der Kläger den Arzt Dr. S. nur einmal im Quartal auf.

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Zu den weiteren Einzelheiten der Stellungnahmen der Parteien wird insbesondere auf den Schriftsatz der Beklagten vom 21. Mai 2010 (Bl. 520 - 530 d. A.) und die Schriftsätze des Klägers vom 18. Mai 2010 (Bl. 515 - 516 d. A.) und vom 15. Juli 2010 (Bl. 555 - 560 d. A.) Bezug genommen.

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Auf die Feststellungen in den Sitzungsniederschriften des Landesarbeitsgerichts wird verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

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Das Rechtsmittel der Berufung der Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden.

II.

26

Die Berufung der Beklagten ist n i c h t begründet.

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Das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Teilurteil vom 21. Januar 2009 rechtlich zutreffend festgestellt, dass dem Kläger für den Anspruchszeitraum vom 19. August 2008 bis 30. September 2008 zumindest die ausgeurteilte Vergütung in Höhe von 10.295,-- € brutto nebst Zinsen zusteht.

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Die Berufungskammer ist nach Einholung eines Sachverständigengutachtens in Verbindung mit den bereits vorliegenden Gutachten und aufgrund der weiteren Tatsachenlage zur Auffassung gelangt, dass beim Kläger jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum die tatbestandlichen Voraussetzungen für das Gegebensein von Annahmeverzug der Beklagten gemäß § 615 in Verbindung mit § 293 BGB vorliegen.

1.

29

Tragender rechtlicher Aspekt, ist worauf die Parteien und das Arbeitsgericht zu Recht abgestellt haben, ob der Kläger im Anspruchszeitraum leistungsfähig gewesen ist; denn eine Unfähigkeit zur Erbringung der arbeitsvertraglich übernommenen Verpflichtung schlösse einen Annahmeverzug des Arbeitgebers aus (ErfK-Preis, 10. Aufl., BGB 230 Rz. 43 m. w. N.).

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Der Arzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. B. kam mit seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass aufgrund der aktuellen ambulanten Untersuchung am 07. April 2010 der Kläger psychisch vollkommen wiederhergestellt und frei von psychotischem Erleben war. Diese Feststellungen wurden methodisch nach ausdrücklicher Befassung mit der Vorgeschichte (S. 2 - 8 d. Gutachtens), der Entwicklung des Beschwerdebildes (S. 8 - 14 d. Gutachtens), den biographischen Angaben (S. 14 - 16 d. Gutachtens), den Feststellungen zu früheren Erkrankungen (S. 6 d. Gutachtens), zur Familienanamnese und vor allem der Untersuchungsbefunde (ab s. 17 d. Gutachtens) getroffen.

31

Der Kläger zeigt - so die gutachterlichen Ausführungen (S. 20) - ein hohes psychosomatisches Tempo, gute Tagesstrukturierungs- und -gestaltungsfähigkeit, eine hohe sozialkommunikative Kompetenz, intellektuell keinerlei Einschränkungen, keinerlei Hinweise für hirnorganisch-kognitive Defizite und keine neuropsychologischen Störungen. Insgesamt handele es sich um einen unauffälligen und psychisch voll remittierten Proband. Richtig ist, dass in diesem Gutachten auch ausgeführt wird, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum zwischen 19. August 2008 und September 2008 kein sicherer Beweis für eine psychisch vollkommene Kompensation erbracht werden kann und angeregt wird, wegen einer damals eventuell vorliegenden Defizienzsymptomatik der den Kläger damals behandelnden Nervenarzt Dr. S. konkret zu befragen. Dies spricht für die Seriosität des Gutachtens. Es liegt auf der Hand, dass eine hundertprozentige Gewissheit des Gesundheitszustandes des Klägers zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens (28. April 2010) allein wegen der Zeitdifferenz nicht möglich ist. Die Kammer muss sich mit einer gewissen - gleichwohl großen - Wahrscheinlichkeit begnügen, die durch die im Laufe des Verfahrens vorgelegten Atteste verstärkt wird. Von einer Befragung des Arztes Dr. S. hat die Berufungskammer abgesehen, denn dieser hat, wie den in den Akten befindlichen Attesten vom 23. Juni 2008, 19. August 2008 und 21. April 2009 zu entnehmen ist, den Kläger über lange Zeit behandelt und insbesondere in dem vorgelegten fachärztliche Attest vom 21. April 2009 (Bl. 238 d. A.) ausgeführt, dass der Kläger im Mai 2008 vollständig remittiert und zu diesem Zeitpunkt aus nervenärztlicher Sicht uneingeschränkt arbeitsfähig als Diplomchemiker sei. Da Dr. S., wie in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom Kläger ausgeführt wurde, die Arbeitssituation bei der Beklagten wegen der Behandlung weiterer vergleichbarer Arbeitnehmer kennt, war es aus Sicht des Gutachters Dr. B. richtig und zutreffend, dass Relevanz und Auswirkung für die Tätigkeit des Klägers als Technologiemanager unter Aspekten einer eventuell vorliegenden Defizienzsymptomatik von dem Arzt Dr. S. mitbeurteilt wird, mindert aber nicht die Feststellungen zur Wahrscheinlichkeit einer psychisch vollkommenen Kompensation beim Kläger.

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Die Gutachterin Frau Dr. A. hat den Kläger nicht gesehen, sondern ihre Feststellungen nach der Aktenlage getroffen, so dass der Wert dieser Aussage nur begrenzt ist. Zur Feststellung in deren arbeitsmedizinischen Stellungnahme vom 29. Oktober 2010 (Bl. 451 d. A.) zum Vorliegen eines von Prof. Dr. G. beschriebenen leichten Residualsyndrom ist nach dem eingeholten Gutachten des Dr. B. von keiner zwingend aufrechtzuerhaltenen Beeinträchtigung des Klägers für die von der Beklagten umfassend dargestellte Tätigkeit auszugehen. Dass sich der Gutachter mit der Tätigkeit des Klägers befasst hat, wird aus den Feststellungen Seiten 8 und 24 des Gutachtens deutlich und führt zu der vorsichtig gehaltenen Aussage hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des Klägers zum damaligen Zeitpunkt.

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Die Kammer geht damit davon aus, dass jedenfalls im Anspruchszeitraum eine große Wahrscheinlichkeit für eine Remission aller spezifischen Symptome der aufgetretenen Erkrankung beim Kläger bestand und damit die rechtlich geforderte Leistungsfähigkeit als Voraussetzung für den verfolgten Zahlungsanspruch gegeben ist. Der Kläger konnte die von der Beklagten umfassend dargestellte - tatbestandlich erfasste - Tätigkeit im Anspruchszeitraum erfüllen.

2.

34

Das weiter rechtlich geforderte Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Anspruchszeitraum ist anzunehmen, da die Kammer die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zur ersten Kündigung vom 12. Mai 2006 zurückgewiesen hat. Über die Revision im Verfahren 2 AZR 794/09 ist noch nicht entschieden.

3.

35

Ein Angebot des Klägers war nach der als Ablehnungserklärung aufzufassenden Kündigung der Beklagten nicht erforderlich (BAG 13.7.2005 - 5 AZR 578/04 - EzA § 615 BGB 2002 Nr. 9).

4.

36

Die zweite ordentliche Kündigung vom 20. März 2008 zum 31. März 2009, hat bezogen auf den Anspruchszeitraum des vorliegenden Verfahrens, unabhängig davon, dass sie klageerweiternd im Kündigungsschutzverfahren erstinstanzlich angegriffen ist, keine Auswirkungen.

37

Die Zulassung der Revision beruht auf der Tatsache, dass das Revisionsverfahren 2 AZR 794/09 mit eventuellen Auswirkungen auf das vorliegende Verfahren noch nicht abgeschlossen ist.

38

S                       P                             P

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