Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (7. Kammer) - 7 Sa 114/10

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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 28.10.2009, Az.: 1 Ca 1416/09 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die gerichtliche Feststellung eines Abfindungsanspruchs aus Sozialplan sowie um die Feststellung des Anwendungsbereiches des Sozialplanes.

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Der Kläger trat am 01.01.1982 in ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten, die Nassrasiergeräte mit Zubehör herstellt, ein; rechtliche Grundlage des Beschäftigungsverhältnisses ist der schriftliche Anstellungsvertrag vom 17.12.1981 (vgl. Bl. 192 ff. d. A.), der u. a. Folgendes regelt:

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"1. Aufgabenbereich

        

Sie sind ab 01.01.82 Angestellter unserer Firma, und wir werden Sie als Bezirksvertreter einsetzen.

        

Ihre Tätigkeit üben Sie nach unseren Weisungen aus. Der Ihnen zugewiesene Tätigkeitsbereich kann einseitig durch die Firma entsprechend den geschäftlichen Erfordernissen neu- bzw. umgestaltet werden."

4

In der Folgezeit wurde der Kläger im firmeineigenen Außendienst der Beklagten und zwar als im Vertrieb tätiger Gebietsleiter unter Zuweisung des von der Beklagten mit "Z" bezeichneten Bezirks eingesetzt.

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Während des Kalenderjahres 2006 wurde der Kläger zum Abgeordneten des Landtages Rheinland-Pfalz gewählt. Die Parteien vereinbarten daraufhin schriftlich (vgl. Bl. 81 d. A.) u. a., dass in Verbindung mit der Übernahme des Landtagsmandats die beiderseitigen Rechte und Pflichten aus dem Anstellungsvertrag vom 01.01.1982 in der Zeit vom 01.07.2006 bis 31.12.2011 ruhen. Als Termin für die nächste Landtagswahl in Rheinland-Pfalz hat die Landesregierung den 27.03.2011 bestimmt.

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Nachdem der früher mittelständisch geführte Betrieb der Beklagten an die amerikanische Firma Y verkauft worden war, beschloss die Betriebsleitung Ende des Jahres 2008 den firmeneigenen Außendienst zum 31.01.2009 zu schließen und mit dem Vertrieb ein externes Dienstleistungsunternehmen zu beauftragen. In diesem Zusammenhang vereinbarte die Beklagte mit dem am Firmensitz in C-Stadt errichteten Betriebsrat am 12.01.2009 sowohl einen freiwilligen Interessenausgleich (vgl. Bl. 13 ff. d. A.) als auch einen freiwilligen Sozialplan (vgl. Bl. 8 ff. d. A.). In dem Sozialplan ist u. a. Folgendes geregelt:

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"§ 1 Geltungsbereich

        

Die Regelungen dieses Sozialplans gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, nur für sämtliche zum Zeitpunkt des Abschlusses des Interessenausgleichs bei C aktiv beschäftigten Arbeitnehmer i. S. d. § 5 Abs. 1 BetrVG, denen im Rahmen der im Interessenausgleich vom heutigen Tage beschriebenen Maßnahmen nach § 3 betriebsbedingt gekündigt wird oder die aufgrund einer arbeitgeberseitig veranlassten betriebsbedingten Aufhebungsvereinbarung ausscheiden.

Dieser Sozialplan findet keine Anwendung auf Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis wirksam ausschließlich aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen beendet worden ist oder werden wird, Arbeitnehmer, die aufgrund des Auslaufens einer Befristung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, Arbeitnehmer, die vor Ablauf der Kündigungsfrist oder vor Ablauf der vertraglich vereinbarten Auslauffristen vertragswidrig ausscheiden, Ruhende Arbeitsverhältnisse.

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§ 2 Abfindungen

        

Höhe der Abfindung

Jeder anspruchsberechtigte Arbeitnehmer im Sinne von § 1 Absatz 1 und 2 dieses Sozialplans erhält eine Abfindung, deren Grundbetrag sich wie folgt berechnet:

        

Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsgehalt x 0,835

        

Der Abfindungsbetrag erhöht sich für jedes zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Sozialplans auf der Lohnsteuerkarte eingetragene unterhaltsberechtigte Kind um 1.500, € Dem Arbeitnehmer bleibt es vorbehalten, bis einem Monat vor Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis die Existenz weiterer unterhaltspflichtiger Kinder in geeigneter Form nachzuweisen.

Für Schwerbehinderte oder Schwerbehinderten Gleichgestellte (Grad der Behinderung von bis zu einschließlich 50 %) im Sinne des SGB IX erhöht sich die Abfindung um 8.321, € für den Behinderungsgrad 100 % bzw. 3.927, € für den Behinderungsgrad 70 %."

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Die Beklagte hat sodann den firmeneigenen Außendienst zum 31.01.2009 geschlossen.

10

Der Kläger vertritt die Auffassung, dass ihm für den Fall einer betriebsbedingten Beendigung seines Arbeitsverhältnisses, die aus Anlass der Schließung des Außendienstes erfolgt, eine Abfindungsleistung aus dem Sozialplan zusteht und dass der Sozialplan auch auf sein ruhendes Arbeitsverhältnis anwendbar sei. Er hat eine dementsprechende Feststellungsklage beim Arbeitsgericht Darmstadt erhoben, die von dort an das Arbeitsgericht Mainz verwiesen worden ist.

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Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die zusammenfassende Darstellung im Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 28.10.2009 (dort S. 4 - 7 = Bl. 112 - 115 d. A.) Bezug genommen.

12

Der Kläger hat beantragt,

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festzustellen, dass ihm im Falle einer betriebsbedingten Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses oder aufgrund einer arbeitgeberseitig veranlassten betriebsbedingten Aufhebungsvereinbarung, jeweils aus Anlass der Abschaffung des Außendienstes bei der Beklagten, ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung gemäß dem zwischen dem Betriebsrat der Beklagten und der Beklagten abgeschlossenen freiwilligen Sozialplan vom 12.01.2009, als Anlage K 1 anbei, zusteht;

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hilfsweise festzustellen, dass § 1 Abs. 2 d) des vorgenannten Sozialplanes rechtswidrig ist und dieser auch auf ruhende Arbeitsverhältnisse anzuwenden ist.

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Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage insgesamt abzuweisen.

17

Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 28.10.2009 (Bl. 109 ff. d. A.) die Klage hinsichtlich beider Anträge als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, bei beiden Klageanträgen fehle es an dem gem. § 256 Abs. 1 ZPO notwendigen Interesse an der alsbaldigen Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses. Der Kläger begehre letztlich nur die Beantwortung von abstrakten Rechtsfragen, was bereits die in den Antrag aufgenommenen Bedingungen zeigen würden.

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Außerdem lasse der Kläger unberücksichtigt, dass der Sozialplan vom 12.01.2009 auf ihn nicht (nur) wegen § 1 Abs. 2 d) unanwendbar sei, sondern auch weil ihm bislang noch nicht gekündigt worden sei. Dies liege wiederum auch daran, dass der Kläger wegen seiner politischen Mandate einen besonderen Kündigungsschutz genieße.

19

Aus den dargelegten Gründen sei auch die vom Kläger zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.02.2009 (NZA 2009, 796) nicht einschlägig.

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Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 7 ff. des Urteils vom 28.10.2009 (= Bl. 115 ff. d. A.) verwiesen.

21

Der Kläger, dem die Entscheidung des Arbeitsgerichts Mainz am 10.02.2010 zugestellt worden ist, hat am 09.03.2010 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 06.04.2010 sein Rechtsmittel begründet.

22

Der Kläger macht geltend,

23

er habe ein rechtliches Interesse i. S. v. § 256 Abs. 1 ZPO hinsichtlich aller von ihm gestellten Klageanträge. Nach Auslaufen der Ruhensvereinbarung sei eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses ab dem 01.06.2011 unausweichlich. Die Beklagte verfüge nämlich nur über einen Verwaltungssitz in C-Stadt und der gesamte Außendienst sei abgeschafft, so dass die Beklagte allenfalls in C-Stadt eine andere Stelle, dort allerdings nur im Innendienst, zur Verfügung stellen könne. Aufgrund des geschlossenen Arbeitsvertrages komme aber eine Versetzung nach C-Stadt nicht in Betracht, genauso wenig eine Versetzung vom Außen- in den Innendienst. Da die Beklagte bestreite, den Kläger im Falle einer Kündigung, die im Zusammenhang mit der Schließung des Außendienstes stehe, eine Abfindung zahlen zu müssen, sei das Rechtschutzinteresse für die Klage gegeben.

24

Der Kläger sei in rechtswidriger Weise durch die Regelung in § 1 Nr. 2 d) aus dem Geltungsbereich des Sozialplanes herausgenommen worden. Der Geltungsbereich des Sozialplanes hänge nicht davon ab, ob eine Kündigung ausgesprochen werde oder nicht.

25

Das Arbeitsgericht ziehe einen unzulässigen Zirkelschluss, wenn es einerseits ausführe, der Kläger habe kein Feststellungsinteresse, weil sein Arbeitsverhältnis vom Geltungsbereich des Sozialplanes wegen der fehlenden Kündigung nicht umfasst sei, andererseits aber der Kläger genau die Anwendbarkeit des Sozialplanes festgestellt haben wolle. Die Voraussetzung einer Kündigung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus betriebsbedingten Gründen sei keine Frage des Geltungsbereiches, sondern bloße Bedingung für die aus dem Sozialplan folgenden Rechtsansprüche.

26

Es bestehe durchaus die Besorgnis, dass die Beklagte ihre Verpflichtung zur Abfindungsleistung aus dem Sozialplan gegenüber dem Kläger nicht erfülle; in einem solchen Fall sehe § 259 ZPO die Möglichkeit vor, eine Klage auf zukünftige Leistung zu erheben. Im Übrigen sei auch jegliche Feststellungsklage im Sinn von § 256 ZPO immer auf ein zukünftiges rechtmäßiges bzw. vertragsmäßiges Verhalten gerichtet.

27

Für den Kläger sei, ausgehend von der erstinstanzlichen Entscheidung, unklar, wie sein Arbeitsverhältnis und sein Einkommen sich zukünftig gestalte. Die Ungewissheit über den Abfindungsanspruch aus dem Sozialplan und die hieraus resultierende Rechtsunsicherheit seien ihm nicht zuzumuten.

28

§ 1 Abs. 2 d) des Sozialplanes sei rechtswidrig, da ein Sonderkündigungsschutz und das daraus resultierende Ruhen des Arbeitsverhältnisses nicht dazu berechtige, Ausnahmen von einem unternehmerischen Konzept zu machen. Es liege insoweit eine Ungleichbehandlung i. S. v. § 75 BetrVG vor. Des Weiteren resultiere hieraus auch ein Verstoß gegen § 2 Abs. 2 des Rheinland-Pfälzischen Abgeordnetengesetzes, wonach Abgeordnete, aufgrund ihres Landtagsmandats, nicht gegenüber anderen, vergleichbaren Arbeitnehmern benachteiligt werden dürften.

29

Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung des Klägers wird auf dessen Schriftsatz vom 06.04.2010 (= Bl. 137 ff. d. A.) Bezug genommen.

30

Der Kläger beantragt,

31

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 28.10.2009, Az.: 1 Ca 1416/09,

32

festzustellen, dass dem Kläger im Falle einer betriebsbedingten Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses oder aufgrund einer arbeitgeberseitig betriebsbedingten Aufhebungsvereinbarung, jeweils aus Anlass der Abschaffung des Außendienstes bei der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung gemäß dem zwischen dem Betriebsrat der Beklagten und der Beklagten abgeschlossenen freiwilligen Sozialplan vom 12.01.2009 zusteht,

33

hilfsweise festzustellen, das § 1 Abs. 2 d) des vorgenannten Sozialplanes rechtswidrig ist und dieser insoweit auch auf ruhende Arbeitsverhältnisse anzuwenden ist,

34

äußerst hilfsweise festzustellen, dass der Kläger unter den persönlichen und Anwendungsbereich des vorgenannten Sozialplans fällt.

35

Die Beklagte beantragt,

36

die Berufung zurückzuweisen.

37

Die Beklagte führt aus,

38

der Kläger werde vom Geltungsbereich des Sozialplanes zu Recht nicht erfasst, da er nicht zum auswahlrelevanten Personenkreis gehöre. Arbeitnehmer, die von der Arbeitspflicht bei dem Arbeitgeber befreit seien, dürften nicht in eine soziale Auswahl einbezogen werden. Ansonsten würde die mit einer betriebsbedingten Kündigung bezweckte Anpassung der Anzahl aktiver Arbeitnehmer an den gesunkenen Beschäftigungsbedarf nicht erreicht. Mithin fehle es an einer Benachteiligung des Klägers. Der Sozialplan erfasse aber den Kläger auch aus anderen Gründen nicht, da er keine Regelung enthalten könne, die spekulativ einen Zustand annehme, der vielleicht in Jahren herrsche oder auch nicht. Der Betriebsrat habe bei der Vereinbarung des Sozialplanes seine Mitbestimmung insofern nicht "verbrauchen" können.

39

Zudem sei es definitiv nicht sicher, dass es niemals mehr einen Außendienst bei der Beklagten gebe. Es sei nunmehr eine Schnittstelle zwischen dem Key Accounting Innendienst und dem Außenkontakt geschaffen worden, wobei ein Arbeitnehmer in C-Stadt den Bereich Deutschland Mitte und Nord bearbeite.

40

Es sei auch nicht sicher, dass der Kläger - selbst bei fehlendem Außendienst - nicht im Innendienst der Beklagten eingesetzt werden könne. Er habe durch seine Funktion und sein Amt schließlich wichtige Kompetenzen und Kontakte gewonnen. Dem Kläger sei daher zuzumuten, abzuwarten, ob er ein neues Landtagsmandat bekomme, ob die Beklagte ein ergänzendes Außendienst/Key Accounting Konzept realisiere, ob er im Innendienst gebraucht werde, ob in Zukunft Stellen frei seien und ob eine Änderungskündigung ausgesprochen werde. Der Kläger genieße schließlich als Landtagsabgeordneter Kündigungsschutz und müsse für dieses Privileg umgekehrt auch die Rechtsfolge in Kauf nehmen, dass er nicht zum auswahlrelevanten Personenkreis gehöre.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 10.05.2010 (vgl. Bl. 163 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

42

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gem. §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

43

Das Arbeitsgericht Mainz hat die beiden erstinstanzlichen Klageanträge zu Recht als unzulässig abgewiesen; soweit der Kläger mit seiner Berufung über die erstinstanzlichen Anträge hinaus einen weiteren Hilfsantrag gestellt hat, fehlt es ebenfalls an der Zulässigkeit. Die Unzulässigkeit aller Klageanträge resultiert daraus, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Feststellungsklage nicht erfüllt sind.

44

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Arbeitsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Rechtsverhältnis ist eine aus dem vorgetragenen Sachverhalt abgeleitete rechtliche Beziehung von Personen untereinander oder zu einer Sache. Eine Feststellungsklage kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. z. B. BAG, Urt. v. 25.10.2001 - 6 AZR 718/00 = BAGE 99, 250, 252 ff.). Ein Feststellungsinteresse ist hingegen aber nicht gegeben, wenn nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses, abstrakte Rechtsfragen oder rechtliche Vorfragen zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden, so dass durch eine Entscheidung hierüber kein Rechtsfrieden geschaffen wird (vgl. BAG, Urt. v. 14.12.2005 - 4 AZR 522/04 = AP Nr. 94 zu § 256 ZPO 1977).

45

Es ist nicht Zweck der Feststellungsklage, das Gericht ein Rechtsgutachten in Urteilsform erstatten zu lassen für Sachverhaltskonstellationen, die derzeit nicht vorliegen und deren zukünftiges Entstehen unsicher ist (vgl. RGZ 148, 100). Die Feststellung muss daher grundsätzlich auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gerichtet sein (vgl. BAG, Urt. v. 31.08.2005 - 5 AZR 136/05 in Juris).

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Vorliegend ist ein Interesse des Klägers an alsbaldiger Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses hinsichtlich der drei zweitinstanzlich verfolgten Feststellungsanträge nicht gegeben.

47

1. Mit dem Hauptantrag begehrt der Kläger die Feststellung, dass ihm im Falle einer betriebsbedingten Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses oder aufgrund einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Aufhebungsvereinbarung, jeweils aus Anlass der Abschaffung des Außendienstes bei der Beklagten, ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung gemäß dem zwischen dem Betriebsrat der Beklagten und der Beklagten abgeschlossenen freiwilligen Sozialplan vom 12.01.2009 zusteht. Dieser Antrag ist nicht auf Feststellung eines gegenwärtigen Rechtsverhältnisses gerichtet, da das Arbeitsverhältnis des Klägers bislang nicht aus betriebsbedingten Gründen beendet worden ist. So lange diese Anspruchsvoraussetzung aus § 1 Ziffer 1 des Sozialplanes nicht erfüllt ist, stehen dem Kläger sowieso keine Rechte aus dem Sozialplan zu; dies gilt auch für den mit dem Hauptantrag verfolgten Abfindungsanspruch. Bereits die vom Kläger gewählte Antragsformulierung "für den Fall, dass …" macht deutlich, dass hier ein Sachverhalt beurteilt werden soll, der noch nicht existent ist.

48

Dessen Entstehen in der Zukunft ist darüber hinaus, entgegen der Auffassung des Klägers, auch keineswegs sicher. Denn er genießt als gewähltes Mitglied des Landtages Rheinland-Pfalz Kündigungsschutz nach § 2 Abs. 3 S. 2 des Landesgesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Landtages Rheinland-Pfalz. Demnach ist eine Kündigung nur aus wichtigem Grund zulässig. Eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen - wie sie der Kläger für die nahe Zukunft befürchtet - ist grundsätzlich aber nur ordentlich möglich und dementsprechend vorliegend nahezu ausgeschlossen. Das Landtagsmandat dauert fort bis zur Konstituierung eines neuen Landesparlaments; dies erfolgt nach der Landtagswahl, die in Rheinland-Pfalz im März 2011 durchgeführt wird. Sollte der Kläger - er selbst bezeichnet seine Kandidatur zwar als ungewiss, schließt sie andererseits aber auch nicht aus - erneut in den Landtag gewählt werden, gilt der Kündigungsschutz für die Dauer einer weiteren Wahlperiode. Sollte der Kläger sogar bis zur Rentenaltersgrenze im Landesparlament verbleiben, ist eine betriebsbedingte (ordentliche) Kündigung für die gesamte Dauer des restlichen Arbeitsverhältnisses ausgeschlossen.

49

Allein schon aufgrund dieser Unwägbarkeiten ist kein gegenwärtiges rechtliches Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung erkennbar. Hinzu kommt, dass derzeit auch unklar ist, welche Situation auf Seiten des Arbeitgebers zu jenem (ungewissen) Zeitpunkt gegeben ist, für den der Kläger eventuell seine Arbeit wieder aufnimmt. Sollte der Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt nach dem Ende der vereinbarten Ruhensfrist, also nach dem 31.05.2011 die Arbeit wieder aufnehmen, steht nicht fest, ob nicht wieder ein firmeneigener Außendienst bei der Beklagten eingerichtet ist. Dass insoweit Änderungen zumindest nicht ausgeschlossen sind, zeigt der Umstand, dass, trotz der früheren Schließung des firmeneigenen Außendienstes, wenige Monate vor der mündlichen Berufungsverhandlung ein Mitarbeiter von der Beklagten angewiesen wurde, in der Schnittstelle zwischen der Beklagten und dem externen Außendienst für den Vertriebsbereich Mittel- und Norddeutschland tätig zu werden.

50

Des Weiteren hat der Kläger, aufgrund des schriftlichen Anstellungsvertrages vom 17.12.1981 keinen Anspruch auf einen ausschließlichen Einsatz im Außendienst. Vielmehr wurde er gem. Ziffer 1. des Anstellungsvertrages als Angestellter beschäftigt. Des Weiteren ist arbeitsvertraglich geregelt, dass der zugewiesene Tätigkeitsbereich als Bezirksvertreter von der Beklagten entsprechend den geschäftlichen Erfordernissen neu bzw. umgestaltet werden kann. Dass der Kläger zuletzt als Gebietsleiter im Bezirk "Z" eingesetzt wurde, schließt demnach einen anderen Einsatz nicht aus. Ob dabei dem Kläger im Falle des Wiederantritts der Arbeit, kraft arbeitsvertraglichem Direktionsrechtes, auch ein Arbeitsplatz in C-Stadt zugewiesen werden kann, bedarf nicht der Entscheidung. Welche Arbeit letztlich im Rahmen des Direktionsrechtes oder mittels einer Änderungskündigung dem Kläger zugewiesen werden kann, hängt unter Beachtung von §§ 315 BGB, 106 GewO von den persönlichen Verhältnissen des Klägers sowie der betrieblichen Situation bei der Beklagten ab. Beides ist derzeit nicht prognostizierbar.

51

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass mangels einer betriebsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Feststellungsbegehren des Klägers nicht auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis gerichtet ist.

52

2. Auch hinsichtlich des ersten Hilfsantrages fehlt es an dem notwendigen Feststellungsinteresse i. S. v. § 256 Abs. 1 ZPO. Denn es bedarf nicht der alsbaldigen Feststellung, dass § 1 Abs. 2 d, des Sozialplanes vom 12.01.2009 rechtswidrig und auf ruhende Arbeitsverhältnisse anzuwenden ist. Denn so lange das Arbeitsverhältnis nicht aus betriebsbedingten Gründen durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet worden ist, ist es für den Kläger unerheblich, ob der Sozialplan auf ruhende Arbeitsverhältnisse Anwendung findet oder nicht. Nach § 1 Ziff. 1 gilt der Sozialplan u. a. nur dann, wenn ein aktiv beschäftigter Arbeitnehmer betroffen ist und ihm betriebsbedingt gekündigt wird oder er aufgrund einer arbeitgeberseitig veranlassten betriebsbedingten Aufhebungsvereinbarung ausscheidet. Beides muss kumulativ gegeben sein, damit Rechte aus dem Sozialplan abgeleitet werden können. So lange auch nur eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt ist, besteht kein Anlass über das Vorliegen der zweiten Voraussetzung eine gerichtliche Feststellung zu treffen. Denn hierdurch würde lediglich ein Rechtsgutachten zu einer einzelnen Vorfrage erstellt, deren rechtliche Relevanz zumindest derzeit noch nicht gegeben ist.

53

3. Entsprechendes gilt auch für den zweiten Hilfsantrag, den der Kläger erstmals im Berufungsverfahren gestellt hat. Der hiermit vom Kläger begehrten Feststellung, dass er unter den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des Sozialplanes vom 12.01.2009 fällt, bedarf es derzeit nicht. Denn auch insoweit handelt es sich um eine Vorfrage, zu welcher das Gericht abstrakt eine Feststellung treffen soll. Letztlich will der Kläger hierdurch lediglich eine der verschiedenen Voraussetzungen für einen Abfindungsanspruch aus dem Sozialplan geklärt haben.

54

Unabhängig hiervon wäre der Feststellungsantrag, im Falle seiner Zulässigkeit, aber auch unbegründet. Denn der Geltungsbereich des Sozialplanes hängt unter Beachtung des Wortlautes unter § 1 Ziff. 1 u. a. davon ab, ob dem Kläger im Rahmen der Schließung des Außendienstes betriebsbedingt gekündigt wird oder er aufgrund einer arbeitgeberseitig veranlassten betriebsbedingten Aufhebungsvereinbarung ausscheidet. Solange diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, steht fest, dass der Kläger dem Geltungsbereich des Sozialplanes nicht unterfällt. Nach dem maßgeblichen Wortlaut des Sozialplans wird im Übrigen nicht zwischen persönlichem und sachlichem Geltungsbereich unterschieden. Angesichts der Unzulässigkeit des zweiten Hilfsantrages des Klägers erübrigen sich jedoch weitere Ausführungen zur Unbegründetheit des Antrags.

55

4. Die im Übrigen von dem Kläger mit der Berufung geltend gemachten Einwendungen gegen das erstinstanzliche Urteil sind nicht gerechtfertigt.

56

a) Ein Zirkelschluss des Arbeitsgerichtes in der Form, dass es einerseits ausführt, der Kläger habe kein Feststellungsinteresse, weil sein Arbeitsverhältnis vom Geltungsbereich des Sozialplanes wegen der fehlenden Kündigung nicht umfasst sei und andererseits der Kläger genau die Anwendbarkeit des Sozialplanes für den Fall der mit Sicherheit anstehenden Kündigung gerade festgestellt haben wolle, liegt nicht vor. Denn aus Sicht des Arbeitsgerichtes wie auch des Berufungsgerichtes kann derzeit nicht von einer mit Sicherheit anstehenden Kündigung in absehbarer Zeit ausgegangen werden.

57

b) Dass die Beklagte bereits derzeit bestreitet, dass dem Kläger eine Abfindung nach dem Sozialplan im Falle einer betriebsbedingten Kündigung wegen der Schließung des Außendienstes zusteht, ändert nichts daran, dass sich der Streit nicht auf ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis bezieht. Solange eine betriebsbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gegeben ist, ist dieser Streit nur theoretischer Natur.

58

c) Die vorliegende Situation ist nicht zu vergleichen mit jener, die im Falle einer Klage auf zukünftige Leistung nach § 259 ZPO gegeben ist. Denn dort steht der Leistungsanspruch fest, während dies vorliegend nicht der Fall ist.

59

d) Es ist zutreffend, dass jede Feststellungsklage nach § 256 ZPO immer auf ein zukünftiges Verhalten einer Partei gerichtet ist. Voraussetzung für die Feststellungsklage ist aber ein derzeit gegebenes rechtliches Interesse an alsbaldiger Feststellung. Mithin muss eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür gegeben sein, dass das zukünftige Verhalten, welches vom Gericht als rechtmäßig oder rechtswidrig festgestellt werden soll, auch tatsächlich stattfindet. Hiervon ist im vorliegenden Fall, mangels einer mit Gewissheit zu erwartenden betriebsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses, nicht auszugehen.

60

e) Soweit der Kläger geltend macht, auf seiner Seite bestehe eine große Rechtsunsicherheit, da er keine Gewissheit über das Bestehen des Abfindungsanspruchs habe, rechtfertigt dies nicht die Bejahung des Feststellungsinteresses. Die Unwägbarkeiten im vorliegenden Fall resultieren auch daraus, dass bislang eine betriebsbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht erfolgt ist. Selbst nach der vom Kläger gerichtlich begehrten Feststellung wäre diese Ungewissheit aber nicht beseitigt.

61

f) Der vorliegende Fall ist auch nicht mit jenem aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10.02.2009 (Az.: 3 AZR 653/07 = NZA 2009, 796 ff.) zu vergleichen. Wenn dort vom Bundesarbeitsgericht, ohne nähere Ausführungen zum Feststellungsinteresse, die Feststellungsklage für zulässig gehalten worden ist, beruht dies darauf, dass um eine Beihilfeberechtigung gestritten worden ist. Dass in der Zukunft es bei dem Kläger und seiner Ehefrau zu Krankheitsfällen kommen würde, bei denen die Beihilfeberechtigung rechtlich relevant werden würde, stand dort außer Frage. Demgegenüber ist es vorliegend ungewiss, ob, wann und in welchem Zusammenhang das Arbeitsverhältnis des Klägers aus betriebsbedingten Gründen beendet wird.

62

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

63

Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich anerkannten Grund.

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