Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (2. Kammer) - 2 Sa 324/12

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 05.06.2012 - 3 Ca 193/12 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten um restliche Lohnansprüche. Ab dem 01.10.2010 war der Kläger bei dem Beklagten beschäftigt. Der Beklagte rechnet Lohnansprüche des Klägers für Oktober 2010 in Höhe von 1.668,00 EUR brutto und für den 01. und 02.11.2010 in Höhe von 111,20 EUR brutto ab. Hierüber erteilte er Lohnabrechnungen, welche sich in den Gerichtsakten befinden (Bl. 26 u. Bl. 30 GA.). Der Streit der Parteien geht im Wesentlichen um die Frage, ob hierauf Zahlungen des Beklagten an den Kläger erbracht worden sind.

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Erstinstanzlich hat der Kläger beantragt,

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den Beklagten zu verurteilen, an ihn 3.536,88 EUR brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 03.12.2010 zu zahlen.

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Der Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hat vorgetragen, er sei aufgrund getroffener Absprachen lediglich für Oktober 2010 beschäftigt gewesen und nur aus Kulanz bis zum 02.11.2010 vergütet worden. Den ihm für Oktober zustehenden Nettolohn in Höhe von 1.004,63 EUR habe er erhalten. Hierzu verweist er auf eine in serbischer Sprache abgefasste Erklärung einer Frau V. T., aus deren Übersetzung sich ergebe, dass der Kläger noch einen höheren Betrag erhalten habe.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 05.06.2012 verwiesen.

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Das Arbeitsgericht hat dem Kläger Lohnansprüche für Oktober und November 2010 in Höhe von 1.779,20 EUR brutto nebst Zinsen zugesprochen und im übrigen die Klage abgewiesen. Im Wesentlichen hat es den Erfüllungseinwand des Beklagten nicht durchgreifen lassen. Es fehle an einem substantiierten Sachvortrag, wer dem Kläger wann, wo unter welchen Umständen welchen genauen Betrag zur Erfüllung welcher Lohnansprüche übergeben haben solle. Die Erklärung der Frau V. T. sei unergiebig. Sie sei deshalb schon nicht zu berücksichtigen, weil es sich lediglich um eine Kopie handele und zum anderen die Gerichtssprache Deutsch sei. Auch die Übersetzung der Erklärung sei nicht zu berücksichtigen, da sie nicht unterzeichnet sei und unklar bliebe, wer die Übersetzung vorgenommen habe und ob es sich um eine inhaltlich zutreffende Übersetzung handele. Im Übrigen ergebe sich auch aus der Urkunde kein konkreter Sachvortrag, wer dem Kläger wann und unter welchen Umständen Geld zur Abgeltung der offenen Lohnansprüche übergeben haben soll. Es heiße laut der Erklärung lediglich, Frau V. T. habe gesehen, dass der Kläger 1.250,-- EUR in einem Briefumschlag bekommen habe. Dies decke sich weder mit dem Nettobetrag für die Oktoberabrechnung noch mit der Nettosumme aus der Oktober- und Novemberabrechnung. Zum anderen sei erstaunlich, dass Frau V. T. den angeblich in einem Briefumschlag enthaltenen Betrag der Summe nach genau bestimmen könne, ohne dass sie erklärt hätte, der Briefumschlag sei geöffnet und das Geld herausgenommen worden. Als Zeugin sei sie überhaupt nicht benannt worden. Damit sei der Beklagte mit der Behauptung, er habe dem Kläger die Lohnansprüche in bar beglichen, präzise substantiierten Sachvortrag schuldig geblieben und weiterhin auch beweisfällig. Die weiteren Ansprüche seien nicht begründet.

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Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

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Das Urteil wurde dem Beklagten am 25.06.2012 zugestellt. Hiergegen hat er am 16.07.2012 Berufung eingelegt und seine Berufung mit am 27.08.2012 eingegangenem Schriftsatz begründet.

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Der Beklagte macht geltend, für Oktober stünden dem Kläger lediglich 1.668,-- EUR brutto zu. Außerdem seien die Gehaltsansprüche befriedigt. Der Beklagte legt nochmals die Erklärung der Zeugin V. T. vor, die er auch als Zeugin nunmehr im Berufungsverfahren benennt. Diese bestätige, dass die Vergütung Oktober 2010 dem Kläger ausgezahlt worden sei. Der Kläger habe des weiteren mehreren Zeugen noch erklärt, dass er seine Vergütung vom Beklagten erhalten habe. Auch hierzu bietet der Beklagte Beweis an.

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Im Kammertermin hat der Beklagte erstmals nähere Umstände zur behaupteten Übergabe des Barbetrages vorgetragen und unter Beweis gestellt.

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Der Beklagte beantragt,

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unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier, Aktenzeichen 3 Ca 193/12, verkündet am 05.06.2012, zugestellt am 25.06.2012, die Klage des Klägers und Berufungsbeklagten insoweit abzuweisen, als dass der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 1.779,20 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz s.d. 03.12.2012 zu zahlen,
dem Kläger und Berufungsbeklagten die Kosten des Rechtsstreites aufzuerlegen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

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Er bestreitet nach wie vor die Erfüllung und verteidigt im übrigen das angefochtene Urteil.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Ebenfalls wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 25.10.2012.

Entscheidungsgründe

I.

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Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).

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Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

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Im Ergebnis und in der Begründung zutreffend hat das Arbeitsgericht Trier der Klageforderung entsprochen. Die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze und das Ergebnis der mündlichen Verhandlung haben keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte auftreten lassen, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen würden.

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Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei kurz auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen:

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Der Einwand des Beklagten, das Arbeitsgericht habe trotz abgerechneter Summe dem Kläger mehr als die in der Oktoberabrechnung ausgewiesenen Bruttobeträge zugesprochen, ist schon deswegen nicht richtig, weil das Arbeitsgericht sowohl Oktober als auch November 2010 zur Berechnung der Klageforderung herangezogen hat. Damit ergeben sich gegenüber der Oktoberabrechnung selbstverständlich höhere Beträge.

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Im Übrigen kann der Erfüllungseinwand des Beklagten nicht berücksichtigt werden.

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Das Arbeitsgericht hat im Urteil entscheidend darauf abgestellt, dass der Beklagte keinen Beweis für die streitige Behauptung der Erfüllung erstinstanzlich angeboten hat, (dies war bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens zutreffend), dass seine Darstellung hinsichtlich der näheren Umstände der behaupteten Zahlung auch nicht hinreichend substantiiert ist, dass sie einer Tatsachenfeststellung zugänglich wäre.

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Der Beklagte hat nun im Berufungsverfahren versucht, die festgestellten Mängel zu heilen. Zum einen hat er die Behauptung der Zahlung eines Geldbetrages, der die geschuldeten Nettovergütungen überstieg, unter Beweis gestellt durch Vernehmung der Zeugin T., zum anderen die Behauptung aufgestellt, der Kläger habe gegenüber Dritten von der Zahlung berichtet.

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Damit ist der vom Arbeitsgericht auch festgestellte Hinweis über die fehlende Substantiierung der genauen Umstände der Geldübergabe im Berufungsverfahren nicht in zulässiger Form angegriffen worden.

28

Nach § 67 Abs. 4 ArbGG ist auch im Berufungsverfahren vor dem Arbeitsgericht der Vortrag von neuen Tatsachen oder Beweismitteln zulässig, wenn die Voraussetzungen nach § 67 Abs. 2 oder 3 ArbGG gegeben sind. Voraussetzung der Zulassung ist allerdings, dass neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung vom Berufungsbeklagten in der Berufungsbeantwortung vorzubringen sind. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde, oder nicht auf Verschulden der Partei beruht.

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Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung erstmals, ohne dass dies vorher innerhalb der vorbezeichneten Fristen, also innerhalb der Berufungsbegründung dem Gericht mitgeteilt worden wäre, präzise Angaben über die streitige Geldübergabe gemacht und auch zusätzlich noch behauptet, der Kläger habe eine Quittung unterzeichnet.

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Diese Verteidigungsmittel sind nicht erst nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist entstanden, sondern bereits von Anfang an dem Beklagten bekannt gewesen. Eine Erklärung, die auf fehlendes Verschulden des anwaltlich vertretenen Klägers hindeuten könnte, dem die mangelnde Substantiierung bis zur Erklärung in der Kammerverhandlung bereits durch das angefochtene Urteil deutlich vor Augen geführt wurde, hat der Beklagte nicht geliefert. Auch würde, da der Kläger bislang keine Veranlassung hatte, auf substantiierten Sachvortrag ebenso substantiiert sich zu äußern, die Berücksichtigung dieses Vorbringens die Erledigung des Rechtsstreits verzögern, weil dem Kläger eine Stellungnahmefrist eingeräumt werden müsste und dann eine Beweisaufnahme erforderlich werden würde. Der Sachvortrag des Beklagten in der mündlichen Verhandlung war daher als verspätet zurückzuweisen und konnte nicht in die Entscheidung der Kammer einfließen.

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Unstimmigkeiten bestehen nach wie vor im Sachvortrag des Beklagten. Es wird nicht erklärt, wie die Zeugin von der Höhe der Geldzahlung erfahren haben soll, es wird die Differenz zwischen den abgerechneten und den behauptet bezahlten Summen nicht erklärt, ebenso wenig, weshalb Ende Oktober schon die Abrechnung für Oktober und November vorliegen sollte.

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Dass der Kläger unter Umständen gegenüber Dritten erklärt hat, er habe vom Beklagten Geld erhalten, ersetzt nicht den vom Beklagten zu erbringenden Vollbeweis über die Erfüllung der geltend gemachten Lohnforderung.

33

Der Anspruch des Klägers ist daher nicht durch Erfüllung erloschen.

34

Die Zinsforderung folgt § 288 Abs. 1 BGB.

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Weil das arbeitsgerichtliche Urteil im Ergebnis zutreffend ist, war die Berufung des Beklagten mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

36

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

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