Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (8. Kammer) - 8 Sa 362/12

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20.06.2012 - AZ: 12 Ca 301/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist und dieses ggfls. fortbesteht.

2

Der Kläger war seit dem 01.06.1979 bei der Fa. R. Raumsysteme GmbH & Co. KG, einem Tochterunternehmen der Beklagten, zuletzt als Betriebsbuchhalter beschäftigt. Unter dem 13.06.2007 schloss der Kläger mit der Firma R Raumsysteme GmbH & Co. KG einen Aufhebungsvertrag, hinsichtlich dessen Inhalts im Einzelnen auf Bl. 15. d. A. Bezug genommen wird. Gemäß Ziffer 1. des Aufhebungsvertrages endete das Arbeitsverhältnis zum Ablauf des 31.12.2011. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde der Kläger gemäß den Ziffern 2. und 3. des Aufhebungsvertrages unter Fortzahlung seiner monatlichen Bruttovergütung widerruflich von der Arbeit freigestellt. Für den Verlust des Arbeitsplatzes vereinbarten die Vertragsparteien unter Ziffer 4. der Vereinbarung die Zahlung einer Abfindung in Höhe von 130.000 Euro.

3

Mit der Meldebescheinigung zur Sozialversicherung vom 19.06.2007 meldete die Beklagte den Kläger rückwirkend zum 01.06.2007 als sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in der Sozialversicherung an. Die ebenfalls am 19.06.2007 von der Beklagten erstellte Gehaltsabrechnung für Juni 2007 enthielt die im Aufhebungsvertrag vereinbarte Abfindungszahlung sowie das Gehalt für Juni 2007; sie weist zudem als Arbeitgeber die Beklagte und als Eintrittsdatum des Klägers den 01.06.2007 aus. In der Folgezeit zahlte die Beklagte bis einschließlich Dezember 2011 an den Kläger dessen Arbeitsvergütung und führte für diesen sowohl Lohnsteuer als auch Sozialabgaben ab.

4

Der Kläger, der die Ansicht vertritt, zwischen ihm und der Beklagten bestehe seit dem 01.06.2007 ein Arbeitsverhältnis, hat beantragt,

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1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen seines Arbeitsverhältnisses mit einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von € 4.086,92 als Buchhalter weiter zu beschäftigen;

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2. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zu unveränderten Bedingungen über den 31.12.2011 fortbesteht;

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3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch eine unter dem 13.06.2007 zwischen dem Kläger und der Firma R Raumsysteme GmbH & Co. KG geschlossene Aufhebungsvereinbarung beendet worden ist;

8

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

10

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20.06.2012 (Bl. 83-86 d. A.).

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 20.06.2012 insgesamt abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 6-10 dieses Urteils (Bl. 86-90 d. A.) verwiesen.

12

Gegen das ihm am 12.07.2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.08.2012 Berufung eingelegt und diese am 06.09.2012 begründet.

13

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts bestehe zwischen ihm und der Beklagten seit dem 01.06.2007 ein Arbeitsverhältnis. Das Verhalten der Beklagten, ihn ab dem 01.06.2007 sozialversicherungsrechtlich anzumelden, ihm die monatliche Vergütung auszuzahlen, die Sozialabgaben und die Lohnsteuer abzuführen, seine Personalakte zu führen, ihm eine Personalnummer zuzuweisen und ihm als Ansprechpartner in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten zur Verfügung zu stehen, sei als Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrages anzusehen. Dieses Angebot habe er angenommen, indem er von der Beklagten seine monatliche Arbeitsvergütung entgegengenommen und die Beklagte als seinen Ansprechpartner in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten akzeptiert habe. Damit sei durch konkludentes Verhalten ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen. Gerade dadurch, dass er die Zahlung des Nettogehaltes, die Anmeldung bei der Sozialversicherung und dem Finanzamt, das Abführen von Sozialabgaben und Lohnsteuer durch die Beklagte akzeptiert habe, habe er zum Ausdruck gebracht, dass er damit einverstanden sei, dass ein Arbeitsverhältnis nunmehr mit der Beklagten bestehe. Es habe seinem Willen entsprochen, dass die Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis mit der Firma R Raumsysteme GmbH & Co. KG erfüllt würden, und zwar durch seinen Arbeitgeber, der ab 01.06.2007 zumindest auch die Beklagte gewesen sei. Ähnlich wie bei einem Betriebsübergang sei durch konkludentes Verhalten ein Rechtsgeschäft zwischen Betriebsübergeber und Betriebsübernehmer zustande gekommen, was den rechtsgeschäftlichen Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte zur Folge gehabt habe. Zumindest folge das Zustandekommen zwischen ihm und der Beklagten aus den Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Auf den Umstand, dass er keine Arbeitsleistung für die Beklagte erbracht habe, komme es nicht an. Insoweit sei es vielmehr ausreichend, dass er sich zu etwaigen Arbeitsleistungen/Beratungsleistungen habe bereit halten müssen.

14

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf dessen Berufungsbegründungsschrift vom 06.09.2012 (Bl. 124-131 d. A.) sowie auf den Schriftsatz des Klägers vom 03.12.2012 (Bl. 145-149 d. A.) Bezug genommen.

15

Der Kläger beantragt,

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das erstinstanzliche Urteil abzuändern und

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1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen Bedingungen seines Arbeitsverhältnisses mit einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von € 4.086,92 als Buchhalter weiter zu beschäftigen;

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2. hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zu unveränderten Bedingungen über den 31.12.2011 fortbesteht;

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3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch eine unter dem 13.06.2007 zwischen dem Kläger und der Firma R Raumsysteme GmbH & Co. KG geschlossene Aufhebungsvereinbarung beendet worden ist;

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

22

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 21.09.2012 (Bl. 133-138 d. A.), auf die Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

I.

23

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das somit insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr sowohl im Ergebnis zu Recht als auch mit zutreffender Begründung abgewiesen.

II.

24

1. Die Klage ist bereits deshalb insgesamt unbegründet, weil zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist. Das Berufungsgericht folgt den ausführlichen und sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener vollständiger Entscheidungsgründe wird daher abgesehen. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers besteht lediglich Anlass zu folgenden ergänzenden Klarstellungen:

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a) Unstreitig haben die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung, den Abschluss eines Arbeitsvertrages betreffend, getroffen. Zwar kann ein Arbeitsverhältnis auch konkludent, d. h. durch schlüssiges Verhalten zustande kommen. Dies ist im Streitfall jedoch nicht geschehen. Insoweit fehlt es bereits an einer, wenn auch nur konkludent zustande gekommenen Einigung betreffend die Erbringung einer Arbeitsleistung durch den Kläger.

26

Der Kläger hat unstreitig keinerlei Tätigkeiten für die Beklagte entfaltet. Diese hat ihn auch niemals zur Arbeitsleistung aufgefordert. Eine (konkludente) Einigung über die Erbringung einer Arbeitsleistung ist daher nicht existent.

27

Entgegen der Ansicht des Klägers spricht der Umstand, dass die Beklagte nach Abschluss des zwischen ihm und der Tochtergesellschaft der Beklagten, der Fa. R Raumsysteme GmbH & Co. KG, geschlossenen Aufhebungsvertrages sowohl die vereinbarte Abfindungssumme gezahlt als auch die Gehaltszahlungen erbracht hat, nicht für das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses. Die Beklagte war zu diesen Zahlungen dem Kläger gegenüber nicht verpflichtet. Für diesen war auch ohne Weiteres erkennbar, dass die Beklagte ihm gegenüber nicht eigene Zahlungsverpflichtungen, sondern diejenigen ihres Tochterunternehmens erfüllen wollte.

28

Auch aus dem Umstand, dass die Beklage den Kläger bei der Sozialversicherung angemeldet sowie Steuern und Sozialabgaben abgeführt hat, ergibt sich nichts anderes. Im Hinblick auf die Gehaltszahlungen an den Kläger, die dieser durchweg unbeanstandet entgegengenommen hat, verhielt sich die Beklagte lediglich konsequent, indem sie ihn "formal" bei sich anmeldete und sowohl Sozialabgaben als auch Steuern abführte. Ebenso folgerichtig, aber keineswegs für das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses sprechend, war es demnach auch, dass dem Kläger in Personalangelegenheiten (z. B. Lohnsteuer, vermögenswirksame Leistungen) ein Ansprechpartner auf Seiten der Beklagten zur Verfügung stand.

29

b) Ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten gilt auch nicht gemäß § 10 Abs. 1 AÜG als zustande gekommen. Es sind keinerlei Tatsachen vorgetragen oder ersichtlich, dass die Fa. R Raumsysteme GmbH & Co. KG der Beklagten den Kläger zur Arbeitsleistung überlassen hat.

30

2. Aber selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass die Beklagte ihre Leistungen an den Kläger nicht - wovon jedoch auszugehen ist - lediglich aufgrund einer mit ihrem Tochterunternehmen vereinbarten Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB) erbracht hat, sondern dass im Wege einer Vertragsübernahme nach Abschluss des Aufhebungsvertrages ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zustande gekommen ist, erweist sich die Klage als unbegründet. Ein solches, durch Vertragsübernahme begründetes Arbeitsverhältnis der Parteien hätte nämlich nach Maßgabe des zwischen dem Kläger und dem Tochterunternehmen der Beklagten geschlossenen Aufhebungsvertrages zum 31.12.2011 geendet.

31

Zwar kann ein Arbeitsverhältnis durch einen dreiseitigen Vertrag übertragen werden. Eine solche Übertragung eines Arbeitsverhältnisses als Ganzes ist jedoch nur möglich, wenn das Arbeitsverhältnis unverändert bleibt. Die Übertragung des Arbeitsverhältnisses auf einen neuen Arbeitgeber ist formlos möglich. Dies gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis oder in seinem Rahmen vereinbarte vertragliche Bedingungen einer Formvorschrift unterliegen. Dadurch, dass die ursprünglichen Parteien des Arbeitsverhältnisses die erforderlichen Formvorschriften beachtet haben, ist dem vom Gesetzgeber gewollten Zweck, nämlich der Warn- und Beweisfunktion der Formvorschrift, genüge getan. Die Vertragsübernahme lässt den Inhalt der von den Ursprungspartnern formgerecht vereinbarten Rechte und Pflichten unberührt und führt lediglich zu einem Austausch der Arbeitgeber (BAG v. 24.10.1972 - 3 AZR 102/72 - AP Nr. 31 zu § 74 HGB).

32

Geht man also mit dem Kläger davon aus, sein ursprünglich mit der Firma R Raumsysteme GmbH & Co. begründetes Arbeitsverhältnis sei als Ganzes auf die Beklagte als neuen Arbeitgeber übertragen worden, so gelten die im Aufhebungsvertrag vom 13.06.2007 getroffenen Vereinbarungen einschließlich der zum 31.12.2011 vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses fort. Einer Wiederholung der Formvorschrift des § 623 BGB bedurfte es - wie bereits ausgeführt - nicht.

III.

33

Die Berufung des Klägers war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

34

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72a ArbGG), wird hingewiesen.

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