Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (7. Kammer) - 7 Ta 78/15
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24. Februar 2015 - Az. 12 Ca 2461/14 - unter Zurückweisung der Beschwerde abgeändert:
Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert wird auf 6.565,40 € festgesetzt.
Gründe
I.
- 1
Die Prozessbevollmächtigten des Klägers begehren die Festsetzung eines höheren Gegenstandswertes für das Verfahren 1. Instanz.
- 2
Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren über die Entlohnung des Klägers nach dem aus seiner Sicht anzuwendenden Bundesentgelttarifvertrag für die chemische Industrie sowie die entsprechende Eingruppierung seiner Tätigkeit nach der Entgeltgruppe E 05, hilfsweise nach der Entgeltgruppe 04 sowie rückständige Ver-gütungsansprüche. Ferner begehrt der Kläger Beschäftigung zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Maschinenbediener.
- 3
Der Kläger ist gemäß Arbeitsvertrag vom 15. Januar 1980 seit dem 4. Februar 1980 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern beschäftigt. Er ist nach seinen eigenen Angaben seit 1980 Gewerkschaftsmitglied der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (im Folgenden: IG BCE). Der Arbeitsvertrag, welcher mit der Z. GmbH auf Arbeitgeberseite abgeschlossen wurde, enthält unter anderem eine tarifvertragliche Bezugnahmeklausel und die Regelung, dass eine Einstellung als Maschinenbediener erfolgt. Die damalige Arbeitgeberin war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Mitglied im Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. Mit "Personal-Veränderung" vom 15. August 2001 wurde der Kläger mit Wirkung zum 1. September 2001 von der Entgeltgruppe E03 in E04 umgruppiert.
- 4
Am 5. Februar 2014 einigten sich die Tarifparteien des Bundesarbeitgeberverbandes Chemie e.V. und der IG BCE auf eine Erhöhung der Entgelte um 3,7 %. Die Tariflohnerhöhung für den Tarifbezirk Rheinland-Pfalz sollte rückwirkend zum 1. Februar 2014 erfolgen.
- 5
Unter dem 12. Mai 2014 schlossen der Bundesarbeitgeberverband Chemie e.V. und der Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz e. V. einerseits und die IG BCE und die IG BCE, Landesbezirk Rheinland-Pfalz/Saarland, andererseits einen firmenbezogenen Verbandstarifvertrag (im Folgenden: FVTV) für die Beklagte gemäß Fußnote 1 Abs. 3 zum Manteltarifvertrag für die chemische Industrie vom 24. Juni 1992 in der Fassung vom 16. April 2008. Der FVTV sollte gemäß dessen § 6 rückwirkend ab dem 15. Dezember 2013 gelten. In dem FVTV ist unter anderem folgendes geregelt:
- 6
„§ 1 Geltungsbereich
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Dieser Tarifvertrag gilt räumlich für die C., Standort C-Stadt und das Lager in X-Stadt und persönlich für alle an diesen Standorten tariflich beschäftigten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.
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§ 3 Eingruppierung
- 9
Die für die C., Standort C-Stadt und das Lager in X-Stadt jetzt und zukünftig geltende Zuweisung der Tätigkeiten auf die im Bundesentgelttarifvertrag (BETV) definierten Entgeltgruppen ergibt sich aus der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur vom 12.05.2014 zwischen dem Betriebsrat und der C., Standort C-Stadt.
- 10
§ 4 Entgelthöhe
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(1) Es wird vereinbart, dass für die Beschäftigten im Sinne des § 1 dieses firmenbezogenen Verbandstarifvertrages ein um 9 % abgesenkter Tarif zur Anwendung kommt.
- 12
(2) Ausgehend von diesem abgesenkten Tarif werden zukünftige, zwischen dem BAVC und der IG BCE vereinbarte Tariferhöhungen ohne Anrechnung sonstiger tarifliche Entgeltbestandteile berechnet und weitergegeben.
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(3) Zur Regelung der Überleitung der jetzigen Entgelte auf die abgesenkten Entgelte wird ein zusätzlicher Überleitungstarifvertrag abgeschlossen.“
- 14
An demselben Tag schlossen die Beklagte und die IG BCE zur weiteren Ergänzung einen Überleitungstarifvertrag (im Folgenden: Ü-TV) mit Wirkung zum 15. Dezember 2013. Dort heißt es auszugsweise:
- 15
„§ 2 Überleitung der Entgelte
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(1) Zur Überführung des bisherigen Entgeltes auf das neue Entgelt wird eine nicht tarifdynamisierte Besitzstandszulage gebildet.
- 17
(2) Die Besitzstandszulage setzt sich aus den Beträgen zusammen, die sich zum einen aus der neuen Entgeltgruppe gemäß § 3 des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages vom 12.05.2014 i. V. m. der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur vom 12.05.2014 („Abschmelzungsbetrag I“) ergibt und zum anderen aus der Absenkung des Entgelts nach § 4 des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages vom 12.05.2014 („Abschmelzungsbetrag II“).
- 18
(3) Bei der Absenkung des Entgelts nach § 4 des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages vom 12.05.2014 („Abschmelzungsbetrag II“) ist die ab dem 01.02.2014 vereinbarte Tarifsteigerung um 3,7 % bereits zu berücksichtigen, so dass aus zukünftigen Tarifsteigerungen maximal noch 5,3 % nicht zur Anwendung kommen. Bei künftigen Tariferhöhungen wird die Steigerung des Tarifentgelts gegen die Besitzstandszulage gerechnet.
- 19
(4) Die Abschmelzung der Besitzstandszulage aus Abs. 2 erfolgt in folgenden Schritten:
- 20
1. Abschmelzung der Besitzstandszulage um maximal € 150,00 zum 01.06. 2014,
2. weitere Abschmelzung der Besitzstandszulage um maximal € 100,00 zum 01.04.2015,
3. weitere Abschmelzungen der Besitzstandszulage um maximal € 100,00 jeweils zum 01.04. der jeweiligen Folgejahre bis die Besitzstandszulage komplett aufgebracht ist.
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(5) Höhergruppierungen und Höherstufungen jenseits der Veränderungen aus der Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur vom 12.05.2014, die im Zeitraum der Abschmelzung vorgenommen werden, bleiben von der Abschmelzung unberührt.“
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Zur Anpassung der Eingruppierung der Mitarbeiter der Beklagten schlossen die Beklagte und der Betriebsrat der Beklagten am 30. Juni 2014 mit Wirkung zum 12. Mai 2014 eine Betriebsvereinbarung über eine Eingruppierungsrichtlinie und die Überleitung auf die neue Entgeltstruktur (im Folgenden: BV) ab.
- 23
Die Beklagte informierte den Kläger mit Schreiben vom 20. Mai 2014 über die Geltung des neuen firmenbezogenen Tarifvertrages. Dem Schreiben waren individuelle Vertragsergänzungsangebote zur Eingruppierung entsprechend der Betriebsvereinbarung zur Eingruppierungsrichtlinie sowie zur Geltung des neuen Tarifvertrages beigefügt. Danach sollte der Kläger ab dem 1. Juni 2014 in der Funktion als Mitarbeiter Ver- und Entsorgung unter Zugrundelegung der Entgeltgruppe 03 beschäftigt werden. Die Vertragsangebote unterschrieb er nicht.
- 24
Der Kläger erzielte bislang ein Tarifentgelt in Höhe von 2.505,00 € brutto ent-sprechend der Entgeltgruppe E 04. Die seit dem 1. Februar 2014 geltende Tariflohnerhöhung von 3,7 % zahlte die Beklagte bislang nicht aus. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers im Mai 2014 betrug ausweislich der Lohnabrechnung inklusive ggfs. anfallender Zuschläge 2.815,28 €.
- 25
Der Kläger verlangt im Ausgangsverfahren die Vergütung nach der Entgeltgruppe E05, hilfsweise E04, macht ferner Entgeltdifferenzen aufgrund der an ihn nicht weitergegebenen Tariflohnerhöhung mit Wirkung zum 1. Februar 2014 geltend und begehrt die Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen als Maschinenbediener. Er hat im Ausgangsverfahren erstinstanzlich zuletzt beantragt,
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1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger auch über den 1. Juni 2014 hinaus nach Entgeltgruppe E05 des jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie, zuletzt des Bundesentgelt-tarifvertrages für die chemische Industrie West vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag, zu vergüten,
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hilfsweise
- 28
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger auch über den 1. Juni 2014 hinaus nach Entgeltgruppe E04 des jeweils einschlägigen Entgelttarifvertrages für die chemische Industrie West vom 18. Juli 1987 in der Fassung vom 30. September 2004 in Verbindung mit dem für das Land Rheinland-Pfalz geltenden bezirklichen Entgelttarifvertrag, zu vergüten,
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2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 103,87 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. März 2014, weitere 101,27 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2014, weitere 100,98 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Mai 2014 sowie weitere 104,17 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2014 zu zahlen,
- 30
3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Maschinenbediener zu beschäftigen.
- 31
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. Dezember 2014 abgewiesen und in Ziffer 3 des Urteils den "Wert des Streitgegenstandes" auf 6.565,40 € festgesetzt. Insoweit hat es zur Begründung ausgeführt, die Festsetzung des Streitwertes beruhe auf den §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, 42 Abs. 2 GKG, 3 ff. ZPO. Hierbei sei die Kammer hinsichtlich des Eingruppierungsfeststellungsantrags von einer monatlichen Differenz zwischen der von dem Kläger begehrten Vergütung und seiner jetzigen ausgegangen, die die Klägerseite - wie sich aus dem Antrag zu 2 ergebe - mit zuletzt 104,17 € ansetze, und habe diesen Betrag mit 36 multipliziert. Darin seien die für die Vergangenheit geltend gemachten konkreten Zahlungsdifferenzen gemäß dem Klageantrag zu 2. bereits berücksichtigt. Diese seien daher nicht gesondert zu berücksichtigen. Der mit dem Antrag zu 3 verlangte Beschäftigungsanspruch entspreche einem Bruttomonatsgehalt des Klägers.
- 32
Unter dem 5. Februar 2015 hat das Arbeitsgericht dem Kläger und seinen Prozessbevollmächtigten auf deren Antrag auf Gegenstandswertfestsetzung nach § 63 Abs. 2 GKG mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Gegenstandswert auf 6.565,40 € festzusetzen. Es gehe um den wirtschaftlichen Nachteil, den die Klägerseite durch die aus ihrer Sicht fehlerhafte Eingruppierung erleide. Etwaige gewährte Besitzstandszulagen zugunsten der Klägerseite seien demzufolge in voller Höhe zu berücksichtigen. Die Klägerseite habe ihrem Zahlungsantrag die tatsächlichen Differenzbeträge zugrunde gelegt und auf diese Weise ihren wirtschaftlichen Nachteil berechnet. Hieran müsse sich die Klägerseite auch festhalten lassen. Soweit die gewährte Besitzstandszulage durch weitere Lohnerhöhungen im Laufe der Jahre abschmelze, könne auch dies nicht zu einer anderen Beurteilung führen. Zukünftige etwaige Lohnerhöhungen würden bei der Berechnung des Unterschiedsbetrags nicht berücksichtigt.
- 33
Mit Schriftsatz vom 17. Februar 2015 haben die Prozessbevollmächtigen des Klägers "namens und in Vollmacht des Klägers" sodann beantragt, den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren vor dem Arbeitsgericht Koblenz auf 13.064,12 € festzusetzen und zur Begründung ausgeführt, richtigerweise sei der Differenzbetrag zwischen der gewährten und der begehrten Eingruppierung in Höhe von monatlich 284,69 € als Streitwert maßgeblich. Die derzeit noch gewährte Besitzstandszulage, die nach § 2 Ü-TV im Laufe der Zeit vollumfänglich entfalle, dürfe nicht berücksichtigt werden. Es sei bereits vor diesem Hintergrund höchst fraglich, ob es sich hierbei um einen Entgeltbestandteil im normativen Sinn handele. Auch aktuell noch gewährte Zulagen seien nicht zu berücksichtigen. Der Klageantrag unter Ziffer 3 sei mit einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.815,28 € in Ansatz zu bringen.
- 34
Durch Beschluss vom 24. Februar 2015 hat das Arbeitsgericht sodann den „Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers auf 6.565,40 € für das Verfahren festgesetzt.“
- 35
Gegen diesen dem Kläger per Zustellungsurkunde am 5. März 2015 und den Klägervertretern per Empfangsbekenntnis am gleichen Tag zugestellten Beschluss legten die Klägervertreter mit am 16. März 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 11. März 2015 „kraft eigenen Rechts“ Beschwerde ein. Sie haben zur Begründung ausgeführt, richtigerweise sei der monatliche Differenzbetrag zwischen der gewährten und der begehrten Eingruppierung als Streitwert zugrunde zu legen und nicht lediglich der monatliche Fehlbetrag.
- 36
Mit Beschluss vom 7. April 2015 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde “der Klägerseite“ nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ergänzend auf die Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz vom 25. Juli 2007 – 1 Ta 179/07 – zitiert nach juris) verwiesen.
- 37
Im Beschwerdeverfahren haben die Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 27. April 2015 (Bl. 548 ff. d. A.) und die Klägervertreter mit Schriftsatz vom 29. April 2015 (Bl. 552 ff. d. A.), auf die jeweils ergänzend Bezug genommen wird, Stellung genommen.
- 38
Die Beklagtenvertreter verteidigen den Beschluss des Arbeitsgerichts. Sie führen aus, bei der gewährten Vergütung sei nicht lediglich das Einkommen nach der Entgeltgruppe zu berücksichtigen, sondern auch weitere Leistungen. Die Besitzstandszulage sei im vorliegenden Fall zu berücksichtigen. Dabei sei völlig unerheblich, dass diese Zulage in der Zukunft entfalle. Dieses Ergebnis decke sich auch mit dem Sinn und Zweck des § 42 Abs. 2 S. 2 GKG. Nach dieser Vorschrift solle sich der Streitwert allein danach richten, was das wirtschaftliche Interesse des Klägers zum Zeitpunkt der Klageerhebung darstelle. Das wirtschaftliche Interesse bestehe aus der Differenz des angewiesenen Entgelts und dem Entgelt, das verlangt werde. Ungewisse Veränderungen in der Zukunft könnten hier keine Rolle spielen, da der Regelung des § 42 GKG ein Prognoseprinzip unbekannt sei.
- 39
Die Klägervertreter sind der Ansicht, die der vorliegenden und der Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz vom 25. Juli 2007 zugrunde liegenden Sachverhalte seien nicht vergleichbar. Das LAG sei in dem zitierten Verfahren zunächst davon ausgegangen, dass es keine Vergütungsdifferenz gebe und habe daher den Gegenstandswert nach freiem Ermessen bestimmt.
II.
- 40
Die Beschwerde ist zulässig, aber hinsichtlich der Höhe des festgesetzten Gegenstandswertes unbegründet.
- 41
1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft (§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 68 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 63 Abs. 3 S. 2 GKG), der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 €. Da das erstinstanzliche Verfahren durch Urteil beendet wurde, fielen Gerichtsgebühren gemäß Nr. 8210 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG an. Es war daher auf Antrag gemäß § 63 Abs. 2 S. 2 GKG der Wert für die Gerichtsgebühren festzusetzen, der über § 32 Abs. 1 RVG auch für die Anwaltsgebühren verbindlich ist. Es kann dahinstehen, ob eine derartige Festsetzung vom Arbeitsgericht mit dem angefochtenen Beschluss beabsichtigt war. Ob eine Wertfestsetzung nach § 68 GKG bzw. § 33 RVG zu erfolgen hat, richtet sich allein danach, ob im Zeitpunkt der Wertfestsetzung Gerichtsgebühren angefallen sind (LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 7. Juli 2014 - 6 Ta 105/14, Schwab/Maatje, NZA 2011, 769, 771).
- 42
2. Die Beschwerde war jedoch in der Sache nicht erfolgreich. Der Gegenstandswert für die Gerichtsgebühren war auf 6.565,40 € festzusetzen.
- 43
a) Gemäß § 42 Abs. 2 S. 2 GKG ist für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über Eingruppierungen "der Wert des dreijährigen Unterschiedsbetrags zur begehrten Vergütung maßgebend, sofern nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen ge-ringer ist".
- 44
b) Das Gesetz stellt in § 42 Abs. 2 S. 2 GKG ausdrücklich auf die „begehrte Vergütung“ ab, nicht auf die begehrte Vergütungsgruppe oder die Grundvergütung. Korrespondierend dazu spricht § 42 Abs. 2 S. 2 GKG vom "Gesamtbetrag der geforderten Leistungen", § 42 Abs. 3 S. 1 GKG von den "bei Einreichung der Klage fälligen" Beträgen. So ist das Landesarbeitsgericht bereits in seinem Beschluss vom 25. Juli 2007 (1 Ta 179/07 - NZA-RR 2007, 604, 605) davon ausgegangen, dass nicht abstrakt auf die Differenz der Vergütungsgruppen abgestellt werden kann, sondern entscheidend die damit verbundene Änderung des tatsächlichen Monatseinkommen ist. (Nur) wenn eine solche Änderung nicht gegeben ist, soll der Gegenstandswert nach freiem Ermessen zu ermitteln sein.
- 45
Wie bei Kündigungsschutzstreitigkeiten ist daher, wenn - wie im vorliegenden Fall - bereits eine tatsächliche Vergütungsdifferenz vorliegt, von dem entsprechenden Bruttobetrag auszugehen. Zum Begriff der Vergütung zählen (nur) Leistungen mit Entgeltcharakter, die der Arbeitnehmer bei Ob-siegen zusätzlich zum bisherigen Entgelt fordern kann (Schwab/Weth, ArbGG, 4. Aufl. 2015, § 12 Rn. 194).
- 46
c) Auch die dem Kläger - zunächst - gewährte Ausgleichszulage ist als "Vergütung" im Sinn des § 42 Abs. 2 S. 2 GKG anzusehen. Auch sie erhält der Arbeitnehmer als Entgelt für seine Arbeitsleistung.
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d) Da für die Bemessung des Gegenstandswerts auf den dreijährigen Differenzbetrag abzustellen ist, sind bei regelmäßigem Verlauf eintretende Vergütungsänderungen innerhalb dieses Dreijahreszeitraumes zu berücksichtigen. Grundsätzlich ist daher auch ein Abschmelzen von Besitzstandszulagen innerhalb dieses Zeitraums zu berücksichtigen. Dies kann jedoch nur dann gelten, wenn diese im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung bereits feststehen.
- 48
Im vorliegenden Fall kam - unter Berücksichtigung dieser Grundsätze - keine Streitwerterhöhung aufgrund der nach § 4 Abs. 3, 4 Ü-TV möglichen Abschmelzungen der Besitzstandszulage in Betracht.
- 49
Die Abschmelzung der Besitzstandszulage um maximal € 150,00 zum 1. Juni 2014 ist in den zugrunde gelegten Differenzbeträgen bereits enthalten. Weitere Abschmelzungen standen und stehen noch nicht fest. Sie sind davon abhängig, dass es künftige Tariferhöhungen geben wird, bei denen die Steigerung des Tarifentgelts gegen die Besitzstandszulage gerechnet wird, § 2 Abs. 3 S. 2 Ü-TV. Auch die Höhe des jeweils möglichen Abschmelzungsbetrags ist im Ü-TV nur mit ihrem Höchstbetrag festgelegt.
- 50
e) Ein Abschlag war nicht vorzunehmen, auch wenn der Eingruppierungsrechtsstreit im Wege einer Feststellungsklage geführt wurde (vgl. LAG Berlin, Urteil vom 7. Dezember 1987 – 9 Sa 92/87 – BeckRS 1987, 30454585). Denn Eingruppierungsstreitigkeiten im Sinne von § 42 Abs. 4 Satz 2 GKG werden regelmäßig als Feststellungsklagen geführt. Daneben ergibt sich, dass Rechtsstreitigkeiten über Eingruppierungen ausdrücklich neben Rechtsstreitigkeiten über wiederkehrende Leistungen im Gesetz erwähnt werden. Die gesetzliche Regelung ist deshalb im Sinne einer abschließenden Bewertung der Eingruppierungsklagen zu verstehen. Auch die Eingruppierungsfeststellungsklage hat letztlich den Charakter einer Statusklage. Von ihr können nicht nur Vergütungsansprüche, sondern auch andere arbeitsrechtliche Folgen abhängen, wie beispielsweise die Möglichkeit des Bewährungsaufstiegs und der Anspruch auf Ortszuschläge, Stellenzulagen sowie Reisevergütungen (LAG Düsseldorf, Beschluss vom 13. Dezember 2007 – 6 Ta 641/07 – BeckRS 2008, 50290; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 8. Aufl. 2013, § 12 Rn. 136; ErfK/Koch, 15. Aufl. 2015, § 12 ArbGG Rn. 19; Mayer in Mayer/Kroiß, RVG, 6. Aufl. 2013, II. Rn. 14 m. w. N.).
- 51
f) Hinsichtlich der hilfsweise geltend gemachten Eingruppierung richtet sich die Streitwertfestsetzung nach § 42 Abs. 2 S. 2 GKG unter Berücksichtigung der Regelung in § 45 Abs. 1 S. 2 und 3 GKG. Da der Streitwert des Hauptantrags bereits die Vergütungsdifferenzen, die von dem Hilfsantrag erfasst werden, beinhaltet, findet die Regelung des § 45 Abs. 1 S. 3 GKG entsprechende Anwendung. Maßgeblich ist danach nur der höhere Streitwert, also der des Hauptantrags (LAG Brandenburg, Beschluss vom 1. September 2000 – 6 Ta 70/00 - JurionRS 2000, 10632; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 8. Aufl. 2013, § 12 Rn. 138).
- 52
g) Die mit dem Klageantrag zu 2. vom Kläger geltend gemachten Differenzen sind gemäß § 42 Abs. 3 S. 1 GKG nicht gesondert zu berücksichtigen.
- 53
h) Der Klageantrag zu 3. war zusätzlich mit einem Bruttomonatsgehalt zu berücksichtigen (vgl. Ziffer 12 des Streitwertkatalogs Juli 2014).
III.
- 54
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei (§ 68 Abs. 3 S. 1 GKG). Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 S. 2 GKG).
IV.
- 55
Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nicht gegeben (§§ 68 Abs. 1 S. 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG). Dieser Beschluss ist daher unanfechtbar.
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