Beschluss vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (2. Kammer) - 2 TaBV 28/14

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Tenor

I. Die Beschwerde des zu 2) beteiligten Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 10.09.2014 - 10 BV 10/14 - wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der im Betrieb der zu 1) beteiligten Arbeitgeberin am 04. und 05. März 2014 durchgeführten Betriebsratswahl, aus der der zu 2) beteiligte Betriebsrat hervorging.

2

Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt als Verkehrsunternehmen Busse und Straßenbahnen in A-Stadt und Umgebung. Auf den ihr gehörenden Fahrzeugen werden auch Fahrer ihrer Tochtergesellschaften A-Stadt V.-Service GmbH und Bus A-Stadt GmbH eingesetzt. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Mitarbeiter der V. und B. in den Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert und deshalb als Leiharbeitnehmer anzusehen sind. Seit dem Jahr 2002 werden bei der Arbeitgeberin ausscheidende Mitarbeiter des Fahrpersonals nicht durch arbeitsvertraglich an sie angebundene neu eingestellte Mitarbeiter ersetzt.

3

Zur Erstellung der Wählerliste für die Betriebsratswahl 2014 bat der Wahlvorstand mit Schreiben vom 06. Dezember 2013 (Bl. 145 - 147 d. A.) die Arbeitgeberin um Übergabe der darin abgefragten tabellarischen Aufstellungen der Arbeitnehmer(gruppen) mit den jeweils bezeichneten Angaben; wegen der Einzelheiten der erbetenen Informationen wird auf das Schreiben des Wahlvorstands vom 06. Dezember 2013 verwiesen. Daraufhin überließ die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 (Bl. 150 d. A.) dem Wahlvorstand eine von ihr erstellte Liste (Stand: 01. Januar 2014), in der als "Mitarbeiter über 18 männlich" 334 Personen, "Mitarbeiter über 18 weiblich" 49 Personen, "Mitarbeiter unter 18 männlich" 5 Personen, "Leitende Angestellte männlich und weiblich" 5 Personen, "Mitarbeiter Altersteilzeit Freizeitphase - männlich und weiblich" 10 Personen sowie "Mitarbeiter AÜ männlich" 1 Person (Leiharbeitnehmer P. C.) namentlich mit Angabe des Geschlechtes und des Geburtsdatums aufgeführt waren. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2013 (Bl. 148, 149 d. A.) bat der Wahlvorstand um weitere Angaben (Datum des Eintritts in das Unternehmen; Befristet beschäftigt bis bzw. Austritt am; Betriebsteil; Organisationsbereich/Beschäftigungsart; Angabe der voraussichtlich am Wahltag nicht im Betrieb anwesenden Arbeitnehmer sowie deren Postanschrift zur Zusendung der Briefwahlunterlagen). Mit Schreiben vom 03. Januar 2014 (Bl. 151 d. A.) verwies die Arbeitgeberin darauf, dass sie alle erforderlichen Daten zum Stichtag 01. Januar 2014 zur Verfügung gestellt habe und sie ergänzend eine Liste der Mitarbeiter (Bl. 267 d. A.) beifüge, die zum Zeitpunkt der Wahl noch keine sechs Monate im Betrieb seien.

4

Auf ein zunächst vom Wahlvorstand erstelltes Wahlausschreiben vom 13. Januar 2014 wies die Arbeitgeberin den Wahlvorstand mit Schreiben vom 16. Januar 2014 (Bl. 152, 153 d. A.) auf Folgendes hin:

5

Wahlausschreiben vom 13.01.2014

6

Sehr geehrter Herr C.,
sehr geehrte Damen und Herren,

7

gemäß § 2 Absatz 2 Wahlordnung gilt, dass der Arbeitgeber dem Wahlvorstand alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen hat und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen hat. Er hat den Wahlvorstand insbesondere bei Feststellung der in § 5 Abs. 3 des Gesetzes genannten Personen zu unterstützen.

8

Wir haben Ihnen daher mit Schreiben vom 23.12.2013 und 03.01.2014 alle erforderlichen Unterlagen zur Ermittlung der Zahl der Betriebsratsmitglieder gemäß § 9 BetrVG zur Verfügung gestellt.

9

Auch wenn durch das Gesetz für die Betriebsratsgröße allgemein auf die Zahl der regelmäßig im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer abstellt, sind weder die in § 5 Absatz 2 BetrVG genannten Personen noch die leitenden Angestellten nach § 5 Absatz 3 BetrVG bei der Betriebsratsgröße mitzuzählen. Bei der A. sind zum Stichtag 01.01.2014 insgesamt zwei Geschäftsführer und drei Prokuristen beschäftigt.

10

Arbeitnehmer, die sich für die Altersteilzeit im Blockmodell entschieden haben, bleiben wegen fehlender Betriebszugehörigkeit in der Freizeitphase unberücksichtigt (BAG-Urteil 7 ABR 53/02 vom 16.04.2003), da sie mit Beginn der Freizeitphase aus dem Betrieb ausscheiden.

11

Bei der A. sind zum Stichtag 01.01.2014 insgesamt 10 Arbeitnehmer in der Altersteilzeitfreizeitphase.

12

Konzernarbeitnehmer, die im Wege der Konzernleihe vorrübergehend einem anderen Konzernunternehmen zur Arbeitsleistung überlassen werden, zählen nur dann mit, wenn sie regelmäßig beschäftigt werden. Hinzu kommt, dass Leiharbeitnehmer nicht in einer arbeitsvertraglichen Beziehung zu dem Entleiher stehen. Die Voraussetzung ist somit nicht erfüllt.

13

Bei der A. ist zum Stichtag 01.01.2014 ein Arbeitnehmer befristet bis 31.03.2014 ausgeliehen, der Arbeitsplatz wird nur vorübergehend benötigt.

14

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien beschäftigt die A. zum Stichtag 01.01.2014 insgesamt 388 Arbeitnehmer.

15

Daraus resultiert eine Betriebsratsgröße von neun Mitgliedern.

16

Maßgebend für die anstehende Betriebsratswahl ist die Zahl der in der Regel tätigen Arbeitnehmer. Der Wahlvorstand hat bei der Ermittlung der für die Betriebsratsgröße maßgeblichen Arbeitnehmerzahl zwar einen Rückblick auf die Vergangenheit zu werfen, jedoch kommt der vergangenen Entwicklung also nur eine nachgeordnete Bedeutung zu, da der Betriebsrat für die Zukunft gewählt wird. Ebenso hat der Wahlvorstand auch die künftige, auf Grund konkreter Entscheidung des Arbeitgebers zu erwartende Entwicklung des Beschäftigungsstandes des Betriebes zu berücksichtigen (Urteil BAG 16.04.2003). So werden seit dem Jahr 2002 ausscheidende Fahrbedienstete nicht mehr ersetzt. Bei der A. scheiden im Kalenderjahr 2014 ca. 5 Fahrbedienstete in Folge der Inanspruchnahme von Altersrente aus. Im weiteren Verlauf der Wahlperiode, also die Jahre 2015 bis 2018 scheiden ca. 50 weitere Fahrbedienstete aus.

17

Dem maßgeblichen Schwellenwert von 400 Beschäftigten, für die Rechtfertigung einer Betriebsratsgröße von 11 Mitgliedern, wird sich folglich in der nahen Zukunft immer weiter entfernt.

18

Gemäß § 24 Absatz 2WO erhalten Wahlberechtigte, von denen dem Wahlvorstand bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl nach der Eigenart ihres Beschäftigungsverhältnisses voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden, automatisch die schriftlichen Wahlunterlagen zugeschickt. Dies ist für unsere Fahrbediensteten, welche auf Grund des Schichtturnus an beiden Wahltagen nicht im Betrieb sein werden, von maßgeblicher Bedeutung.

19

Im Rahmen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit machen wir den Wahlvorstand rechtzeitig auf die nach unserem Ermessen heilbaren Mängel im Wahlausschreiben aufmerksam.

20

Wir bitten um entsprechende Prüfung sowie Stellungnahme zu unserer Rechtsauffassung bis 23.01.2014.

21

Für ein persönliches Gespräch stehen wir gerne zur Verfügung.

22

Sodann erließ der Wahlvorstand am 16. Januar 2014 das zuletzt erstellte Wahlausschreiben (Bl. 330, 331 d. A.), in dem es u. a. heißt:

23

ACHTUNG neues Wahlausschreiben

24

Aushang am 16.01.2014 um 12:00 Uhr
Ende des Aushangs am 05.03.2014 um 14:00 Uhr

25

Wahlausschreiben für die Wahl des Betriebsrats im Betrieb

A.

26

In unserem Betrieb A. soll nach den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) ein Betriebsrat gewählt werden. Das hierzu notwendige Wahlverfahren wird mit Erlass dieses Wahlausschreibens am heutigen Tag, dem 16.01.2014 eingeleitet (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Wahlordnung-WO).

27

Die Wahl des Betriebsrats findet am 04.03.2014 in der Zeit von 03:00 bis 22:00 Uhr und am 05.03.2014 von 03:00 bis 14:00 Uhr statt.

28

Das Wahllokal befindet sich im Ruheraum, K.-K.-R., Zwischenetage.

29

Der zu wählende Betriebsrat besteht insgesamt aus 11 Mitgliedern.

30

Da im Betrieb 52 Frauen und 352 Männer beschäftigt sind, ist die Gruppe der Frauen in der Minderheit. Nach § 15 Abs. 2 BetrVG muss das in der Minderheit befindliche Geschlecht im Betriebsrat mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein, wenn der Betriebsrat aus mindestens 3 Mitgliedern besteht. Daher muss mindestens 1 Betriebsratssitz durch eine Frau besetzt werden.

31

(…)

32

Unter Bezugnahme auf das am 24. Januar 2014 geführte Gespräch teilte die Arbeitgeberin dem Wahlvorstand mit Schreiben vom 29. Januar 2014 (Bl. 155, 156 d. A.) Folgendes mit:

33

Sehr geehrter Herr C.,
sehr geehrte Damen und Herren,

34

in unserem gemeinsamen Gespräch am 24.01.2014 zwischen dem Wahlvorstand und der Geschäftsführung der A. - vertreten durch Herrn G. R. - sowie dem Personalreferat - vertreten durch Frau M. - haben wir uns über die Größe des zu wählenden Betriebsrats bei der A. ausgetauscht.

35

Die Geschäftsführung der A. hat rechtlich prüfen lassen, ob Mitarbeiter/innen aus anderen Unternehmen bei der Betriebsratsgröße einzubeziehen sind.

36

Wie am 24.01.2014 besprochen, stellen wir Ihnen die entsprechenden Zahlen zur Verfügung.

37

Mit Stand 01.01.2014 bei der beschäftigte Mitarbeiterinnen

        

und Mitarbeiter

404

Davon sind bei der Betriebsratsgröße nicht zu berücksichtigen

        

     - Mitarbeiter/-innen in Freizeitphase der

        

       Altersteilzeit

 10

     - Leitende Angestellte (Geschäftsführung/

        

       Prokuristen)

 5

     - Austritte vor der Betriebsratswahl

 4

                 

Zwischensumme

385

                 

Zuzüglich folgender Mitarbeiter/-innen

        

     - Eintritt vor der Betriebsratswahl

 2

     - Mitarbeiter/-innen Arbeitnehmerüberlassung

 1

     - Mitarbeiter/-innen anderer Unternehmen

 8

                 

Summe 

396

38

Die A. wird in naher Zukunft den maßgeblichen Schwellenwert von 400 Beschäftigten nicht erreichen. Daraus resultiert eindeutig eine Betriebsratsgröße von neun Mitgliedern.

39

Unberücksichtigt sind weiterhin eventuelle Austritt auf Grund der zu erwartenden Gesetzesänderung "Rente mit 63".

40

Ergänzend hierzu erhielt der Wahlvorstand ein weiteres Schreiben der Arbeitgeberin vom 29. Januar 2014 (Bl. 157 d. A.) mit folgendem Inhalt:

41

Sehr geehrter Herr C.,
sehr geehrte Damen und Herren,

42

ergänzend zu unserem heutigen Schreiben teilen wir Ihnen folgenden Namen mit.

43

A., A.
B., E.
E., A.
G., R.
J., T.
M., W.
Sch., M.
U., F.

44

Diese Mitarbeiter/-innen anderer Unternehmen sind nach Prüfung des Einzelfalls bei der Betriebsratsgröße mitzuzählen.

45

Unter dem 30. Januar 2014 legte Frau R. H. beim Wahlvorstand Einspruch gegen die Wählerliste mit der Begründung ein, dass die von ihr aufgeführten Wahlberechtigten, die bis auf Herrn M. Sch. den von der Arbeitgeberin ergänzend mit Schreiben vom 29. Januar 2014 mitgeteilten Namen entsprechen, fehlen würden (Bl. 158 d. A.).

46

Am 31. Januar 2014 hielt der Wahlvorstand eine Sitzung ab, in der nach dem Protokoll vom 31. Januar 2014 (Bl. 160, 161 d. A.) folgende Themen behandelt bzw. Beschlüsse gefasst wurden:

47

Betriebsratswahl 2014

48

Der Wahlvorstand geht davon aus, dass es noch weitere Mitarbeiter gibt, die zu den Arbeitnehmern zu zählen sind.

49

Als Beispiel wurden die Namen:

50

A. B.
M. P.
H. P.
1 Praktikant bei V.

51

Des weiteren

52

H. P.
H. D. (A. Botschafter)

53

aufgeführt.

54

Nach anschließender Beratung beschließt der Wahlvorstand, die Wahl mit der Ausschreibung von 11 Betriebsratsmitgliedern fort zuführen.

55

Abstimmung: JA: 3 NEIN: 0 ENTHALTUNG: 0

56

Einspruch gegen die Wählerliste

57

Am 30.01.2014 ist ein Einspruch gegen die Wählerliste eingegangen.

58

Der Wahlvorstand hat beschlossen, dass der Einspruch berechtigt ist. Die Wählerliste wurde, wie beantragt korrigiert.

59

Die aufgeführten Personen des Schreibens vom 30.01.2014 wurden der Wählerliste hinzugefügt.

60

Abstimmung: JA: 3 NEIN: 0 ENTHALTUNG:

61

(…)

62

Die vom Wahlvorstand abschließend erstellte und ausgehängte Wählerliste (Bl. 67 - 77 d. A.) enthält eine "Wählerliste Frauen" mit 53 Arbeitnehmerinnen und eine "Wählerliste Männer" mit 342 Arbeitnehmern, wobei Herr H.-G. D. unter Nr. 59 und 60 doppelt aufgeführt ist. In der "Wählerliste Frauen" sind auch Frau H. Z. und K. H.-L. sowie in der "Wählerliste Männer" auch Herr W. D. und G. U. aufgeführt, die - gemäß dem der Wählerliste beigefügten Vermerk über die vorgenommenen Änderungen (Bl. 77 d. A.) - jeweils vor dem angesetzten Wahltermin aus dem Arbeitsverhältnis zur Arbeitsgeberin ausgeschieden sind. Weiterhin sind in der Wählerliste nach dem Änderungsvermerk die von der Arbeitgeberin mit Schreiben vom 29. Januar 2014 genannten acht Mitarbeiter anderer Unternehmen als wahlberechtigte, aber nicht wählbare Arbeitnehmer aufgeführt. Zudem sind nach dem Änderungsvermerk Frau R. B. und Herr E. R. als neu eingestellte Mitarbeiter in die Wählerliste aufgenommen worden. Hingegen wurden die nach dem Beschluss des Wahlvorstandes vom 30. Januar 2014 als Arbeitnehmer zu zählenden Mitarbeiter A. B., M. P., H. P., ein Praktikant bei A., H. P. und H. D. nicht in die Wählerliste aufgenommen.

63

Bei der am 04./05. März 2014 durchgeführten Betriebsratswahl wurden elf Betriebsratsmitglieder gewählt. Das Wahlergebnis wurde am 05. März 2014 bekannt gemacht; wegen der Einzelheiten wird auf die "Bekanntmachung der Gewählten gemäß § 18 Wahlordnung" vom 05. März 2014 (Bl. 270, 271 d. A.) Bezug genommen.

64

Mit ihrem am 19. März 2014 beim Arbeitsgericht Mainz eingegangenen Antrag hat die Arbeitgeberin die Unwirksamkeit der Betriebsratswahl vom 04./05. März 2014 geltend gemacht und zur Begründung insbesondere angeführt, es hätten nur neun Betriebsratsmitglieder gewählt werden dürfen, weil in ihrem Betrieb nicht mehr als 400 Mitarbeiter im Sinne des § 9 BetrVG beschäftigt seien.

65

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Beteiligten erster Instanz wird Bezug genommen auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Mainz vom 10. September 2014 - 10 BV 10/14 - (Ziffer I. der Gründe = Bl. 337 - 356 d. A.).

66

Die Arbeitgeberin hat erstinstanzlich beantragt

67

festzustellen, dass die Betriebsratswahl vom 05. März 2014 unwirksam ist.

68

Der Betriebsrat hat beantragt,

69

den Antrag zurückzuweisen.

70

Mit seinem Beschluss vom 10. September 2014 - 10 BV 10/14 - hat das Arbeitsgericht Mainz die Betriebsratswahl vom 04./05. März 2014 für unwirksam erklärt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Wahl vom 04. März 2014 sei ohne Berücksichtigung der vom Wahlvorstand zur Begründung der Betriebsgröße herangezogenen Mitarbeiter der V. und B. wegen Verstoßes gegen § 9 BetrVG unwirksam, weil die Arbeitgeberin dann in der Regel nicht mehr als 400 Arbeitnehmer im Sinne des § 9 BetrVG beschäftige. In der Wählerliste, die der Wahlvorstand nach Korrektur der Wahl zugrunde gelegt habe, seien insgesamt 394 Personen aufgeführt. Davon seien die Mitarbeiter U. und D. sowie die Mitarbeiterinnen Z. und H.-L. abzuziehen, weil sie vor der Betriebsratswahl endgültig aus dem Betrieb ausgeschieden seien und Mitarbeiter des Fahrdienstes unstreitig nicht ersetzt würden. Vom Ausscheiden der Mitarbeiter H.-L., Z. und D. sowie U. habe der Wahlvorstand bei Erlass des Wahlausschreibens Kenntnis gehabt. Das Ausscheiden der vier besagten Mitarbeiter und die Tatsache, dass das Fuhrpersonal nicht wiederbesetzt werde, hätte der Wahlvorstand bei der Bestimmung der Betriebsgröße nach § 9 BetrVG berücksichtigen müssen. Zu den danach verbleibenden 390 Mitarbeitern seien die fünf Auszubildenden hinzuzurechnen, so dass sich 395 Mitarbeiter ergeben würden. Selbst wenn man die zwischen den Beteiligten noch streitigen Mitarbeiter P., D., B. und den Praktikanten berücksichtigen würde, wären dies nur 399 Mitarbeiter, so dass die Grenze von 400 Arbeitnehmern im Sinne des § 9 BetrVG auch unter Berücksichtigung eines Beurteilungsspielraumes des Wahlvorstandes nicht überschritten würde. Aber auch in dem Falle, dass die Mitarbeiter der V. bzw. der B. gemäß der Ansicht des Betriebsrates bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen seien, wäre die Wahl unwirksam. In diesem Fall hätte der Wahlvorstand diese Mitarbeiter aufgrund ihrer dann bestehenden aktiven Wahlberechtigung nach § 7 S. 2 BetrVG in die Wählerliste aufnehmen müssen. Im Falle der Durchführung einer Verhältniswahl hätte eine Änderung der Zahl der abgegebenen Stimmen ab einer Mehrstimmenzahl für Liste 3 von vier Personen schon zu einem anderen Wahlergebnis geführt, so dass bereits bei Berücksichtigung der 21 namentlich benannten Mitarbeiter der Firma V. der Mangel das Wahlergebnis beeinflusst habe und die Wahl aufgrund Verstoßes gegen § 7 BetrVG, § 4 Abs. 3 WO ebenfalls unwirksam sei. Der Wahlvorstand könne sich nicht darauf zurückziehen, er sei sich unsicher in der Beurteilung gewesen, ob die Mitarbeiter der V. und B. auf die Wählerliste hätten gestellt werden müssen. Soweit der Wahlvorstand meine, diese Mitarbeiter nur bei der Betriebsgröße, nicht aber bei der Wahlberechtigung berücksichtigen zu müssen, sei dies widersprüchlich. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf Ziffer II. der Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

71

Gegen den ihm am 06. November 2014 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 06. November 2014, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 10. November 2014 eingegangen, Beschwerde eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 03. Februar 2015 mit Schriftsatz vom 03. Februar 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

72

Er trägt vor, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass bei der Arbeitgeberin ein zu großer Betriebsrat gewählt worden sei. Bei der Berechnung der Betriebsgröße ohne Heranziehung der Mitarbeiter der V. und der B. sei das Arbeitsgericht zwar zutreffend von 394 Arbeitnehmern ausgegangen. Es habe jedoch dann rechtsfehlerhaft die Arbeitnehmer U. und D. sowie die Arbeitnehmerinnen Z. und H.-L. in Abzug gebracht. Für die Mitgliederzahl des zu wählenden Betriebsrates sei von der Zahl der bei Erlass des Wahlausschreibens "in der Regel" beschäftigten Arbeitnehmer auszugehen, so dass für die Betriebsratsgröße unerheblich sei, dass die vorgenannten vier Arbeitnehmer nach Erlass des Wahlausschreibens aus dem Betrieb der Arbeitgeberin ausgeschieden seien. Danach hätte das Arbeitsgericht nicht offen lassen dürfen, ob der gekündigte Mitarbeiter B. sowie der bei der Arbeitgeberin beschäftigte Praktikant B. zur Bestimmung der Betriebsratsgröße hätte herangezogen werden müssen. Im Hinblick darauf, dass das Arbeitsverhältnis des Herrn B. nach dem abgeschlossenen Vergleich bis zum 30. Juni 2014 bestanden habe, sei er auch bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen. Gleiches gelte für den Praktikanten B. Der Wahlvorstand habe davon ausgehen müssen, dass es sich bei dem Praktikum um eine privatrechtliche Beziehung zur Arbeitgeberin handele, weil bei dieser in der Vergangenheit ausschließlich Praktikanten auf Basis eines entsprechenden Praktikumsvertrages eingesetzt worden seien. Mithin ergebe sich eine Betriebsgröße von 401 Arbeitnehmern. Der Wahlvorstand sei auch nicht gehalten gewesen, zukünftige Personalrückgänge zu berücksichtigen. Auch wenn bei der Arbeitgeberin unstreitig der Beschluss der Geschäftsführung vorliege, dass frei werdende Stellen im Bereich der Abteilung Fahrdienst nicht mehr durch Neueinstellungen bei der Arbeitgeberin besetzt werden sollten, bedeute dies jedoch nicht, dass der Betrieb schrumpfe. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sich das Fahrangebot der Arbeitgeberin nicht verringere, sondern der Bus- und Straßenbahnverkehr in gleichbleibender Frequenz aufrechterhalten werde. Ein echter Wegfall von Arbeitsplätzen wäre nur dann anzunehmen, wenn die frei werdenden Stellen ersatzlos gestrichen würden, was jedoch hier gerade nicht der Fall sei. Vielmehr würden die Fahrerstellen mit Arbeitnehmern der Tochtergesellschaften V. und B. nachbesetzt, indem diese in den Fahrzeugen der Arbeitgeberin in deren Namen ihren Dienst versehen würden. Gemäß der zutreffenden Auffassung des Arbeitsgerichts erfülle dies die Voraussetzungen des § 7 S. 2 BetrVG, wonach diese Mitarbeiter als Leiharbeitnehmer bei der Bestimmung der Betriebsgröße zu berücksichtigen seien. Auch wenn bei der Arbeitgeberin zwar ein Rückgang des eigenen Fahrpersonals zu verzeichnen sei, würden diese frei werdenden Stellen jedoch durch Leiharbeitnehmer der Tochtergesellschaften wiederbesetzt, die dann wiederum als Leiharbeitnehmer bei der Bestimmung der Betriebsratsgröße zu berücksichtigen seien. Demzufolge sei auch die Annahme des Arbeitsgerichts falsch, dass der Wahlvorstand den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht ordnungsgemäß ausgeübt haben solle. Vielmehr habe das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft die gerichtliche Überprüfung des Beurteilungsspielraums des Wahlvorstandes unzulässig ausgedehnt, indem es auf die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts vorliegenden Umstände abgestellt und damit eine volle gerichtliche Überprüfung dieser Beurteilung vorgenommen habe. Das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft festgestellt, dass die Betriebsratswahl auch unter Berücksichtigung der Mitarbeiter der V. und der B. als unwirksam anzusehen sei. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts habe der Wahlvorstand keine sichere Kenntnis darüber gehabt, dass weitere 21 Arbeitnehmer als Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen seien. Vielmehr sei lediglich argumentativ ausgeführt worden, dass es neben den 401 Mitarbeitern noch weitere Arbeitnehmer gebe, deren Status unbekannt gewesen sei, die jedoch für die interne Willensbildung des Wahlvorstandes indiziell herangezogen worden seien, um die Beurteilung einer Betriebsgröße von 401 oder mehr zu untermauern. Die Auffassung des Wahlvorstandes habe folglich nur interne Bedeutung gehabt, während keinesfalls hierdurch Entscheidungen über den Status einzelner Arbeitnehmer hätten getroffen werden sollen. Hierüber habe der Wahlvorstand keine Informationen erhalten, so dass ihm im Zeitpunkt des Wahlausschreibens auch keine "tatsächlichen Informationen" vorgelegen hätten. Entgegen der Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts sei die Wählerliste des Wahlvorstandes nicht fehlerhaft, sondern basiere auf den Informationen, die dem Wahlvorstand zur Verfügung gestanden hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens des Betriebsrats wird auf die Beschwerdebegründung vom 03. Februar 2015 verwiesen.

73

Der Betriebsrat beantragt,

74

den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 10. September 2014 - 10 BV 10/14 - abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

75

Die Arbeitgeberin beantragt,

76

die Beschwerde zurückzuweisen.

77

Sie erwidert, das Arbeitsgericht sei zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass die Wahl alternativ wegen Verstoßes gegen § 9 BetrVG aufgrund fehlerhafter Bestimmung der Größe des zu wählenden Betriebsrats oder wegen Zugrundelegung einer fehlerhaften Wählerliste unwirksam sei. Im Hinblick darauf, dass die Zahl der Arbeitnehmer in der Regel nicht mehr als 400 im Sinne des § 9 BetrVG betragen habe, wäre ein neunköpfiger Betriebsrat zu wählen gewesen. Der Wahlvorstand hätte das Ausscheiden der Arbeitnehmer U., D., Z. und H.-L. vor der Betriebsratswahl berücksichtigen können und müssen. Dementsprechend habe das Arbeitsgericht die weiteren Mitarbeiter P., D., B. und den Praktikanten außer Acht lassen können, weil die Schranke von 400 nicht überschritten worden sei. Tatsächlich gehe auch der Betriebsrat nicht davon aus, dass die Mitarbeiter P. und D. zu berücksichtigen gewesen wären, weil zu diesen beiden Mitarbeitern zweitinstanzlich nichts vorgetragen worden sei. Herr B. sei aufgrund seiner außerordentlichen Kündigung vom 29. November 2013 zum Zeitpunkt des Wahlausschreibens und der Betriebsratswahl nicht Beschäftigter bei ihr gewesen. Der Praktikant B. habe in der Zeit vom 17. Februar bis 16. Mai 2014 im Rahmen seines Studiums sein Pflichtzwischenpraktikum absolviert, so dass er für die Frage der regelmäßig Beschäftigten nicht relevant sei. Insgesamt sei das Arbeitsgericht zu dem richtigen Ergebnis gekommen, dass für den Fall, dass die Mitarbeiter der V. und B. bei der Betriebsgröße nicht zu berücksichtigen gewesen wären, der Beurteilungsspielraum des Wahlvorstandes falsch ausgeübt worden sei. Falls die Mitarbeiter der V. bei der Betriebsgröße mit zu berücksichtigen gewesen wären, hätten diese aber auch in die Wählerliste aufgenommen werden müssen, so dass die eigene Argumentation des Betriebsrates unmittelbar zu einem weiteren Unwirksamkeitstatbestand führe. Entweder gehörten diese Mitarbeiter dazu, dann hätten sie auf die Wählerliste gehört, oder sie gehörten nicht dazu, dann seien sie auch bei der Betriebsgröße nicht zu berücksichtigen. Der Betriebsrat hätte sich daher in seiner Argumentation entscheiden müssen. Daraus ergebe sich, dass nach dem eigenen Vortrag des Betriebsrates eine unwirksame Betriebsratswahl vorliege, und zwar egal welcher Argumentation man folge.

78

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

II.

79

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht dem Wahlanfechtungsantrag stattgegeben. Die Betriebsratswahl ist nach § 19 Abs. 1 BetrVG unwirksam, weil gegen wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens verstoßen wurde.

80

Nach § 19 BetrVG kann die Betriebsratswahl vom Arbeitgeber angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte. Diese Voraussetzungen liegen vor.

81

Das Arbeitsgericht hat zu Recht offen gelassen, ob die bei der A-Stadt V. und/oder der Bus A-Stadt GmbH beschäftigten Arbeitnehmer im Betrieb der Arbeitgeberin wahlberechtigt sind oder nicht, weil die Wahl in beiden Alternativen entweder wegen Verstoßes gegen § 9 BetrVG oder gegen § 7 S. 2 BetrVG unwirksam ist.

82

1. Der Wahlvorstand hat die bei der V. und bei der B. beschäftigten Arbeitnehmer bei der Betriebsratswahl nicht als im Betrieb der Arbeitgeberin nach § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigt behandelt und sie nicht in die Wählerliste aufgenommen. Ohne Berücksichtigung dieser Arbeitnehmer sind nach den maßgebenden Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens im Betrieb der Arbeitgeberin nicht mehr als 400 Arbeitnehmer in der Regel beschäftigt, so dass nicht elf, sondern nur neun Betriebsratsmitglieder hätten gewählt werden dürfen.

83

a) Die Betriebsgröße knüpft an die Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer an. Dabei kommt es - entgegen der Ansicht des Betriebsrats - nicht auf die Belegschaftsstärke an einem bestimmten Stichtag, z. B. am Tag des Erlasses des Wahlausschreibens oder am Tag der Betriebsratswahl, an, sondern auf die Anzahl der "in der Regel" Beschäftigten (BAG 12. September 2012 - 7 ABR 37/11 - Rn. 12, NZA-RR 2013, 197). Der Wahlvorstand hat für die Feststellung der Arbeitnehmerzahl nicht nur den Personalbestand in der Vergangenheit zugrunde zu legen, sondern auch die künftige, aufgrund konkreter Entscheidungen des Arbeitgebers zu erwartende Entwicklung des Beschäftigungsstandes einzubeziehen; dabei sind die Verhältnisse bei Erlass des Wahlausschreibens maßgebend (BAG 15. März 2006 - 7 ABR 39/05 - Rn. 13, juris). § 9 BetrVG ist eine wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht. Wird ein Betriebsrat mit zu hoher Mitgliederzahl gewählt, so kann das Wahlergebnis nicht berichtigt werden; eine auf diesem Fehler beruhende Wahl ist insgesamt für unwirksam zu erklären (BAG 12. September 2012 - 7 ABR 37/11 - Rn. 12, NZA-RR 2013, 197).

84

b) Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird ohne Berücksichtigung der bei der V. und B. beschäftigten Arbeitnehmer die für eine Wahl von elf Betriebsratsmitgliedern nach § 9 BetrVG erforderliche Betriebsgröße nicht erreicht.

85

Bei Zugrundelegung der vom Wahlvorstand erstellten Wählerliste sind darin insgesamt 394 Arbeitnehmer aufgeführt, wovon auch der Betriebsrat selbst ausgeht. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht hiervon zu Recht die vier bereits vor der Betriebsratswahl ausgeschiedenen Arbeitnehmer in Abzug gebracht. Nach dem Beschluss der Geschäftsführung der Arbeitgeberin werden seit dem Jahr 2002 unstreitig die frei werdenden Stellen im Bereich der Abteilung Fahrdienst nicht mehr durch Neueinstellungen bei der Arbeitgeberin besetzt. Das Arbeitsgericht hat in seinem Beschluss (S. 25 unten) festgestellt, dass der Wahlvorstand vom Ausscheiden der Arbeitnehmer H.-L., Z., D. und U. bei Erlass des Wahlausschreibens Kenntnis hatte. Im Übrigen hatte die Arbeitgeberin den Wahlvorstand in ihrem Schreiben vom 16. Januar 2014 (Bl. 152, 153 d. A.) vor dem zuletzt ausgehängten Wahlausschreiben vom 16. Januar 2014 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seit dem Jahr 2002 ausscheidende Fahrbedienstete nicht mehr ersetzt würden und bereits im Kalenderjahr 2014 ca. fünf Fahrbedienstete infolge der Inanspruchnahme von Altersrente ausscheiden würden, so dass der maßgebliche Schwellenwert von 400 Beschäftigten nicht erreicht werde, sondern sich die Betriebsgröße künftig weiter verringere. Auch wenn die Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens maßgebend sind, hätte der Wahlvorstand nicht nur den Personalbestand im Zeitpunkt des Erlasses des Wahlausschreibens zugrunde legen dürfen, sondern auch die künftige, aufgrund des Beschlusses der Geschäftsführung der Arbeitgeberin zu erwartende Entwicklung des Beschäftigtenstands einbeziehen müssen. Danach sind jedenfalls die bereits vor der Betriebsratswahl ausgeschiedenen vier Arbeitnehmer, deren Stellen bei der Arbeitgeberin nach dem Beschluss ihrer Geschäftsführung nicht wiederbesetzt werden, in Abzug zu bringen. Zu den danach verbleibenden 390 Arbeitnehmern auf der Wählerliste sind gemäß der Berechnung des Arbeitsgerichts die fünf Auszubildenden hinzuzurechnen, so dass sich 395 für die Betriebsgröße berücksichtigungsfähige Arbeitnehmer ergeben. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht zu Recht offen gelassen, ob die zwischen den Beteiligten streitigen Mitarbeiter (Herr B. und der Praktikant B. sowie die zweitinstanzlich nicht mehr angeführten Mitarbeiter P. und D.) hätten berücksichtigt werden müssen, weil auch dann mit 399 Arbeitnehmern die Grenze von 400 in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer nicht überschritten würde. Auch wenn man dem Wahlvorstand bei der Beurteilung der Betriebsgröße einen Beurteilungsspielraum einräumt, sind gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts - ohne Berücksichtigung der bei der V. und B. beschäftigten Arbeitnehmer -jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass künftig eine Betriebsgröße von mehr als 400 in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer erreicht werden könnte.

86

2. Auch wenn man davon ausgeht, dass die Arbeitnehmer bei der V. und/oder der B als gemäß § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigte Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind, liegt in der Nichtzulassung dieser wahlberechtigten Arbeitnehmer zur Betriebsratswahl ein Verstoß gegen § 7 S. 2 BetrVG, der ebenfalls zur Unwirksamkeit der Wahl führt.

87

Werden Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers zur Arbeitsleistung überlassen, so sind diese wahlberechtigt, wenn sie länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt werden (§ 7 S. 2 BetrVG). Diese nach § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigten Arbeitnehmer sind dann auch bei der Größe des Betriebsrats zu berücksichtigen (BAG 13. März 2013 - 7 ABR 69/11 - NZA 2013, 789). Im Hinblick darauf, dass die Wahlberechtigung der Arbeitnehmer nach § 7 S. 2 BetrVG und deren Berücksichtigung bei der Betriebsgröße nach § 9 BetrVG nicht unterschiedlich beurteilt werden kann, hätte sich der Wahlvorstand entscheiden müssen, ob er diese Arbeitnehmer bei der Wahl berücksichtigen will oder nicht. Seine Entscheidung, die bei einem anderen Unternehmen (V. oder B.) beschäftigten Arbeitnehmer bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen, bei der Wahlberechtigung hingegen nicht, ist gemäß der zutreffenden Bewertung des Arbeitsgerichts in sich widersprüchlich. Entgegen der Ansicht des Betriebsrats ist unerheblich, dass die Arbeitnehmer der V. und B. auf den von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Listen nicht aufgeführt waren und der Wahlvorstand in seiner rechtlichen Beurteilung hinsichtlich einer Berücksichtigung dieser Arbeitnehmer unsicher war. Zwar hat der Arbeitgeber dem Wahlvorstand nach § 2 Abs. 2 WO alle für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Feststellung, welche Arbeitnehmer wahlberechtigt sind, obliegt aber nicht der Arbeitgeberin, sondern zunächst dem Wahlvorstand. Soweit nach der Auffassung des Wahlvorstands Arbeitnehmer anderer Unternehmen als gemäß § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigte Arbeitnehmer zu berücksichtigen sind, hat er ggf. die für die Anfertigung der Wählerliste erforderlichen Auskünfte beim Arbeitgeber einzuholen bzw. gerichtlich durchzusetzen. Gelangt der Wahlvorstand zu der Einschätzung, dass die Arbeitnehmer eines anderen Unternehmens als Leiharbeitnehmer bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen sind, muss er sie auch als wahlberechtigte Arbeitnehmer in die Wählerliste aufnehmen. Im Zusammenhang mit der Betriebsratswahl obliegt die Entscheidung über die Wahlberechtigung eines Arbeitnehmers zunächst dem Wahlvorstand (§§ 2, 4 Abs. 2 WO); dessen Entscheidung ist im Beschlussverfahren überprüfbar (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Koch 14. Aufl. § 7 BetrVG, Rn. 10; Fitting BetrVG 27. Aufl. § 7 Rn. 96). Das Wahlanfechtungsrecht des Arbeitgebers hängt dabei nicht davon ab, dass Arbeitnehmer zuvor Einspruch gegen die Richtigkeit der Wählerliste eingelegt haben (Fitting BetrVG 27. Aufl. § 19 Rn. 14 und § 4 WO Rn. 5). Der selbst nicht einspruchsberechtigte Arbeitgeber kann bei Unrichtigkeit der Wählerliste nach Ablauf der Wahl eine Wahlanfechtung durchführen (Fitting BetrVG 27. Aufl. § 4 WO Rn. 3). Werden nach § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigte Arbeitnehmer nicht zur Wahl zugelassen, liegt darin ein die Anfechtung begründender Verstoß gegen eine wesentliche Wahlvorschrift (Fitting BetrVG 27. Aufl. § 19 Rn. 11).

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Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts beeinflusst ein Verstoß gegen § 7 S. 2 BetrVG vorliegend auch das Wahlergebnis, weil eine Änderung der Zahl der abgegebenen Stimmen ab einer Mehrstimmenzahl für Liste 3 von vier Personen unstreitig schon zu einem anderen Wahlergebnis geführt hätte.

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Im Hinblick darauf, dass die Wahl vom 04./05. März 2015 gemäß der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts alternativ wegen Verstoßes gegen § 9 BetrVG oder gegen § 7 BetrVG unwirksam ist, kann offen bleiben, ob weitere der gerügten Wahlmängel vorliegen.

90

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§§ 92 Abs. 1 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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