Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (4. Kammer) - 4 Sa 687/14

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 24.9.2014 - 1 Ca 658/14 - wie folgt abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.320,- € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.8.2013 zu zahlen.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Provisionsansprüche des Klägers.

2

Der Kläger war vom 01.01.2011 bis zum 31.07.2013 bei der Beklagten, die einen Fachbuchdienst betreibt, als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Zuvor, d.h. in der Zeit vom 01.03.1998 bis 31.12.2010, arbeitete er als Außendienstmitarbeiter bei der G. Buchhandlung GmbH, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob diese - wie vom Kläger behauptet - eine Rechtsvorgängerin der Beklagten ist, oder - so die Beklagte - der Kläger zum 01.01.2011 lediglich innerhalb eines Konzerns, dem beide Unternehmen angehören, zur Beklagten wechselte.

3

Der zwischen dem Kläger und der G. Buchhandlung GmbH geschlossene Arbeitsvertrag enthält u.a. folgende Bestimmungen:

4

"§ 2 Aufgabenbereich

5

1. Das Unternehmen betraut den Angestellten mit der Beratung und Kontaktpflege der Kunden und Interessenten, deren laufenden Betreuung sowie der Vermittlung von Verkaufsgeschäften für das gesamte aktuelle und zukünftige Warensortiment des Unternehmens.

6

2. Der Tätigkeitsbereich des Angestellten erstreckt sich auf die Bereiche Südwest- und Süddeutschland sowie angrenzende EU-Länder und die Schweiz.

7

Der Bearbeitungsbezirk und die Kundenzuordnung können einseitig vom Unternehmen geändert werden, sofern ein entsprechender Ausgleich erfolgt." …

8

"§ 7 Vergütung des Angestellten"…

9

4. Darüber hinaus erhält der Angestellte für alle Verkaufsgeschäfte, die der Unternehmer in dem unter § 2 Ziffer 2 umschriebenen Gebiet während der Dauer des Vertragsverhältnisses mit den zugeordneten Bestands- und Neukunden abschließt, eine Provision von 1,5 % für Bücher und Fortsetzungen sowie von 0,5 % für Zeitschriften.

10

Die Provision errechnet sich nach dem Nettoverkaufspreis bzw. dem Nettoauftragswert. Barzahlungsnachlässe sowie nicht besonders in Rechnung gestellte Nebenkosten (z.B. für Fracht, Verpackung, Zoll) mindern den Nettoverkaufswert bzw. den Nettoauftragswert nicht."

11

Ob der Kläger auch bei der Beklagten auf der Grundlage des mit der G. Buchhandlung GmbH geschlossenen Arbeitsvertrages beschäftigt wurde, oder ob zwischen den Parteien ein neuer, hiervon abweichender Arbeitsvertrag zustande gekommen ist, ist zwischen den Parteien streitig. Insoweit existiert lediglich ein im Laufe des Berufungsverfahrens von der Beklagten zu den Akten gereichter, nicht unterzeichneter Vertragstext, hinsichtlich dessen Inhalts im Einzelnen auf Blatt 219 - 221 d.A. Bezug genommen wird. Nach § 2 a) dieses Textes wurde die Betriebszugehörigkeit des Klägers bei der G. Buchhandlung GmbH "auf das neue Arbeitsverhältnis übertragen". Nach § 10 des betreffenden Vertragstextes sollte u.a. die "Vereinbarung über die Auszahlung der Provision" Vertragsbestandteil sein. Eine diesbezügliche Vereinbarung existiert indessen nicht.

12

Die zwischen dem Kläger und der G. Buchhandlung GmbH in § 7 ihres Arbeitsvertrages vereinbarten Provisionssätze waren bereits zum 01.07.2009 auf 2,5 % für Bücher und Fortsetzungen sowie auf 1,5 % für Zeitschriften angehoben worden.

13

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete nach Maßgabe eines am 19.04.2013 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs mit Ablauf des 31.07.2013. In diesem Vergleich verpflichtete sich die Beklagte, evtl. noch offene Provisionen des Klägers für 2012 und 2013 abzurechnen und auszubezahlen.

14

Die Beklagte tätigte in den Jahren 2012 und 2013 Verkaufsgeschäfte u.a. mit dem Landratsamt Waldshut und der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe Mannheim. Diese beiden Kunden der Beklagten waren bis zum Jahr 2011 von der T. Medienservice GmbH mit Fachbüchern, Ergänzungslieferungen und Zeitschriften versorgt worden. Seit 2011 war der Kläger sowohl mit dem Landratsamt Waldshut als auch mit der betreffenden Berufsgenossenschaft in Kontakt, um diese als Kunden für die Beklagte zu gewinnen. Mit Vertrag vom 12.10.2011 kaufte die Konzernmutter der Beklagten rückwirkend zum 01.10.2011 von der T. Medienservice GmbH deren sämtliche Lieferanten - und Kundenbeziehungen, die mit dem Vertrieb von Fachinformationsmedien aufgrund von Abonnementverträgen in Zusammenhang standen und verkaufte diese Kundenbeziehungen ihrerseits sodann an die Beklagte.

15

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die Belieferung des Landratsamts Waldshut und der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe Mannheim sei auf seine Vermittlung hin erfolgt. Die von ihm geführten Gespräche und Kontakte hätten dazu geführt, dass sowohl das Landratsamt Waldshut mit Schreiben vom 11.10.2011 (Bl. 17 d.A.) als auch die Berufsgenossenschaft mit Schreiben vom 10.10.2011 (Bl. 18 d.A.) ihre Abonnements bei der T. Medienservice GmbH gekündigt und nachfolgend ihren gesamten Bedarf an Fachliteratur, Loseblattsammlungen usw. über die Beklagte gedeckt hätten. Es sei treuwidrig, wenn die Beklagte sich nunmehr darauf berufe, dass er insoweit keine unterschriebenen Verträge mit den beiden Kunden vorlegen könne.

16

Der Kläger hat beantragt,

17

die Beklagte zu verurteilen,

18

1. Auskunft zu erteilen über die in den Jahren 2012 und 2013 mit den Kunden "Berufsgenossenschaft Mannheim" und "Landratsamt Waldshut" erzielten Umsätze;

19

2. auf die gezahlten Umsätze Provisionen in Höhe von 2,5 % nach dem Nettoverkaufspreis für Bücher und Fortsetzungen sowie 1,5 % für Zeitschriften, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2013 zu zahlen.

20

Die Beklagte hat beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Die Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, der Kläger habe weder einen Anspruch auf Auskunft noch auf Auszahlung von Provisionen. Die vom Kläger vorgelegten Kündigungsschreiben des Landratsamts Waldshut und der Berufsgenossenschaft seien ihr - der Beklagten - erstmals mit der Klageschrift zur Kenntnis gebracht worden. Es treffe zu, dass der Kläger sich bei diesen beiden Kunden im Jahr 2011 in der Akquisitionsphase befunden habe. Insoweit führe sie - die Beklagte - eine sog. "Vertriebspipeline". Dort würden die Kunden mit bestimmten Prozentsätzen bezeichnet, wobei ein Prozentsatz von 75 bedeute, dass der Kunde wahrscheinlich komme, ein Prozentsatz von 90 hingegen bedeute, dass der Kunde dem Vertriebsmitarbeiter bereits eine mündliche Zusage gegeben habe. Eine Provision werde aber nur dann gezahlt, wenn tatsächlich ein entsprechender schriftlicher Vertrag oder eine Vollmacht vorliege, entsprechende Abonnements umzuschreiben. Das Landratsamt und die Berufsgenossenschaft hätten in der Vertriebspipeline des Klägers in der Tat im Oktober 2011 auf 90 % gestanden. Dies berechtige den Kläger jedoch nicht zur Geltendmachung von Provisionen, da endgültige Verträge mit beiden Kunden nicht geschlossen worden seien. Sie habe sämtliche Kundendaten nicht über den Kläger, sondern von der T. Medienservice GmbH erhalten und dementsprechend die Kunden weiter beliefert.

23

Zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 24.09.2014 (Bl. 96 - 98 d.A.) Bezug genommen.

24

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.09.2014 abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 4 - 6 dieses Urteils (=Bl. 98 - 100 d.A.) verwiesen.

25

Gegen das ihm am 17.11.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.12.2014 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 20.01.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 19.02.2015 begründet.

26

Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sowohl das Landratsamt als auch die Berufsgenossenschaft durch Übernahme des Kundenstamms der T. Medienservice GmbH zu "ihren" Kunden geworden seien, ohne dass hierfür letztlich seine Bemühungen ursächlich gewesen seien. Eine bloße Übertragung der beiden Kunden von der T. Medienservice GmbH auf die Beklagte habe nicht erfolgen können. Infolge ihrer Kündigungen seien die beiden Einrichtungen zunächst vertragslos gewesen mit der Folge, dass ein Vertragsverhältnis mit der Beklagten habe neu begründet werden müssen. Eine vertragliche Abrede, wonach bis zu einem bestimmten Stichtag verbindliche schriftliche Zusagen vorzulegen seien, existiere nicht. Ebensowenig sei er darauf hingewiesen worden, dass er solche schriftlichen Unterlagen vorzulegen habe. Darüber hinaus beinhalte der Arbeitsvertrag die Vereinbarung einer Bezirksprovision. Demnach falle die Provision bereits deshalb an, weil sich die beiden Kunden in seinem Bezirk befänden. Im Zusammenhang mit der Übernahme der G. Buchhandlung GmbH habe die Beklagte beabsichtigt, die Bezirksprovision abzuschaffen und stattdessen lediglich eine sog. Umsatzprovision zu gewähren. Eine dahingehende Vertragsänderung sei allerdings nicht erfolgt. Der von der Beklagten vorgelegte, weder von ihr noch von ihm unterzeichnete Entwurf eines Anstellungsvertrages sei ihm bislang nicht bekannt gewesen.

27

Nachdem im Berufungsverfahren zwischen den Parteien unstreitig wurde, dass sich die vom Kläger geltend gemachten Provisionen unter Zugrundelegung der vereinbarten Provisionssätze auf 6.320,00 Euro belaufen, hat der Kläger seinen Auskunftsantrag (erstinstanzlicher Antrag u 1) nicht mehr weiterverfolgt.

28

Der Kläger beantragt (zuletzt),

29

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 6.320,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2013 zu zahlen.

30

Die Beklagte beantragt,

31

die Berufung zurückzuweisen.

32

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht im Wesentlichen geltend, die von ihr mit dem Landratsamt Waldshut und der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe Mannheim getätigten Geschäfte beruhten nicht auf einer Vermittlungstätigkeit des Klägers sondern ausschließlich darauf, dass ihr die Kundenbeziehungen der T. Medienservice GmbH, welche diese beiden Einrichtungen früher beliefert habe, übertragen worden seien. Die vom Kläger vorgelegten Kündigungsschreiben des Landratsamts vom 11.10.2011 und der Berufsgenossenschaft vom 10.10.2011 seien völlig irrelevant, da sie mit Vertrag vom 12.10.2011 die betreffenden Kundenbeziehungen rückwirkend zum 01.10.2011 erworben habe. Die betreffenden Kunden seien daraufhin sowohl von ihrem - der Beklagten - Mutterkonzern als auch von der T. Medienservice GmbH angeschrieben und entsprechend unterrichtet worden. Die Kunden seien dann - soweit sie nicht widersprochen hätten - unverändert von ihr weiterbeliefert worden. Die im Vertrag des Klägers mit der G. Buchhandlung GmbH vereinbarte Bezirksprovision sei schon lange in der Unternehmensgruppe geändert worden und zu keinem Zeitpunkt Vertragsbestandteil des zwischen ihr und dem Kläger zum 01.01.2011 begründeten Verhältnisses geworden. Der Kläger habe seitdem keine Bezirksprovision erhalten sondern ausschließlich Provisionen auf der Basis der von ihm akquirierten Neukunden. Leider sei übersehen worden, dass der Kläger den ihm seinerzeit übersandten Text des für die Zeit ab dem 01.01.2011 maßgeblichen Anstellungsvertrages nicht gegengezeichnet zurückgeschickt habe. Das Arbeitsverhältnis sei jedoch auf der Grundlage dieses Vertrages durchgeführt worden. Die in § 10 des Vertrages genannte "Vereinbarung über die Auszahlung der Provision" existiere zwar nicht. Hierzu hätten jedoch immer die über Excel-Tabellen abgerechneten Beträge als Grundlage gedient. Aus diesen Tabellen ergebe sich eindeutig, dass keine Bezirksprovision bezahlt worden sei.

33

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird ergänzend auf die in zweiter Instanz zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

34

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

II.

35

Die Zahlungsklage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von Provisionen für die von ihr in den Jahren 2012 und 2013 mit dem Landratsamt Waldshut und der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe Mannheim getätigten Geschäfte in rechnerisch unstreitiger Höhe von 6.320,00 Euro brutto.

36

Dabei kann offen bleiben, ob die zwischen dem Kläger und seiner vormaligen Arbeitgeberin, der G. Buchhandlung GmbH, getroffene vertragliche Abrede, welche die Vereinbarung einer Bezirksprovision i.S.v. § 87 Abs. 2 HGB beinhaltet, Gegenstand des Arbeitsverhältnisses der Parteien geworden ist.

37

1. Geht man vom Fortbestand der Vereinbarung über eine Bezirksprovision aus, so ergibt sich der Zahlungsanspruch des Klägers aus § 87 Abs. 2 HGB i.V.m. § 65 HGB, da sowohl das Landratsamt als auch die Berufsgenossenschaft in dem ihm zugeteilten Bezirk liegen und es dann nicht mehr darauf ankommt, ob die von der Beklagten mit den beiden Einrichtungen getätigten Geschäfte auf seiner Mitwirkung beruhten.

38

2. Geht man hingegen davon aus, dass der Kläger im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung einer Bezirksprovision mehr hatte, so folgt der streitgegenständliche Anspruch aus § 87 Abs. 1 HGB i.V.m. § 65 HGB.

39

Nach § 87 Abs. 1 HGB hat der Handelsvertreter und dementsprechend auch der Handlungsgehilfe (§ 65 HGB) Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind. Hierzu zählt jedes Geschäft, das ohne die Tätigkeit nicht abgeschlossen worden wäre. Es muss ein Kausalzusammenhang zwischen dieser und dem abgeschlossenen Geschäft bestehen, wobei ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang zwischen der Tätigkeit des Handlungsgehilfen und dem Zustandekommen des Geschäfts nicht erforderlich ist. Der provisionsberechtigte Handlungsgehilfe muss das Geschäft nicht abgeschlossen oder die Bestellung an den Unternehmer weitergegeben haben. Es reicht aus, dass seine Tätigkeit ursächlich geworden ist. Provisionspflichtig sind auch solche Geschäfte, für die die Tätigkeit lediglich mitursächlich geworden ist. Hat der Handlungsgehilfe seine Aufgaben erfüllt, so ist seine Tätigkeit auch dann mitursächlich, wenn die Erfüllung dieser Aufgaben allein noch nicht ausgereicht hat, um das Geschäft zustande zu bringen. Ferner kann eine Mitursächlichkeit dann gegeben sein, wenn die Tätigkeit des Provisionsberechtigten zunächst erfolglos geblieben, jedoch erfolgreiche Verhandlungen zwischen dem Unternehmer und dem Kunden ausgelöst hat. Den Vertreter trifft die Beweislast, dass es zu einem Abschluss zwischen Unternehmer und Kunden gekommen und seine Tätigkeit für diesen Geschäftsabschluss zumindest mitursächlich geworden ist. Allerdings kann die Beweislast nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises erleichtert sein (vgl. zum Ganzen: ErfK/Oetker, 16. Aufl., § 87 HGB Rd.Ziff. 9 f. m.N.a.d.R.).

40

Die Tätigkeit des Klägers war für die von der Beklagten mit dem Landratsamt und der Berufsgenossenschaft getätigten Geschäfte zumindest mitursächlich. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die beiden Kunden bereits in 2011 in der unternehmensinternen "Vertriebspipeline" der Beklagten für den Kläger mit 90 % bewertet waren, d.h. dass sie dem Kläger bereits eine mündliche Zusage erteilt hatten. Dass diese Zusagen auf die Tätigkeit des Klägers zurückzuführen waren, ist zwischen den Parteien unstreitig. Darüber hinaus haben die beiden Kunden mit Schreiben vom 10.10.2011 bzw. 11.10.2011 ihre Abonnements bei der T. Medienservice GmbH gekündigt, woraus die Absicht erkennbar wurde, sich fortan - wie geschehen - von der Beklagten beliefern zu lassen. Davon, dass (nach Behauptung der Beklagten) eine Übertragung der Abonnementverträge auf die Beklagte ohnehin erfolgen würde, konnten die Kunden im Zeitpunkt des Ausspruchs ihrer Kündigungen noch keine Kenntnis haben, da die maßgeblichen Verträge zwischen der Muttergesellschaft der Beklagten und der T. Medienservice GmbH erst am 12.10.2013 zustande kamen.

41

In Ansehung dieses Geschehensablaufs ist die Tätigkeit des Klägers für die von der Beklagten mit der Berufsgenossenschaft und dem Landratsamt getätigten Geschäfte zumindest als mitursächlich und damit als einen Provisionsanspruch auslösend anzusehen. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihrer Muttergesellschaft mit Vertrag vom 12.10.2011 rückwirkend zum 01.10.2011 sämtliche Lieferanten- und Kundenbeziehungen der T. Medienservice GmbH übertragen wurden und geltend machen, ausschließlich dieser Vorgang sei ursächlich gewesen für das Zustandekommen von Abonnementverträgen mit dem Landratsamt und der Berufsgenossenschaft. Durch die Übermittlung von Kundendaten an die Muttergesellschaft der Beklagten allein konnte ein Vertrag mit den Kunden nicht zustande kommen. Diesbezüglich bedurfte es vielmehr einer Vertragsübernahme, welche gerade auch die Zustimmung der Kunden erforderte. Zwar kann eine solche Zustimmung vorliegend u.U. daraus hergeleitet werden, dass die Kunden der T. Medienservice GmbH im Anschluss an die vertraglichen Vereinbarungen vom 12.10.2011 von der seinerzeit beabsichtigten Übertragung der Abonnementverträge in Kenntnis gesetzt wurden und dieser nicht widersprochen, sondern vielmehr die Verträge nunmehr mit der Beklagten fortgeführt haben. Zu diesem Zeitpunkt hatten die beiden Kunden, wie sich aus ihren Kündigungsschreiben ableiten lässt, jedoch bereits infolge der Akquisitionsbemühungen des Klägers einen Wechsel zur Beklagten in die Wege geleitet, was für die Annahme einer Mitursächlichkeit der Tätigkeit des Klägers hinsichtlich der nachfolgenden Geschäfte der Beklagten mit diesen Kunden ausreicht. Überdies ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass eine bloße Übernahme der Verträge zwischen den betreffenden Kunden und der T. Medienservice GmbH lediglich dazu geführt hätte, dass die Verträge in gekündigtem Zustand auf die Beklagte übergegangen wären.

42

Eine von der gesetzlichen Regelung des § 87 Abs. 2 HGB abweichende vertragliche Vereinbarung bezüglich des Entstehens von Provisionsansprüchen ist vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere ist keine Vereinbarung zustande gekommen, nach deren Inhalt ein Provisionsanspruch des Klägers erst und nur dann entsteht, wenn dieser einen schriftlichen, mit dem Kunden abgeschlossenen Vertrag vorlegt. Eine solche Regelung enthält weder der zwischen dem Kläger und der G. Buchhandlung GmbH abgeschlossene Vertrag, noch der von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegte Vertragsentwurf, den der Kläger überdies nicht unterzeichnet hat. Die in § 10 des Vertragsentwurfs genannte "Vereinbarung über die Auszahlung der Provision" existiert unstreitig nicht. Ebensowenig sind diesbezügliche mündliche Vereinbarungen vorgetragen oder ersichtlich. Soweit die Beklagte u.U. in der Vergangenheit eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Handhabung bezüglich der Provisionsansprüche des Klägers praktiziert hat, so lässt sich hieraus allein ebenfalls noch nicht das Zustandekommen einer vertraglichen Vereinbarung ableiten.

43

3. Der ausgeurteilte Zinsanspruch des Klägers folgt aus den §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

III.

44

Der Klage war daher unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils stattzugeben.

45

Für die Zulassung der Revision bestand nach den Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen