Urteil vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (4. Kammer) - 4 Sa 38/16

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Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 18.12.2015, Az.: 8 Ca 1676/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ab welchem Zeitpunkt die Arbeitszeit der Klägerin zu reduzieren war.

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Die am … 1952 geborene Klägerin ist bei dem beklagten Land als Lehrkraft mit mehr als der Hälfte des Regelstundenmaßes beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung die Bestimmungen des TV-L Anwendung.

3

Mit Schreiben vom 03.08.2015 machte die Klägerin gegenüber dem beklagten Land den Anspruch auf Gewährung einer Altersermäßigung von drei Wochenstunden ab dem Schuljahr 2015/2016 geltend. Das beklagte Land teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 05.08.2015 mit, dass diesem Ansinnen erst ab dem Schuljahr 2016/2017 entsprochen werden könne.

4

Die Klägerin hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, da sie die Regelaltersgrenze des § 235 Abs. 2 SGB VI am 01.06.2018 erreiche, habe sie gemäß § 9 LehrArbZVO Rheinland-Pfalz bereits ab dem Schuljahr 2015/2016 Anspruch auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit um drei Wochenstunden, weil es sich bei den Schuljahren 2015/2016 und 2016/2017 um die letzten beiden (vollen) Schuljahre vor Erreichen der Altersgrenze handele. § 9 Abs. 1 LehrArbZVO beziehe sich eindeutig auf den Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersgrenze des § 235 Abs. 2 SGB VI. Das beklagte Land könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, das die Altersermäßigung in keinem Fall mehr als zwei volle Schuljahre umfassen könne. Nach dem Wortlaut der Norm sei nämlich für die letzten beiden Schuljahre vor Erreichen der Altersgrenze "und darüber hinaus" die Arbeitszeitreduzierung zu gewähren. Eine Beschränkung auf die Dauer von maximal zwei vollen Schuljahren bestehe daher nicht.

5

Die Klägerin hat beantragt,

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das beklagte Land zu verurteilen, der Klägerin Arbeitszeitreduzierung um drei Wochenarbeitsstunden auf eine Wochenstundenzahl von 21 Stunden ab Beginn des Schuljahres 2015/2016 ab dem 01.08.2015 gemäß § 9 Abs. 1 LehrArbZVO zu gewähren.

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Das beklagte Land hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

9

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18.12.2015, auf dessen Tatbestand (Bl. 48 ff d. A.) zur ergänzenden Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 3 f (= Bl. 49 f d. A.) verwiesen.

10

Gegen das ihr am 08.01.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 25.01.2016 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

11

Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts könne die Bestimmung des § 37 Abs. 1 LBG Rheinland-Pfalz zur Bestimmung der für sie maßgeblichen Regelaltersgrenze nicht herangezogen werden. Wäre § 44 Nr. 2 TV-L dahingehend auszulegen, dass auch § 37 LBG Rheinland-Pfalz auf nicht verbeamtete Lehrkräfte Anwendung finden solle, so könne diese Vorschrift im vorliegenden Fall nur als Tarifnorm und nicht als gesetzliche Regelung eingreifen. Tarifnormen seien aber nur insoweit gültig, als sie die Kompetenzen der Tarifparteien nicht überschritten. Eine Regelung zu treffen, welche die Regelaltersgrenze zum Renteneinritt von Arbeitnehmern nach hinten verschiebe, stehe den Tarifparteien jedoch gerade nicht zu.

12

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf deren Berufungsbegründungsschrift vom 22.01.2016 (Bl. 56 - 58 d. A.) Bezug genommen.

13

Die Klägerin beantragt,

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das erstinstanzliche Urteil abzuändern und das beklagte Land zu verurteilen, der Klägerin Arbeitszeitreduzierung um drei Wochenarbeitsstunden auf eine Wochenstundenzahl von 21 Stunden ab Beginn des Schuljahres 2015/2016 ab dem 01.08.2015 gemäß § 9 Abs. 1 LehrArbZVO zu gewähren.

15

Das beklagte Land beantragt,

16

die Berufung zurückzuweisen.

17

Das beklagte Land verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 30.03.2016 (Bl. 79 - 82 d. A.), auf die Bezug genommen wird.

18

Seit Beginn des Schuljahres 2016/2017 wird der Klägerin die von ihr begehrte Arbeitszeitreduzierung gewährt.

Entscheidungsgründe

I.

19

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen.

II.

1.

20

Die Klage ist zulässig.

21

Hinsichtlich der nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO notwendigen hinreichenden Bestimmtheit des Klageantrages bestehen keine Bedenken. Auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin seit Beginn des Schuljahres 2016/2017 in dem von ihr begehrten reduzierten Umfang beschäftigt wird und daher der Zeitraum (Schuljahr 2015/2016), der nunmehr noch zwischen den Parteien im Streit steht, in der Vergangenheit liegt. Die zur Zulässigkeit einer vergangenheitsbezogenen Feststellungsklage entwickelten Grundsätze sind nämlich nicht auf eine Leistungsklage übertragbar. Das Rechtschutzbedürfnis für eine Leistungsklage folgt grundsätzlich aus der Nichterfüllung des materiell-rechtlichen Anspruchs. Hierfür genügt regelmäßig die Behauptung der klagenden Partei, der von ihr verfolgte Anspruch bestehe (BAG v. 16.12.2014 - 9 AZR 915/13 - NZA 2015, 827).

2.

22

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit bereits ab Beginn des Schuljahres 2015/2016.

23

Die Klage ist nicht schon deswegen unbegründet, weil die Klägerin eine rückwirkende Verringerung ihrer Arbeitszeit verlangt. Dies folgt aus § 311 a BGB (vgl. BAG v. 16.12.2014 - 9 AZR 915/13 - a. a. O.).

24

Die Voraussetzungen für die von der Klägerin begehrte Arbeitszeitreduzierung waren jedoch nicht bereits mit Beginn des Schuljahres 2015/2016 erfüllt.

25

Nach § 44 Nr. 2 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwendenden TV-L gelten für die Arbeitszeit der als Lehrkräfte an allgemein bildenden Schulen und berufsbildenden Schulen die Bestimmungen für die entsprechenden Beamten in der jeweiligen Fassung, demnach vorliegend die Regelungen der LehrArbZVO Rheinland-Pfalz. Nach § 9 Abs. 1 dieser Verordnung wird Lehrkräften, die - wie die Klägerin - mindestens die Hälfte des Regelstundenmaßes Unterricht erteilen, in den letzten beiden Schuljahren vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze, und darüber hinaus, drei Wochenstunden Altersermäßigung gewährt. Soweit in dieser Bestimmung von der "gesetzlichen Altersgrenze" die Rede ist, so bezieht sich dies auf die für die Beamten in § 37 LBG Rheinland-Pfalz normierte Altersgrenze (Regelaltersgrenze). Dies folgt daraus, dass die LehrArbZVO Rheinland-Pfalz ausweislich des dort in § 1 definierten Geltungsbereiches unmittelbar nur auf Beamtenverhältnisse Anwendung findet. Mit der "gesetzlichen Altersgrenze" i. S. v. § 9 LehrArbZVO kann daher nur die für die beamteten Lehrkräfte geltende gesetzliche Altersgrenze gemeint sein. Dies steht im Übrigen auch in Einklang mit der Bestimmung des § 44 Nr. 2 TV-L, wonach sich die Arbeitszeit gerade nach den Regelungen für die entsprechenden Beamten bestimmen soll.

26

Nach § 37 Abs. 1 Satz 4 LBG Rheinland-Pfalz gilt für Lehrkräfte als Altersgrenze das Ende des Schuljahres, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Die Klägerin, für die die Übergangsvorschrift in § 37 Abs. 3 Satz 3 LBG Rheinland-Pfalz keine Anwendung findet, und die am 01.06.2018 das 65. Lebensjahr vollendet, erreicht diese Altersgrenze demnach erst mit Ende des Schuljahres 2017/2018 am 31.07.2018 (§ 8 Abs. 1 SchulG Rheinland-Pfalz). Die altersabhängige Arbeitszeitreduzierung um drei Wochenstunden nach § 9 LehrArbZVO Rheinland-Pfalz war der Klägerin daher erst ab dem 01.08.2016 für die letzten beiden Schuljahre (2016/2017 und 2017/2018) zu gewähren.

27

Dem steht - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht entgegen, dass sie die für den Bezug der Regelaltersrente nach § 235 SGB VI maßgebende Regelaltersgrenze bereits am 01.06.2018 erreicht. Der zu diesem Zeitpunkt entstehende Anspruch der Klägerin auf Altersrente wird nämlich durch die nach § 44 Nr. 2 TV-L anzuwendenden Vorschriften der §§ 9 LehrArbZVO Rheinland-Pfalz, 37 LBG Rheinland-Pfalz in keiner Weise tangiert.

III.

28

Die Berufung der Klägerin war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

29

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

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