Urteil vom Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (6. Kammer) - 6 Sa 306/14

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 23.06.2014 – 2 Ca 54/14 HBS – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der am 05.01.1957 geborene Kläger ist seit 01.09.1973 bei dem beklagten Land bzw. dessen Rechtsvorgänger als Forstwirt/Waldarbeiter tätig.

2

Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien findet der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit-Forst im Bereich der Landesverwaltung Sachsen-Anhalts (TV ATZ-F LSA) vom 13. November 2012 Anwendung.

3

Seit 2005 erfolgt der Einsatz des Klägers, nachdem er eine entsprechende Zusatzausbildung erfolgreich absolviert hatte, als waldpädagogische Fachkraft beim "H" in H, das wiederum dem Landeszentrum Wald (LZW) zugeordnet ist. Der Kläger leitet dort Führungen durch Ausstellungen, organisiert Walderlebnisveranstaltungen und sucht in den Wintermonaten mit dem "Waldmobil" Schulen und Kitas auf. In der vorgenannten Einrichtung sind insgesamt drei Arbeitnehmer planmäßig mit diesen Aufgaben betraut. Daneben werden noch externe Saisonkräfte eingesetzt. Nach dem Betriebskonzept des LZW handelt es sich bei der Tätigkeit von waldpädagogischen Fachkräften um auch zukünftig anfallende Daueraufgaben. Der Arbeitsplatz des Klägers wird daher haushalterisch als sog. Standardstelle geführt und ist nicht dem sog. Überhangbereich (Titelgruppe 96) zugeordnet.

4

Mit Schreiben vom 03.03.2013 (Bl. 34 d. A.) beantragte der Kläger die Gewährung von Altersteilzeit im Blockmodell mit einer Laufzeit bis zum 31.01.2022. Das beklagte Land lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 20.11.2013 (Bl. 17 d. A.) unter Hinweis auf dringende betriebliche Gründe ab. Ebenso lehnte das beklagte Land entsprechende Anträge von zwei weiteren beim "H" tätigen waldpädagogischen Fachkräften ab.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe aus § 2 TV ATZ-F LSA ein Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages (im Folgenden: ATZ-Vertrag) für den Zeitraum vom 01.05.2013 bis 31.12.2022 mit einer Freistellungsphase beginnend am 01.03.2018 zu. Dringende betriebliche Gründe seien bezogen auf seine Person nicht gegeben. Zwar handele es sich bei der Tätigkeit als waldpädagogische Fachkraft um auch zukünftig dauerhaft anfallende Aufgaben des LZW. Das beklagte Land könne diese Aufgaben jedoch durch den Einsatz externer Fachkräfte aber auch durch die nach Absolvierung einer Fortbildung im Jahr 2014 weiter zur Verfügung stehenden 20 zusätzlichen Waldpädagogen absichern. Darüber hinaus verfüge das beklagte Land über ausreichend geeignete Mitarbeiter im Bereich der Forstwirtschaft, die für diese Aufgaben qualifiziert werden können.

6

Der Kläger hat beantragt,

7

das beklagte Land wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages im Blockmodell mit einer Arbeitsphase vom 01.05.2013 bis zum 28.02.2018 und Freistellungsphase vom 01.03.2018 bis zum 31.12.2022 anzunehmen.

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Das beklagte Land hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, es habe zu Recht den Abschluss eines ATZ-Vertrages abgelehnt. Der Kläger sei in seiner Funktion als waldpädagogische Fachkraft nicht entbehrlich. Die im Jahr 2014 zur Ausbildung anstehenden weiteren waldpädagogischen Fachkräfte seien anderen Dienststellen zugeordnet. Ebenso wenig sei es möglich gewesen, die Position des Klägers mit einem Mitarbeiter, dessen Arbeitsplatz der Titelgruppe 96 zugeordnet ist, nach entsprechender Fortbildung zu besetzen. Das beklagte Land habe hierzu nach Eingang des Antrages des Klägers entsprechend den Vorgaben im Haushaltsführungserlass 2013 vom 16.01.2013 (Ziffer 11.3), wegen des weiteren Inhalts auf Blatt 58 ff der Akte verwiesen wird, in allen umliegenden Betreuungsforstämtern im Wege des Einzelgesprächs nach geeignetem Tauschpersonal für diese Aufgabe gesucht. Die Bemühungen seien jedoch erfolglos geblieben.

11

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.06.2014 das beklagte Land antragsgemäß verurteilt und ihm auch die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe aus § 2 TV ATZ-F LSA ein Anspruch auf Abschluss des begehrten ATZ-Vertrages zu. Dem Anspruch stehen keine dringenden betrieblichen Gründe entgegen. Das beklagte Land habe nicht hinreichend substantiiert darlegen können, dass geeignetes Tauschpersonal aus der Titelgruppe 96 nicht zur Verfügung stehe. Dabei sei davon auszugehen, dass Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze dieser Titelgruppe zugeordnet seien, im erhöhten Maße die Verpflichtung treffe, an einer Versetzung bzw. Umsetzung auf einen nicht dem Überhangbereich zugeordneten Arbeitsplatz mitzuwirken. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Blatt 119 bis 129 der Akte verwiesen.

12

Gegen dieses, dem beklagten Land am 02.07.2014 zugestellte Urteil hat es am 23.07.2014 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 02.10.2014 am 02.10.2014 begründet.

13

Mit seinem Rechtsmittel verfolgt das beklagte Land den erstinstanzlich gestellten Klagabweisungsantrag unter Ergänzung seines Sachvortrages weiter.

14

Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass sich der Anspruch des Klägers auf Abschluss eines ATZ-Vertrages nicht nach § 2 Abs. 2 und 3 TV ATZ-F LSA, sondern vielmehr nach § 2 Abs. 1 dieses Tarifvertrages bestimme. Danach stehe die Gewährung von Altersteilzeit im Ermessen des beklagten Landes. Die ablehnende Entscheidung des beklagten Landes sei nicht ermessensfehlerhaft.

15

Das beklagte Land habe vor der ablehnenden Entscheidung mit allen dafür in Betracht kommenden Forstarbeitern in den umliegenden Betreuungsforstämtern Einzelgespräche über einen im Tauschwege herbeizuführenden möglichen Einsatz beim "H" als Waldpädagoge geführt. Keiner dieser 41 Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze allesamt der Titelgruppe 96 zugeordnet seien, habe hierzu Bereitschaft gezeigt, insbesondere aufgrund der räumlichen Entfernung zum bisherigen Arbeitsplatz. Wegen der weiteren Einzelheiten der nach Behauptung des beklagten Landes durchgeführten Personalgespräche wird auf die zur Akte gereichten Gesprächsprotokolle Blatt 210 ff der Akte verwiesen.

16

Weitere Forstarbeiter, deren Arbeitsplätze der Titelgruppe 96 zugeordnet worden seien, haben für einen Personaltausch nicht zur Verfügung gestanden, weil diese sich bereits in Altersteilzeit befunden haben und ein Einsatz im Hinblick auf deren Freistellungsphase beim "H" ab dem Jahr 2018 nicht in Betracht komme. Hinsichtlich der Individualisierung des vorgenannten Personenkreises wird auf die von dem beklagten Land zur Akte gereichten Listen Blatt 176 ff der Akte (Anlage B 1 und B 2 zur Berufungsbegründung) verwiesen.

17

Das beklagte Land beantragt,

18

das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 23.06.2014 – 2 Ca 54/14 HBS – abzuändern und die Klage abzuweisen.

19

Der Kläger beantragt,

20

die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.

21

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und bestreitet in seiner Berufungserwiderung, dass das beklagte Land mit allen in Frage kommenden Forstarbeitern erfolglos personelle Einzelgespräche geführt habe. Zu dem hierauf ergangenen ergänzenden Vortrag des beklagten Landes im Schriftsatz vom 21.01.2015 einschließlich der als Anlage vorgelegten Gesprächsprotokolle hat der Kläger keinen weiteren Sachvortrag geleistet.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

23

Die an sich statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 66 Abs. 1 ArbGG) Berufung des beklagten Landes ist begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht der Klage auf Abschluss eines ATZ-Vertrages im Blockmodell stattgegeben.

24

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Abschluss eines solchen Vertrages für den Zeitraum 01.05.2013 bis 31.12.2022 zu. Die Voraussetzungen des § 2 TV ATZ-F LSA sind nicht erfüllt.

25

Diese Bestimmung lautet:

26

„§ 2 Voraussetzungen der Altersteilzeit

27

(1) Der Arbeitgeber kann mit Beschäftigten, die

28

a) das 55 Lebensjahr vollendet und

29

b) innerhalb der letzten 5 Jahre vor Beginn der Altersteilzeitarbeit mindestens 1080 Kalendertage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch gestanden haben,

30

die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes (AltTZG) vereinbaren; das Altersteilzeitarbeitsverhältnis muss ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sin-ne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sein.

31

(2) Beschäftigte, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die Voraussetzungen nach Abs. 1 b) erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Beschäftigte hat den Arbeitgeber 3 Monate vor dem ge-planten Beginn des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren, von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich ab-gewichen werden.

32

(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen.

33

(4) Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis soll mindestens für die Dauer von zwei Jahren vereinbart werden. Es muss vor dem 1. Januar 2017 beginnen. Das Altersteil-zeitarbeitsverhältnis muss sich auf die Zeit erstrecken, bis eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann.“

I.

34

Vorliegend finden, weil der Kläger das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, § 2 Abs. 2 und Abs. 3 TV ATZ-F LSA auf die Rechtsbeziehungen der Parteien keine Anwendung (vgl. BAG 12.10.2000 – 9 AZR 706/99).

II.

35

Dem Kläger steht auch nicht aus § 2 Abs. 1 TV ATZ-F LSA ein Anspruch auf Abschluss eines ATZ-Vertrages mit dem streitgegenständlichen Inhalt zu.

36

Der Arbeitnehmer hat nach § 2 Abs. 1 TV ATZ-F LSA nur einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber bei der Entscheidung über seinen Antrag billiges Ermessen entsprechend § 315 Abs. 1 BGB wahrt (BAG 15.04.2008 – 9 AZR 111/07 – Rn. 30).

37

Nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 1 TV ATZ kann der Arbeitgeber mit Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis vereinbaren. Mit der Formulierung "kann" wird regelmäßig ausgedrückt, dass dem Berechtigten die Entscheidung überlassen wird, ob er tätig wird oder nicht. Für die Auslegung der Tarifvorschrift gilt nichts anderes. Der Arbeitgeber ist danach nicht verpflichtet, dem Antrag eines Arbeitnehmers auf Änderung des Arbeitsvertrags allein deshalb zu entsprechen, weil dieser die in der Vorschrift bestimmten Voraussetzungen erfüllt. Die Tarifvertragsparteien haben die Entscheidung über die vom Arbeitnehmer verlangte Vertragsänderung vielmehr in das Ermessen des Arbeitgebers gestellt. Der Arbeitgeber ist allerdings nicht frei in der Ausübung seines Ermessens. Ersichtlich haben die Tarifvertragsparteien mit der "Kann - Bestimmung" nicht allein die Selbstverständlichkeit wiederholt, dass der Arbeitgeber Vertragsfreiheit (§ 305 BGB) genießt und daher mit den Arbeitnehmern auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes Verträge schließen kann. Der Arbeitnehmer hat vielmehr Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber bei der Entscheidung über seinen Antrag billiges Ermessen wahrt (§ 315 Abs. 1 BGB entsprechend). Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei seiner Entscheidung die wesentlichen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und die beiderseitigen Interessen angemessen zu wahren (BAG 12.10.2000 – 9 AZR 706/99 – juris Rn. 24, 25).

38

Nach dem sich bietenden Sachvortrag ergibt die Anwendung der vorstehenden Rechtsgrundsätze keine Ermessensbindung des beklagten Landes „auf Null“ dahingehend, dass dieses zur Annahme des von dem Kläger unterbreiteten Vertragsangebotes verpflichtet ist. Die Ablehnung des Vertragsangebotes des Klägers hält sich vielmehr im Rahmen des von dem beklagten Land auszuübenden billigen Ermessens.

39

1. Maßgebend hierfür ist, dass der Kläger unstreitig mit der Erledigung von Daueraufgaben betraut ist und ein Wegfall dieser Aufgaben unstreitig im Verlauf des angestrebten ATZ-Vertrages nicht zu erwarten steht. Im Gegenteil bestand nach dem unstreitigen Sachverhalt zum Zeitpunkt der Ablehnung, auf den für die Prüfung abzustellen ist (BAG 10.02.2015 – 9 AZR 115/14), ein weitergehender Bedarf an Waldpädagogen, der durch den Einsatz von externen Saisonkräften abgedeckt wird. Unter diesem Gesichtspunkt erscheint das Interesse des beklagten Landes an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Konditionen als stichhaltig. Dabei kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger aufgrund seiner bereits seit 2005 ausgeübten Tätigkeit über ein erhebliches Maß an Erfahrung verfügt. Es erscheint daher nicht ermessensfehlerhaft, wenn das beklagte Land dieses Erfahrungswissen weiterhin nutzen will. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Ablehnung stand im Übrigen auch noch nicht fest, in welchem Umfang erst 2014 zur Fortbildung anstehende Forstwirte für einen Einsatz als Waldpädagogen zur Verfügung stehen werden.

40

Eine Verpflichtung des beklagten Landes, zur Ermöglichung von Altersteilzeit das bestehende Personalkonzept zu verändern und – wie der Kläger meint – verstärkt auf externe Kräfte zurückzugreifen, ist von § 2 Abs. 1 TV ATZ-F LSA nicht umfasst, wie eine systematische Betrachtung, nämlich ein Vergleich mit den in Abs. 2 und 3 enthaltenen Vorgaben für den Abschluss von ATZ-Verträgen mit Arbeitnehmern, die das 60. Lebensjahr bereits vollendet haben, zeigt. Ebenso wenig ergibt sich aus § 2 Abs. 1 TV ATZ-F LSA eine Verpflichtung, durch Neueinstellungen dem Altersteilzeitwunsch eines über 55jährigen Beschäftigten nachzukommen.

41

2. Die Ermessenentscheidung des beklagten Landes ist darüber hinaus an den Vorgaben des Haushaltsführungserlasses vom 16.01.2013, Ziffer 11.3. zu messen. Hierin heißt es:

42

11.3 Für das Planpersonal, das Personal in den sonstigen Titelgruppen sowie das Personal in den Landesbetrieben nach § 26 LHO (Bedarfspersonal) bestehen keine Ablehnungsgründe nach den § 66 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 LBG LSA, so dass die beantragte Altersteilzeit ohne Ausnahme zu bewilligen oder zu vereinbaren ist, wenn der betroffene Dienstposten oder Arbeitsplatz während der Freistellungsphase nach Prüfung von Aufgabenverzicht oder anderen Maßnahmen der Aufgabenkritik entbehrlich ist oder durch Bedienstete der Titelgruppe 96 wahrgenommen werden kann. Die Annahme, dass der betroffene Dienstposten oder Arbeitsplatz während der Freistellungsphase nach Prüfung von Aufgabenverzicht oder anderen Maßnahmen der Aufgabenkritik unentbehrlich sein wird, ist im Einzelnen zu begründen. In diesen Fällen ist die Möglichkeit der Altersteilzeit als lineare Absenkung der Arbeitszeit zu prüfen. Ist eine Nachbesetzung des Dienstpostens oder Arbeitsplatzes mit Überhangpersonal erforderlich, ist die Personalvermittlungsstelle so rechtzeitig vor der Freistellungsphase zu beteiligen, dass über eine unter Umständen erforderliche Umschulung, Einrichtung von Ausbildungsgängen oder Qualifizierung entschieden werden kann.

43

44

Der Erlass begründet zwar nicht unmittelbar Rechte der Beschäftigten gegenüber ihrem Arbeitgeber. Das beklagte Land ist aber auf Grund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes gehalten, die von ihm selbst gesetzten Vorgaben bei der Entscheidung über einen ATZ-Antrag einzuhalten und einen "Tausch" des Klägers mit fachlich geeigneten Beschäftigten, deren Arbeitsplatz der Titelgruppe 96 zugeordnet ist, zu prüfen. Diesen Vorgaben ist das beklagte Land nach dem sich zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bietenden Sachverhalt in ausreichender Weise nachgekommen. Nachdem das beklagte Land die Protokolle über Personalgespräche mit insgesamt 41 Forstfachwirten, deren Arbeitsplatz der Titelgruppe 96 zugeordnet ist, vorgelegt und der Kläger hierzu nicht mehr in substantiierter Form – auch nicht im Termin am 24.11.2015 – Stellung genommen hat, ist die Durchführung dieser Gespräche sowie deren (negatives) Ergebnis als unstreitig i. S. d. § 138 Abs. 3 ZPO anzusehen. Dies gilt auch für den weiteren Umstand, dass ausweislich der von dem beklagten Land bereits in der Berufungsbegründung vorgelegten Liste (Anlage B 2) die weiteren der Titelgruppe 96 zugeordneten Forstarbeiter aufgrund bereits bewilligter Altersteilzeit für einen "Tausch" nicht in Frage kommen.

45

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist das beklagte Land nicht verpflichtet, im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung auf Beschäftigte aus der Titelgruppe 96, die eine Fortbildung zum Waldpädagogen ablehnen, entsprechend einzuwirken und sie – sofern die Fortbildung erfolgreich ist – gegen ihren Willen an das "H" in H zu versetzen. § 2 Abs. 1 TV ATZ-F LSA begründet nach seiner Systematik eine solch weitreichende Verpflichtung nicht, wie sich wiederum aus einem Vergleich mit den in Abs. 2 und 3 geregelten Voraussetzungen ergibt. Dem öffentlichen Arbeitgeber soll hinsichtlich der Beschäftigten, die das 55. aber nicht das 60. Lebensjahr vollendet haben, ein deutlich größerer "Spielraum" bei der Entscheidung über die Gewährung von Altersteilzeit zuerkannt werden als bei der Gruppe der über 60 Jahre alten Beschäftigten.

46

Im Rahmen des eingeräumten Ermessens besteht ein anzuerkennendes Interesse des beklagten Landes, einen Arbeitsplatztausch nur einvernehmlich durchzuführen und nicht das Risiko einzugehen, zur Gewährung von Altersteilzeit einen oder – wenn der erste Rechtsstreit für das beklagte Land nicht erfolgreich verläuft – mehrere Rechtsstreite mit versetzungsunwilligen Beschäftigten zu führen.

III.

47

Nach alledem war auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg abzuändern.

B.

48

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

C.

49

Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

50

Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.


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