Urteil vom Landgericht Dortmund - 9 S 41/14
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 3. Juni 2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Dortmund teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 16. Dezember 2013 zum Tagesordnungspunkt 3 über die Jahresabrechnung 2012 und die Entlastung der Verwalterin für das Jahr 2012 werden für ungültig erklärt.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner 28 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 72 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
Gründe:
2I.
3Nach den §§ 62 Abs. 2 WEG sowie 540 Abs. 2 und 313a Abs. 1 S. 1 ZPO wird von einer Darstellung des Tatbestandes abgesehen.
4II.
5Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache nur teilweise Erfolg.
6Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 16. Dezember 2013 zum Tages-ordnungspunkt 3 über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2012 und die Entlastung der Verwalterin für das Jahr 2012 sind für ungültig zu erklären.
7Gemäß § 28 Abs. 3 WEG hat die Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung der Einnahmen und Ausgaben zu erstellen. Dazu hat die Verwaltung eine geordnete und übersichtliche Einnahmen- und Ausgabenrechnung vorzulegen, die auch Angaben über die Höhe der gebildeten Rücklagen enthält. Sie muss für einen Wohnungseigentümer auch ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung verständlich sein ( BGH NJW 2014,145; BGH NJW 2010,2127 ). Die Darstellung der Jahresabrechnung muss die Wohnungseigentümer in die Lage versetzen, die Vermögenslage der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erfassen und auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Sie müssen nachvollziehen können, was mit den eingezahlten Mitteln geschehen ist, insbesondere ob sie entsprechend den Vorgaben des Wirtschaftsplans eingesetzt worden sind ( BGH NJW 2014,145 ). Diesen Anforderungen genügt die Jahresabrechnung 2012 schon deshalb nicht, weil sie die Positionen „Sonstiges - umlegbare Kosten“, „Sonderkosten“, „Sonstiges“ und „Sonderkosten einzelner Nutzer“ enthält. Dass es sich dabei um die Kosten einer Dachrinnenreinigung, ein an die Verwalterin für die Tätigkeit im Zusammenhang mit einem Klageverfahren gezahltes Sonderhonorar, einen in dem Rechtsstreit 512 C 25/12 Amtsgericht Dortmund aus der Gemeinschaftskasse entrichteten Gerichtskostenvorschuss und die Kosten einer Zwischenablesung handelt, lässt sich der Jahresabrechnung 2012 nicht entnehmen. Da eine Jahresabrechnung aus sich selbst heraus verständlich sein muss ( OLG Hamm ZMR 2008,60; OLG Frankfurt ZWE 2006,194; OLG Düsseldorf ZMR 2004,282 ), reicht es nicht aus, dass die Positionen vor der Beschlussfassung schriftlich von der Verwalterin erläutert worden sind.
8In der Jahresabrechnung 2012 findet sich keine geordnete Übersicht über sämtliche Einnahmen des Wirtschaftsjahres. Es sind nicht nur die für das Jahr 2012 auf das Wohngeld und die Instandhaltungsrücklage geleisteten Beträge, sondern auch die im Jahre 2012 für die Vorjahre erbrachten Nachzahlungen, die Zinseinkünfte und die aus der Instandhaltungsrücklage entnommenen 7.639,57 € ( Vgl. dazu LG München ZWE 2010,138; LG München ZMR 2007,567 ) als Einnahmen in der Jahresabrechnung zu berücksichtigen. Auch hätte unter der Position „Abrechnungszahlungen“ keine Saldierung der Nachzahlungen und der Guthabenerstattungen erfolgen dürfen; Einnahmen und Ausgaben sind in einer Jahresabrechnung getrennt auszuweisen.
9Die Instandsetzungskosten von 7.639,57 € und der Gerichtskostenvorschuss von 165,00 € hätten als Ausgaben in die Jahresabrechnung 2012 aufgenommen werden müssen. Bei den Ausgaben sind alle Beträge aufzuführen, die für das gemeinschaftliche Eigentum und die Verwaltung aufgewandt worden sind ( OLG Celle OLGR 2000,137 ). Instandsetzungskosten sind auch dann als Ausgaben zu berücksichtigen, wenn diese durch eine Entnahme aus der Instandhaltungsrücklage finanziert worden sind ( LG München ZMR 2007,567 ). Ein für einen Rechtsstreit der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen Wohnungseigentümer aus der Gemeinschaftskasse entnommener Gerichtskostenvorschuss ist als Ausgabe in die nächste Jahresabrechnung einzustellen und nicht zunächst der Ausgang des Verfahrens abzuwarten ( BGH ZWE 2014,261 ).
10Es ist nicht zulässig, Wohnungs- und Teileigentumseinheiten in einer Einzelabrechnung zusammenzufassen. Vielmehr muss für jede Einheit eine separate Einzelabrechnung erstellt werden ( OLG München NZM 2007,452; LG Hamburg ZMR 2015, 47 ).
11Die Jahresabrechnung 2012 widerspricht auch insofern den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, als die Positionen „Kaltwasser“, „Abwasser“ und „Müllabfuhr“ nur nach einer Gesamtpersonenzahl von 120 umgelegt worden sind und damit für die Zeit des Leerstandes der Wohnung Nummer 3 von Juli bis Dezember 2012 nicht wenigstens eine fiktive Person in Ansatz gebracht worden ist. Es kann dahinstehen, ob die in § 9 Abs. 2 der Teilungserklärung für die Entwässerungsgebühren und die Müllabfuhr festgelegten Verteilungsschlüssel durch Eigentümerbeschlüsse wirksam abgeändert worden sind. Die entsprechenden Eigentümerbeschlüsse wären nicht nichtig, da die Wohnungseigentümer nach § 9 Abs. 2 der Teilungserklärung mit 2/3-Mehrheit eine andere angemessene Verteilung der Kosten beschließen konnten. Ein Leerstand entbindet aber den betreffenden Wohnungseigentümer nicht von der Verpflichtung zur Tragung der Kosten und Lasten ( OLG Hamm OLGZ 1982,20; AG Magdeburg ZMR 2006,324 ). Der einzelne Wohnungseigentümer hat das Risiko zu tragen, durch eine Nutzung der Wohnung die Wohngeldlasten erwirtschaften zu können ( OLG Hamm ZMR 2004,456 ). Daraus folgt, dass ein Wohnungseigentümer auch bei einem Leerstand an den Kosten und Lasten zu beteiligen ist. Dabei halten sich die Wohnungseigentümer im Rahmen des ihnen zustehenden Ermessensspielraums, wenn sie für die Zeiten des Leerstandes eine fiktive Person ansetzen.
12Zudem genügt die Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage nicht den an sie zu stellenden Anforderungen. Die Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage in der Jahresabrechnung soll den Wohnungseigentümern ermöglichen, die Vermögenslage ihrer Gemeinschaft zu erkennen und die Jahresabrechnung auf Plausibilität zu überprüfen. Eine Prüfung der Jahresabrechnung ist aber nur anhand des tatsächlichen Bestandes der Instandhaltungsrücklage und auch nur möglich, wenn die Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage erkennen lässt, in welchem Umfang die Wohnungseigentümer mit ihren Zahlungen im Rückstand sind. Das erfordert zwar keine gesonderte Abrechnung der Instandhaltungsrücklage, wohl aber eine Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage, die den Wohnungseigentümern diesen Einblick verschafft. Dazu muss die Darstellung sowohl die Zahlungen ausweisen, die die Wohnungseigentümer auf die Instandhaltungsrücklage tatsächlich erbracht haben, als auch die Beträge, die sie schulden, aber noch nicht aufgebracht haben ( BGH WuM 2010,178 ). Aus der Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage in der Jahresabrechnung 2012 geht nicht hervor, welche Zahlungen die Wohnungseigentümer im Abrechnungszeitraum auf die Instandhaltungsrücklage geleistet haben. Es wird lediglich unter der Rubrik „Zugang“ ein Betrag von 18.487,66 € aufgeführt, der jedoch nicht nur Zahlungen der Wohnungseigentümer auf die Instandhaltungsrücklage beinhaltet. Weiterhin lässt sich der Darstellung der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage nicht entnehmen, welche Zahlungen für das Jahr 2012 noch offen sind und wie sich der unter Ziffer 1. ausgewiesene Gesamtbetrag von 97,18 € errechnet.
13Die Nutzereinzelabrechnung ist auch deshalb zu beanstanden, weil sie keinen Hinweis darauf enthält, dass die Verbrauchseinheiten nicht gemessen worden sind, sondern eine Schätzung auf der Grundlage der Vorjahreswerte erfolgt ist. Soweit die Warmwasserkosten zu 70% nach Verbrauch umgelegt worden sind, handelt es sich um einen nach § 8 Abs. 1 HeizkostenV zulässigen Verteilungsmaßstab. Es widerspricht auch nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, dass bei der Abrechnung der Warmwasserkosten von einer Personenzahl von 10,5 ausgegangen worden ist. Da die Wohnung Nummer 3 bis Ende Juni 2012 von zwei Personen bewohnt wurde und danach bis zum Jahresende leer stand, war es vertretbar, bei der Wohnung Nummer 3 für die Zeit des Leerstandes eine fiktive Person und auf das gesamte Jahr gesehen 1,5 Personen anzusetzen. Wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass im Jahre 2012 in den anderen Wohnungen neun Personen lebten, ergibt sich eine Gesamtpersonenzahl von 10,5.
14Da es sich dabei nicht um zwingende Bestandteile einer Jahresabrechnung handelt, war es nicht erforderlich, der Jahresabrechnung 2012 eine Saldenliste aller Wohnungseigentümer beizufügen und darzulegen, welche Wohnungseigentümer im Abrechnungszeitraum ihrer Verpflichtung zur Zahlung von Wohngeld nicht vollständig nachgekommen sind. Bei dem an die Verwalterin gezahlten Sonderhonorar von 647,02 € handelt es sich nicht um Kosten eines Rechtsstreits; die Vergütung ist daher auf alle Wohnungseigentümer umzulegen.
15Eine Entlastung des Verwalters widerspricht schon dann den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn dieser eine fehlerhafte Jahresabrechnung vorgelegt hat ( BGH NJW 2010,2654; BGH NZM 2010,243 ).
16Soweit die Kläger die Eigentümerbeschlüsse vom 16. Dezember 2013 zu den Tagesordnungspunkten 13 und 14 angefochten haben, ist die Klage zulässig, aber nicht begründet. Für die Anfechtung eines Negativbeschlusses ist regelmäßig ein Rechtsschutzbedürfnis anzunehmen ( BGH NJW 2012,1722 ); dieses ergibt sich daraus, dass der Kläger durch die Ablehnung seines Beschlussantrages gegebenenfalls in seinem Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftseigentums verletzt wird ( BGH NJW 2010,2129 ).
17Die Eigentümerbeschlüsse vom 16. Dezember 2013 zu den Tagesordnungspunkten 13 und 14 sind aber nicht für ungültig zu erklären. Eine sich gegen einen Negativbeschluss richtende Anfechtungsklage ist nur dann begründet, wenn der Ermessensspielraum der Wohnungseigentümer auf Null reduziert ist und der Kläger einen Anspruch auf die konkrete, aber mehrheitlich abgelehnte Beschlussfassung hat ( LG Hamburg ZMR 2015,143; LG Hamburg ZWE 2014, 129; LG Köln ZWE 2011,50 ).
18Die Kläger können nicht verlangen, dass die Firma L GmbH & Co. KG auf Nachbesserung in Anspruch genommen oder ein Sachverständiger zum Zwecke der Prüfung von entsprechenden Mängelrechten mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt wird. Über die Geltendmachung eines Anspruchs gegen einen Dritten hat die Eigentümerversammlung nach dem Maßstab ordnungsgemäßer Verwaltung zu entscheiden. Die Ablehnung der Geltendmachung eines Anspruchs widerspricht nur dann ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs schlüssig dargelegt sind und begründet erscheinen ( OLG Hamm NJW-RR 2004,805; OLG Düsseldorf ZMR 2000,243 ). Die Voraussetzungen eines Nachbesserungsanspruchs der Wohnungseigentümergemeinschaft gegen die Firma L GmbH & Co. KG sind nicht schlüssig dargetan. Soweit die Kläger darauf verweisen, dass die Hauszuwegung ein starkes Gefälle erhalten habe, lässt ihr Vortrag nicht erkennen, warum dieses nicht handwerksgerecht sein soll. Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass die Platten wegen einer Rutschgefahr nicht für die Hauszuwegung hätten ausgewählt werden dürfen. Nach Angaben der Herstellerfirma sind die Platten trittsicher und für Hauszuwegungen besonders geeignet. Soweit die Kläger rügen, dass die Fugen zwischen den Platten unterschiedlich breit seien, bleibt offen, aus welchen Gründen darin ein Sachmangel zu sehen wäre. Schließlich fehlt auch jegliche Begründung dafür, dass die Verlegung geteilter Platten nicht handwerksgerecht war. Bei dieser Ausgangslage wurde der den Wohnungseigentümern zustehende Ermessensspielraum nicht überschritten, wenn die Mehrheit die Geltendmachung eines Nachbesserungsanspruchs gegen die Firma L GmbH & Co. KG als nicht Erfolg versprechend ansah und deshalb sowohl deren Inanspruchnahme als auch die Beauftragung eines Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens auf Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft ablehnte.
19Die Beklagten sind nicht verpflichtet, ihre Zustimmung dazu zu erteilen, dass der an der Terrasse der Kläger stehende Ahornbaum gefällt oder derart zurückgeschnitten wird, dass keine übermäßige Verschmutzung und Verschattung der Terrasse stattfindet.
20Es kann dahinstehen, ob die von den Klägern in erster Linie begehrte Entfernung des Ahornbaumes eine bauliche Veränderung darstellt und ob die Stadt E für diesen eine Fällgenehmigung erteilen würde; jedenfalls steht den Klägern kein Anspruch aus den §§ 1004 Abs. 1 S. 1 BGB sowie 14 Nr. 1 und 15 Abs. 3 WEG auf Beseitigung des Ahornbaumes zu. Nicht jede merkliche Beeinträchtigung des Lichteinfalls stellt eine unzumutbare Beeinträchtigung dar. Es kommt vielmehr auf die Schwere der Beeinträchtigung und darauf an, ob der gestörte Wohnungseigentümer das Vorhandensein des Baumes beim Erwerb seiner Eigentumswohnung bereits gekannt hat ( LG Frankfurt NJW-RR 1990,24 ). Bevor über die Entfernung eines Baumes eine wirksame Beschlussfassung erfolgen kann, ist zunächst die Möglichkeit eines Rückschnitts und Auslichtens des Baumes als minder schwere Maßnahme zu erwägen ( OLG Köln WuM 2000,624; OLG Köln NZM 1999,623; LG Frankfurt NJW-RR 1990,24 ). Es liegt keine unzumutbare Beeinträchtigung für die Kläger vor. Der Lichteinfall wird nur zum Teil durch den Ahornbaum beeinträchtigt, da dieser nicht unmittelbar vor der Eigentumswohnung der Kläger, sondern an der davor befindlichen Terrasse steht. Danach kann nicht von einer völligen Verdunkelung des Wohnzimmers der Kläger und von einer unter keinen Umständen mehr hinnehmbaren Verschattung der Terrasse ausgegangen werden. Es kommt hinzu, dass der Ahornbaum schon zum Zeitpunkt des Einzugs der Kläger in die Eigentumswohnung vorhanden war und die Mehrheit der Wohnungseigentümer ein Interesse daran hat, dass der Ahornbaum stehen bleibt. Zwar können in geeigneten Fällen auch die landesrechtlichen Vorschriften des Nachbarrechtsgesetzes in die Interessenabwägung einbezogen werden ( OLG Hamm NJW-RR 2003, 230 ). Heranzuziehen sind dann aber auch die Vorschriften über Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Beseitigungsansprüchen ( BGH NJW 2007,3636 ). Nach § 47 Abs. 1 S. 1 NachbarG NW ist ein Beseitigungsanspruch ausgeschlossen, wenn nicht binnen sechs Jahren nach dem Anpflanzen Klage auf Beseitigung erhoben wird. Der Ahornbaum war schon zum Zeitpunkt des Einzuges der Kläger im Jahre 2005 vorhanden, so dass die nachbarrechtlichen Vorschriften nicht zu deren Gunsten berücksichtigt werden können. Schließlich kommen mit einem Rückschnitt und einem Auslichten auch weniger einschneidende Maßnahmen als ein Fällen des Ahornbaumes in Betracht, um den für die Kläger bestehenden Beeinträchtigungen zu begegnen.
21Der unter b) zum Tagesordnungspunkt 14 gefasste Eigentümerbeschluss ist dahin auszulegen, dass nicht jeglicher, sondern nur ein erheblicher Rückschnitt des Ahornbaumes abgelehnt worden ist. Eigentümerbeschlüsse sind objektiv und normativ auszulegen, ohne dass es auf die subjektiven Vorstellungen der beteiligten Wohnungseigentümer ankäme. Dabei ist von dem protokollierten Wortlaut der Eigentümerbeschlüsse auszugehen ( BGH NJW 2010,3093 ). Nach dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 16. Dezember 2013 ist darüber abgestimmt worden, ob der Ahornbaum derart zurückgeschnitten werden sollte, dass keine übermäßige Verschmutzung und Verschattung der Terrasse der Kläger stattfand. Diese Formulierung kann nur dahin verstanden werden, dass nach dem Willen der Kläger bei dem Ahorn-baum wenigstens ein erheblicher Rückschnitt erfolgen sollte. Dass nur ein solcher ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, haben die Kläger nicht dargetan. Auch wenn durch den Ahornbaum zeitweise eine Verschmutzung und eine erhebliche Verschattung der Terrasse der Kläger herbeigeführt wird, steht den Wohnungseigentümern bei der Beschlussfassung darüber, in welchem Umfang ein Rückschnitt erfolgen soll, ein Ermessensspielraum zu. Dass die durch den nicht unmittelbar vor der Eigentumswohnung der Kläger stehenden Ahornbaum hervorgerufenen Beeinträchtigungen so gravierend sind, dass der Ermessensspielraum insoweit auf Null reduziert ist, als nur ein erheblicher Rückschnitt als Maßnahme ordnungsgemäßer Verwaltung in Betracht kommt, ist nicht ersichtlich.
22Die Eigentümerbeschlüsse zum Tagesordnungspunkt 14 sind auch nicht wegen einer Ungleichbehandlung der Kläger für ungültig zu erklären. Zwar darf ein Eigentümerbeschluss nicht zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer führen ( BGH NJW 2011,1221; LG Düsseldorf ZMR 2012,805 ). Eine ohne sachlichen Grund erfolgte Ungleichbehandlung ist nicht von dem bei der Beschlussfassung bestehenden Ermessen der Wohnungseigentümer gedeckt ( BayObLG ZMR 2005,132 ). Es liegt jedoch keine treuwidrige Ungleichbehandlung der Kläger vor. Soweit in der Vergangenheit Eigentümerbeschlüsse über die Beseitigung oder den Rückschnitt von Bäumen gefasst worden sind, betraf dieses Bäume, die bei weitem nicht so groß waren wie der Ahornbaum an der Terrasse der Kläger.
23Ob durch den Ahornbaum Substanzschäden am Garagengebäude drohen, kann dahinstehen, da diese Frage nicht Gegenstand der am 16. Dezember 2013 unter dem Tagesordnungspunkt 14 erfolgten Beschlussfassung war.
24Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91a Abs. 1 S. 1, 92 Abs. 1 S. 1 und 97 Abs. 1 ZPO. Soweit die Hauptsache in Bezug auf die Anfechtung des Eigentümerbeschlusses vom 16. Dezember 2013 zum Tagesordnungspunkt 7 übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, sind den Klägern die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, da die Klage in diesem Punkt von vornherein unbegründet war. Der Eigentümerbeschluss zum Tagesordnungspunkt 7 ist nicht nichtig. Zwar fehlt den Wohnungseigentümern die Kompetenz, einzelnen Wohnungseigentümern außerhalb der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten durch Mehrheitsbeschluss Leistungspflichten aufzuerlegen ( BGH NJW 2010,3093; BGH NJW 2010,2801 ). Durch den Eigentümerbeschluss zum Tagesordnungspunkt 7 ist aber nicht konstitutiv eine Leistungspflicht der Kläger begründet worden. Eigentümerbeschlüsse sind objektiv und normativ auszulegen, ohne dass es auf die subjektiven Vorstellungen der beteiligten Wohnungseigentümer ankäme. Dabei ist von dem protokollierten Wortlaut der Eigentümerbeschlüsse auszugehen ( BGH NJW 2010, 3093 ). Zwar heißt es in dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 16. Dezember 2013 unter dem Tagesordnungspunkt 7, dass die Kläger verpflichtet werden, ihre Terrasse in einer Weise zurückzubauen, wie es sich aus dem Angebot der Firma X Gartenbau vom 9. Fe-bruar 2012 ergibt. Die nachfolgenden Sätze lassen jedoch erkennen, dass den Klägern durch den Mehrheitsbeschluss keine Leistungspflicht auferlegt werden sollte, sondern es nur darum ging, die Modalitäten einer Geltendmachung des nach Ansicht der Mehrheit der Wohnungseigentümer gegen die Kläger bestehenden Rückbauanspruchs zu regeln. Es ist beschlossen worden, zunächst den Klägern für die Durchführung der Rückbauarbeiten eine Frist von vier Wochen zu setzen. Für den Fall eines ergebnislosen Verstreichens dieser Frist wurde die Verwalterin beauftragt, den Rückbauanspruch unter Einschaltung der Prozessbevollmächtigten der Beklagten klageweise geltend zu machen. Dazu hätte keine Veranlassung bestanden, wenn die Mehrheit der Wohnungseigentümer davon ausgegangen wäre, dass bereits der Eigentümerbeschluss eine verbindliche Festlegung der Rückbauverpflichtung der Kläger enthielt. Bei einer Fortsetzung des Rechtsstreits ohne die Erledigung wäre der Eigentümerbeschluss zum Tagesordnungspunkt 7 nicht für ungültig erklärt worden. Ein Eigentümerbeschluss über die Geltendmachung eines Anspruchs widerspricht nur dann den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die von der Mehrheit vertretene Rechtsposition offenkundig unhaltbar ist ( OLG Frankfurt ZMR 2009,462; BayObLG NZM 1999,862; BayObLG ZMR 1998,580 ). Die sachliche Berechtigung des geltend gemachten Anspruchs ist nicht im Beschlussanfechtungsverfahren, sondern erst im nachfolgenden Rechtsstreit zu prüfen. Auch wenn die Klage später durch Urteil des Amtsgerichts Dortmund vom 26. August 2014 abgewiesen worden ist, war die Rechtsauffassung der Mehrheit der Wohnungseigentümer, dass der Rückbauanspruch gegen die Kläger nicht verjährt sei und dass für den Fall des Eintritts der Verjährung eine Berufung darauf gegen Treu und Glauben verstoße, nicht offenkundig unhaltbar. Dem Eigentümerbeschluss zum Tagesordnungspunkt 7 fehlt es nicht an der erforderlichen inhaltlichen Bestimmtheit. Durch die Bezugnahme auf das Angebot der Firma X Gartenbau vom 9. Februar 2012 ist in dem Eigentümerbeschluss konkret festgelegt worden, welche Rückbauarbeiten von den Klägern verlangt werden sollten.
25Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 S. 1 ZPO.
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Referenzen
- ZPO § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen 1x
- BGB § 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch 1x
- § 8 Abs. 1 HeizkostenV 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 1004 Abs. 1 S. 1 BGB sowie 14 Nr. 1 und 15 Abs. 3 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache 1x
- ZPO § 313a Weglassen von Tatbestand und Entscheidungsgründen 1x
- §§ 62 Abs. 2 WEG sowie 540 Abs. 2 und 313a Abs. 1 S. 1 ZPO 1x (nicht zugeordnet)
- 512 C 25/12 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- § 47 Abs. 1 S. 1 NachbarG 1x (nicht zugeordnet)
- § 28 Abs. 3 WEG 1x (nicht zugeordnet)