Urteil vom Landgericht Dortmund - 8 O 2/20 (Kart)
Tenor
Die einstweilige Verfügung vom 12.02.2020 wird mit der Maßgabe bestätigt, dass
1.
es dem Verfügungsbeklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder bei Meidung einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft zu vollstrecken am Vorstand des Antragsgegners, wobei die Haft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf,
verboten wird
a)
den C1 e.V. anzuweisen, es zu unterlassen IGP-Leistungs- und Ausstellungsrichter n bei den Verfügungsklägern einzusetzen und/oder
b)
gegenüber dem C1 e.V. Sanktionen, insbesondere eine Kündigung der Mitgliedschaft oder einen Ausschluss aus dem Verein des Antragsgegners, für den Fall anzudrohen, dass dieser einer Weisung gemäß Ziffer 1.a) nicht nachkommt, und/oder derartige Sanktionen zu verhängen, jeweils insbesondere, wenn dies geschieht wie mit Schreiben vom 13. Dezember 2019 gemäß Anlage Ast 1.
2.
der Verfügungsbeklagte hat den C1 e.V. durch eine verbindliche schriftliche Erklärung bis spätestens eine Woche nach Zustellung der einstweiligen Verfügung zu informieren
a)
dass es dem C1 e.V. frei steht, IGP-Leistungs- und Ausstellungsrichtern bei den Verfügungsbeklagten einzusetzen und
b)
dass der Inhalt des anderslautenden Schreibens vom 13. Dezember 2019 gemäß Anlage Ast1 insoweit widerrufen wird.
Im Übrigen wird die einstweilige Verfügung vom 12.02.2020 aufgehoben und der Antrag abgewiesen.
Dem Verfügungsbeklagten werden die weiteren Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens auferlegt.
1
Tatbestand
2Die Verfügungskläger wenden sich mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen eine am 13.12.2019 von dem Verfügungsbeklagten gegenüber einem seiner Mitgliedsvereine, dem C1 e.V. (fortan: C1), ausgesprochenen Weisung. Mit dieser Weisung wurde der C1 angehalten, keine „C1-Richter“ mehr bei Veranstaltungen einzusetzen, die nicht von M1-Mitgliedsvereinen oder deren Mitgliedern oder mit diesen kooperierenden Vereinen ausgerichtet werden. Die Verfügungskläger halten diese Weisung für kartellrechtswidrig. Sie möchten mit ihrem Antrag erreichen, dass der C1 seinen Richtern die Teilnahme an Veranstaltungen gestatten darf, die durch nicht-kooperierende Vereine organisiert werden.
3Der Verfügungsbeklagte ist ein deutscher Dachverband, bestehend aus derzeit 175 Hundezucht- und Hundesportvereinen in Deutschland und als solches Mitglied der M1 (fortan: M1), einem internationalem kynologischen (Kynologie = Lehre von der Zucht, Dressur und den Krankheiten der Hunde) Dachverband. Als einziges deutsches Mitglied der M1 überwacht der Verfügungsbeklagte insbesondere das Zuchtgeschehen nach seinen und den M1-Regularien in Deutschland sowie innerhalb seines und des M1 organisierten Hundesports. Der Verfügungsbeklagte vertritt somit das in ihm organisierte Deutsche Hundewesen in der M1.
4Die Verfügungskläger sind der C2 e.V. (fortan: C2), einem internationalem Dachverband von Schäferhunde-Zuchtvereinen (sog. Weltrasseverband), angehörende Schäferhund-Vereine aus Spanien, Ungarn und den USA. Die C2 ist ihrerseits nicht Mitglied der M1. Die insgesamt 95 Mitgliedsvereine der C2 sind zum Teil (nämlich rund 60) über ihre jeweiligen nationalen Dachverbände gleichsam Mitglieder der M1. Die Verfügungskläger jedoch sind jeweils nicht Mitglied des nationalen Dachverbands, der Mitglied der M1 ist, sie sind also sog. „nicht-kooperierende“ bzw. „Dissidenten“-Vereine. Die M1 erkennt daher ihre Herkunftsnachweise bzw. ausgestellten Urkunden über Wettkampfergebnisse grundsätzlich nicht an.
5Der C1 ist eines der größten Mitglieder des Verfügungsbeklagten und somit mittelbar auch Mitglied der M1. Er ist – die Rasse der Schäferhunde betreffend – innerhalb der M1-Organisation für die Bestimmung der rassespezifischen Merkmale zuständig, hat die Zuchthoheit inne und stellt Richter. Die von ihm bestimmten Rassestandards stellen wiederum eine wesentliche Bewertungsgrundlage für die C1-Richter bei Hundeschauen und sonstigen Veranstaltungen dar, wobei es insoweit nicht darauf ankommt, ob die einzelne Hundeschau/-veranstaltung von einem der M1-Organisation angeschlossenem Verein ausgerichtet wird oder nicht. Zwischen den Parteien ist insoweit jedenfalls unstreitig, dass der Bescheinigung über die Einhaltung der von dem C1 normierten Rassestandards (beispielhaft des Standars IGP-1) eine wesentliche Bedeutung insoweit zukommt, als dass sie sich deutlich wertsteigernd auf den betreffenden Hund auswirkt.
6Nach den Regelwerken der M1 und des Beklagten ist es einem ihrer Ausstellungs- bzw. einem IGP-Leistungsrichter nicht erlaubt, an Veranstaltungen zu richten, die nicht von der M1 anerkannt werden, vgl. § 9 Ziffer 9.2 C3-Rahmenordnung für Richter im Sport (fortan: C3-Rahmenordnung), § 12 C3-Rahmenordnung (Anl. AG 8) sowie Ziff. 11 Nr. 2 a der C3-Satzung, (Anlage ASt 28).
7Bis zum 10.05.2018 bestand zwischen der C2 und der M1 ein im April 2013 geschlossener Kooperationsvertrag, auf dessen Grundlage es den Mitgliedsvereinen der C2 unabhängig von ihrer jeweiligen Mitgliedschaft in dem nationalen M1-Verein möglich war, Veranstaltungen und Wettbewerbe auszurichten, auf denen M1-Richter (konkret: C1-Richter) bewerteten und durch die M1 anerkannte Leistungskennzeichen vergaben (vgl. dazu § 4 Ziff 4 des Kooperationsvertrages, Anl. ASt 6).
8Nachdem die M1 diesen Kooperationsvertrag mit Wirkung zum 10.05.2020 gekündigt hatte, wirkte sie zur Umsetzung ihres vereinsinternen Regelwerkes betreffend den Einsatz ihrer Richter auch auf den Verfügungsbeklagten ein. Zum Zwecke der Umsetzung der entsprechenden Vorschriften beschloss der Vorstand des Verfügungsbeklagten sodann, ihrem Mitglied, dem C1, nach § 6 Abs. 1 C3-Satzung (Anl. Ast 28) die Weisung zu erteilen, keine C1-Richter zu Veranstaltungen zu entsenden, die von einem Verein ausgerichtet werden, der nicht Mitglied des jeweiligen nationalen M1-Vereins ist oder mit der M1 kooperiert. Für den Fall der Nichtumsetzung der Weisung drohte der Verfügungsbeklagte mit der Anwendung der satzungsgemäß zur Verfügung stehenden Disziplinarmaßnahmen bis hin zum Ausschluss des C1 nach § 7 Ziff. 8 C3-Satzung (Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des als Anlage ASt 1 zu den Akten gereichten Schreibens Bezug genommen). Wörtlich heißt es in dem Schreiben, verfasst von den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Verfügungsbeklagten, vom 13.12.2019 an den C1 hinsichtlich der Weisung:
9„[…] ab sofort, spätestens aber ab dem 1. Januar 2020, zu unterlassen, IGP-Leistungs- und Ausstellungsrichter des C1 bei C2-Vereinen in Ländern einzusetzen, in denen ein Kennel Club entweder Mitglied der M1 ist oder ein Kooperationsvertrag mit der M1 geschlossen hat und dem der C2-Verein nicht angeschlossen ist […]“.
10Mit Schreiben vom 17.12.2019 an den C2 teilte der C1 mit, sich an diese Weisung gebunden zu sehen und deshalb alle Entsendungen von Richtern an C2-Mitgliedsvereine, die nicht Mitglied des nationalen M1-Mitgliedsvereins sind, zurückzunehmen und künftig keine C1-Richter mehr zu solchen Veranstaltungen zu entsenden (wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens Bezug genommen, Anl. ASt 19).
11Der Verfügungskläger zu 1) versandte daraufhin am 30.12.2019 eine E-Mail an Vertreter des C1, der C2, der M1 sowie des Verfügungsbeklagen und teilte mit, die Weisung nicht zu akzeptieren. Gleichsam forderte er die Empfänger auf, die Weisung bis zum 06.01.2020 zu widerrufen und kündigte andernfalls die Einleitung rechtlicher Schritte an. Die Verfügungskläger zu 2) und 3) versandten eine inhaltsgleiche E-Mail an die vorgenannten Empfänger am 31.12.2019 (zu den Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der als Anlagen ASt 20 und 21 eingereichten E-Mailausdrucke).
12Am 09.01.2020 antwortete darauf ein Vertreter des C1 und teilte mit, dass der Widerruf der Weisung außerhalb der Einflusssphäre des C1 läge und der Aufforderung daher nicht nachgekommen werden könne. Die gleichsam gemachte Ankündigung, zu einem späteren Zeitpunkt die Frage zu beantworten, welche Organisation die Entscheidung über die Weisung getroffen hat, wurde nicht erfüllt (wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der E-Mails, Anl. ASt 22, 23).
13Am 15.01.2020 sandte ein Vertreter des Verfügungsklägers zu 1) eine weitere E-Mail an den C1 mit diversen Fragen zu den Auswirkungen der ausgesprochenen Weisung und verlangte eine Beantwortung bis zum 16.01.2020 (Bl. 14 d. A., Anl. ASt 24). Diese E-Mail wurde inhaltlich nicht beantwortet; es wurde seitens des C1 lediglich mitgeteilt, dass die Beantwortung der Fragen Zeit beanspruche.
14Am 28.01.2020 forderten die Verfügungskläger den Vorstand der C2 auf, rechtliche Schritte gegen die M1 einzuleiten (wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt des als Anlage ASt 25 eingereichten Schreibens). Der Präsident der C2 bat die Verfügungskläger daraufhin um Aufschub bis zum 01.03.2020, da am 28.02.2020 ein Gespräch mit der M1 stattfinde, welches womöglich zu einer Einigung führe. Allerdings sei es der C2 aufgrund der angedrohten Sanktionen und der bestehenden existenzbedrohenden Abhängigkeit des Verfügungsbeklagten von der M1 einerseits und der des C1 vom Verfügungsbeklagten andererseits nicht möglich, sogenannten Dissidenz-Vereinen weiter C1-Richter zu überlassen (wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt dieses Schreibens, Anl. ASt 26).
15Die Verfügungskläger sind der Auffassung, dass die gegenüber dem C1 ausgesprochene Weisung des Verfügungsbeklagten kartellrechtswidrig ist und nehmen insoweit einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruches gegen den Verfügungsbeklagten gemäß §§ 33 Abs. 1, Abs. 3 GWB i.V.m. § 1 GWB und Art. 101 AEUV sowie gemäß § 33 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 20 GWB für sich in Anspruch.
16Zudem behaupten sie, dringend auf den Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung angewiesen zu sein, da andernfalls irreversible Schäden und Mitgliederverluste drohten. Insbesondere der Verfügungskläger zu 2) sei kurz- bis mittelfristig sogar in seiner Existenz gefährdet (wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der eidesstattlichen Versicherungen des Generalsekretärs der Verfügungsklägerin zu 1), Anl. ASt 49, des Präsidenten der Verfügungsklägerin zu 2), Anl. ASt 31 sowie dem Präsidenten der Verfügungsklägerin zu 3), Anl. ASt 8).
17Bereits jetzt müssten fortwährend Veranstaltungen abgesagt werden, die ohne entsprechende Leistungsrichter des C1 nicht durchführbar seien; Rechtsschutz in einem möglichen Hauptsacheverfahren käme vor diesem Hintergrund deutlich zu spät und sei ungeeignet, die dringend erforderliche sofortige Abhilfe zu schaffen.
18Die Verfügungskläger haben ursprünglich beantragt,
191.
20dem Verfügungsbeklagten unter Androhung der gesetzlichen Zwangsmaßnahmen
21zu verbieten
22a)
23den C1 e.V. anzuweisen, es zu unterlassen IGP-Leistungs- und Ausstellungsrichter einzusetzen bei (i) den Antragstellern und/oder (ii) anderen Mitgliedsvereinen der C2 e.V. in Ländern, in denen ein Kennel Club (d.h. der nationale Dachverband) entweder Mitglied der M1 ist oder einen Kooperationsvertrag mit der M1 geschlossen hat und dem der C2-Mitgliedsverein nicht angeschlossen ist, und/oder
24b)
25gegenüber dem C1 e.V. Sanktionen, insbesondere eine Kündigung der Mitgliedschaft oder einen Ausschluss aus dem Verein des Antragsgegners, für den Fall anzudrohen, dass dieser einer Weisung gemäß Ziffer 1.a) nicht nachkommt, und/oder derartige Sanktionen zu verhängen, jeweils insbesondere, wenn dies geschieht wie mit Schreiben vom 13. Dezember gemäß Anlage Ast 1.
262.
27Den Verfügungsbeklagten zu verpflichten, (i) den C1 e.V., (ii) die C2 e.V. sowie (iii) sämtliche Mitgliedsvereine der C2 e.V. durch eine verbindliche schriftliche Erklärung bis spätestens eine Woche nach Zustellung der einstweiligen Verfügung zu informieren,
28a)
29dass es dem C1 e.V. frei steht, IGP-Leistungs- und Ausstellungsrichtern bei sämtlichen Mitgliedsvereinen der C2 e.V. einzusetzen und
30b)
31dass der Inhalt des anderslautenden Schreibens vom 13. Dezember 2019 gemäß Anlage Ast1 widerrufen wird.
32Antragsgemäß hat das Gericht am 12.02.2020 wegen der Dringlichkeit des Falles ohne vorangegangene mündliche Verhandlung im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung gegen den Verfügungsbeklagten erlassen.
33Gegen diese einstweilige Verfügung hat der Verfügungsbeklagte mit Schriftsatz vom 18.02.2020 Widerspruch erhoben.
34Die Verfügungskläger beantragen nunmehr,
35die einstweilige Verfügung der Kammer vom 12. Februar 2020 aufrechtzuerhalten.
36Der Verfügungsbeklagte beantragt,
37die einstweilige Verfügung der Kammer vom 12. Februar 2020 aufzuheben und den Antrag auf einstweilige Verfügung zurückzuweisen.
38Der Verfügungsbeklagte rügt zunächst die Verletzung rechtlichen Gehörs und trägt dazu vor, dass er durch seine jetzigen Prozessbevollmächtigten eine Schutzschrift vom 16. Januar 2020 in das zentrale Schutzschriftenregister habe einstellen lassen. Diese Schutzschrift habe den C1, die C2 sowie „andere namentlich nicht zu benennende Antragsteller“ als mögliche Antragsteller aufgeführt.
39Außerdem hält er die Zulässigkeit der Anträge, insbesondere mit Blick auf ihren Umfang, für nicht gegeben. Die Verfügungskläger forderten mit ihren Anträgen Dinge nicht nur für sich selbst, sondern auch für Dritte, nämlich sämtliche Mitglieder der C2, ein.
40Der Verfügungsbeklagte ist darüber hinaus der Auffassung, dass selbst bei einem insoweit unterstelltem Verstoß gegen kartellrechtliche Vorschriften die Verfügungskläger jedenfalls nicht Betroffene im Sinne des § 33 GWB seien und dementsprechend auch nicht aktivlegitimiert zur Geltendmachung etwaiger Unterlassungs-, Beseitigungs- oder Schadensersatzansprüche.
41Davon unabhängig ist er der Auffassung, die streitgegenständliche Weisung vom 13.12.2019 verstoße nicht gegen kartellrechtliche Vorschriften und weder sie noch die ihr zugrundeliegenden Regelwerke bezweckten oder bewirkten eine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV oder i.S.d. § 1 GWB. Die Auswirkungen der Beschränkung des Wirkungskreises von M1-Richtern (hier C1-Richtern), die außerhalb der M1-Organisation einträten, seien der Gesamtorganisation des M1-Regelwerkes immanent. Als vereinsrechtlich gebotene Regelung sei die Beschränkung von der Anwendung des Kartellrechts ausgenommen, weil sie in untrennbarem Zusammenhang mit den grundlegenden Verbandszielen der M1-Organisation und damit auch denen des Verfügungsbeklagten stünden. Die Weisung verfolge zum einen das Ziel, das ordnungsgemäße Funktionieren der M1-internen Wettbewerbe zu gewährleisten. Insoweit solle mit ihr sichergestellt werden, dass die innerhalb der M1-Organisation ausgebildeten Richter auch für Wettbewerbe innerhalb der M1-Organisation zur Verfügung stehen. Zum anderen solle mit der Weisung aber vor allem die Einhaltung der Wettbewerbsregularien der M1-Organisation und damit letztlich insbesondere auch die Einhaltung der von der M1-Organisation aufgestellten Tierschutzstandards gewährleistet werden. Insoweit ziele die Weisung darauf ab, zu verhindern, dass außerhalb der M1-Organisation M1-anerkannte Zeugnisse ausgestellt werden, um auf diese Weise die Kompetenz, Integrität und Verantwortlichkeit des M1-Systems sicherzustellen. Denn gegenüber außerhalb der M1-Organisation stehenden Vereinen habe weder der Verfügungsbeklagte noch die M1 Möglichkeiten und Kompetenzen, um etwa die Einhaltung von Tierschutzstandards zu kontrollieren.
42Aus denselben Gründen fehle es auch am Vorliegen eines ungerechtfertigten Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung i.S.d. Art. 102 AEUV bzw. i.S.d. §§ 19, 20 GWB, wobei der Verfügungsbeklagte insofern meint, schon keine marktbeherrschende Stellung inne zu haben.
43Zudem fehle es auch am Vorliegen eines Verfügungsgrundes. Zum einen hätten die Verfügungskläger seit Kenntnis aller vermeintlich anspruchsbegründenden Tatsachen (dem 17.12.2019) bis zur Einreichung des gegenständlichen Antrages nahezu zwei Monate verstreichen lassen und damit durch zu langes Zuwarten selbst zum Ausdruck gebracht, dass keine den Erlass einer einstweiligen Verfügung rechtfertigende Dringlichkeit bestehe. Hinzu komme, dass die Verfügungskläger über die der streitgegenständlichen Weisung zugrundeliegende Problematik (nach Statuten der M1 sowie des Verfügungsbeklagten regelwidriger Einsatz der C1-Richter) bereits seit November 2017 Kenntnis gehabt hätten und sich seitdem dagegen hätten zur Wehr setzen können. Schließlich hätten die Verfügungskläger mit ihrem – jedenfalls nicht mit Vergleichsverhandlungen begründeten – Vollstreckungsverzicht seit dem Erlass der einstweiligen Verfügung durch Beschluss des Gerichts vom 12.02.2020 bis zur mündlichen Verhandlung am 04.03.2020 selbst zum Ausdruck gebracht, dass es ihren Anträgen an der notwendigen Dringlichkeit fehle.
44Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
45Entscheidungsgründe
46Der zulässige Verfügungsantrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichem Umfang begründet. Im Übrigen war der Antrag als unbegründet abzuweisen.
47Den Verfügungsklägern steht der geltend gemachte Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch im tenorierten Umfang zu und auch die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit der Sache gemäß § 935 ZPO ist gegeben.
48I. Zum Verfügungsanspruch
49Der Verfügungsbeklagte hat mit dem Ausspruch der streitgegenständlichen Weisung gegenüber dem C1 gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen aus § 1 GWB sowie aus Art. 101 AUEV verstoßen. Überdies liegt darin die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung i.S.d. §§ 19 Abs. 1, 2 Nr. 1, 20 GWB begründet. Die Verfügungskläger haben deshalb als Betroffene Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung gemäß § 33 Abs. 1 GWB.
501. Verstoß gegen das Kartellverbot aus § 1 GWB sowie aus Art. 101 AEUV
51a) Der Verfügungsbeklagte ist als Dachverband eine Unternehmensvereinigung im Sinne des Kartellrechts. Unter den spezifisch-kartellrechtlichen Unternehmensbegriff des § 1 GWB, der ohne Einschränkungen dem des Art. 101 AEUV entspricht, fällt jede natürliche oder juristische Person oder nichtrechtsfähige Personenvereinigung, die eine irgendwie geartete Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr ausübt. Erforderlich ist eine wirtschaftliche Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (vgl. dazu EuGH Slg. 1987, 2599 Rn. 7; Slg. 1998 I-3851, Rn. 36) oder nachzufragen (vgl. dazu BGH DE-R 839, 841 - Privater Pflegedienst). Es gilt insoweit der sog. funktionale Unternehmensbegriff (vgl. zum EU-Recht Bechtold/Bosch/Brinker AEUV Art. 101 Rn. 11; Bechtold/Bosch/Bechtold/ Bosch, 9. Aufl. 2018, GWB § 1 Rn. 7). Der Verfügungsbeklagte bietet selbst auf dem Gebiet der Hundezucht Dienstleistungen an und erzielt aus seinen verschiedenen Tätigkeiten Einnahmen. Dabei ist es im Ergebnis für die Beurteilung unerheblich, ob es dem Verfügungsbeklagten dabei auf das Erwirtschaften von Gewinnen ankommt oder nicht. Insoweit ist die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit im geschäftlichen Verkehr – wie es der Verfügungsbeklagte macht – maßgebend und ausreichend (so EuGH, Urteil vom 01. Juli 2008 – C-49/07 – Motoe, juris; BGH, Beschluss vom 13. November 1979 – KVR 1/79 –, Rn. 14, juris¸ OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.12.2008 - 6 W 92/08).
52b) Die Mittel der Wettbewerbsbeschränkung sind vorliegend Beschlüsse des Beklagten als Unternehmensvereinigung i. S. d. § 1 GWB. Der Verfügungsbeklagte hat die von der Verfügungsklägerin beanstandeten Regularien der M1 (insbesondere Ziff. 11.2a des Reglements für Ausstellungsrichter der M1) durch Beschluss in seine eigenen Regularien übernommen.
53Auf diese Regelungen, § 12 der C3-Rahmenordnung für Richter im Sport sowie § 10, 12 Ziff. 2 der C3-Zuchtrichter-Ordnung, stützt der Verfügungsbeklagte seine im Vorstand beschlossene und gegenüber dem C1 ausgesprochene Weisung vom 13.12.2019.
54c) Die ausgesprochene Weisung bezweckt zudem eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne des § 1 GWB und des Art. 101 AEUV, und zwar sowohl auf dem innerdeutschen als auch auf dem europäischen Binnenmarkt und auch darüber hinaus.
55Ob eine Verhaltensweise ihrem Zweck nach wettbewerbsbeschränkend ist, ist nach ihrer objektiven Bedeutung zu beurteilen. Auf die mit ihr verfolgten Absichten kommt es hingegen nicht an (EuGH NZKart 2015, 267 – Bananen (Dole)). Hiernach kann schon eine objektive wettbewerbsbeschränkende Tendenz der zu beurteilenden Maßnahme zur Annahme einer „bezweckten“ Wettbewerbsbeschränkung führen, wenn also die jeweilige Maßnahme bereits ihrer Natur nach schädlich für den Wettbewerb ist (EuGH, Urteil vom 11. September 2014, C-67/13 P, Rz. 51 – „Carte Bancaire“). Für diese Auslegung streitet auch der Gesetzeszweck, die Ermöglichung eines freien Wettbewerbs. Denn aus dem Blickwinkel der Wettbewerbsordnung ist es für die Beurteilung einer wettbewerbsbeeinträchtigenden Maßnahme gleichgültig, ob diese von einer auf die Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs gerichteten Absicht der Beteiligten getragen ist (Immenga/Mestmäcker/Zimmer, 5. Aufl. 2014, GWB § 1 Rn. 130 – 138).
56Die Weisung des Verfügungsbeklagten beschränkt die Möglichkeit für die Verfügungskläger und andere nicht zur M1-Organisation gehörende Vereine bzw. nicht mit der M1 kooperierende Vereine, Veranstaltungen wie Zuchtschauen und Leistungswettbewerbe durchzuführen. Denn ihnen stehen zur Durchführung solcher Veranstaltungen keine C1-Richter mehr zur Verfügung. Der Einsatz von C1-Richtern ist indes zur Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung des gesamten Prozessstoffes der maßgebliche Faktor für den Erfolg derartiger Veranstaltungen; dies ist auch von Seiten des Verfügungsbeklagten letztlich nicht substantiiert in Abrede gestellt. Die Teilnahme an Veranstaltungen ohne C1-Richter ist sowohl für Züchter als auch für das Publikum von nur geringem Wert, denn nur die C1-Richter sind befähigt, Zertifikate auszustellen, die international für die Schäferhundzucht anerkannt sind. Erst mit einer solchen Zertifizierung wird der jeweilige Hund international für die Zucht einsetzbar und gewinnt folglich deutlich an Wert. Diese Reputation und Bedeutung der C1-Richter liegt darin begründet, dass der C1 die zentrale Instanz für die Rasse des Schäferhundes ist.
57d) Die so mit der Weisung bezweckte Wettbewerbsbeschränkung ist – anders als der Verfügungsbeklagte meint – nicht als vereinsrechtlich gebotene Maßnahme von dem Kartellverbot aus § 1 GWB bzw. aus Art. 101 AEUV ausgenommen.
58Dabei ist zwar die in Art. 9 Abs. 1 GG grundgesetzlich verbürgte Vereinsautonomie des Verfügungsbeklagten besonders zu berücksichtigen. Dies führt aber im hier zu entscheidenden Fall nicht zu einer Nichtanwendbarkeit der einschlägigen Kartellrechtsvorschriften. Dies setzte voraus, dass die nachteiligen Auswirkungen der Maßnahme auf den Wettbewerb unmittelbar mit einem legitimen und kartellrechtsneutralen Zweck verbunden und für dessen Erreichung verhältnismäßig wären (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Februar 2002, Rs. C-309/99 – Wouters, EuGH, Urteil vom 18. Juli 2006, Rs. C-519/04, Meca-Medina).
59Unabhängig davon, ob man für die gegenständliche Weisung das Vorhandensein eines legitimen Zwecks annimmt oder nicht, ist diese im Ergebnis jedenfalls nicht verhältnismäßig.
60aa) Soweit der Verfügungsbeklagte dazu ausführt, die Weisung in erster Linie zur Gewährleistung eines von der M1-Organisation aufgestellten Tierschutzstandards ausgesprochen zu haben, erweist sich das eingesetzte Mittel (die Weisung) jedenfalls als unverhältnismäßig. Der Verfügungsbeklagte erläutert dazu, dass die von einem C1-Richter ausgestellte Urkunde auch den Inhalt hat, dass der zertifizierte Hund, dem Regelwerk der M1 entsprechend gezogen und ausgebildet wurde und einen bestimmten M1-Standard (z.B. IGP-1) erfüllt. Wenn diese – nur von C1-Richtern ausstellbaren – Urkunden bei Veranstaltungen von nicht zur M1-Organisation gehörenden oder mit dieser kooperierenden Vereinen ausgestellt würden, dann könne der Verfügungsbeklagte mangels jedweder Einwirkungsmöglichkeiten auf solche Vereine nicht mehr gewährleisten, dass die innerhalb der M1 geltenden Tierschutzstandards (bspw. kein Einsatz von Elektroreizgeräten bei der Aufzucht) eingehalten werden, wobei der Verfügungsbeklagte aber in diesem Zusammenhang ausdrücklich betont, dass er in Bezug auf die Verfügungskläger keine Zweifel an der Einhaltung entsprechender Tierschutzstandards habe, und es ihm um andere, außerhalb der C2 agierende, Vereine gehe, die entsprechende Standards möglicherweise nicht einhielten und – sofern der Einsatz von C1-Richtern erst einmal bei den Verfügungsklägern zugelassen würde – gegebenenfalls ihrerseits zukünftig auch C1-Richter anforderten. Diese Argumentation vermag bei der im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmenden gebotenen Abwägung im Verhältnis zu den Verfügungsklägern nicht zu überzeugen, weil diese – unstreitig – gerade die von dem Verfügungsbeklagten geforderten Standards den Tierschutz betreffend einhalten. Überdies scheint die Weisung, die ein ausnahmsloses Einsatzverbot für C1-Richter auf Veranstaltungen von nicht-kooperierenden Vereinen ausspricht, zur Gewährleistung des von dem Verfügungsbeklagten aufgestellten Tierschutzstandards nicht das richtige Mittel zu sein. Denn sie versucht dieses Ziel zu erreichen, indem andere, außerhalb der M1 stehende Vereine bei der Durchführung von Veranstaltungen behindert und die M1 gegen den Wettbewerb abgeschottet werden (vgl. dazu: Landgericht Nürnberg-Fürth, Urteil vom 28. Februar 2019, 19 O 1079/18, juris; Entscheidung der Irischen Kartellbehörde (Competition Authority) v. 24.06.2003, eingereicht als Anlage ASt 34).
61bb) Die zudem angeführte Begründung des Verfügungsbeklagten, mit der Weisung das ordnungsgemäße Funktionieren der M1-internen Wettbewerbe sicherstellen zu wollen, verfängt ebenfalls nicht. Es ist schon nicht ersichtlich, dass das insoweit von dem Verfügungsbeklagten erklärte Ziel, dass die innerhalb der M1-Organisation ausgebildeten Richter für Wettbewerbe innerhalb der M1-Organisation zur Verfügung stehen sollen, ohne die ausgesprochene Weisung in irgendeiner Weise konkret gefährdet wäre. Der Verfügungsbeklagte selbst macht keine Ausführungen dazu, dass und inwieweit es in der Vergangenheit jemals zu Engpässen bei den C1-Richtern gekommen wäre. Insoweit ist anzunehmen, dass der Einsatz von C1-Richtern auch außerhalb der M1 in der Vergangenheit problemlos möglich gewesen ist. Überdies ist in diesem Zusammenhang nicht überzeugend, dass der Verfügungsbeklagte die Verfügungskläger grundsätzlich darauf verweist, Mitglied der M1 zu werden, um C1-Richter zu bekommen. Die Anzahl der insgesamt vorhandenen C1-Richter dürfte sich durch den Beitritt oder die Kooperation (möglichst aller) Vereine kaum erhöhen.
62Auch der Verweis der Verfügungsbeklagten auf die zeit- und kostenintensive Ausbildung der C1-Richter innerhalb der M1-Organisation trägt insbesondere aus zwei Gründen nicht. Zum einen sind es nicht die Investitionen des Verfügungsbeklagten, die für die Ausbildung der C1-Richter eingesetzt werden, sondern allein die des C1 und der Richter selbst, wobei sowohl der C1 als auch die C1-Richter selbst – unstreitig – wollen, dass C1-Richter auch außerhalb der M1 eingesetzt werden können. Zum anderen machte die Notwendigkeit einer „langjährigen“ Richterausbildung im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung – an dieser Stelle insoweit der Argumentation des Verfügungsbeklagten folgend – dann auch die Einräumung einer entsprechend langen Übergangsfrist erforderlich, um den Verfügungsklägern die realistische Möglichkeit einzuräumen, eigene Richter überhaupt erst ausbilden zu können.
632. Verstoß gegen das Verbot aus §§ 19 Abs. 1, 2 Nr. 1, 20 GWB
64Der Verfügungsbeklagte hat mit dem Ausspruch der Weisung gegenüber dem C1 zudem gegen das Verbot aus §§ 19 Abs. 1, 2 Nr. 1, 20 GWB verstoßen und seine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausgenutzt.
65a) Der Verfügungsbeklagte ist als marktbeherrschendes Unternehmen i.S.v. § 19 Abs. 1, 2 GWB Normadressat.
66Dem Verbot des Abs. 2 Nr. 1 unterliegen Unternehmen, soweit sie als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen auf dem in Betracht stehenden sachlich und räumlich relevanten Markt die Marktbeherrschungsvorausetzungen des § 18 erfüllen (Immenga/Mestmäcker/Markert, 5. Aufl. 2014, GWB § 19 Rn. 98 - 99).
67Der Verfügungsbeklagte hat auf diversen weltweiten Märkten eine marktbeherrschende Stellung in diesem Sinne. Dabei handelt es sich unter anderem um Märkte für Dienstleistungen für die Rassehundezucht, für Zuchtschauen und Leistungswettbewerbe und den Verkauf von Rassehunden. Insbesondere hinsichtlich der in dem Einsatz von C1-Richtern liegenden Dienstleistung kommt dem Verfügungsbeklagten eine marktbeherrschende Stellung zu. Der Verfügungsbeklagte ist der größte Dachverband für Hundezucht und Hundesport in Deutschland. Er ist zudem der einzige deutsche Mitgliedsverband der M1. Da der C1 und seine Richter wiederum Teil des Verfügungsbeklagten sind, führt dies im Ergebnis dazu, dass für die Rasse des Deutschen Schäferhundes der Einsatz von C1-Richtern nur über den Verfügungsbeklagten erreicht werden kann. Wie bereits unter Punkt I.1. oben ausgeführt, ist es ohne den Einsatz von C1-Richtern Veranstaltern von Zuchtschauen, Leistungswettbewerben und Zuchtzulassungsprüfungen für Deutsche Schäferhunde nicht möglich, erfolgreich am Markt zu bestehen. Auch das Bundeskartellamt kam insoweit in dem von ihm geführten – und inzwischen allein aus Opportunitätsgründen eingestellten – Verfahren gegen die Verfügungsbeklagte zu dem Ergebnis, dass eine entsprechende Marktmacht des Verfügungsbeklagten besteht. Vor diesem Hintergrund bestehen angesichts der Vorlage der Schreiben des Bundeskartellamts sowie der übrigen durch die Verfügungsklägerin vorgelegten Schriftstücke und eidesstattlichen Versicherungen keinerlei Bedenken an der hinreichenden Glaubhaftmachung dieses Umstandes durch die Verfügungskläger.
68b) Mit der gegenüber dem C1 ausgesprochenen Weisung unter Androhung von Sanktionen für den Fall ihrer Nichtbefolgung, missbraucht der Verfügungsbeklagte seine bestehende Marktmacht i.S.d. §§ 19 Abs. 1, 2 Nr. 1, 20 GWB.
69Wie bereits festgestellt, besteht die Behinderung der Verfügungskläger durch den Verfügungsbeklagten darin, dass diese infolge der Weisung nicht mehr in der Lage sind, Zuchtschauen, Leistungswettbewerbe sowie Zuchtzulassungsprüfungen für Deutsche Schäferhunde erfolgreich durchzuführen. Diese Behinderung ist zudem unbillig und nicht gerechtfertigt. Insoweit wird an dieser Stelle zur Vermeidung von Wiederholungen auf die oben unter dem Punkt I.1.d) gemachten Ausführungen Bezug genommen, die uneingeschr8;nkt auch an dieser Stelle gelten.
703. Betroffenheit der Verfügungskläger
71Die Verfügungskläger sind als nicht der M1 angeschlossene Vereine von der Weisung des Verfügungsbeklagten gegenüber dem C1 zudem betroffen im Sinne des § 33 Abs. 1 GWB. Danach ist betroffen, „wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß (gegen das GWB, gegen eine Verfügung der Kartellbehörden oder gegen die Wettbewerbsregeln des AEUV) beeinträchtigt ist.“. Im Sinne der Rechtsprechung des EuGH ist das schlicht jedermann, sofern er in seiner Eigenschaft als Marktteilnehmer, d. h. als Akteur am Markt durch den Kartellverstoß betroffen ist (Immenga/Mestmäcker/Emmerich, 5. Aufl. 2014, GWB § 33 Rn. 10 – 22; EuGH, Urteil vom 20. September 2001, Rs. C-453/99 – Courage, Rn. 26; BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 – KZR 75/10 –, BGHZ 190, 145-172; ob sich der Kreis vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Otis, C-435/18, auch für Unterlassungsansprüche noch über die Marktteilnehmer hinaus erweitert, kann hier dahinstehen).
72Wie bereits ausgeführt können die Verfügungskläger aufgrund der Weisung für ihre Veranstaltungen (Zuchtschauen, Leistungswettbewerbe sowie Zuchtzulassungsprüfungen) nicht auf C1-Richter zurückgreifen, wodurch selbige nicht erfolgreich durchgeführt werden können.
734. Zum Anspruchsumfang
74Soweit die Verfügungskläger mit ihren Anträgen Regelungen mit Wirkung auch im Verhältnis zwischen dem Verfügungsbeklagten zu nicht an diesem Verfahren beteiligten Dritten, nämlich im Verhältnis zu sämtlichen Mitgliedern der C2, begehren, besteht darauf kein Anspruch. Die Anträge waren insoweit abzuweisen.
75II. Zum Verfügungsgrund
76Den Anspruch auf Unterlassung und Beseitigung aus § 33 Abs. 1 GWB können die Verfügungskläger im Wege der einstweiligen Verfügung geltend machen.
77Der Verfügungsgrund der Dringlichkeit gemäß § 935 ZPO liegt vor.
78Nach dieser Vorschrift besteht ein Verfügungsgrund, wenn zu besorgen ist, dass durch eine bevorstehende Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts der Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsverfügung) bzw. nach § 940 ZPO, wenn in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis die Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (sog. Regelungsverfügung). Diese Voraussetzung des Verfügungsgrundes wird zusammengefasst unter dem Begriff der Dringlichkeit. Die Tatsachen, die das Vorliegen dieser Dringlichkeit begründen, sind vom Antragsteller im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens darzulegen und glaubhaft zu machen, §§ 935, 936, 920 Abs. 2 ZPO.
79Der kartellrechtliche Anspruch aus § 33 Abs. 1 GWB kann grundsätzlich im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden (OLG Karlsruhe, Urteil vom 10. Dezember 2008 – 6 W 92/08 –, Rn. 30, juris). Mit Blick auf die von dem Verfügungsbeklagten problematisierte mögliche Vorwegnahme der Hauptsache ist im Rahmen des gegenständlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens das Interesse der Verfügungskläger an einer Gewährung effektiven Rechtsschutzes durch Erlass der einstweiligen Verfügung dem schutzwürdigen Interesse des Verfügungsbeklagten, in einem mit nur eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten ausgestatteten summarischen Verfahren nicht zur Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs angehalten zu werden, gegenüberzustellen. In die so vorzunehmende Abwägung sind insbesondere auch die Erfolgsaussichten des Verfügungsantrages einzubeziehen. Dabei ist der Verfügungsbeklagte umso weniger schutzbedürftig, wenn die Rechtslage eindeutig ist und sich die Berechtigung des Anspruches zweifelsfrei feststellen lässt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. November 2018 – VI-U (Kart) 7/18 –, Rn. 118, juris; ständige Rechtsprechung der Kammer, z.B. LG Dortmund, 8 O 10/18 = WuW 2018, 640 ff., TZ 91).
80Insoweit haben die Verfügungskläger in dem für das Verfahren erforderlichen Umfang dargelegt und mit der Abgabe der eidesstattlichen Versicherungen ihrer jeweils verantwortlichen Vertreter glaubhaft gemacht, dass sie ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung schwere Nachteile in einem existenzbedrohenden Ausmaß zu befürchten haben, weil sie an der Ausübung zentraler Verbandstätigkeiten behindert wären. Sie könnten ihre Veranstaltungen nicht mehr ausrichten und keine anerkannten Zuchtzulassungsprüfungen mehr durchführen. Insbesondere die von dem Verfügungskläger zu 2) für Oktober 2020 geplante Weltmeisterschaft in Györ (Ungarn), deren Ausfall bereits jetzt Kosten in Höhe eines sechsstelligen Eurobetrages verursachte, wäre mit ganz überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht durchführbar, da mit einer insoweit rechtzeitigen Entscheidung in der Hauptsache nicht zu rechnen ist.
81Darüber hinaus haben die Verfügungskläger ebenfalls hinreichend dargelegt und mit der Abgabe der eidesstattlichen Versicherungen ihrer jeweils verantwortlichen Vertreter glaubhaft gemacht, dass ihnen infolge dieses beschriebenen Ausfalls von Verbandstätigkeiten ein erheblicher, existenzbedrohender Mitgliederverlust drohte.
82Dem gegenüber ist ein mit dem Erlass der einstweiligen Verfügung eintretender Nachteil des Verfügungsbeklagten von ähnlichem Gewicht nicht ersichtlich. Dabei ist im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung auch zu berücksichtigen, dass der Kern des gegenständlichen Verfügungsverfahrens vor allem die dem Streit der Parteien zu Grunde liegende Rechtsfrage ist, ob der Verfügungsbeklagte den Einsatz von C1-Richtern bei Veranstaltungen der Verfügungskläger (mittels Weisung gegenüber seinem Mitglied, dem C1) untersagen darf. Hinsichtlich dieser Rechtsfrage gibt es in dem Prüfungsumfang zwischen dem gegenständlichen Verfügungsverfahren und einem Hauptsacheverfahren indes keinen Unterschied (vgl. dazu OLG Karlsruhe, Urteil vom 10. Dezember 2008 – 6 W 92/08 –, Rn. 30, juris).
83In diesem Zusammenhang dringt der Verfügungsbeklagte auch nicht mit dem Argument durch, dass die Verfügungskläger ihre jetzige Situation „selbst verschuldet“ hätten, da sie in den vergangenen 18 Monaten, mithin seit der Kündigung des Kooperationsvertrages zwischen der C2 und der M1, ausreichend Zeit gehabt hätten, um sich ihrerseits einem zur M1 gehörenden Verein bzw. Dachverband anzuschließen. Dies schon deshalb nicht, weil die Verfügungskläger nicht durch Kartellrechtsverstöße zu einem Beitritt verpflichtet werden können. Insoweit bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob für die Verfügungskläger eine solche Beitrittsmöglichkeit in ihren jeweiligen Herkunftsländern (USA, Spanien, Ungarn) tatsächlich besteht.
84Die Verfügungskläger haben zudem zunächst zügig und mit der gebotenen Entschlossenheit versucht ihre Rechte außergerichtlich durchzusetzen und mit sodann rechtzeitig, nämlich innerhalb des von der Rechtsprechung des hier zuständigen Oberlandesgerichts Düsseldorf regelmäßig zuerkannten Zeitraumes von zwei Monaten, den gegenständlichen Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung gestellt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. September 2019, I-15 U 48/19, OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Februar 2014, I-6 U 84/13; OLG Düsseldorf, Urteil vom 01. Juli 2014, I20 U 231/13; OLG Düsseldorf, Urteil vom 05. Oktober 2010, I-20 U 126/10).
85Schließlich ist die bestehende Dringlichkeit auch nicht dadurch entkräftet, dass die Verfügungskläger zwischen dem Erlass der einstweiligen Verfügung durch Beschluss der Kammer am 12.02.2020 und der mündlichen Verhandlung am 04.03.2020 auf die Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet haben. Eine solche Annahme wäre im konkreten Fall schon deshalb unbillig, weil dieser Vollstreckungsverzicht auch aufgrund entsprechender Anregung an beide Seiten durch den Vorsitzenden der Kammer erfolgte (vgl. Telefonvermerk des Vorsitzenden vom 19.02.2020, Bl. 80 R d. A.) und darüber hinaus noch mit Schriftsatz der Verfügungsklägerin vom 03.03.2020 – also einen Tag vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung - auch Vollstreckungsmaßnahmen beantragt worden sind.
86III.
87Soweit der Verfügungsbeklagte zudem die Verletzung rechtlichen Gehörs rügt, weil trotz einer von diesem in dem Schutzschriftenregister hinterlegten Schutzschrift durch Beschluss der Kammer am 12.02.2020 eine einstweilige Verfügung erlassen worden ist und seine Schutzschrift insofern keine Beachtung gefunden habe, kann sich daraus keine andere Bewertung im Hinblick auf das Vorliegen von Verfügungsgrund und -anspruch ergeben.
88Dennoch ist dieser Rüge in der gebotenen Kürze wegen ihrer Schwere und Bedeutung entgegenzuhalten, dass eine von der Kammer durchgeführte entsprechende Abfrage bei dem elektronischen Schutzschriftenregister ohne einen Treffer verlief. Insoweit trägt auch der Verfügungsbeklagte selbst vor, dass er in der hinterlegten Schutzschrift keinen der Verfügungskläger ausdrücklich, d.h. namentlich, als möglichen Antragsteller benannt hatte.
89IV.
90Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
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Referenzen
- 20 U 126/10 1x (nicht zugeordnet)
- 19 O 1079/18 1x (nicht zugeordnet)
- 6 W 92/08 3x (nicht zugeordnet)
- GWB § 20 Verbotenes Verhalten von Unternehmen mit relativer oder überlegener Marktmacht 1x
- 6 U 84/13 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 936 Anwendung der Arrestvorschriften 1x
- 8 O 10/18 1x (nicht zugeordnet)
- GWB § 19 Verbotenes Verhalten von marktbeherrschenden Unternehmen 1x
- ZPO § 935 Einstweilige Verfügung bezüglich Streitgegenstand 1x
- 15 U 48/19 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 920 Arrestgesuch 1x
- 20 U 231/13 1x (nicht zugeordnet)