Urteil vom Landgericht Frankenthal (Pfalz) (2. Zivilkammer) - 2 S 389/14

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Amtsgerichts Ludwigshafen a. Rh. vom 31. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.323,45 € festgesetzt.

Gründe

1

Zur Darstellung des Sachverhaltes kann auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

2

Vor diesem Hintergrund bleibt die zulässige Berufung in der Sache ohne Erfolg.

3

Soweit sich die Klägerin auf einen Schadensersatzanspruch auf der Grundlage einer Schlechterfüllung eines Auftragsverhältnisses beruft, greifen ihre Rügen nicht durch. Ein Auftragsverhältnis scheitert bereits daran, dass der Beklagte als Treuhänder im Rahmen des Insolvenzverfahrens in erster Linie nicht die Interessen der Klägerin verfolgt, sondern die Interessen der verbliebenen Gläubiger an einer gleichmäßigen Verteilung des Restvermögens. Dass und aus welchem Grunde demgegenüber über ein Gefälligkeitsverhältnis hinaus rechtsverbindliche Erklärungen des Beklagten Vorgelegen hätten, wonach er im Sinne eines Vertragsverhältnisses mit den entsprechenden Verpflichtungen zum Schadensersatz bei Schlechterfüllung zugunsten der Klägerin einen Auftrag angenommen hätte, bei den Gläubigern eine Freigabe des streitigen Betrages zu erreichen, ist nicht ersichtlich.

4

Zu Recht und mit zutreffenden Gründen hat das Amtsgericht auch eine Verpflichtung des Beklagten, als Treuhänder im Sinne der §§ 287, 292 InsO die in seiner Funktion vereinnahmten Krankenhaustagegelder zugunsten der Klägerin freizugeben, verneint. Entgegen der Auffassung der Klägerin waren nämlich dieselben auch im Sinne des § 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO unbeschränkt pfändbar. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 850 b Abs. 1 Nr. 4 ZPO sind im Hinblick auf die ausbezahlten Krankenhaustagegelder nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift sind Bezüge aus Krankenkassen, welche ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil zu Unterstützungszwecken gewährt werden, unpfändbar. Die Krankenhaustagegelder wurden jedoch seitens des Versicherers im vorliegenden Fall nicht in diesem Sinne zu Unterstützungszwecken gewährt. Anderes ergibt sich auch nicht aus der von den Parteien zitierten Rechtsprechung. Die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes (VersR 2007, 1435) betrifft nicht das Krankenhaustagegeld, sondern Versicherungsleistungen, die die Erstattung von Heilbehandlungskosten abdecken sollten (Gleiches gilt für Landgericht Hannover RPfl 1995, 511). Das Landgericht Lübeck (RPfl 1993, 207) hat lediglich in seiner Entscheidung mangels Vortrags der Parteien zu diesem Punkt angenommen, dass Krankenhaustagegelder im Zweifel unter die genannte Vorschrift fielen, da nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sei, dass sie gezahlt würden, um aufgrund der heute sehr hohen Pflegesätze eine entstehende Deckungslücke zu decken und nicht lediglich um Einbußen an Lebensfreude auszugleichen. Von dieser Sachlage kann jedoch im vorliegenden Fall, wie unten noch auszuführen sein wird, nicht ausgegangen werden.

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Auszugehen ist vielmehr vom Zweck des § 850 b ZPO, welcher die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners insoweit beschränken soll, als die eingenommenen Beträge der Existenzsicherung und Versorgung dienen. Leistungen, die den Bezugsberechtigten Schuldner seitens der Krankenkasse zu seiner Unterstützung, also zu seiner Existenzsicherung zufließen, sollen ihm grundsätzlich pfändungsfrei verbleiben. Zu prüfen ist deshalb, ob die entsprechenden Beträge deshalb vertragsgemäß ausgekehrt wurden, da der Versicherungsnehmer die Tagegelder dafür benötigt, krankheitsbedingte Mehrkosten, etwa eine bestehende Deckungslücke zwischen Erstattungsleistungen der Krankenversicherung und entsprechenden Kosten oder krankheitsbedingten Verdienstausfall auszugleichen und aus diesem Grunde gerade dies die Zweckrichtung der Gelder war (Landgericht Oldenburg, RPfl 1983, 33; Stöber, Forderungspfändung Randnr. 1019; Riedel/Beck OK ZPO, § 850 b Randnr. 311).

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Unter diesen Voraussetzungen ist vorliegend ein Pfändungsschutz nicht gegeben. Dass und in welchem Umfange die Klägerin gerade für die oben genannten Zwecke die Krankenhaustagegeldversicherung entsprechend den Versicherungsbedingungen abgeschlossen hätte, trägt die Klägerin nicht vor. Die Verwendung der tatsächlichen Einnahmen für den behaupteten Mehraufwand an Fahrtkosten und Ernährung außerhalb der Tage des Krankenhausaufenthaltes sprechen indiziell gerade dagegen. Die Klägerin hat nämlich ausweislich der insoweit nicht angegriffenen Gründe der amtsgerichtlichen Entscheidung gerade nicht kausal durch und während des Krankenhausaufenthaltes einen entsprechenden Mehrbedarf oder eine irgendwie geartete Deckungslücke bezüglich Versicherungsschutz bzw. Verdienstausfall, ausgeglichen, sondern Kosten, welche sie aufgrund ihrer allgemeinen Behandlungsbedürftigkeit ambulanter Art treffen und zwar nicht während der stationären Behandlung.

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Auch aus der allgemeinen Zweckrichtung von Krankenhaustagegeldversicherungen kann nichts anderes hergeleitet werden. Die Zweckbestimmung dieser Versicherung spricht nicht ausreichend klar für einen Unterstützungszweck. Danach besteht der Zweck nämlich typischerweise darin, als Summenversicherung die abstrakte Bedarfsdeckung herzustellen, insbesondere dem Versicherungsnehmer für die Zeit, in der er persönlich im Krankenhaus Einschränkungen unterliegt, über die eigentlichen Kosten hinaus gewisse Annehmlichkeiten zu ermöglichen und gegebenenfalls zusätzliche Kosten abzudecken, welche mit einem Krankenhausaufenthalt verbunden sind, ohne dass es daneben des Nachweises des Kostenanfalles bedarf (BGH VersR 1984, 675; Bach/Moser Private Krankenversicherung § 1 MB/KK, Randnr. 11).

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Im Ergebnis hat die Klägerin deshalb unter Aufbringung eigener Versicherungsprämien einen Zahlungsanspruch gegen ihre Krankenversicherung erworben, der zeitlich zwar auf die Dauer des Krankenhausaufenthalts beschränkt war, jedoch nicht erkennbar mit irgendwelchen dortigen Mehrbelastungen in Zusammenhang stand und demgemäß Einkünfte darstellte, die über ihre bereits durch die eingenommene Rente und das Wohngeld sowie die Krankheitskostenversicherung gewährleistete Existenzsicherung hinausgingen und demgemäß auch pfändbar sind.

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Im Ergebnis war deshalb die Berufung der Klägerin gegen das amtsgerichtliche Urteil mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

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