Urteil vom Landgericht Hamburg (26. Zivilkammer) - 326 O 147/13

Tenor

1.Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 27.375€ festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger verfolgte Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Zeichnung einer Schiffsbeteiligung. Er nimmt die Beklagte als Gründungs- und Treuhandgesellschafterin wegen Prospektfehlern und Aufklärungspflichtverletzungen in Anspruch.

2

Der Kläger unterzeichnete am 5.12.2002 die Beitrittserklärung zu der MS „S.“ Beteiligungsgesellschaft mbH und Co. KG (K1) über eine Einlagesumme von 25.000 € zuzüglich 2,5% Agio, die er am 06.12.02 per Fax an die Anlageberatungsgesellschaft F. & P. GmbH weiterleitete und die von der Beklagten am 15.12.2002 angenommen wurde. Auf der Rückseite der Beitrittserklärung war eine Widerrufsbelehrung enthalten. Die Parteien streiten über deren Wortlaut.

3

An den Kläger wurden im Laufe der Jahre Auszahlungen in Höhe von 7312,50 € getätigt. Im November 2009 leistete er 1750 € als Sanierungsbeitrag zugunsten der Beteiligungsgesellschaft.

4

Am 5.12.2012 stellte der Kläger einen Güteantrag (Anlage K.4), auf dessen Inhalt an dieser Stelle bezugnehmend verwiesen wird. Das Schlichtungsverfahren wurde zum 25.01.2013 von der Gütestelle für beendet erklärt (K6). Am 25.7.2013 reichte der Kläger die Klage ein.

5

Der Kläger hat nach eigenen Angaben vor dieser Beteiligung bereits Immobilienfonds gezeichnet.

6

Der Kläger trägt vor, er habe den Prospekt (K3) am 4.12.2002 als Anlage zu einem Begleitschreiben der F.& P. GmbH (K2) erhalten. Ihm sei mitgeteilt worden, dass eine Zeichnung der Geldanlage lediglich bis zur 6.12.2002 möglich sei. Er habe sich daher unter Zeitdruck gefühlt und den Prospekt nicht ausführlich zur Kenntnis nehmen können. Den unterzeichneten Zeichnungsschein habe er am 6.12.2002 per Fax übermittelt. Dieser habe auf der Rückseite eine Widerrufsbelehrung entsprechend dem im Termin vorgelegten Muster (Bl. 168 d. Akte) aufgewiesen.

7

Der Kläger macht geltend, er sei durch den Anlagevermittler B.S. nicht ordnungsgemäß über die Kapitalanlage aufgeklärt worden. Auch weise der Prospekt zahlreiche Fehler auf. Wäre er ordnungsgemäß über die wesentlichen Eigenschaften der Kapitalanlage informiert gewesen, hätte der Kläger die Anlage seiner Behauptung nach nicht gezeichnet.

8

Der Kläger trägt vor, der Anlagevermittler S. habe auf keinerlei Risiken der Kapitalanlage hingewiesen. Er habe die Anlage entsprechend der Angaben der Anlage K 2 als absolut sichere Sache mit sehr guter Rendite dargestellt. Es sollte eine hundertprozentige Geld-zurück-Garantie in Bezug auf das eingezahlte Kapital geben. Es sei nicht angesprochen worden, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handele, bei der ein Totalverlustrisiko bestehe. Ebenfalls sei nicht erwähnt worden, dass es für die Kapitalanlage keinen Zweitmarkt gebe, erhaltene Ausschüttungen unter Umständen zurückzuzahlen seien und nachträgliche Gesellschafterbeschlüsse Nachschusspflichten in Form von Sanierungsbeiträgen begründen könnten. Der Vermittler habe auch nicht darauf hingewiesen, dass seine Firma eine Provision von ca. 26,28% der Zeichnungssumme des Klägers erhalte.

9

Der Prospekt werbe mit einer hundertprozentigen Eigenkapitalabsicherung, die sich bei näherem Ansehen jedoch lediglich als Andienungsvertrag darstelle, aus dem der Anleger nicht selbstbestimmt eigene Ansprüche gegen den „Garantiegeber“ herleiten könne. Auch bestehe ein Bonitäts- und Insolvenzrisiko des „Garantiegebers“. Die Garantiedarstellung sei somit irreführend. Auch könnten die in dem Prospekt erwähnten Garantieverträge an Bedenken der Banken-/Versicherungsaufsicht scheitern, ohne dass dieses Risiko im Prospekt erwähnt werde.

10

Der Prospekt enthalte keinen Hinweis auf das Totalverlustrisiko, die Verlustmöglichkeit bezüglich des Agio, des Liverage-Risikos, die Loan-to-value Kündigungsklausel zugunsten der darlehensfinanzierenden Bank, die Möglichkeit des Ausbleibens oder des Zurückverlangens erhaltener Ausschüttungen nach § 172 Abs. 4 HGB bzw. §§30 ff. GmbHG, eines Nachschusszwanges aufgrund von Gesellschafterbeschlüssen und auf die fehlende Fungibilität. Weder werde auf das Insolvenzrisiko der Treuhänderin noch auf das der Gründungskommanditisten und die sich daraus ergebenden Konsequenzen hingewiesen. Es werde nicht erwähnt, dass ein Gewerbesteuerrisiko bestehe, wenn die persönlich haftende Gesellschafterin aus der KG ausscheide, dass eine Versicherungssteuerpflichtigkeit und auch steuerliche Risiken nach dem Einkommensteuergesetz bestehen könnten.

11

Ebenfalls weise der Prospekt nicht darauf hin, dass Treugeberanleger gegenüber Direktkommanditisten schlechter gestellt seien. Er bezeichne Entnahmen als Ausschüttungen, obwohl dieser Begriff rechtlich einen vorher erwirtschafteten, entsprechenden Gewinn erfordern würde. Die Weichkostendarstellung sei ebenso wie die Betriebskostendarstellung unvollständig und oberflächlich. Zwischen Anschaffungskosten und Betriebsausgaben werden nicht klar unterschieden. Die Höhe der Charterraten sei nicht plausibilisiert. Es sei nicht hinreichend erkennbar, dass die Liquiditätsreserve zu gering sei. Das Fremdwährungsrisiko sei nur unzureichend erläutert, es werde verharmlost und irreführend dargestellt. Ob das erhöhte Betriebsrisiko bei Einsatz im Ausland ausreichend versichert sei werden nicht erläutert. Die Liquidität und Steuerwirkung eines vorzeitigen Verkaufes des Schiffes werde ebenso wenig dargestellt, wie der Umstand dass sich die Rahmenbedingungen aufgrund von Genehmigungserfordernissen nach § 7 Flaggenrechtsgesetz verhindern könnten.

12

Die Widerrufsbelehrung entspreche ebenfalls nicht den gesetzlichen Anforderungen, da sie keinen Rechtsfolgenhinweis enthalte. Auch insoweit liege ein Prospektfehler vor.

13

Die Prospektfehler seien kausal für seine Anlageentscheidung geworden, auch wenn er den Prospekt zuvor wegen des Zeitdruckes nicht zur Kenntnis habe nehmen können, weil er zumindest als Grundlage in das Vermittlungsgespräch eingeflossen seien.

14

Die Mitteilung der Gütestelle über das Scheitern des Güteverfahrens sei dem Parteivertreter des Klägers am 04.02.13 zugegangen (K6). Die Verjährung sei bis 6 Monate nach diesem Zeitpunkt gehemmt gewesen. Die Haftungsbeschränkung nach § 10 des Treuhandvertrages sei unwirksam.

15

Zur Zahlung des Sanierungsbeitrages sei der Kläger aus Schadensminderungsgründen verpflichtet gewesen.

16

Außergewöhnliche Steuervorteile des Klägers habe die insoweit beweisbelastete Beklagte weder dargelegt noch nachgewiesen.

17

Die Höhe des Schadensersatzanspruches errechne sich aus der gezahlten Einlagesumme zuzüglich Agio, abzüglich erhaltener Ausschüttungen und zuzüglich des von dem Kläger geleisteten Sanierungsbeitrags. Der Zinsanspruch ergebe sich aus einer doppelt analogen Anwendung des § 849 BGB. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers stehe eine Rahmengebühr von 2,5 zu.

18

Der Kläger beantragt:

19
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei einen Betrag von Euro 20.187,50 nebst Zinsen in Höhe von 4 % per anno vom 5.12.2002 bis zur Zustellung der Klage und 5 Prozentpunkten per anno über den jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von Euro 25.750 ab Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche der Klagepartei im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der MS „S.“ Beteiligungsgesellschaft mbH und Co. KG, Hamburg.
20
2. festzustellen, dass die Beklagte die Klagepartei von allen Verpflichtungen, die sie aus ihrer Beteiligung an der MS „S.“ Beteiligungsgesellschaft mbH und Co. KG über Euro 25.000 vom 05./15.12.02 treffen, freizustellen hat.
21
3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klagepartei sämtliche weiteren finanziellen Schäden zu ersetzen, die über den Klageantrag zu 1 bezifferten Schäden hinausgehen und die in der Zeichnung der Beteiligung der Klagepartei an der MS „S.“ Beteiligungsgesellschaft mbH und Co. KG, H., ihre Ursache haben.
22
4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zug um Zug angebotenen Übertragung der Rechte aus der im Klageantrag zu 1 näher bezeichneten Fondsbeteiligung der Klagepartei in Verzug befindet.
23
5. Die Beklagte ist verpflichtet, die Klagepartei von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von Euro 2.278,85 freizustellen.
24

Die Beklagte beantragt,

25

Die Klage abzuweisen.

26

Sie bestreiten Aufklärungsfehler. Der Kläger sei ein erfahrener Kapitalanleger gewesen, der ein Aufklärungsgespräch nicht benötigt habe. Er habe sich einen 50%igen Nachlass des Agio aushandeln können, was seine Erfahrenheit belege. Ausweislich der Anlage K2 sei ihm der Prospekt als Grundlage für eine eigenverantwortliche Entscheidung von der ihm bereits aus anderen Anlagegeschäften bekannten Beraterfirma übersandt worden. Daneben habe es lediglich ein Telefonat aber kein ausführliches Aufklärungsgespräch gegeben. Dies sei angesichts der Anlageerfahrung des Klägers auch nicht erforderlich gewesen. Schon die Anlage K2 gebe die wesentlichen Risiken der Kapitalanlage zutreffend wieder. Etwaigen widersprechenden mündlichen Angaben des Vermittlers habe der Kläger daher nicht vertrauen dürfen.

27

Die Beklagte hält den Prospekt für fehlerfrei und mit den damaligen geltenden Regelungen zu den erforderlichen Prospektinhalten in Einklang stehend. Da es 2002 noch keine gesetzliche Prospektpflicht gegeben habe, dürften an dessen Aufklärungsumfang keine überspannten Anforderungen gestellt werden.

28

Die Absicherung des Eigenkapitals durch den Andienungsvertrag sei ein herausragendes Merkmal der streitgegenständlichen Beteiligung, aber im Prospekt ebenso wie in der Anlage K2 zutreffend dargestellt. Die Angabe „100% Eigenkapitalabsicherung““ sei erkennbar eine bloß werbende Äußerung gewesen und angesichts der ausführlichen Erläuterungen im Prospekt und auch in der Anlage K2 nicht zur Irreführung geeignet.

29

Eine Nachschusspflicht für die Gesellschafter bestehe nicht. Der Kläger habe sich freiwillig aufgrund einer eigenverantwortlichen Entscheidung bereit erklärt, einen Sanierungsbeitrag zu leisten. Eine Loan-to-value-Klausel enthalte der Darlehensvertrag nicht. Auf das Wiederaufleben der Haftung bei Ausschüttungen werde ausreichend hingewiesen.

30

Etwaige Prospekt- oder Aufklärungsfehler über die Kapitalanlage seien jedenfalls nicht kausal geworden. Dem Kläger sei es in erster Linie um die Steuerersparnis gegangen. Er habe die Risiken der Anlage insoweit in Kauf genommen.

31

Die Ansprüche des Klägers seien verjährt, da er ausreichend Zeit zur Verfügung gehabt habe, den inhaltlich korrekten und verständlichen Prospekt zur Kenntnis zu nehmen, bevor er den Zeichnungsschein unterschrieben habe.

32

Eine Haftung der Beklagten für etwaige abweichende Angaben des Vermittlers sei sowohl im Prospekt (Prospektseite 50) sowie gemäß § 10 Treuhandvertrag ausgeschlossen. Der Berater S. stehe allein in einem Näheverhältnis zu dem Kläger aufgrund vorhergehender Kapitalanlagevermittlungen. § 278 BGB sei daher zulasten der Beklagten nicht anzuwenden.

33

Zumindest habe sich der Kläger erhebliche Steuervorteile durch Verlustzuweisungen in Höhe von 65,64% der Anlagesumme zurechnen zu lassen.

34

Der geltend gemachte Zinsanspruch sei ebenso wenig nachvollziehbar wie die verlangte, überhöhte Rahmengebühr.

35

Mit Schriftsatz v. 18.08.14 – nach Schluss der mündlichen Verhandlung – hat der Kläger den Widerruf seiner Beitrittserklärung erklärt (Bl. 175 d.A.).

36

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Rechtsvortrages wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

37

Das Gericht hat den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf den Inhalt des Protokolls der mündlichen Verhandlung (Bl. 123 d.A.) ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

38

Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Schadenersatzanspruch gegen die Beklagte. Es liegt weder ein Aufklärungsfehler noch ein Prospektfehler vor.

I.

39

Ein Aufklärungsfehler ist dem Anlagevermittler B.S. nicht vorzuwerfen.

40

Im Rahmen seiner Anhörung hat der Kläger eingeräumt, an das telefonische Vermittlungsgespräch, dass er am 05.12.02 mit dem Vermittler S. geführt hat, selbst keine konkrete Erinnerung mehr zu haben. Er gehe davon aus, dass sich die Angaben des Vermittlers in dem erschöpft hätten, was auch der Anlage K 2 zu entnehmen sei. Nur dies erinnere er.

41

Die Angaben in der Anlage K 2 sind jedoch nicht fehlerhaft und nach Auffassung des Gerichts auch nicht irreführend. Zwar ist dort von einer „Geld-zurück-Garantie“ die Rede, diese wird jedoch im nachfolgenden Text ausreichend und zutreffend dahingehend erläutert, dass es sich insoweit um ein Andienungsrecht handelt und dies nicht von dem Anleger selbst, sondern von der Beteiligungsgesellschaft auszuüben ist. Von einem verständigen, mündigen Kapitalanleger kann erwartet werden, dass er den Inhalt eines Schreibens im Ganzen zur Kenntnis nimmt und nicht lediglich den Fettdruck überfliegt.

42

Soweit der Kläger rügt, der Vermittler S. habe ebenso wenig wie die Anlage K2 angesprochen, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handele, bei der ein Totalverlustrisiko bestehe, führt auch dies nicht zu einer Haftbarkeit der Beklagten. Gleiches gilt, sollte tatsächlich in dem Telefonat nicht erwähnt worden sein, dass es für die Kapitalanlage keinen Zweitmarkt gebe, erhaltene Ausschüttungen unter Umständen zurückzuzahlen seien und der Vermittler auch nicht darauf hingewiesen habe, dass seine Firma eine Provision von ca. 26,28% der Zeichnungssumme des Klägers erhalte.

43

Über diese Eigenschaften der Kapitalanlage wurde der Kläger durch den ihm am 04.12.02 übersandten Prospekt ausreichend aufgeklärt (dazu sogleich unter II.).

44

Der Kläger befand sich zum Zeitpunkt der Übermittlung des Zeichnungsscheins (06.12.02) unstreitig seit 2 Tagen im Besitz des Prospekts. Damit hatte der Kläger die Gelegenheit, sich über die für seine Entscheidung maßgeblichen Chancen und Risiken der von ihm gezeichneten Anlage zu informieren, bevor er den Zeichnungsschein der Beklagten zukommen ließ. Eine sorgfältige und eingehende Lektüre des Prospekts vor der Zeichnungserklärung kann bei einem Anleger vorausgesetzt werden (vgl. hierzu auch BGH III ZR 125/06).

45

Soweit der Kläger geltend macht, er habe, durch die 2 Tage später endende Zeichnungsfrist, nicht ausreichend Zeit gehabt, sich mit dem Prospekt inhaltlich auseinander zu setzen, ist dies letztlich kein erheblicher Einwand. Eine Überprüfungsfrist von 2 Tagen hält das erkennende Gericht für grundsätzlich ausreichend, um sich ein Bild von der zur Zeichnung anstehenden Anlage zu machen. Innerhalb dieses Zeitraums ist es einem Anleger möglich, zu klären, ob er die wesentlichen Merkmale und Risikohinweise der Kapitalanlage nachvollziehen kann und für akzeptabel hält oder nicht. Angesichts des Umstandes, dass er einen nicht ganz unerheblichen Teil seines Vermögens investiert, ist dies auch von ihm zu erwarten.

46

Sollte der Kläger sich nach Ablauf dieser Zeit nicht ausreichend informiert gefühlt haben, hätte er von der Zeichnung absehen oder noch einmal bei dem Vermittler nachfragen können. Zeichnet er die Anlage hingegen ohne den Druck eines anwesenden Vermittlers und wohl wissend, dass er den Prospekt nicht ausreichend gründlich zur Kenntnis genommen hat, hat er auf eine Möglichkeit einer weiteren umfassenderen Aufklärung bewusst verzichtet. Dies muss er gegen sich gelten lassen, soweit der ihm vorliegende Prospekt die Chancen und Risiken der Kapitalanlage ausreichend umfänglich und zutreffend beschreibt. Dies ist vorliegend der Fall.

II.

47

Der streitgegenständliche Prospekt weist in Hinblick auf die von der Klägerseite gerügten Punkte keine inhaltlichen Fehler auf. Er genügt der Anforderung, die Anleger über alle Umstände, die für seine Entscheidung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten (vgl. hierzu BGH Urteil vom 06.02.06, II ZR 329/04). Im Einzelnen:

1)

48

Die Eigenkapitalabsicherung wird im Prospekt auf S. 43 erläutert und auf S. 81 vollständig wiedergegeben. Auf S. 43 wird ausdrücklich erwähnt, dass zunächst ein Gesellschafterbeschluss zur Andienung erforderlich ist und die Absicherung eine Bonität der C. F. A. GmbH & Co voraussetzt. Da der Kaufpreis nach Andienung gemäß Ziffer 2 der Vereinbarung (vgl. S. 81) auch die zum Erwerbsstichtag bestehenden Verbindlichkeiten und Rückstellungen mit umfasst, und der Geschäftsbetrieb mit dem Verkauf des Anlageobjekts nicht weiter fortgesetzt werden kann, erscheint die Zusicherung des Prospekts, dass die Eigenkapitalsumme – die Bonität der CFA vorausgesetzt (vgl. S. 43) - vollständig abgesichert ist, auch nicht unzutreffend oder irreführend.

49

Das Insolvenzrisiko eines Sicherungsgebers hingegen gehört zum allgemein bekannten Lebensrisiko eines jeden Gläubigers, der am Rechtsverkehr teilnimmt, so dass hierauf im Prospekt nicht gesondert hingewiesen werden muss.

2)

50

Die Wirtschaftlichkeitsberechnung ist eindeutig im Prospekt als bloße Prognoserechnung bezeichnet (vgl. S. 30 d. Prospekts). Das Wort „Prognose“ ist allgemeinverständlich und impliziert zwangsläufig einen bloßen Schätzcharakter. Der Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung wird im Prospekt daher für den Anleger erkennbar nicht als sicher dargestellt. Die für die Berechnung zugrunde gelegten Zahlen werden ab S. 30 ff. im Einzelnen offen gelegt. Sie sind für den Anleger daher vollständig überprüfbar.

51

Hinsichtlich der Charterrate wird dort erkennbar, dass die Initiatoren bei der Prognose von einer gleichbleibenden, bzw. leicht steigenden Ratenhöhe ausgegangen sind. Auf S. 36 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die durchschnittliche Charterrate zur damaligen Zeit über den Prognoseansätzen liegt, eine sicher Aussage über die Weiterbeschäftigung aber nicht getroffen werden kann. Dem Anleger war somit erkennbar, dass die Initiatoren bei ihren Berechnungen von einer eher defensiven aber stabilen Entwicklung auf dem Schiffstransportmarkt ausgingen. Dass und warum dies im Jahr 2002 unplausibel gewesen sein könnte, hat der Kläger selbst nicht dargelegt.

52

In Hinblick auf die Schiffsbetriebskosten sind die Investoren erkennbar von einer Kostensteigerungsrate, die im Einzelnen genau angegeben wird, ausgegangen. Auch dies erscheint dem Gericht für die Zeit der Prospektherausgabe nicht unplausibel.

53

Dass es sich insoweit um bloße Prognosen handelt, die bei Abweichungen Risiken für den Anleger bedeuten wird auf S. 36 und 37 d. Prospektes näher erläutert. Dass die Berechnung nach der IRR-Methode erfolgt und daher mit anderen Anlageberechnungen nur bedingt vergleichbar ist, wird auf S. 32 (Fußnote) erläutert.

54

Dass für den Fall einer Erforderlichkeit der Führung der deutschen Flagge die Personalkosten / Schiffsbetriebskosten steigen würden, ist auf S. 37 erwähnt.

3)

55

Auch die Ausführungen des Prospekts zu einem Wiederaufleben der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB (vgl. S 39 d. Prospekts) genügen den Anforderungen der Rechtsprechung.

56

Denn wird in einem Anlageprospekt einer Publikums-KG darauf hingewiesen, dass nach § 172 Abs. 4 HGB die Kommanditistenhaftung wieder aufleben kann, besteht zu einer abstrakten Erläuterung dieser Rechtsvorschrift keine Verpflichtung. Es reicht aus, wenn die erteilten Hinweise dem Anleger das sich - jedenfalls für die Startphase, aber auch bei Ausbleiben des erwarteten wirtschaftlichen Erfolgs des Projekts - aufdrängende Wiederaufleben der Haftung des Kommanditisten vor Augen führen (BGH, Beschluss vom 09. November 2009 – II ZR 16/09 –, juris). Dies tut S. 39 im Zusammenspiel mit S. 42 und S.65 des Prospektes. Auch dass eine Haftung nach den §§ 30 ff. GmbH grundsätzlich in Betracht kommt, erwähnt S.43 d. Prospektes.

57

4) Fremdwährungsrisiko

58

Die Währungsrisiken sind auf S. 37 d. Prospektes umfassend erläutert. Die konkrete Berechnung eines Worst-Case-Szenarios ist nicht zwingend erforderlich. Für den Anleger wird durch die vorhandenen Angaben ausreichend erkennbar, dass Währungsschwankungen die Prognosesicherheit erheblich beeinflussen. Dies genügt.

5)

59

Soweit der Kläger des Weiteren im Klageverfahren Prospektmängel geltend macht, die er in dem vom ihm angestrengten Güteantrag zur Abwendung der absoluten Verjährung (K4) nicht erwähnt hat, ist schon zweifelhaft, ob insoweit nicht eine Verjährungshemmung ausgeschlossen ist. Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung geltend gemacht.

60

Nach der Rechtsprechung des BGH soll für jeden Aufklärungsfehler / Prospektmangel die Verjährungsfrist individualisiert betrachtet und berechnet werden. Was für den Beginn des Verjährungslaufes gilt, müsste insoweit im Interesse der Waffengleichheit auch für deren Beendigung gelten. Danach dürfte die Verjährungshemmung nur für diejenigen Prospektmängel eintreten, die im Güteantrag vom Anleger auch ausdrücklich gerügt werden. Es erscheint auch nicht unsachgemäß, davon auszugehen, dass es einem Anleger nach 10 Jahren möglich sein sollte, seine Fehlvorstellungen über die von ihm gezeichnete Anlage vollständig zu kennen und benennen zu können.

61

Des Weiteren soll nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers nach dem Ablauf der absoluten Verjährung von 10 Jahren (§ 199 Abs. III Ziffer 1 BGB) im Interesse der Rechtssicherheit kenntnisunabhängig Rechtsfrieden eintreten. Lässt man daher ein späteres „Nachschieben“ von bisher im Güteverfahren nicht erwähnten Prospektmängeln im Lauf des sich anschließenden Klageverfahrens zu, wird dieser gesetzgeberischen Wille letztlich umgangen und der Eintritt von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden auf unabsehbare Zeit nach hinten verschoben.

62

Dennoch will der BGH offenbar für die Frage der absoluten Verjährungsfrist nicht auf die Hemmung des einzelnen gerügten Prospektfehlers, sondern auf den einheitlichen Lebenssachverhalt/Streitgegenstand pauschal abstellen und insoweit eine generelle Verjährungshemmung auch bei nicht konkret gerügten Aufklärungs-/Prospektfehlern annehmen (vgl. BGH, 22.10.13, XI ZR 42/12).

63

Der entscheidenden Kammer erscheint dies wenig interessenausgleichend und mit dem gesetzgeberischen Willen der Sicherung des Rechtsfriedens nur schwer vereinbar.

64

Selbst wenn man diese Auffassung des BGH jedoch für zutreffend hält, würde dies im vorliegenden Fall nicht zu einer Haftung der Beklagten führen. Denn der Prospekt ist auch im Übrigen nicht als fehlerhaft, unvollständig oder irreführend einzustufen.

a)

65

Der Prospekt weist ausdrücklich auf der ersten Seite („Wichtiger Hinweis“) und auf S. 4 (Fließtext links) darauf hin, dass es sich um eine unternehmerische Beteiligung handelt. Auch das Totalverlustrisiko wird auf S. 4 bereits angesprochen und auf S. 36 in der Risikodarstellung im ersten Absatz in Fettdruck erneut erwähnt.

b)

66

Das Fungibilitätsrisiko wird auf S. 39 ausdrücklich dargestellt.

c)

67

Die Liquiditätsabhängigkeit der Barauszahlungen wir auf S. 38 d. Prospektes dargestellt. Das Wiederaufleben der Haftung auf den S. 39, 42, 65 (s.o.).

d)

68

Entgegen der Behauptung des Klägers besteht keine Verpflichtung zu Nachschusszahlungen. Seinen Sanierungsbeitrag hat der Kläger aufgrund eigener, eigenständiger Willensbildung geleistet. Eine vertragliche Verpflichtung aufgrund der Beitrittserklärung bestand hierzu nicht. Auch konnten die anderen Gesellschafter insoweit keinen Beschluss zu Lasten des Klägers treffen.

e)

69

Der prozentuale Anteil der Vertriebs- und Platzierungskosten kann sich der Anleger angesichts der absoluten Zahlen auf S. 26 mit den dazugehörigen Erläuterungen S. 27 f. des Prospekt ohne erhebliche Anforderungen selbst errechnen. Der Klägervertreter stützt die von ihm getätigte Ermittlung der Provisionshöhe selbst auf die dortigen Angaben.

f)

70

Soweit der Kläger Hinweise auf Risiken vermisst, die mit der Insolvenz einzelner Gesellschaftsbeteiligter (Treuhänderin, ph Gesellschafter, Gründungskommanditisten) einhergehen können, sind dezidiertere Angaben im Prospekt nicht erforderlich. Es ist ein allgemein bekanntes Lebensrisiko, dass Vertragspartner insolvent werden können und dies für die mit ihnen vertraglich verbundenen Personen finanzielle Nachteile/ Risiken bringt.

71

Das einzelne Vertragspartner ausfallen und sich dies negativ auf die Erlöse auswirken kann, ist auf S. 38 erwähnt.

g)

72

die gewerbesteuerlichen Auswirkungen, insbesondere wenn ein Investor ausscheidet, sind auf S. 49 d. Prospekts dargestellt.

73

Das (weitere) Gewerbesteuerpflichten unter Umständen entstehen können (zB Tonnagesteuer), jedoch hiervon nach der Prognoserechnung nicht ausgegangen wird, ist S. 30 ausdrücklich zu entnehmen. Dass sich die steuerlichen Rahmenbedingungen ändern können, wird auf S. 38 f. erwähnt. Die Einkommenssteuerlichen Aspekte insbesondere auch bei der Entnahme der Einlage wird auf S. 47 f. d. Prospektes dargestellt.

h)

74

Soweit der Kläger behauptet, eine (für die Anleger angeblich nachteilige) Loan-to-Value-Klausel sei Bestandteil des Darlehensvertrages mit der finanzierenden Bank geworden, hat er diese von der Beklagtenseite bestrittene Behauptung nicht durch Beweisangebote belegt.

i)

75

Gemäß S. 45 d. Prospekts ist eine Fremdfinanzierung der Beteiligung laut Prospekt nicht vorgesehen. Derartige Anleger werden dort ausdrücklich aufgefordert, sich insoweit gesondert beraten zu lassen. Etwaige Risiken in Zusammenhang mit einer Fremdfinanzierung muss der Prospekt daher darüber hinaus nicht darstellen. Im Übrigen hat der Kläger soweit ersichtlich zur Finanzierung seines Anteils kein Darlehen beansprucht. Ein kausaler Schaden dürfte damit ausgeschlossen sein, selbst wenn man von einem Prospektfehler ausginge.

j)

76

Der Kläger hat sich nach eigenen Angaben im Handelsregister als Kommanditist eintragen lassen. Eine unterlassene Aufklärung über eine etwaige Schlechterstellung der lediglich über die Treuhänderin beteiligter Kommanditisten ist für seine Anlageentscheidung damit nicht kausal geworden.

k)

77

Das im Ausland Versicherungsschutz versagt oder als nicht ausreichend angesehen werden könnte, wird auf S. 39 d. Prospekts unter dem Thema Haftung erläutert.

l)

78

Der Vortrag des Klägers dazu, dass die im Prospekt erwähnten Garantieverträge der Banken-/Versicherungsaufsicht unterfallen könnten, hat der Kläger nicht weiter substantiiert begründet. Er hat im Übrigen nicht nachvollziehbar dargetan, dass und warum ggf. insoweit eine Versagung des Geschäftes gedroht haben könnte. Den Hinweis der Beklagten, dass im Jahre 2002 von – insoweit freiwillig gefertigten – Prospekten Angaben zu diesem Punkt nach den damals einschlägigen Bestimmungen (IDW S4 (v. 101.09.00)) nicht gefordert wurden, hat der Kläger nicht entkräftet. Die IDW-Standards haben zwar keinen normativen Charakter, geben aber eine Üblichkeit und Markterwartung zu Risikohinweisen wieder (OLG Frankfurt, Urteil vom 08. Juli 2011 – 5 U 122/10 –, juris).

m)

79

Soweit ersichtlich spricht der Prospekt entgegen der Angaben des Klägers nicht von „Gewinnausschüttungen“ sondern lediglich von (Bar-)Auszahlungen bzw. Ausschüttungen (vgl. S.3, 4,28, 31 etc.). Dass sie sich aus erwirtschafteten Überschüssen (und damit je nach Liquiditätslage nicht nach Gewinnlage) ergeben, ist S. 31 d. Prospekts zu entnehmen.

80

S. 38 stellt schließlich klar, dass die Barauszahlungen ausbleiben oder sich verringern können, je nach Liquiditätslage der Gesellschaft. Garantierte, gewinnunabhängige oder gewinnabhängige Ausschüttungen verspricht der Prospekt gerade nicht.

n)

81

Welche Widerrufsbelehrung die Beitrittserklärung des Klägers enthielt und ob diese den damaligen, gesetzlichen Anforderungen entspricht, kann hier schließlich offen bleiben. Der anwaltlich vertretene Kläger hat den Widerruf seiner Beitrittserklärung erstmals nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz v. 18.08.14 und damit zu einem nicht mehr beachtlichen Zeitpunkt erklärt (Bl. 175 d.A.). Entgegen seiner schriftsätzlichen Darstellung wurde diese rechtsgestaltende Erklärung nicht bereits zuvor im Termin vorgenommen, obwohl dort der Inhalt der Widerrufsbelehrung vom Gericht thematisiert und zwischen den Parteien streitig wurde.

III.

82

Sämtliche Nebenansprüche scheitern mit dem Fehlen des Hauptanspruches. Die Klage war daher in vollem Umfang abzuweisen.

IV.

83

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

V.

84

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt: 25.000€ + 625€ + 1.750 = 27.375€

85

(Volle Anlagesumme (inkl. drohende Ausschüttungsrückzahlung, insoweit Freistellungsantrag zu Ziffer 2)) zzgl. 2,5% Agio und Sanierungsbeitrag).

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