Urteil vom Landgericht Hamburg (3. Kammer für Handelssachen) - 403 HKO 21/15

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger in anonymisierter Form Auskunft über die Höhe der Gehälter der bei der Firma A.. B. W.. M.'s Nachfolger (GmbH & Co.) KG beschäftigten Prokuristen Stand 01.01.2012, 01.01.2013, 01.01.2014 und 01.04.2015 zu erteilen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 200,00 und hinsichtlich Ziffer 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf € 23.400,00 festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Auskunftserteilung in Anspruch, um die Höhe einer ihm zugesagten betrieblichen Versorgungsrente bestimmen zu können.

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Der Kläger war Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft H.-Linie mbH, der Komplementärin der H.-Linie GmbH & Co. KG, an der der Kläger bis zum 01.10.1994 als Kommanditist beteiligt war. Die Beklagte ist im Zuge einer 2002 bei der H.-Linie GmbH & Co. KG vorgenommenen Abspaltung durch Neugründung entstanden und hat nach Maßgabe des Spaltungsplans Aktiva und Passiva übertragen erhalten. Die H.-Linie GmbH & Co. KG und die Beteiligungsgesellschaft H.-Linie mbH haben inzwischen in B. Holding GmbH & Co. KG bzw. B. Holding Verwaltungsgesellschaft mbH umfirmiert.

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§ 7 des vom Kläger mit der Beteiligungsgesellschaft H.-Linie mbH geschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsvertrags vom 12.07.1988 (Anlage K 1) lautet:

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Altersversorgung

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Endet dieser Vertrag gem. § 8.4. erhält der Geschäftsführer eine betriebliche Versorgungsrente in Höhe von DM 6.000,00 monatlich, mindestens jedoch das Grundgehalt eines Prokuristen der Firma A.. B., W.. M.'s Nachfolger (GmbH & Co.). Der Anspruch ist erstmalig fällig am Anfang des dem Ausscheiden folgenden H.-Geschäftsjahres und geht nach dem Tod des Geschäftsführers auf dessen Witwe über und endet mit deren Tod; § 6, Zi. 3 gilt entsprechend.“

6

Das Anstellungsverhältnis des Klägers endete am 30.09.1992. Der Kläger erhielt die Versorgungsrente zunächst von der Beteiligungsgesellschaft H.-Linie mbH ausgezahlt; ab Februar 2002 zahlte die Beklagte die Versorgungsrente. Nach zwischenzeitlichen Anpassungen erhöhte die Beklagte die ausgezahlte Versorgungsrente ab 01.04.2005 auf € 4.500,00 brutto monatlich (Anlage K 2).

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Mit Schreiben vom 19.08.2014 (Anlage K 3) bat der Kläger die Beklagte, seine Altersversorgung auf das Gehaltsniveau eines Prokuristen der Fa. A.. B., mindestens € 5.500,00 zu erhöhen. Die Beklagte antwortete, dass sie sich entschlossen habe, die Altersversorgung auf € 4.850,00 und damit über das Niveau des monatlichen Grundgehalts für einen Prokuristen der Fa. A.. B. hinaus anzuheben (Anlage K 4). Auf Nachfrage des Klägers, wie hoch heute das Grundgehalt eines Prokuristen sei, teilte die Beklagte mit, dass es bei der Fa. A.. B. inzwischen kein einheitliches Prokuristen-Grundgehalt mehr gebe. Es gebe aber aktuell bei A.. B. durchaus Prokuristen, deren monatliche Grundbezüge niedriger als € 4.850,00 seien.

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Der Kläger ist der Auffassung, dass er die begehrte Auskunft beanspruchen könne, um die Höhe der ihm zugesagten monatlichen Altersversorgung festzustellen. Da die Fa. A.. B. W.. M.'s Nachfolger (GmbH & Co.) KG dazu übergegangen sei, ihren Prokuristen unterschiedliche Grundgehälter zu zahlen, könne eine sachgerechte Anpassung der Versorgungsbezüge erst dann vorgenommen werden, wenn dem Kläger die Höhe der aktuellen Prokuristengehälter sowie der vergangenen drei Jahre bekannt seien. Die Parteien hätten sich auch nie auf eine andere Anpassungsweise geeinigt. Die Beklagte selbst habe in ihrem Schreiben vom 11.04.2005 von einer Anpassung gemäß § 7 des Anstellungsvertrags gesprochen. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die Beklagte bei der damaligen Anpassung der Ruhegeldbezüge die Erhöhung ohne Anlehnung an die Gehaltsstruktur der Prokuristen der A.. B. W.. M.'s Nachfolger (GmbH & Co.) KG vorgenommen habe. Aufgrund der familiären Beziehungen, die sich unter anderem dadurch auszeichneten, dass der Sohn des Klägers Geschäftsführer der Beklagten sei, habe ein Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien bestanden. Aus diesem Grund habe der Kläger in der Vergangenheit keinen Anlass gesehen, einen Auskunftsanspruch geltend zu machen. Das führe aber nicht zur Verwirkung seines Auskunftsanspruchs.

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Der Kläger beantragt,

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wie erkannt.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte erhebt die Einrede der Schiedsvereinbarung. Da der Kläger Kommanditist der Rechtsvorgängerin der Beklagten H.-Linie GmbH & Co. KG gewesen sei und der Gesellschaftsvertrag eine Schiedsklausel enthalte, könne der Kläger nicht die staatlichen Gerichte anrufen.

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Die Beklagte ist ferner der Ansicht, dass die Klage außerdem unzulässig sei, weil es am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Der Gesellschafter B. habe dem Kläger bereits mitgeteilt, dass das niedrigste Grundgehalt eines Prokuristen der A.. B. W.. M.'s Nachfolger (GmbH & Co.) KG unterhalb der an den Kläger gezahlten Altersruhegeldbezüge von € 4.850,00 liege. Damit sei in einem ausreichenden Maß Auskunft erteilt worden.

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Außerdem sei die Klage unbegründet, weil sie sich nicht gegen die richtige Partei richte. Die Versorgungszusage sei in § 7 des mit der Beteiligungsgesellschaft H.-Linie mbH geschlossenen Anstellungsvertrags geregelt. Diese Gesellschaft sei im Zuge der am 07.02.2002 erfolgten Abspaltung und Neugründung der Beklagten gemäß Spaltungsplan (Anlagen B 4 /B 7) nicht auf die Beklagte übergegangen, sondern bei dem übertragenden Rechtsträger verblieben. Schuldner des dem Kläger zugesagten Altersruhegeldes sei allein die Beteiligungsgesellschaft H.-Linie mbH in ihrer Eigenschaft als ehemalige Dienstherrin des Klägers. Dementsprechend seien die Altersruhebezüge des Klägers bis 2002 von der Beteiligungsgesellschaft H.-Linie mbH gezahlt worden, wobei ihr diese Beträge von der H.-Linie GmbH & Co. KG erstattet worden seien. Aus hier nicht weiter relevanten Gründen seien nach der Spaltung die Altersruhebezüge direkt von der Beklagten bezahlt worden, was aber nichts daran ändere, dass diese die verlangte Auskunft nicht schulde.

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Der vom Kläger verfolgte Auskunftsanspruch bestehe überdies auch deshalb nicht, weil er bis 2014 nie Auskunft über die Höhe der Grundgehälter der Prokuristen der A.. B. W.. M.'s Nachfolger (GmbH & Co.) KG verlangt habe und die 2005 erfolgte Erhöhung der Altersbezüge auf € 4.500,00 ohne Anlehnung an die Gehaltsstruktur der Prokuristen erfolgt sei. Hierin liege eine konkludente Änderung der Bezugsgröße für das Altersruhegeld. Jedenfalls aber sei ein etwaiger Auskunftsanspruch des Klägers verwirkt.

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Für die weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat Erfolg, weil sie zulässig und begründet ist. Der Kläger kann von der Beklagten die verlangte Auskunft beanspruchen.

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1. Die vor dem staatlichen Gericht erhobene Klage ist zulässig. Die von der Beklagten erhobene Einrede der Schiedsvereinbarung (§ 1032 Abs. 1 ZPO) greift nicht durch.

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Der vom Kläger mit der Klage verfolgte Auskunftsanspruch gründet sich auf § 7 des von ihm mit der Beteiligungsgesellschaft H.-Linie mbH geschlossenen Geschäftsführeranstellungsvertrags vom 12.07.1988 (Anlage K 1), in welchem dem Kläger eine Altersrente zugesagt wurde. Dieser Vertrag enthält keine Schiedsklausel. Streitigkeiten aus diesem Vertrag sind daher grundsätzlich vor den ordentlichen Gerichten auszutragen.

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Nicht anderes gilt deshalb, weil der Kläger bis zum 01.10.1994 auch Kommanditist der H.-Linie GmbH & Co. KG war, deren Satzung in der ab 01.10.1992 geltenden Fassung (Anlage B 1) in § 24 Abs. 2 eine Schiedsklausel enthielt. Das gilt schon deshalb, weil sich diese Schiedsklausel auf Rechtsstreitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dem Gesellschaftsvertrag und dem Gesellschaftsverhältnis beschränkt. Um eine solche Streitigkeit geht es hier jedoch nicht. Der Kläger macht hier keine Ansprüche geltend, die aus seiner Stellung als Kommanditist der H.-Linie GmbH & Co. KG resultieren. Er verfolgt vielmehr Ansprüche, die ausschließlich mit seiner organschaftlichen Stellung als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH in Verbindung stehen. Derartige Streitigkeiten werden von der Schiedsklausel in der Satzung der KG nicht erfasst. Hätte man für Streitigkeiten aus dem Geschäftsführeranstellungsverhältnis ebenfalls die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbaren wollen, so wäre dies im Geschäftsführeranstellungsvertrag zu regeln gewesen und dort auch geregelt worden.

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Entgegen der Auffassung der Beklagten fehlt es auch nicht am Rechtsschutzbedürfnis für die Klage. Der Kläger verfolgt mit der Auskunftsklage einen Hilfsanspruch, der der Durchsetzung seines Anspruchs auf die ihm zugesagte Altersversorgung dienen soll. Das begründet ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Entscheidung seines Begehrens. Ob es inhaltlich berechtigt ist, ist ausschließlich eine Frage der sogleich zu behandelnden Begründetheit des Anspruchs.

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2. Die Klage ist begründet, weil der Kläger beanspruchen kann, dass die Beklagte ihm Auskunft über die Höhe der bei der A.. B. W.. M.'s Nachfolger (GmbH & Co.) KG beschäftigten Prokuristen erteilt.

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a) Die Klage richtet sich gegen die richtige Beklagte. Die Beklagte ist Schuldnerin der dem Kläger zugesagten Altersversorgung. Sie ist daher auch die Anspruchsverpflichtete für den vom Kläger zur Durchsetzung dieses Hauptanspruchs verfolgten Hilfsanspruchs auf Auskunft.

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Dass die Beklagte die im Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 12.07.1988 dem Kläger versprochene Altersrente schuldet, ergibt sich aus dessen § 7 S. 2 letzter Halbsatz. Dort wird Ziff. 3 von § 6 des Anstellungsvertrags für entsprechend anwendbar erklärt. Diese Bestimmung regelt, dass die von der ehemaligen B. KG zugesagte und von der H.-Linie GmbH & Co. KG übernommene Versorgungsrente in Höhe von DM 6.000,00 monatlich, mindestens jedoch das Grundgehalts eines Prokuristen der Firma A.. B. W.. M.'s Nachfolger (GmbH & Co.), von der H.-Linie GmbH & Co. KG gezahlt wird.

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Die in § 7 S. 2 2. Halbsatz des Anstellungsvertrags vorgenommene Verweisung auf § 6.3 bezieht sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nur auf die Witwenversorgung. Der durch ein Semikolon getrennte zweite Halbsatz von § 7 Satz 2 („ § 6 Zi. 3 gilt entsprechend“) enthält schon seinem Wortlaut nach keine Einschränkung auf die Altersversorgungsansprüche, die nach dem Tod des Geschäftsführers auf die Witwe übergehen. Auch die systematische Auslegung und der mögliche Bezug zum ersten Halbsatz legt dies nicht nahe. Denn dieser befasst sich nicht nur mit der Witwenversorgung, sondern regelt auch die Fälligkeit der dem Geschäftsführer bei seinem Ausscheiden zustehenden Altersversorgung.

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Schließlich ergibt sich auch nach dem Sinn und Zweck der Verweisung in § 7 S. 2 keine andere Auslegung. Es ist nämlich kein sachlicher Grund ersichtlich, warum die Altersversorgung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH von dieser, die bei dessen Tod auf seine Witwe übergehenden Versorgungsrente aber von der KG gezahlt werden sollte. Nach dem Vortrag der Beklagten ist die H.-Linie GmbH & Co. KG aus der Umwandlung der B. KG entstanden, die für die Komplementäre (zu denen der Kläger gehörte) bereits eine Versorgungsrente zugesagt hatte, die das Grundgehalt eines Prokuristen der A.. B. W.. M.'s Nachfolger (GmbH & Co.) nicht unterschreiten sollte (vgl. Anlage B 6 § 8 Ziff.6). Diese Versorgungsrente sollte nunmehr mit einer Mindesthöhe von DM 6.000,00 von der H.-Linie GmbH & Co. KG übernommen werden. Das regelt § 6.3 des Geschäftsführeranstellungsvertrags für die Versorgungsansprüche der Witwe bei einem Versterben des Geschäftsführers während seiner aktiven Dienstzeit und die auf diese Regelung bezogene Verweisung in § 7 Satz 2 für die in § 7 behandelte Altersversorgung nach Ausscheiden des Geschäftsführers durch Erreichen der in § 8.4 vorgesehenen Altersgrenze von 65 Jahren. Zu einer solchen die KG bindenden Verpflichtung war die Komplementär-GmbH, mit der das Anstellungsverhältnis begründet wurde, kraft ihrer Vertretungsberechtigung befugt.

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Diesem Auslegungsergebnis steht es nicht entgegen, dass nach dem Vortrag der Beklagten auf Seite 6 ihres Schriftsatzes vom 21.05.2015 in dem Gesellschaftsvertrag der H.-Linie GmbH & Co. KG vom 01.10.1992 geregelt worden sei, dass die Komplementärin die ihr durch die Ausübung der Geschäftsführung entstehenden Aufwendungen und Auslagen einschließlich der Bezüge ihrer Geschäftsführer sowie der Leistungen aus Ruhegeldzusagen zu erstatten habe. Es ist denkbar, dass den Gesellschaftern bei Abschluss dieser Vereinbarung nicht mehr präsent war, dass bereits nach dem Anstellungsvertrag die KG die Versorgungsrenten schuldete. Möglich ist auch, dass die Gesellschafter klarstellen wollten, dass bei einer Auszahlung der Versorgungsrente durch die Komplementär-GmbH, wie sie später offenbar auch erfolgte, die eigentlich diese Aufwendungen schuldende KG der GmbH diese Zahlungen zu erstatten hat. Jedenfalls lässt sich hieraus nicht ableiten, dass schon nach dem Anstellungsvertrag die Altersversorgung von der GmbH gezahlt werden sollte. Dagegen spricht im Übrigen auch die Praxis der letzten Jahre, wonach die Altersrente des Klägers seit Februar 2002 von der Beklagten gezahlt wurde, die nach dem Spaltungsplan sämtliche Verpflichtungen der H.-Linie GmbH & Co. KG übernommen hatte, soweit sie nicht im Spaltungsplan ausdrücklich vom Übergang ausgenommen wurden. Eine solche Ausnahme ist hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung der Altersversorgung nicht in den Spaltungsplan aufgenommen worden, so dass sie von der Beklagten geschuldet wird und seit 2002 zu Recht von ihr an den Kläger gezahlt wurde.

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b) Als Nebenpflicht zur Verpflichtung zur Zahlung einer Altersrente schuldet die Beklagte dem Kläger die Auskunft über die Höhe der Prokuristengehälter bei der A.. B. W.. M.'s Nachfolger (GmbH & Co.) KG zum 01.01.2012, 01.01.2013, 01.01.2014 und 01.04.2015. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Auskunftsanspruch aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gegeben, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Anspruchsberechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Unklaren ist und wenn der Verpflichtete in der Lage ist, die verlangte Auskunft unschwer zu erteilen (BGH NJW 2014, 155 Tz. 20).

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Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger hat keine Kenntnisse über die Höhe der maßgeblichen Prokuristengehälter und es auch nicht ersichtlich, dass er sie auf einem anderen und einfacheren Weg in Erfahrung bringen könnte. Die Höhe jener Prokuristengehälter ist aber für die Höhe der von der Beklagten geschuldeten Altersversorgung von entscheidender Bedeutung, weil „das“ Grundgehalt eines Prokuristen die Untergrenze der versprochenen Altersrente sein soll. Die Beklagte wiederum kann die verlangten Auskünfte unschwer erteilen. Auch wenn es sich um die von einer dritten Gesellschaft gezahlten Gehälter handelt, sind diese der Beklagten aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen bekannt. Mit einem unzulässigen Vertrag zulasten Dritter hat dies nichts zu tun; anspruchsverpflichtet ist die Beklagte und nicht ein Dritter.

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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das berechtigte Informationsbedürfnis des Klägers nicht schon durch ihre Mitteilung erfüllt worden, das niedrigste Grundgehalt eines Prokuristen der A.. B. W.. M.'s Nachfolger (GmbH & Co.) KG liege unterhalb der Höhe der an den Kläger zuletzt gezahlten Altersruhegeldbezüge von € 4.850,00. Der Umstand, dass es – anders als zur Zeit der Erteilung der Versorgungszusage – kein einheitliches Grundgehalt der Prokuristen der A.. B. W.. M.'s Nachfolger (GmbH & Co.) KG mehr gibt, führt nicht dazu, dass notwendig das niedrigste an einen Prokuristen gezahlte Grundgehalt nunmehr die Untergrenze der Altersbezüge bildet. Es bedarf vielmehr einer ergänzenden Auslegung wie der bei Abschluss des Versorgungsvertrags nicht vorbedachte Fall zu handhaben ist, dass es nicht mehr ein einheitliches Grundgehalt der Prokuristen gibt. Es erscheint in diesem Zusammenhang nicht naheliegend, dass man sich bei entsprechender Voraussicht an dem niedrigsten Grundgehalt eines der Prokuristen orientiert hätte, weil dann schon die Einstellung eines Prokuristen zu einem deutlich unter dem durchschnittlichen Gehaltsniveau der übrigen Prokuristen liegenden Gehalt genügen würde, um ggfs. die Versorgungsbezüge des Klägers entsprechend zu beschränken. Die dazu anzustellenden Überlegungen müssen hier jedoch nicht vertieft werden, weil die ergänzende Auslegung der Klausel über die Altersversorgung nicht in diesem Verfahren vorzunehmen ist. Für die Begründetheit des Auskunftsanspruchs des Klägers genügt es, dass er zunächst einmal wissen muss, welches die Höhe der nunmehr unterschiedlichen Prokuristen-Grundgehälter ist, um beurteilen zu können, wie eine vernünftige und interessengerechte Anpassung der Klausel über die Altersversorgung angesichts dieses Gehaltsniveaus aussehen könnte.

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Das gilt auch aus einem weiteren Grund: Gerade weil die Ausführungen der Beklagten auch in eine Richtung zielen, die hinsichtlich der Koppelung der Mindesthöhe der Versorgungsrente an das Grundgehalt der Prokuristen als eine Berufung auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage interpretiert werden könnte, muss die Beklagte die Höhe der unterschiedlichen Prokuristengehälter offen legen, damit der Kläger prüfen kann, ob eine schwerwiegende Äquivalenzstörung in Betracht kommt und wie man ihr gegebenenfalls Rechnung tragen kann.

33

Vergeblich beruft sich die Beklagte ferner darauf, sich stillschweigend mit dem Kläger darauf geeinigt zu haben, dass sich sein Altersruhegeld nicht mehr an den Grundgehältern der A.. B. W.. M.'s Nachfolger (GmbH & Co.) KG orientiere. Eine solche konkludente Einigung möchte die Beklagte daraus herleiten, dass der Kläger bis 2014 nie Auskunft über die Prokuristengehälter verlangt habe. Weiter behauptet sie, dass die in der Vergangenheit von ihr vorgenommenen Erhöhungen der Altersversorgung unabhängig von der Entwicklung der Prokuristengehälter vorgenommen worden seien. Darauf kommt es jedoch nicht an. Aus dem Umstand, dass sich der Kläger in der Vergangenheit mit der Höhe der von der Beklagten ausgezahlten Versorgungsbezüge zufriedengegeben hat, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass er – noch dazu stillschweigend – für die Zukunft auf Rechte verzichten will, die ihm nach dem Anstellungsvertrag in Bezug auf die zugesagte Altersversorgung eingeräumt wurden. Die Annahme eines solchen Verzichts ist im Gegenteil fernliegend. Denn ein Verzichtswille darf nicht vermutet werden, sondern es sind an seine Feststellung strenge Anforderungen zu stellen; notwendig ist vielmehr eine unmissverständliche Erklärung (BGH NJW 2008, 2842 Tz. 20). Eine solche liegt hier nicht vor. Denn wenn die Höhe der Versorgungszahlungen aus der Sicht des Klägers in der Vergangenheit so bemessen war, dass er sich zu keinen weiteren Nachfragen veranlasst sah, bedeutet das nicht, dass er auf den im Anstellungsvertrag vorgesehenen Berechnungsmodus auch für den Fall verzichtet hat, dass über den Umfang künftiger Erhöhungen Streit mit der Beklagten entsteht. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger mit der Beklagten dahingehend geeinigt hat, dass die Beklagte künftig nach ihrem freien Ermessen die Höhe seiner Altersbezüge bestimmt. Der Kläger hat auch keinen in diese Richtung weisenden Vertrauenstatbestand geschaffen. Er hat sein Recht nicht verwirkt, eine Erhöhung seiner Versorgungsrente nach Maßgabe des Anstellungsvertrags zu verlangen.

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Auf alles weitere kommt es für den vom Kläger verfolgten Auskunftsanspruch nicht an.

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3. Da die Beklagte unterliegt, hat sie nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

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4. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO, wobei sich die Höhe der Sicherheit hinsichtlich der unter Ziffer 1. des Tenors zuerkannten Verpflichtung an dem voraussichtlichen Aufwand und den Kosten für die Auskunftserteilung auszurichten hat (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 30. Aufl., § 708 Rn. 6), den die Kammer auf € 200,00 schätzt.

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5. Die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 63 Abs. 2 GKG und beruht inhaltlich auf § 3 ZPO.

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