Beschluss vom Landgericht Hamburg (18. Zivilkammer) - 318 S 43/16

Tenor

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 18.12.2015, Aktenzeichen 880 C 7/15, durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Die Beklagte kann hierzu binnen 2 Wochen Stellung nehmen.

Gründe

1

Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.

2

Das Amtsgericht hat die Beklagte zu Recht und mit zutreffender Begründung unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, zwei schwarze Damenfahrräder der Marke R. und einen brettförmigen, in einem blauen Plastiksack eingeschlagenen weiteren Gegenstand mit einer Größe von 45 cm x 150 cm, der hinter den Fahrrädern gelagert ist, von dem Bereich an der Wand links neben der Kellertür der Klägerin schräg gegenüber dem Kellerabgang des Hauses L. X, (PLZ) H. zu entfernen und es zu unterlassen, Fahrräder und/oder andere Gegenstände dort abzustellen. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 13 Abs. 2, 14 Ziff. 1, 15 Abs. 3 WEG ein diesbezüglicher Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch zu.

3

Hinsichtlich der Begründung wird vollen Umfangs Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Urteils. Die Berufungsbegründung bietet keinen Anlass zu einer anderweitigen Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Die Beklagte kann nicht für sich in Anspruch nehmen, „einen kleinen Teil des Kellerflures“ durch das dauerhafte Abstellen von Fahrrädern und einem anderen Gegenstand wie eine Sondernutzungsfläche unter Ausschluss der übrigen Eigentümer als Lagerfläche nutzen zu dürfen. Die Beklagte maßt sich damit ein ausschließliches Nutzungsrecht an einem Teil des gemeinschaftlichen Eigentums an, das ihr nicht einmal durch Mehrheitsbeschluss (sondern nur durch eine Vereinbarung) eingeräumt werden könnte, weil es sich nicht um eine Gebrauchsregelung im Sinne von § 15 Abs. 2 WEG handelt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 01.10.2003 – I-3 Wx 393/02, 3 Wx 393/02, NZM 2004, 107, Rn. 71, zitiert nach juris [alleiniges Gestaltungsrecht des Treppenabsatzes eine halbe Etage tiefer unter Ausschluss der übrigen Wohnungseigentümer durch die Bewohner der Etage]).

4

Die Klägerin hat entgegen der Auffassung der Beklagten erstinstanzlich ausreichend dargelegt, dass das Abstellen der Fahrräder durch die Beklagte und die Lagerung des weiteren Gegenstandes direkt links neben ihrer Kellertür zu einem Nachteil führt, der das in § 14 Ziff. 1 WEG beschrieben Maß übersteigt. Nachteil ist jede nicht ganz unerhebliche Beeinträchtigung. Sie muss konkret und objektiv sein; entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (BGH, Urteil vom 07.02.2014 – V ZR 25/13, NJW 2014, 1090, Rn. 11, zitiert nach juris). Dies ist hier der Fall. Da der hier in Rede stehende Bereich des Kellerflurs aufgrund des Verhaltens der Beklagten für die Klägerin beispielsweise nicht zum kurzzeitigen Abstellen von Gegenständen, die in ihren Keller verbracht oder von dort geholt werden sollen, oder auch im Falle des Aufräumens oder der Renovierung des Kellerraums als vorübergehende Abstellfläche zur Verfügung steht, kann sich die Klägerin durch das Abstellen der Fahrräder und die Lagerung des weiteren Gegenstandes an der Wand direkt im Anschluss an ihre Kellertür verständlicherweise beeinträchtigt fühlen (vgl. die als Anl. K 2, Anl. B 2 und Anl. B 3 vorgelegten Foto). Der von der Klägerin geltend gemachte Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch geht inhaltlich nicht zu weit, auch soweit die titulierte Unterlassungspflicht ein kurzzeitiges bzw. vorübergehendes Abstellen von Gegenständen auf der hier in Rede stehenden Fläche im Kellerflur nicht ausnimmt. Denn für ein derartiges kurzzeitiges Abstellen von Gegenständen steht der Beklagten mit dem Flurbereich an der Wand links neben ihrer eigenen Kellertür ausreichend Platz zur Verfügung, so dass sie nicht auf den Bereich links neben der Kellertür der Klägerin und die Nische neben der Zugangstür zum Kellerflur angewiesen ist. Ob die Beklagte darüber hinaus auch den gemeinschaftlichen Fahrradkeller oder ihren Kellerraum zur Lagerung ihrer Fahrräder benutzen könnte, bedarf keiner Entscheidung.

5

Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte in der Berufungsbegründung auf die Einrede der Verjährung. Diese hat sie erstinstanzlich nicht erhoben, auch nicht mit Schriftsatz vom 31.08.2015, der sich ausschließlich mit der Frage der Verwirkung befasste. Die Kammer hat bereits erhebliche Zweifel, ob die erstmalige Erhebung der Einrede der Verjährung durch die Beklagte in der Berufungsinstanz wirksam ist, da die Nichterhebung der Einrede in I. Instanz auf einer Nachlässigkeit im Sinne von § 531 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 3 ZPO beruhen dürfte. Da die den Verjährungseintritt begründenden tatsächlichen Umstände zwischen den Parteien nicht unstreitig sind, dürfte die Verjährungseinrede auch nicht unabhängig von den Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO zuzulassen sein (vgl. BGH, Beschluss vom 23.06.2008 – GSZ 1/08, BGHZ 177, 212 = NJW 2008, 3434; Staudinger/Peters/Jacoby, BGB, Neubearbeitung 2014, § 214 Rdnr. 11). Unabhängig davon greift die Verjährungseinrede der Beklagten ohnehin nicht durch. Die Gegenstände, um deren Beseitigung es geht, befanden sich bei Klagerhebung im Jahre 2015 noch nicht mindestens seit dem Jahre 2011 unverändert an derselben Stelle. Vielmehr hat die Beklagte das zweite Fahrrad unstreitig erst ab dem Jahre 2014 dazugestellt. Ob sich dieses bereits irgendwann zu einem früheren Zeitpunkt im Kellerflur befunden hatte und - wenn dies der Fall war - seit wann und für welchen Zeitraum, kann dahinstehen. Denn selbst wenn ursprünglich bestehende Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. § 15 Abs. 3 WEG bereits verjährt gewesen wären, würde dies nicht dazu führen, dass die Beklagte damit die Rechtsposition innehätte, als wäre die von ihr beanspruchte alleinige Nutzung des hier in Rede stehenden Teils des Kellerflurs von der Teilungserklärung gedeckt (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 169/14, NJW 2016, 53, Rn. 15, zitiert nach juris). Sobald die Beklagte hier Veränderungen vorgenommen und einzelne Gegenstände entfernt und neue dazugestellt hat, begann insgesamt eine neue Verjährungsfrist von drei Jahren (§§ 195, 199 BGB) zu laufen.

6

Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass der von der Klägerin geltend gemachte Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch verwirkt ist. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte der Klägerin, nachdem diese das Wohnungseigentum im Jahre 1998 erworben hatte, zugesagt hat, das Fahrrad und die in einem blauen Sack verpackte Schrankseitenwand zu entfernen, wenn die Sachen die Klägerin stören würden. Selbst wenn dies nicht der Fall gewesen wäre und die Fahrräder tatsächlich bereits seit dem Jahre 1971 (!) unbewegt im Kellerflur abgestellt gewesen wären, bestünden Bedenken am Vorliegen des Umstandsmoments, da die Beklagte nichts dazu vorgetragen hat, dass und womit die Klägerin zu erkennen gegeben hat, sie werde in Bezug auf die Lagerung der Fahrräder und des Schrankseitenteils im Kellerflur keine Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche geltend machen. Ohnehin ist dadurch, dass ab dem Jahre 2014 ein zweites Damenfahrrad von der Beklagten im Kellerflur dauerhaft abgestellt wurde, eine Zäsur im Sinne einer neuen Willensentscheidung der Beklagten über die zweckwidrige Nutzung eingetreten (vgl. BGH, Urteil vom 08.05.2015 – V ZR 178/14, ZMR 2015, 731, Rn. 13, zitiert nach juris). Die Beklagte durfte nicht darauf Vertrauen, dass solche eigenständigen Störungen auch zukünftig von der Klägerin geduldet würden.

7

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen