Urteil vom Landgericht Hamburg (17. Kammer für Handelssachen) - 417 HK O 105/15
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits unter Einschluss der Kosten der Nebenintervenientin hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Parteien streiten um die Verunreinigung einer Ladung eines Binnenschiffes.
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Die Klägerin ist Warentransportversicherer der Fa. M. GmbH Mineralölwerke GmbH & Co. KG in S.. Diese beauftragte die Beklagte mit dem Transport von 1.400t des Öls Yubase 4 und 700t des Öls Yubase 6 von D./ N. nach D./ D., beginnend am 27.3.15, wobei die TTB und Liegegelder nach der BinSchLV vereinbart waren (Anlage K1). Die Beklagte beauftragte die Nebenintervenientin mit der Durchführung der Reise, die das Schiff "A." einsetzte. Diese ließ die Tanks des Schiffs am 25.3.15 bei der Fa. A. in M./ N. reinigen. Der Reinigungserfolg ist streitig. Ein unabhängiger Surveyer der Fa. S. gab das Schiff zum Beladen frei. Am 27.3.15 begann der Ladevorgang in D., wobei (mit streitigem Ergebnis) Proben aus den Landtanks und am Ende der Ladeleitung genommen wurden. Nachdem die Beladung in einem Tank bis zur Höhe eines Fußes gelangt war, wurde eine Probe entnommen (first foot), die ein verunreinigtes Öl zeigte; Einzelheiten sind streitig. Die Beladung wurde abgebrochen und das Schiff verholte zum Koole Tank Terminal in P./ R./ N.. Dort wurden weitere Untersuchungen durchgeführt. Am 29.3.15 wurde die bereits verladene Menge von ca. 36t in zwei Tankanhänger umgefüllt und später anderweitig verwertet. Die Beklagte berechnete später zusätzlich zu dem ursprünglich vereinbarten Frachtlohn Liegegelder von € 15.070.-, die aus streitigen Gründen an die Beklagte bezahlt wurden.
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Die Klägerin bringt vor, die Verunreinigungen beruhten auf einer nicht ordentlich ausgeführten Reinigung des Schiffes und insbesondere von deren Rohrleitungen; dafür habe die Beklagte zu haften, die für das Handeln der Fa. S. T. und der Reinigungsfirma A. einzustehen habe. Der Besichtiger der Fa. S., der das gereinigte Schiff inspiziert habe, habe eine Untersuchung der Rohre, durch deren Inhalt die Verunreinigung mutmaßlich eingetreten sei, nicht vorgenommen und nicht vornehmen können. Der Fa. M. sei durch die Verunreinigung nach dem Gutachten der Fa. C. (SV T., K2) ein Schaden von € 36.688,53 entstanden, den die Klägerin ersetzt habe. Die Beklagte habe auch zu Unrecht das Liegegeld erhalten, denn die Liegezeit sei allein Folge der von ihr zu vertretenden Verunreinigung der Ware. Zwischen der Fa. M. und der Beklagten sei vereinbart worden, dass das Liegegeld zunächst bezahlt, aber im Fall der Klärung der Schadensverursachung zu Lasten der Beklagten wieder zurück zu gewähren sei (K9).
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Die Klägerin beantragt deshalb mit der am 21.12.15 zugestellten Klage,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 57.609,63 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen
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und bestreitet, dass das Öl in dem von der Beklagten gestellten Schiff eingetreten sei. Sie habe das Schiff durch eine Fachfirma mittels eines geeigneten Standardverfahrens („Butterwash“) reinigen lassen (Rechnungen B1f) und ein unabhängiger Sachverständiger habe danach das Schiff inspiziert.
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Der Vortrag der Klägerin zur Schadenshöhe sei nicht ausreichend, die Lagerkosten und der Mindererlös seien zu hoch; es hätte ein höherer Preis erzielt werden können, zumal der Verkauf nicht eilbedürftig gewesen sei. Dass die Klägerin die Fa. M. entschädigt habe, sei nicht dargelegt.
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Die Beklagte meint, der Transport sei nach der CMNI zu beurteilen und die Beklagte schulde nicht mehr als die Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers, die sie angewendet habe. Das Liegegeld sei zutreffend berechnet worden und die Klägerin habe es in Kenntnis ihrer angeblichen Nichtschuld gezahlt, weshalb es selbst dann nicht zurück zu zahlen sei, wenn die Beklagte die Verunreinigung zu vertreten habe.
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Die Nebenintervenientin ist dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten und hat wie diese beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie unterstützt das Vorbringen der Beklagten und trägt insbesondere vor, sie habe das Schiff ordnungsgemäß reinigen lassen.
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Wegen des übrigen Sachvortrags der Parteien wird auf die eingereichten Schriftsätze und Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen. Das Gericht hat Beweis erhoben über den Verlauf der Reinigung durch Vernehmung der Zeugen v. L., S. und E. Insoweit ergeben sich Einzelheiten aus dem Protokoll vom 13.4.16. Der der Klägerin nachgelassene Schriftsatz vom 31.5.16 ist berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe
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Die Entscheidung ergeht mit Zustimmung der Parteien durch den Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen allein, § 349 III ZPO.
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Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
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Zugunsten der Klägerin kann angenommen werden, dass sie ihre Klageberechtigung unter Bezug auf die Versicherungspolice (K10) und die Zahlungsquittung (K11) ausreichend belegt hat, also Inhaberin der eingeklagten Ansprüche ist. Zugunsten der Klägerin kann ebenfalls angenommen werden, dass die Verunreinigung der First-Foot-Probe auf der A. durch eine Verunreinigung in deren Laderaum oder deren Rohrleitungen verursacht worden ist.
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Ein Schadensersatzanspruch besteht gleich wohl nicht. Denn auf das streitige Vertragsverhältnis ist das Budapester Übereinkommen über den Vertag über die Güterbeförderung in der Binnenschifffahrt (CMNI) anwendbar. Nach dessen Art 16 und 17 haftet zwar der Frachtführer für den Schaden, der durch die Beschädigung der Güter in der Zeit von der Übernahme der Güter bis zur Ablieferung erfolgt, und zwar auch, soweit er sich zur Erfüllung seiner Verpflichtungen Bediensteten oder Beauftragten bedient (Art 17). Die Haftung besteht jedoch nicht, wenn er beweist, dass der Schaden durch Umstände verursacht worden ist, die ein sorgfältiger Frachtführer nicht hätte vermeiden können und deren Folgen er nicht abwenden konnte. So liegt es hier.
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Die Beklagte hat sich der Nebenintervenientin bedient, für die sie haftet. Diese hat ein Schiff gestellt, gegen deren allgemeine Tauglichkeit keine Bedenken geäußert sind. Selbst der Umstand, dass die Tanks aus normalem Baustahl ohne Beschichtung hergestellt waren, erscheint nicht als Versäumnis oder Verstoß gegen die Pflichten eines sorgfältigen Frachtführers. Solcher Stahl kann zwar rosten (und Rostpartikel waren möglicherweise Teil der Verunreinigungen), wenn er leer ist; dies geschieht aber nur nach längerer Zeit durch Luft- oder Wassereinfluss. Hier lagen zwischen dem Ende der Reinigung und dem Beginn der Verladung nur wenige Stunden, die nicht ursächlich sein können.
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Die Beklagte bzw. die Nebenintervenientin haben eine anerkannte Fachfirma mit der Reinigung beauftragt; das haben beide so vorgetragen, die Beweisaufnahme durch die Zeugen v. L. und S. hat diese Eigenschaft der Fa. A. deutlich gemacht und die Klägerin hat hiergegen nichts eingewendet.
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Die Beklagte bzw. die Nebenintervenientin haben bei der Fa. A. ein gebräuchliches und geeignetes Reinigungsverfahren in Auftrag gegeben. Die genannten Zeugen haben das gewählte Butter-Wash-Verfahren im Einzelnen beschrieben und von der Üblichkeit und Zuverlässigkeit namentlich durch die dort eingesetzten Maschinen berichtet. Dem folgt, weil auch die Klägerin hiergegen nichts erinnert, das Gericht.
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Soweit die Klägerin mutmaßt, dass sich die Reinigung nicht auf die Rohrleitungen erstreckt habe, hat die Beklagte bewiesen, dass das nicht zutrifft. Der Zeuge E. hat in vollem Umfang glaubhaft angegeben, dass der hier fragliche Tank durch eine einzige Leitung befüllt und geleert wurde; eine separate Zuleitung gebe es nicht. Wenn das so war, muss das gesamte Reinigungswasser über die einzige Leitung abgepumpt worden sein, von der die weiteren Zeugen zur Überzeugung des Gerichts bei dieser Vorladung und einer Spüldauer von 50 Minuten angegeben haben, nur noch reines Wasser führt. Das im Schiff vorhandene Abpumpsystem war auch mit dem Klassezertifikat (B3) abgenommen und gewährleistete, dass nur eine ganz geringe Restmenge in Rohren verbleiben konnte (5l); diese Menge kann die vorgefundenen Verunreinigungen in 36t Öl nicht erklären.
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Schließlich ist unstreitig, dass nach der Reinigung ein unabhängiger Sachverständiger der Fa. S. das Schiff inspiziert und freigegeben hat. Auf die Frage, wer diesen beauftragt hat, kommt es nicht an. Selbst wenn ihn die Fa. M. oder die Ladestelle beauftragt hätte, durften sich die Beklagte und die Nebenintervenientin mit dieser Kontrolle zufrieden geben, denn auf die unabhängige Begutachtung durften sie sich verlassen. Dass dieser Sachverständige die Rohrleitungen nicht inspiziert hat, kann zugunsten der Klägerin angenommen werden; hierfür bestand aber auch kein Anlass, denn es gab nur ein Zuflussrohr, durch das Reinigungswasser abgeführt werden musste und das deshalb als mit gereinigt anzusehen war.
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Die Beklagte hat deshalb bewiesen, dass sie und ihre Subunternehmer, die Fa. S. T. und die Fa. A. alles getan haben, was ein ordentlicher Frachtführer tun musste, um ihre Pflichten aus Art 16 CMNI zu genügen. Wenn es gleichwohl durch eine unbekannte Begebenheit zu der Verunreinigung auf dem Schiff kam, haftet die Beklagte dafür nach der CMNI nicht.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin in ihrem nachgelassenen Schriftsatz ohne Erfolg. Richtig ist zwar, dass die Beklagte für ihre Subunternehmer einzustehen hat. Art. 17 CMNI bedeutet aber nicht, dass die Beklagte, die nach Art 16 CMNI für eigenes Verhalten nur mit der Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers haftet, für jedweden Pflichtverstoß oder sogar für einen im Bereich der Subunternehmer durch Zufall eingetretenen Schaden zu haften hätte; vielmehr gilt für diese derselbe Haftungsmaßstab wie für die Beklagte. Nichts anderes hat das Gericht auch in der Verhandlung vom 13.4.16 angedeutet.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 101 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.
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