Beschluss vom Landgericht Hamburg (18. Zivilkammer) - 318 T 28/17

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller vom 15.05.2017 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Blankenese vom 26.04.2017, Az. 539 C 11/17, wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsteller haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 1.000,00 festgesetzt.

Gründe

1

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 936, 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Zutreffend hat das Amtsgericht angenommen, dass es jedenfalls mangels besonderer Eilbedürftigkeit an einem Verfügungsgrund fehlt.

2

Zwar haben die Antragsteller, die zwischenzeitlich im Wohnungsgrundbuch als Miteigentümer eingetragen sind, sämtliche Rechte aus dieser Rechtsstellung. Gemäß § 21 Abs. 4 WEG haben sie insoweit einen Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung, der sich gegen die übrigen Wohnungseigentümer – hier die Beklagten - richtet. Dies schließt einen Anspruch auf Bestellung eines tauglichen Verwalters ein (BGH NJW 2011, 3025 Rn. 11, zitiert nach juris). Fehlt – wie hier - ein Verwalter oder kommt es mangels Einvernehmens aller Wohnungseigentümer nicht zu einer Versammlung, so kann sich auch ein Wohnungseigentümer im Einzelfall von allen Eigentümern hierzu ermächtigen lassen. Dieses Recht kann er auch im Klagewege durchsetzen (Kümmel/Vandenhouten in: Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 24 Rn. 4). Ein Verfügungsanspruch ist daher jedenfalls insoweit gegeben. Dass darüber hinaus auch ein Anspruch auf gerichtliche Bestellung eines Notverwalters besteht – sofern dies überhaupt von den Antragstellern über die Maßnahme der Einladung zu einer Eigentümerversammlung hinausgehend begehrt wird - ist demgegenüber nicht glaubhaft gemacht. Ob der Wohnungseigentümer bereits zu diesem Zeitpunkt drei Vergleichsangebote übernahmebereiter Verwalter vorlegen muss, kann hier dahinstehen, denn jedenfalls ist ein Verfügungsgrund nicht ersichtlich.

3

Zwar trifft es zu, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband durch den Verwalter vertreten wird. Allein die Tatsache, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft derzeit verwalterlos ist, begründet für sich genommen jedoch noch keine Eilbedürftigkeit. Dies nehmen auch die Antragsteller nicht in Abrede.

4

Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass - wie das Amtsgericht zu Recht angenommen hat - die Antragsteller ohne weiteres selbst in der Lage sind, individuelle Ansprüche gegen den Bauträger geltend zu machen. Dies haben sie im Übrigen mit Schreiben vom 07.04.2017 (Anlage ASt 5) bereits getan. Welche Nachteile daher derzeit für die Wohnungseigentümergemeinschaft zu befürchten sind, wenn der Antragsteller zu 2) nicht umgehend ermächtigt wird, eine Eigentümerversammlung – allein zur Verwalterbestellung - einzuberufen, ist nicht ersichtlich. So haben die Antragsteller nicht dargelegt, welche konkreten Einzelmaßnahmen, die allein vom Verband durchgesetzt werden können, von einem Verwalter nach entsprechender Beschlussfassung (!) unverzüglich umgesetzt werden müssen. Bis zur Abnahme – die vorliegend noch nicht erfolgt ist, da das Objekt sich noch im Rohbau befindet - hat der Erwerber Anspruch auf Erfüllung, mithin Herstellung eines mangelfreien Werkes. Diesen Erfüllungsanspruch kann jeder einzelne Wohnungseigentümer aus dem Erwerbsvertrag auch in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum und ohne vorherige Mehrheitsbeschluss geltend machen, solange die Wohnungseigentümergemeinschaft die Ausübung nicht an sich gezogen hat (Niedenführ in: Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O., Anhang zu § 21 Rn. 13 ff., 23 ff.). Da es hierfür keiner Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf und insbesondere kein Beschluss erforderlich ist, der ein Vorgehen gegen den Bauträger rechtfertigt, ist in einem derartigen Fall die individuelle Geltendmachung von Mängelbeseitigungsansprüchen sogar einfacher. Hinzu kommt, dass auch im Fall der Verwalterbestellung und Durchführung einer Eigentümerversammlung in Bezug auf den behaupteten mangelhaften Zustand des Gemeinschaftseigentums nicht etwa in jedem Fall ein Recht darauf besteht, dass die Wohnungseigentümer die Geltendmachung der Rechte der Gemeinschaft an sich ziehen. Dass die Antragsteller hier Gewährleistungsrechte geltend machen wollen, für die ausschließlich eine primäre Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft besteht, ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Ihnen geht es vielmehr in erster Linie um mangelfreie Herstellung. Soweit sie geltend machen, eine Kündigung des Bauträgervertrags aus wichtigem Grund (gemäß § 314 BGB) könne nur gemeinschaftsbezogen erfolgen, ist zum einen nicht ersichtlich, dass diese derzeit konkret beabsichtigt ist. Ausweislich der Anlage ASt 5 wurde der Bauträger zur Mangelbeseitigung aufgefordert und das Recht zur Kündigung lediglich vorbehalten. Ob hier bei einem Bauträgervertrag, der hinsichtlich der Gewährleistungsrechte ausdrücklich auf die Regelungen des BGB (nicht der VOB/B) Bezug nimmt (§ 6), außerhalb von § 649 BGB – der hier jedenfalls nicht in Betracht kommt - ein Kündigungs- und nicht etwa ein Rücktrittsrecht besteht, ist bereits nicht unproblematisch. Ein Rücktrittsrecht können die Antragsteller selbst gelten machen. Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass eine Kündigung möglich ist und es um eine anschließende Beauftragung anderer Werkunternehmer ginge (vgl. hierzu Palandt-Sprau, BGB, 76. Aufl., § 649 Rn.15), fehlt es auch dann an einer besonderen Eilbedürftigkeit. Dass hier unmittelbares Handeln erforderlich ist und ein Nachteil entsteht, wenn die Antragsteller auf den Klageweg verwiesen werden, ist nicht ersichtlich (vgl. Niedenführ in: Niedenführ/Vandenhouten, a.a.O., § 26 Rn. 141), zumal außer der Antragsgegnerin zu 1) die übrigen Miteigentümer sich dem Begehren der Antragsteller nicht verweigern würden.

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Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass eine besondere Eilbedürftigkeit besteht, einen Wohnungseigentümer zur Einberufung und Abhaltung einer Wohnungseigentümer Versammlung zwecks Bestellung eines Verwalters zu ermächtigen.

6

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Beschwerdewert wurde gemäß § 49a Abs. 1 GKG festgesetzt.

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