Beschluss vom Landgericht Hamburg - 330 T 30/17
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 22.07.2016 gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 08.07.2016, Aktenzeichen 67c IN 332/14, wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
- 1
Der Beschwerdeführer begehrt die Festsetzung einer höheren Vergütung als vorläufiger Insolvenzverwalter.
- 2
Die Insolvenzschuldnerin ist ein geschlossener Immobilienfonds. Auf ihren Eigenantrag vom 01.07.2014 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg - 67g IN 332/14 - vom gleichen Tage der Beschwerdeführer zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt (Bl. 31 f d.A.).
- 3
Der Beschwerdeführer übte sein Amt sodann ca. einen Monat lang aus. Nach Übernahme des Verfahrens durch die Abteilung 67c des Amtsgerichts Hamburg wegen Sachzusammenhangs am 29.07.2014 wies das Insolvenzgericht den Beschwerdeführer taggleich telefonisch auf Bedenken gegen die Fortsetzung der Tätigkeit wegen einer fraglichen Inhabilität hin (Beratungsvertrag der Kanzlei B. mit der W. I. KG bis April 2012).
- 4
Durch Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 30.07.2014 - 67c IN 332/14 - (Bl. 52 d.A.) wurde das Insolvenzverfahren als Hauptinsolvenzverfahren im Sinne der EuInsVO eröffnet und Rechtsanwalt P.- A. B. zum Haupt-Insolvenzverwalter bestellt.
- 5
Mit Vergütungsantrag vom 19.05.2016 (Bl. 148 ff d.A.) begehrte der Beschwerdeführer die Festsetzung einer Vergütung seiner Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter im Zeitraum vom 01.07.2014 - 29.07.2014 (28 Tage) in Höhe von 55 % der Vergütung des Insolvenzverwalters. Er stützte seine Berechnung auf den Vermögenswert der Kontoguthaben von nur € 1.263.575,55 und bewertete die beiden Gewerbeimmobilien als massefremd. Sodann nahm er einen Zuschlag von 40 % auf die 25 %ige Regelvergütung gem. § 2 Abs. 1 InsVV vor mit dem Argument, die Tätigkeit sei hinsichtlich der beiden Immobilien aufwendig gewesen. Zugleich erfolgte ein Abschlag von 10% wegen der kurzen Verfahrensdauer. Er errechnete eine Vergütung von € 29.161,83 zzgl. € 250,00 Auslagen, € 8,40 Zustellkosten und € 5.589,84 Umsatzsteuer, insgesamt € 35.010,07.
- 6
Mit Beschluss des Amtsgerichts Hamburg - 67c IN 332/14 - vom 08.07.2016 (Bl. 160 ff d.A.) wurde die Vergütung des Beschwerdeführers als vorläufiger Insolvenzverwalter auf die Mindestvergütung von € 1.000,00 netto zzgl. € 250,00 Auslagen, € 8,40 Zustellkosten und € 190,00 Umsatzsteuer, insgesamt € 1.448,40 festgesetzt, weil der Beschwerdeführer bei der - gebotenen - Anzeige der Interessenkollision spätestens am 07.07.2014 entlassen worden wäre.
- 7
Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde vom 22.07.2016.
- 8
Nach Akteneinsicht in die Gerichtsakte erfuhr der Beschwerdeführer, dass die beiden Gewerbeimmobilien - entgegen seiner Würdigung im Vergütungsantrag vom 19.05.2016 - doch im Eigentum der Insolvenzschuldnerin standen. In dem als „Beschwerdebegründung“ überschriebenen Schriftsatz vom 04.08.2016 (Bl. 281 ff d.A.) fasste der Beschwerdeführer daher seinen Vergütungsantrag vollständig neu (ab Seite 19ff, Bl. 299 d.A.) und erhöhte die Berechnungsgrundlage seiner Vergütung von ursprünglich € 1.263.575,55 durch Addition des Wertes der beiden - zuvor als massefremd bezeichneten - Immobilien auf € 17.263.575,55. Zugleich kürzte er den auf die Regelvergütung aufgeschlagenen Zuschlag von ursprünglich 40% auf noch 25% und errechnete damit die neue Vergütung € 178.260,98 (statt € 35.010,07).
- 9
Das Amtsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 18.04.2017 (Bl. 652 ff d.A.) nicht abgeholfen und die Beschwerde dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.
- 10
Auf den Akteninhalt wird insoweit ergänzend Bezug genommen.
II.
- 11
Die sofortige Beschwerde des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 22.07.2016 gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 08.07.2016 ist als unzulässig zu verwerfen.
1.
- 12
Die sofortige Beschwerde vom 22.07.2016 war ursprünglich zulässig. Die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters ist gemäß § 63 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO angemessen zu vergüten (vgl. BVerfG ZIP 1993, 838, 841). Gegen die gerichtliche Vergütungsfestsetzung vom 08.07.2016 war die sofortige Beschwerde statthaft.
2.
- 13
Die Beschwerde vom 22.07.2017 ist aber durch die Rücknahme des zugrunde liegenden Vergütungsantrags vom 19.05.2016 und Neufassung des Vergütungsantrags vom 04.08.2016 mit Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 04.08.2016, Seite 19, unzulässig geworden.
- 14
Zu Recht und mit ausführlicher, zutreffender Begründung hat das Amtsgericht durch Nichtabhilfebeschluss vom 18.04.2017 (Bl. 652 ff d.A.) ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seinen ursprünglichen Vergütungsantrag vom 19.05.2016 mit Schriftsatz vom 04.08.2016, dort Seite 19 (Bl. 299 d.A.) nicht im Sinne einer im Beschwerdeverfahren zulässigen Antragsänderung modifiziert, sondern konkludent zurückgenommen und einen neuen Antrag gestellt hat. Denn dort erklärt der Beschwerdeführer nach längeren Ausführungen zur Begründetheit seines ursprünglichen Antrags vom 19.05.2016 schließlich, diese Argumente ausdrücklich nicht weiter zu verfolgen, sondern:
- 15
„Auf die weitere Begründung des Gerichts und nach Einsichtnahme in die Insolvenzakte fasse ich meinen Vergütungsantrag vom 19.05.2016 allerdings wie folgt neu:...“
- 16
um sodann die Berechnungsgrundlage zu wechseln und die zuvor ausdrücklich als massefremd bezeichneten Immobilien erstmals als Berechnungsgrundlage hinzuzuziehen. Ferner bejaht er die Rechtsgrundlage der Ermittlung der Berechnungsgrundlage, die er im Antrag vom 19.05.2016 (Seite 2, Bl. 149 d.A.) noch ausdrücklich verneinte, indem er die Berücksichtigung der Immobilien gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 InsVV als Berechnungsgrundlage bejaht.
- 17
Diese Neuberechnung der Vergütungsforderung ist mit einer im Beschwerdeverfahren noch zulässigen Antragsänderung gemäß § 263 ff ZPO nicht zu vereinbaren. Der ursprüngliche und der neue Vergütungsantrag sind zwar hinsichtlich des mit dem Antrag verfolgten Begehrens naturgemäß deckungsgleich, nämlich auf Zahlung der Vergütung in Euro gerichtet. Aber der dem auf Zahlung in Euro gerichteten Vergütungsantrag zugrundeliegende Lebenssachverhalt wurde vollständig ausgetauscht, indem der Beschwerdeführer nunmehr erstmals erklärt, Tätigkeiten hinsichtlich der seinerzeit irrtümlich als massefremd gewerteten Immobilien entfaltet zu haben.
- 18
Über diesen neuen Vergütungsantrag vom 04.08.2016 hat das Amtsgericht erstinstanzlich zu entscheiden. Der ursprüngliche Vergütungsantrag vom 19.05.2016 wurde zurückgenommen.
- 19
Die sofortige Beschwerde vom 22.07.2016 war daher als unzulässig zu verwerfen.
3.
- 20
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 4 InsO.
4.
- 21
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Die Frage der Auslegung der „Neufassung“ des Vergütungsantrags im Schriftsatz vom 04.08.2016, Seite 19, als Antragsrücknahme oder Antragsänderung (§§ 263 ff ZPO) ist eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung für die Rechtsfortbildung oder Rechtsvereinheitlichung.
Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- InsO § 4 Anwendbarkeit der Zivilprozeßordnung 1x
- 67c IN 332/14 3x (nicht zugeordnet)
- 67g IN 332/14 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 263 Klageänderung 1x
- § 2 Abs. 1 InsVV 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x
- §§ 263 ff ZPO 1x (nicht zugeordnet)
- InsO § 21 Anordnung vorläufiger Maßnahmen 1x
- § 11 Abs. 1 Satz 2 InsVV 1x (nicht zugeordnet)