Urteil vom Landgericht Hamburg - 327 O 141/17
Tenor
1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000.- Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), hinsichtlich der Beklagten zu 1 zu vollziehen an dem geschäftsführenden Gesellschafter der Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Bezug auf ihre Tätigkeit als Rechtsanwaltskanzlei auf Werbeflyern, Broschüren oder im Internet eine größere Zahl von Fachanwälten anzugeben, als für die Rechtsanwaltskanzlei K. S. & P. GbR tatsächlich als Gesellschafter und/oder Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen anwaltlich tätig sind, insbesondere wenn dies wie in der Anlage zu diesem Urteil dargestellt geschieht.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von der Kostenrechnung ihres Prozessbevollmächtigten Nr. UW... vom 30.03.2017 in Höhe von 1.358,86 € freizuhalten.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
4. Das Urteil ist für die Klägerin in Ziff. 1 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 € und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 30.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
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Die Klägerin ist Rechtsanwältin und seit dem 07.03.2017 als Fachanwältin für Migrationsrecht in M. unter der im Aktivrubrum angegebenen Adresse tätig. Die Beklagte zu 1 betreibt mit derzeit fünf Anwälten eine Rechtsanwaltskanzlei in M.. Der Beklagte zu 2 ist geschäftsführender Gesellschafter der Beklagten zu 1.
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Gegenstand des Rechtsstreits ist die in der Anlage zu diesem Urteil wiedergegebene Werbung, die am 18.12.2016 auf den beiden Webseiten b.-w....de und b.-l....de im Internet veröffentlicht war (vgl. Anlagen K 12 und K 13).
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Die Klägerin ließ die Beklagten deshalb mit Schreiben vom 18.03.2017 abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auffordern (Anlagen K 14 und K 15). Mit Schreiben vom 31.03.2017 gab die Beklagtenseite eine modifizierte Unterlassungserklärung ab (Anlage K 16), die die Klägerseite mit Schreiben vom 05.04.2017 als unzureichend mit der Begründung zurückwies, dass nicht bestimmt sei, wer die Höhe der ggf. zu überprüfenden Vertragsstrafe festsetze (Anlage K 17). Mit Honorarnote vom 10.04.2017 (Anlage K 19) rechnete der Prozessbevollmächtigte der Klägerin seine außergerichtlichen Kosten gegenüber der Klägerin ab.
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Die Klägerin beantragt mit ihrer den Beklagten am 06.06. bzw. am 09.06.2017 zustellten Klage,
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wie erkannt.
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Die Beklagten beantragten,
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die Klage abzuweisen.
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Sie erheben die Einrede der Verjährung und tragen in der Sache vor: Die Beklagtenseite habe nach dem Ausscheiden von Frau B., die als Fachanwältin für Familienrecht bei der Beklagten zu 1 tätig gewesen sei, versehentlich versäumt, den Eintrag von 6 Fachanwälten anzupassen. Dies sei allerdings noch im Dezember 2016 vor Zugang der Abmahnung geschehen. Die Beklagtenseite betreibe die fraglichen Internetseiten auch nicht. Angesichts dessen sei auch allenfalls ein Gegenstandswert von höchstens 10.000,00 € gerechtfertigt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1; 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG und der Anspruch auf Freihaltung von den Abmahnkosten gem. § 12 Abs. 1 UWG zu.
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Die Klägerin war nicht gehalten, ihren Antrag auf die konkrete Verletzungsform oder das entsprechende Werbemedium zu beschränken. Bei der Fassung eines Unterlassungsantrags sind im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen zulässig, sofern auch in dieser Form das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt. Dies hat seinen Grund darin, dass eine Verletzungshandlung die Vermutung der Begehungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform begründet, sondern auch für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen (st. Rspr., z.B. BGH GRUR 2000, 907, 909 - Filialleiterfehler). Um solche unerheblichen Abweichungen handelt es sich dann, wenn - wie hier - der konkrete Wettbewerbsverstoß und die mit diesem nicht identische, aber gleichartige Verletzungshandlung aus lauterkeitsrechtlicher Sicht gleichwertig sind und bestehende Unterschiede den lauterkeitsrechtlich erheblichen Kern der Handlung unberührt lassen, was etwa bei der Abänderung eines Werbetextes ohne inhaltliche Veränderung der Sachaussage, bei einer Änderung der Größe der Werbeanzeige oder einem Wechsel des Werbemediums der Fall ist. Maßgebend dafür, ob sich das Charakteristische der konkreten Verletzungshandlung in der gleichartigen Handlung wiederfindet, ist die Sicht eines verständigen Durchschnittsverbrauchers (vgl. Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl. 2016, § 2 Rdnrn. 104 ff.). Dies ist hier der Fall.
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Die Angabe, dass 6 Fachanwälte bei der Beklagten zu 1 tätig sind, war jedenfalls am 18.12.2016 falsch und mithin irreführend. Unerheblich ist der Einwand, die Verletzungshandlung vor Zugang der Abmahnung bereits eingestellt zu haben. Zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr genügen weder der bloße Wegfall der Störung noch die Zusage des Verletzers, von Wiederholungen künftig Abstand zu nehmen. Hiervon geht die Rspr. in Wettbewerbsprozessen seit jeher aus (BGHZ 1, 241, 248 - Piek-fein; BGH GRUR 1955, 342, 345 - Holländische Obstbäume). Auch die Unterlassungserklärung vom 31.03.2016 (Anlage K 16) war unzureichend, da nicht bestimmt war, wer die Vertragsstrafe festsetzt und dies auch auf die Rüge der Klägerseite nicht klargestellt oder nachgeholt wurde. Daher kommt auch eine ergänzende Vertragsauslegung bzw. die Anwendung von § 316 BGB (analog) nicht in Betracht.
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Die Beklagtenseite muss sich den angegriffenen und von ihr veranlassten Werbeeintrag gem. § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen. Dass ein anderes Unternehmen die Webseiten betreibt, ist dabei unerheblich.
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Die Höhe des der Abmahnung zugrunde gelegten Gegenstandswerts ist angemessen und entspricht dem Streitwertgefüge der Kammer in vergleichbaren Fällen.
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Die Klageansprüche sind auch nicht gem. § 11 Abs. 1 UWG verjährt, denn zwischen der Verletzungshandlung (18.12.2016) und der Klageerhebung (06.06. bzw. 09.06.2017) liegen weniger als sechs Monate.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1 und 2 ZPO.
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Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 51 Abs. 2 GKG.
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Referenzen
- § 51 Abs. 2 GKG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- § 8 Abs. 2 UWG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- § 12 Abs. 1 UWG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 2 Bedeutung des Wertes 1x
- § 11 Abs. 1 UWG 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 316 Bestimmung der Gegenleistung 1x
- §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, Abs. 3 Nr. 1; 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG 2x (nicht zugeordnet)