Urteil vom Landgericht Hamburg - 305 S 7/17

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 25.01.2017, Az. 41 C 37/16, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Amtsgerichts Hamburg vom 9.11.2016 (Az. 41 C 37/16) wird festgestellt, dass ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung in Höhe von 2.645,33 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2015 von der Beklagten in die zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung der Beklagten als unselbstständiger Rechnungsposten einzustellen ist.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger 20 % und die Beklagte 80 %. Die Kosten der ersten Instanz trägt die Beklagte mit Ausnahme der durch die Säumnis der Klägerseite im Termin am 9.11.2016 entstandenen Kosten, die der Klägerseite auferlegt werden.

4. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.645,33 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt die Rückzahlung von ihm an die beklagte Schiffsfondsgesellschaft („Kommanditgesellschaft MS S. G. O. Reederei UG & Co.“) zurückgezahlter Ausschüttungen in Höhe von 2.645,33 €.

2

Der Kläger beteiligte sich durch Beitrittserklärung vom 5.6.1996 in Höhe von 50.000 DM an der Beklagten.

3

Die Beklagte leistete an den Kläger insgesamt Liquiditätsauszahlungen in Höhe von 12.317,75 €.

4

Mit Schreiben vom 1.11.2013 setzte die Beklagtenseite den Kläger von Finanzierungslücken in Kenntnis. In dem Schreiben wurden als zwei mögliche Szenarien der Verkauf oder der Weiterbetrieb des Schiffs dargestellt. Unabhängig davon, für welches Szenario sich die Anleger entscheiden würden, sei es erforderlich, die in der Vergangenheit an die Anleger erbrachten Liquiditätsauszahlungen teilweise oder vollständig zurückzufordern. Bei den in der Vergangenheit geleisteten Liquiditätsausschüttungen handele es sich gemäß § 12 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrages um Darlehen, da zum Zeitpunkt sämtlicher Auszahlungen Verlustsonderkonten bestanden hätten.

5

Der Kläger zahlte den geforderten Betrag von 2.645,33 € an die Beklagte zurück.

6

Mit Schreiben vom 9.12.2015 forderte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 18.12.2015 erfolglos auf, die zurückgezahlten Ausschüttungen in Höhe von 2.645,33 € zu erstatten.

7

Der Kläger trug erstinstanzlich vor, dass die Rückzahlungen der Ausschüttungen ohne Rechtsgrund erfolgten, da sich aus dem Gesellschaftsvertrag der Beklagten kein Rückzahlungsanspruch ergebe.

8

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des erstinstanzlich ergangenen klagabweisenden Versäumnisurteils vom 9.11.2016 zu verurteilen, an ihn 2.645,33 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 18.12.2015 zu zahlen und ihn von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 382,59 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

9

Die Beklagte hat beantragt, das Versäumnisurteil vom 9.11.2016 aufrechtzuerhalten.

10

Die Beklagte hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, dass sich Rückzahlungsansprüche der Beklagten eindeutig aus § 12 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrags ergeben würde und jedenfalls ein Bereicherungsanspruch an § 814 BGB scheitere.

11

Das Amtsgericht hat mit Urteil vom 25.1.2017 weitgehend der Klage stattgegeben und unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 9.11.2016 die Beklagte verurteilt, an den Kläger 2.645,33 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 19.12.2015 zu zahlen sowie den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 382,59 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.5.2016 freizustellen. Im Übrigen wurde die Klage hinsichtlich des Zinsanspruches abgewiesen. Der Beklagten wurden die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der durch die Säumnis der Klägerseite im Termin am 9.11.2016 entstandenen Kosten auferlegt.

12

Der Beklagte hat gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung eingelegt und zunächst beantragt, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Mit Schriftsatz vom 12.12.2017 teilte die Beklagte mit, dass sie sich in Liquidation befinde. Bereits am 7.12.2015 hätten die Gesellschafter die Auflösung der Beklagten mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen. Die Gesellschaft sei aufgelöst. Die Beklagte reichte mit ihrem Schriftsatz vom 10.4.2018 einen Handelsregisterauszug der Beklagten ein, in dem zum Datum 21.12.2017 die Auflösung der Beklagten eingetragen ist (Anlage BK 5).

13

Der Beklagte beantragt nunmehr unter Berufungsrücknahme im Übrigen,

14

das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 25.1.2017 (Az. 41 C 37/16) aufzuheben und festzustellen, dass der Bereicherungsanspruch des Klägers in Höhe von € 2.645,33 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2015 von der Beklagten in Auseinandersetzungsrechnung als unselbstständiger Rechnungsposten einzustellen ist.

15

Der Kläger beantragt,

16

die Berufung auch in der geänderten Form zurückzuweisen und stellt Kostenantrag, soweit die Berufung zurückgenommen wurde.

17

Der Kläger rügt die Verspätung des Vortrags der Beklagten zur Liquidation und Auflösung der Beklagten. Die Rüge der Verspätung enthalte auch die Streitigstellung des Sachverhalts. Es sei streitig, ob der von der Gegenseite erstmals bekannt gemachte Sachvortrag zum Jahr 2015 einen Liquidationsbeschluss enthalte.

18

Im Übrigen wird wegen der tatsächlichen Feststellungen auf den Tatbestand des angefochtenen amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

II.

19

Die Berufung ist zulässig und begründet.

20

Durch die teilweise Berufungsrücknahme hat die Beklagte anerkannt, dass dem Kläger - wie vom Amtsgericht festgestellt - ein Anspruch auf Zahlung in Höhe von 2.645,33 € gegen die Beklagte zusteht.

21

Da die Beklagte jedoch aufgelöst ist und sich derzeit in Liquidation befindet, stehen einem Zahlungsanspruch des Klägers die Grundsätze der sog. Durchsetzungssperre entgegenstehen. Danach können auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhende Ansprüche nach Auflösung der Gesellschaft grundsätzlich nur im Rahmen einer Auseinandersetzungs- bzw. Abfindungsrechnung berücksichtigt werden. Die einzelnen Forderungen sind nur unselbständige Rechnungsposten der Auseinandersetzungsbilanz, ein Zahlungsanspruch besteht nur hinsichtlich des abschließenden Saldos (vgl. BGH NJW 2000, 2586, 2587; NJW 1995, 188, 189). Der Gesellschafter kann seine Ansprüche nur dann isoliert geltend machen, wenn die Gefahr von Hin- und Herzahlungen nicht besteht, insbesondere wenn bereits ohne eine Auseinandersetzungsrechnung feststeht, dass dem Gesellschafter ein dem geforderten Betrag entsprechender Mindestbetrag aus dem Gesellschaftsvermögen in jedem Fall zusteht (BGH, NZG 2006, 459; NJW-RR 2005, 1008). Der vorliegende (von Beklagtenseite anerkannte) Anspruch des Klägers ist bei wirtschaftlicher Betrachtung als ein auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhender Anspruch einzustufen, da er auf die Rückgewähr an die Gesellschaft zurückgezahlter Gewinnausschüttungen gerichtet ist. Erst nach Aufstellung einer vollständigen Auseinandersetzungsbilanz wird es möglich sein, zu ermitteln, in welcher Höhe dem Kläger noch ein Anspruch gegenüber der Beklagten auf Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens zusteht.

22

Der erst im Berufungsverfahren erfolgte Vortrag der Beklagten zu ihrer Auflösung und Liquidation war auch nicht als verspätet zurückzuweisen. Bei dem Vortrag der Beklagten handelte es sich um unstreitigen Sachvortrag, der auch noch in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, NJW 2005, 291). Die Klägerin hat den Umstand, dass die Beklagte aufgelöst ist und sich in Liquidation befindet nicht erheblich bestritten. Die bloße pauschale Angabe, dass in der Rüge der Verspätung auch eine Streitigstellung des Sachverhalts liege, genügt hierfür nicht. Gleiches gilt für das Bestreiten des Sachvortrags zum Liquidationsbeschluss. Der Kläger hätte konkret vortragen müssen, aus welchen Umständen sich ergeben soll, dass trotz der von der Beklagten zum Nachweis eingereichten Dokumente, insbesondere dem die Auflösung der Beklagten ausweisenden Handelsregisterauszug (Anlage BK 5), es zu keiner Auflösung und Liquidation der Beklagten gekommen sei.

23

Da die Leistungsklage eines Gesellschafters, mit der er nach Auflösung der Gesellschaft einen auf das Gesellschaftsverhältnis bezogenen Zahlungsanspruch geltend macht, ohne weiteres einen entsprechenden Feststellungsantrag enthält (vgl. nur BGH, Urt. v. 10.3.2002, II ZR 103/01), war dem Kläger ein Anspruch auf Feststellung, dass sein Zahlungsanspruch in eine zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung der Beklagten einzustellen ist, zuzusprechen.

III.

24

Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht. Der vorliegende Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

25

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

26

Bei der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass die Beklagte erst in der Berufungsinstanz ihre bereits im Jahre 2015 erfolgte Auflösung und Liquidation mitgeteilt hat und den Zahlungsanspruch des Klägers anerkannt hat. Der Beklagten waren folglich die Kosten der ersten Instanz mit Ausnahme der durch die Säumnis der Klägerseite im Termin am 9.11.2016 entstandenen Kosten aufzuerlegen. Die Beschränkung der Berufung auf Feststellung, dass ein Zahlungsanspruch des Klägers in eine zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung der Beklagten einzustellen ist, führte dazu, dass die Beklagte ihre ursprünglich auf Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils gerichtete Berufung zurückgenommen hat und ihr insoweit auf den Antrag des Klägers die Kosten aufzuerlegen waren. Wertmäßig hat die Kammer berücksichtigt, dass die zugesprochene Feststellung des Anspruches 80 % des Leistungsantrags ausmacht und der Beklagten entsprechend in diesem Verhältnis für das Berufungsverfahren die Kosten aufzuerlegen waren.

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