Teilurteil vom Landgericht Hamburg (27. Zivilkammer) - 327 O 146/18

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt,

dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung darüber zu legen,

1.1. in welchem Umfang die Beklagte und/oder mit der Beklagten gemäß § 15 ff. Aktiengesetz im Zeitpunkt der Nutzungshandlung verbundene Unternehmen die Erfindung mit dem Titel „Datenübertragungssystem für Luftfahrzeuge“, wie sie Eingang in das Europäische Patent EP 1 100 230 B1 sowie dessen Patentfamilienmitglieder DE 199 54 377 C2 sowie US 6,925,088 B1 gefunden hat, und im EP 1 100 230 B1 wie folgt beansprucht ist:

Datenübertragungssystem für Luftfahrzeuge, welches durch ein Gesamtnetzwerk mit mindestens zwei Teilnetzwerken (1, 2, ...n) gebildet ist, von denen mindestens eines einen Sternverteiler aufweist, der jeweils mit mindestens einer Peripherieeinheit verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass der mindestens eine Sternverteiler so geschaltet ist, dass jedes Teilnetzwerk für die damit verbundenen Peripherieeinheiten einen Kreuzverteiler darstellt, mit einem Datenprotokoll, das auf einer durch die IEEE festgelegten Rahmenstruktur basiert, die um ein erstes Feld (R|Id) zur Redundanzidentifikation erweitert ist, mit dem in einer empfangenden Peripherieeinheit eine Filterung von identischen, mehrfach empfangenen Rahmen durchgeführt wird, und / oder die um ein zweites Feld (M|Id) zur Identifikation einer Nachricht im Falle einer periodischen Datenübertragung erweitert ist, wobei die mindestens zwei Teilnetzwerke (1, 2, ...n) entweder vollständig separat aufgebaut oder auf einer höheren logischen Kommunikationsebene miteinander gekoppelt sind;

seit dem 01.01.2009

im In- und Ausland, soweit dort Schutzrechtspositionen bestanden und/oder noch bestehen, gleich ob angemeldet, eingetragen und/oder erteilt, benutzt hat/haben bzw. hat/haben benutzen lassen,

und zwar unter Vorlage eines chronologisch geordneten, nach Kalenderjahren geordneten schriftlichen Verzeichnisses,

insbesondere unter Angabe

i) betreffend die Benutzung der in Ziffer 1.1 genannten Erfindung im Rahmen der Herstellung und des Verkaufs von Flugzeugen

(b) der einzelnen Verkäufe der mit Doubleboards und/oder Switches ausgerüsteten Flugzeuge, aufgeschlüsselt nach Flugzeugtypen, Verkaufsmengen und Verkaufszeiten;

(c) der einzelnen Lieferungen der mit Doubleboards und/oder Switches ausgerüsteten Flugzeuge vom Typ ... ab dem 01.07.2018 sowie vom Typ ... , ... und ... ab dem 01.01.2019, aufgeschlüsselt nach Flugzeugtypen, Liefermengen und Lieferzeiten;

(d) der Anzahl der je Flugzeugtyp verbauten Doubleboards und Switches;

(e) der für die Doubleboards und Switches gezahlten Preise;

ii) betreffend die Benutzung der in Ziff. 1.1 genannten Erfindung im Rahmen des Ersatzteilgeschäfts

(c) der einzelnen Lieferungen von Doubleboards, aufgeschlüsselt nach Typbezeichnungen, Liefermengen, -zeiten und -preisen;

1.2. in welcher Form und in welchem Umfang die vorstehend unter Ziff. 1.1. genannte Erfindung durch die Beklagte und/oder mit der Beklagten gem. § 15 ff. AktG im Zeitpunkt der Nutzung verbundene Unternehmen durch Lizenzvergabe oder sonstige Kauf- und/oder Austauschverträge genutzt wurde,

unter Vorlage eines chronologisch geordneten, nach Kalenderjahren geordneten schriftlichen Verzeichnisses

insbesondere anhand

a) einer geordneten Auflistung und Darlegung sämtlicher Vermögensvorteile in Form von Gegenleistungen wie Lizenzeinnahmen ab dem 01.01.2019 bzw. bezogen auf den Lizenznehmer T. GmbH ab dem 01.01.2018 unter Vorlage der jeweiligen Verträge.

Hinsichtlich des weiter gefassten Auskunfts- und Rechnungslegungsantrags wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

3. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 40.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 75.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt von der Beklagten im Rahmen einer Stufenklage auf der ersten Stufe Auskunft und Rechnungslegung zur Vorbereitung der Bezifferung eines Anspruchs auf Arbeitnehmererfindervergütung.

2

Der Kläger war vom 01.08.1988 bis zum 15.11.2015 bei der Beklagten als Ingenieur im Bereich Cockpit- und Displaysysteme angestellt. Er war unter anderem Leiter der Arbeitsgruppe Aircraft Data Networks (ADN), die Teil des Standardisierungsgremiums war, das insbesondere die Standardisierung der AFDX-Technologie (Avionics Full Duplex Switched Ethernet) vorantrieb. Dem Gremium gehörten auch Mitarbeiter anderer Unternehmen aus der Flugzeugbranche an. Der Kläger war eine der zentralen Anlaufstellen für die AFDX-Technologie und die dahinter stehenden Patente.

3

Die Beklagte gehört zum A.-Konzern, einem der führenden Flugzeughersteller der Welt.

4

Die streitgegenständliche Erfindung des Klägers bezieht sich auf das zum Zeitpunkt der Erfindung neue Datenübertragungssystem für Luftfahrzeuge in Gestalt der AFDX-Technologie. Der darauf basierende AFDX-Standard, der auch in Flugzeugen anderer Hersteller zum Einsatz kommt, wird bzw. wurde von der Beklagten in den Flugzeugen vom Typ ... , ... , ... und ... verwendet. Der Flugzeugtyp ... basiert auf der Bombardier C-Series und wird seit dem 01.07.2018 von einem Joint Venture der Beklagten mit Bombardier und der Provinz Quebec, an dem die Beklagte die Mehrheit der Anteile hält, hergestellt und unter der Bezeichnung A. ... vertrieben und ausgeliefert. Zentrale Komponenten der AFDX-Technologie, in denen sich insbesondere auch die streitgegenständliche Erfindung verwirklicht, wobei das Ausmaß zwischen den Parteien streitig ist, sind „Doubleboards“ und „Switches“. Die Doubleboards haben - stark vereinfacht - die Aufgabe, die Netzwerkkommunikation der Endgeräte untereinander zu ermöglichen; hierzu werden die Doubleboards entweder bereits zuliefererseitig in die Endgeräte eingebaut oder - bei besonders flugkritischen Endgeräten - von A. selbst eingebaut. Die Switches wiederum haben im Netzwerk die Aufgabe, die Endgeräte netzwerkseitig anzuschließen. Erst durch die Verbindungen untereinander (Switches/Endgeräte) wird das Netzwerk physisch gebildet. An der Entwicklung des AFDX-Systems waren neben der Beklagten insbesondere auch die Unternehmen R. C. sowie T./ D. beteiligt, mit denen die Beklagte zu diesem Zweck auch sogenannte „Memoranda of Agreement“ schloss (T. ist noch als Thomson-CSF Sextant bezeichnet), für deren genauen Inhalt auf Anlagenkonvolut B 3 Bezug genommen wird. In diesen Memoranda finden sich Kooperationsverpflichtungen sowie unter Ziffer 4, insbesondere 4.4.2, auch Regelungen zu Freilizenzen für R. C. und T./ D. unter anderem an dem auf der Erfindung beruhenden Patent. Eine Klarstellung der Ziffer 4.4.2 findet sich in einem späteren Schreiben der Beklagten an R. C., für dessen Inhalt auf Anlage B 4 Bezug genommen wird.

5

Die Parteien legen der Berechnung des Vergütungsanspruchs die Methode der Lizenzanalogie zugrunde. Dabei sind sie sich einig, dass es unpraktikabel ist, als Bemessungsgrundlage den prozentualen Anteil der Erfindung am Verkaufspreis (= Gesamtumsatz) der einzelnen, erfindungsgemäß ausgestatteten Flugzeuge zu ermitteln. Stattdessen schlägt die Beklagte vor, als Bemessungsgrundlage die Einkaufskosten für die erfindungsgemäßen Komponenten, also Doubleboards und Switches, je Flugzeug zu verwenden und diese mit einem Hochrechnungsfaktor zu multiplizieren, um den fiktiven Umsatz mit den Komponenten zu ermitteln, dem noch ein fiktiver Gewinnzuschlag hinzugerechnet werden soll. Diesem Ansatz hat der Kläger dem Grunde nach zugestimmt, während die Höhe - insbesondere der Hochrechnungsfaktor - zwischen den Parteien streitig ist. Dementsprechend berechnet der Kläger auf der Grundlage eines fiktiven Umsatzes für die erfindungsgemäßen Komponenten eine „Erfindervergütung“ pro Flugzeug und multipliziert sodann diese „Erfindervergütung“ pro Flugzeug mit der Gesamtzahl der erfindungsgemäß ausgerüsteten Flugzeuge. Die Beklagte zahlte dem Kläger bislang fortlaufend Abschläge in Höhe von insgesamt € 31.024,-.

6

Für die streitgegenständliche Erfindung meldete die Beklagte folgende Patente an: EP 1 100 230 B1 (Anlage K 1.1), DE 199 54 377 C2 (Anlage K 1.2), US 6,925,088 B1 (Anlage K 1.3). Die Patente gehören derselben Patentfamilie an. Sie gehen alle auf die von der Beklagten für die streitgegenständliche Erfindung am 12.11.1999 eingereichte Prioritätsanmeldung DE 199 54 377 „Datenübertragungssystem für Luftfahrzeuge“ zurück und nehmen deren Priorität in Anspruch. Der AFDX-Standard umfasst demgegenüber noch weitere Patentfamilien, wobei die genaue Anzahl zwischen den Parteien streitig ist.

7

Die Beklagte hat im Laufe des Prozesses mit Bezug zu den tenorierten Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüchen folgende Einzelauskünfte bzw. -rechnungslegungen erteilt:

8

Zu den einzelnen Verkäufen der mit Doubleboards und/oder Switches ausgerüsteten Flugzeuge, [Antrag I. 1. i) (b)] hat die Beklagte bisher keine Auskunft erteilt und dementsprechend auch nicht Rechnung gelegt. Der Kläger hat eine von der Beklagten stammende, im Internet frei zugängliche Excel-Tabelle vorgelegt, die zunächst bis zum 01.01.2018 (Anlage K 11), später bis zum 30.11.2018 (Anlage K 20) und schließlich bis zum 31.12.2019 (Anlage K 31) bzw. 31.08.2019 (Anlage K 32) die Gesamtverkäufe (“total orders“) sowie die Gesamtbestellungen (“total deliveries“) für die Flugzeugtypen ... (nur Anlage K 20), ... , ... und ... angibt. Die Beklagte hat diese Aufstellungen nicht weiter kommentiert.

9

Zu den einzelnen Lieferungen der mit Doubleboards und/oder Switches ausgerüsteten Flugzeuge [Antrag I. 1. i) (c)] hat die Beklagte dem Kläger mit der Anlage B 14-1 eine tabellarische Übersicht über alle Lieferungen der Flugzeugtypen ... , ... und ... aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren bis Ende 2018 zur Verfügung gestellt. Zu den Lieferungen des Flugzeugtyps ... hat sie bisher keine Auskunft erteilt.

10

Zu der Anzahl der je nach Flugzeugtyp verbauten Doubleboards und Switches [Antrag I. 1. i) (d)] hat die Beklagte zunächst Auskunft in einer tabellarischen Aufstellung (Klageerwiderung vom 11.06.2018, S. 26) erteilt. Mit Schriftsatz vom 21.12.2018 (S. 7 f) hat sie mitgeteilt, dass sich die Anzahl der Doubleboards bei der Long-Range-Version des ... noch um vier verringert habe, ohne jedoch den Zeitpunkt der Verringerung anzugeben. Mit Schriftsatz vom 20.01.2020 hat die Beklagte mitgeteilt, dass seit Juni 2019 beim ... ab Flugzeug M. nur noch 10 Switches bei gleichbleibender Anzahl von Doubleboards verwendet würden. Dies bedeute gleichzeitig, dass nur noch 51 Endsysteme mit den beiden vorhandenen redundanten Netzwerken A und B verbunden seien, so dass die übrigen 61 Endsysteme nur noch jeweils mit einem Switch verbunden seien, so dass sie nicht mehr Teil eines patentgemäßen redundanten Netzwerks seien und deswegen bei der Berechnung der Vergütung keine Berücksichtigung finden dürften (S. 5 f). Ebenfalls im Schriftsatz vom 20.01.2020 hat die Beklagte eine weitere Korrektur ihrer bisherigen Informationen vorgenommen (S. 18). Danach habe die weitere Sachverhaltsaufklärung durch sie ergeben, dass bei den Flugzeugtypen ... und ... bereits zeitlich vor der Veränderung der Anzahl der Switches beim ... nur eine geringere Anzahl an Doubleboards auch patentgemäß mit zwei redundanten Netzwerken verbaut sei. Beim ... seien mindestens 6 Doubleboards nicht redundant verbaut und beim ... seien nur 104 Doubleboards mit redundanten Netzwerken verbunden.

11

Zu den Preisen, die die Beklagte für die Doubleboards und Switches an ihre Zulieferer gezahlt hat, [Antrag I. 1. i) (e)] hat die Beklagte in einer Tabelle (Klageerwiderung vom 11.06.2018, S. 25) die damals aktuellen Einkaufspreise für Doubleboards und Switches, aufgeschlüsselt nach Lieferanten und Flugzeugtypen ... , ... und ... mitgeteilt und als ausschließliche Lieferanten die Firmen R. C. und T. (früher T./ D.) benannt. Zudem hat sie mitgeteilt, dass die Preise für Switches höher seien, als im Vergleichsangebot aus dem Jahr 2016, da insoweit Preisänderungen seitens der Zulieferer vorgenommen worden seien. Für die angegebenen Preise nannte die Beklagte eine Gültigkeitsdauer bis zum 01.01.2020. Schließlich hat die Beklagte verbindlich zugesagt, angesichts der schwierigen Zuordnung bestellter Doubleboards zu einzelnen Flugzeugen den höheren Preis von USD 900,- pro Doubleboard für die Flugzeugtypen ... und ... zugrunde zu legen.

12

Zu den einzelnen Lieferungen der Doubleboards und Switches im Rahmen des Ersatzteilgeschäfts [Antrag I. 1. ii) (c)] hat die Beklagte zunächst mitgeteilt, dass sie im Jahr 2014 einen Switch zum Preis von USD 25.771,43 als Ersatzteil ausgeliefert hat (Klageerwiderung vom 11.06.2018, S. 27 sowie später noch ergänzend Schriftsatz vom 21.12.2018, S. 13). Im Hinblick auf Doubleboards hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.12.2018 (S. 12 f) mitgeteilt, diesbezüglich sei es schwierig, die notwendigen Informationen in Erfahrung zu bringen, weil die für das Ersatzteilgeschäft zuständigen Konzernunternehmen unterschiedliche Abrechnungssysteme hätten und weil sich den Produktlisten auch nicht immer entnehmen lasse, ob in das Hardware-Endprodukt, dessen Bestandteil die Doubleboards (anders als die Switches) seien, tatsächlich AFDX- und damit erfindungsgemäße Doubleboards eingebaut seien. Sie könne aber schon jetzt mitteilen, dass von 2013 bis zum 18.12.2018 298 Hardware-Endprodukte eines sog. A.-Systems verkauft worden seien, in denen AFDX-Doubleboards verbaut gewesen seien. Teilweise sei dies im Rahmen des initial provisioning erfolgt. Zudem seien von 2014 bis zum 18.12.2018 von einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft von A., S., 156 Hardware-Endprodukte verkauft worden, alle nicht als Teile eines initial provisioning. Für zeitlich weiter zurückliegende Umsätze müssten die separat geführten Archivsysteme durchgesehen werden, doch hoffe man, bis zur mündlichen Verhandlung eine Gesamtübersicht vorlegen zu können. Eine Gesamtübersicht ist seitdem nicht vorgelegt worden.

13

Im Hinblick auf eine geordnete Auflistung und Darlegung sämtlicher Vermögensvorteile in Form von Gegenleistungen wie Lizenzeinnahmen unter Vorlage der jeweiligen Verträge in einem chronologisch geordneten, nach Kalenderjahren geordneten schriftlichen Verzeichnis [Antrag I.2.a)] hat die Beklagte mit der Anlage B 21-1 eine tabellarische Übersicht zur Verfügung gestellt, die den Zeitraum bis Ende 2018 abdeckt, wobei Zahlen für das Jahr 2018 des Lizenznehmers T. fehlen, da zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung noch keine Zahlen vorlagen. Die zugrunde liegenden Lizenzverträge hat die Beklagte nicht vorgelegt.

14

Die Parteien haben vorprozessual Verhandlungen über die Zahlung einer Arbeitnehmervergütung durch die Beklagte geführt. Zwischen 2009 und 2013 waren diese Verhandlungen vollständig unterbrochen, nachdem der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers in einer E-Mail vom 06.07.2009 Vorschläge für ein Verhandlungsangebot angekündigt hatte, sich ein neuer Prozessbevollmächtigter jedoch erst im Juni 2013 bei der Beklagten meldete, um die Verhandlungen wieder aufzunehmen. Die Beklagte hat fortwährend Arbeitnehmervergütungszahlungen für bestimmte Zeiträume gezahlt, in einem Schreiben vom 27.09.2013 auch für den Zeitraum von 2007 bis 2012. Für die weiteren Einzelheiten wird auf Anlagenkonvolut B 18 Bezug genommen. In einem Schreiben vom 20.07.2016, für dessen genauen Inhalt auf Anlage K 4 Bezug genommen wird, hat die Beklagte in der abschließenden Zusammenfassung geäußert, dem Kläger stehe eine Arbeitnehmervergütung für den Zeitraum vom 12.11.1999 bis zum 06.11.2020 zu und auf der Grundlage dessen eine Gesamtzahlung als Vergleichsangebot unterbreitet.

15

Während des Verfahrens hat der Kläger eine vertragsstrafenbewehrte Geheimhaltungsverpflichtung abgegeben, die insbesondere die als Anlage B 3 bezeichneten Verträge, aber auch alle übrigen, die streitgegenständliche Erfindung betreffenden Verträge der Beklagten mit Dritten, insbesondere kostenlose und kostenpflichtige Lizenz-, Kauf- und Austauschverträge sowie Rechnungs- und Lieferscheinkopien erfasst. Für die Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 31.08.2018 (dort Rn 12) Bezug genommen.

16

Der Kläger behauptet, die Beklagte habe bei einer Besprechung im November 2017 einen Einkaufspreis von USD 6.000,- für die Switches angegeben.

17

Der Kläger ist der Ansicht, die Switches gehörten zur technisch-wirtschaftlichen Bezugsgröße, so dass sich der Auskunftsanspruch auch auf sie beziehe. Die Switches könnten wegen ihrer Wechselbezüglichkeit bei der erfindungsgemäßen Verteilung der über das Netzwerk gesendeten Daten und der Kontrolle der Datenströme nicht aus dem erfindungsgemäßen Gegenstand, der in der Erfindungsmeldung (Anlage B 7) beschrieben sei, hinweg gedacht werden. Demnach seien auch sie für die Erfindung in Gestalt eines neuartigen Netzwerks zum Datenaustausch innerhalb eines Flugzeugs prägend.

18

Der Kläger ist weiter der Ansicht, sein Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch beziehe sich nicht nur auf die Auslieferungen mit erfindungsgemäßen Komponenten ausgestatteter Flugzeuge vor Ablauf der Patentlaufzeit, sondern auch auf die Verkäufe solcher Flugzeuge während der Patentlaufzeit, sofern die verkauften Flugzeuge später auch tatsächlich ausgeliefert würden. Entscheidend sei, was vernünftige Lizenzvertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie die künftige Entwicklung und den Umfang der Benutzungshandlungen vorausgesehen hätten. Vernünftige Lizenzvertragsparteien hätten jedoch ebenso wie im Falle von Patentlizenzen die Verkäufe während der Patentlaufzeit, nicht hingegen die Auslieferung bzw. Zahlung vor Ablauf des Patentschutzes als entscheidend angesehen. Zudem werde das Vermögen der Beklagten bereits mit dem Vertragsschluss um den Zahlungsanspruch gegen den Käufer gemehrt.

19

Der Kläger ist zudem der Ansicht, der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch beziehe sich nicht nur auf die Flugzeugtypen ... , ... und ... , sondern seit der Bildung des Joint-Venture zwischen der Beklagten, Bombardier und der Provinz Quebec zum 01.07.2018 auch auf den Flugzeugtyp ... , da die wirtschaftliche Verwertung der erfindungsgemäßen Komponenten als Bestandteil des AFDX-Systems auch in dem letztgenannten Flugzeugtyp zu vergüten sei. Da dem Zulieferer der AFDX-Systeme R. C. eine Freilizenz erteilt worden sei, werde die Verwertung der klägerischen Erfindung in den Flugzeugen vom Typ ... andernfalls überhaupt nicht vergütet - weder direkt aufgrund einer Eigennutzung noch indirekt über den Weg der Fremdnutzung in Gestalt der Lizenzierung an R. C.. Die gesamte von ihm begehrte Auskunft erstrecke sich auch auf den Flugzeugtyp ... . Dabei sei davon auszugehen, dass es sich bei dem Joint-Venture aufgrund der Mehrheitsbeteiligung der Beklagten um ein verbundenes Unternehmen iSd. § 15 AktG handele.

20

Der Kläger ist weiter der Ansicht, er habe auch einen Anspruch auf Auskunft über die auf Doubleboards und Switches bezogenen Gestehungskosten sowie den mit den Doubleboards und Switches erzielten, nach Gestehungskosten aufgeschlüsselten Gewinn. Dies ergebe sich daraus, dass sich die Beklagte mit Zustimmung des Klägers dafür entschieden habe, bei der Ermittlung des Bezugsgrößenumsatzes nicht an tatsächliche Umsätze heruntergebrochen vom Umsatz mit den einzelnen Flugzeugen anzuknüpfen, sondern stattdessen an die Einkaufskosten der erfindungsgemäßen Komponenten. Wähle man diesen Sonderweg, müssten sowohl die Gemeinkosten als auch der Gewinnaufschlag als Preisbestandteile berücksichtigt werden. Sie seien daher Gegenstand der zu erteilenden Auskunft. Man könne nicht einfach einen pauschalen, von der Beklagten nicht näher begründeten Gewinnaufschlag in Gestalt des Multiplikationsfaktors 1,3 vornehmen. Die Rechtsprechung des BGH in den Entscheidungen Türbänder und Türinnenverstärkung betreffe Konstellationen, in denen der Bezugsgrößenumsatz auf der Grundlage tatsächlich mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung erzielter Umsätze ermittelt werde und in beiden Entscheidungen führe der BGH aus, dass es Konstellationen gebe, in denen weiterhin ein Anspruch auf Auskunft über Gestehungskosten und Gewinn bestehe. Eine solche Konstellation sei insbesondere die vorliegende, für die daher die frühere Rechtsprechung des BGH in Copolyester II weiter gelte.

21

Der Kläger ist hinsichtlich zahlreicher von ihm verlangter Auskünfte, insbesondere der Herstellmengen und -zeiten der mit den erfindungsgemäßen Doubleboards und Switches ausgerüsteten Flugzeuge, der Menge der erhaltenen oder bestellten Doubleboards und Switches im Erstausrüstungs- sowie Ersatzteilgeschäft, der Namen und Anschriften der Lieferanten und Abnehmer hinsichtlich zahlreicher Anträge sowie der Nennung der Namen und Anschriften der Vertragspartner der Meinung, der Auskunftsanspruch ergebe sich insofern ausschließlich oder unter anderem dadurch, dass er, der Kläger, in die Lage versetzt werden müsse, die anderweitigen Angaben der Beklagten, insbesondere zu den Absätzen von Flugzeugen sowie erfindungsgemäßen Doubleboards und Switches im Erstausrüstungs- sowie Ersatzteilgeschäft überprüfen zu können.

22

Der Kläger meint, zur Ermittlung eines angemessenen Lizenzsatzes im Rahmen der Lizenzanalogie seien für die Zwecke der vorrangigen konkreten Lizenzanalogie die von der Beklagten mit Dritten geschlossenen Lizenzverträge betreffend die Erfindung bzw. das AFDX-System heranzuziehen, weshalb die Beklagte zur Vorlage dieser Verträge verpflichtet sei. Erst aus der Vorlage ergebe sich, ob die Verträge den von der Beklagten behaupteten Vertragsgegenstand hätten und ob sie Parameter der Erfindungsvergütung regelten oder zumindest Rückschlüsse darauf zuließen.

23

Der Kläger ist des weiteren der Ansicht, für die Berechnung der angemessenen Vergütung sei auch zu berücksichtigten, welche Vermögensvorteile die Beklagte etwa in Gestalt der Übernahme von Entwicklungskosten oder sonstigen Zahlungen durch bestimmte Lizenznehmer und/oder Dritte, namentlich R. C. und T./ D. erhalten habe, und - sofern die Lizenzvergabe kostenlos erfolgt sei - welche Umsätze seitens der Lizenznehmer aus der Benutzung der Erfindung erzielt worden seien. Dementsprechend habe er auch einen Auskunftsanspruch in dieser Hinsicht. Kostenlos seien die Lizenzen nämlich sicherlich nicht erteilt worden, sondern die Beklagte habe dafür irgendeinen geldwerten Vorteil erlangt, der vergütungspflichtig sei. Alternativ seien die Umsätze der Lizenznehmer mitzuteilen, um auf dieser Grundlage fiktive Lizenzeinnahmen berechnen zu können.

24

Der Kläger ist zudem der Ansicht, eine Erfüllung sei hinsichtlich der mit den zuletzt gestellten Klageanträgen verlangten Auskunft und Rechnungslegung durch die Einzelauskünfte der Beklagten im laufenden Verfahren nicht eingetreten, da er einen Anspruch auf eine vollständige, in sich geschlossene Auskunft und Rechnungslegung habe, die er durch die Teilauskünfte der Beklagten bisher nicht erhalten habe.

25

Der Kläger ist schließlich der Ansicht, der Auskunftsanspruch umfasse den Zeitraum ab dem Tag der Benutzungsaufnahme durch die Beklagte. Die von der Beklagten insofern erhobene Einrede der Verjährung sei vor dem Hintergrund, dass Gegenstand der vorprozessualen Verhandlungen stets Vergütungsansprüche bis ins Jahr 2007 oder sogar noch weiter zurückreichend gewesen seien und dass sich die Beklagte vorprozessual nie auf eine Verjährung berufen habe, rechtsmissbräuchlich.

26

Der Kläger hat die Klage hinsichtlich der Klageanträge zu I. 1. i) (i) und I. 2. f), der zuvor mit dem Klageantrag zu I. 1. i) (j) zusammengeführt worden war, zurückgenommen.

27

Hinsichtlich der Klageanträge zu I. 1. i) (g), I. 1. ii) (a), I. 1. ii) (d), I. 2. b) (i), I. 2. d) in Bezug auf die Patentverletzer und I. 2. e) hat der Kläger die Klage für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich den Erledigungserklärungen unter Widerspruch gegen die Kostenlast angeschlossen.

28

Der Kläger beantragt zuletzt,

29

die Beklagte zu verurteilen,

30

I. dem Kläger Auskunft zu erteilen und Rechnung darüber zu legen,

31

1. in welchem Umfang die Beklagte und/oder mit der Beklagten gemäß § 15 ff. Aktiengesetz im Zeitpunkt der Nutzungshandlung verbundene Unternehmen die Erfindung mit dem Titel „Datenübertragungssystem für Luftfahrzeuge“, wie sie Eingang in das Europäische Patent EP 1 100 230 B1 sowie dessen Patentfamilienmitglieder DE 199 54 377 C2 sowie US 6,925,088 B1 gefunden hat, und im EP 1 100 230 B1 wie folgt beansprucht ist:

32

Datenübertragungssystem für Luftfahrzeuge, welches durch ein Gesamtnetzwerk mit mindestens zwei Teilnetzwerken (1, 2, ...n) gebildet ist, von denen mindestens eines einen Sternverteiler aufweist, der jeweils mit mindestens einer Peripherieeinheit verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass der mindestens eine Sternverteiler so geschaltet ist, dass jedes Teilnetzwerk für die damit verbundenen Peripherieeinheiten einen Kreuzverteiler darstellt, mit einem Datenprotokoll, das auf einer durch die IEEE festgelegten Rahmenstruktur basiert, die um ein erstes Feld (R|Id) zur Redundanzidentifikation erweitert ist, mit dem in einer empfangenden Peripherieeinheit eine Filterung von identischen, mehrfach empfangenen Rahmen durchgeführt wird, und / oder die um ein zweites Feld (M|Id) zur Identifikation einer Nachricht im Falle einer periodischen Datenübertragung erweitert ist, wobei die mindestens zwei Teilnetzwerke (1, 2, ...n) entweder vollständig separat aufgebaut oder auf einer höheren logischen Kommunikationsebene miteinander gekoppelt sind;

33

seit dem Tag der jeweiligen Benutzungsaufnahme, hilfsweise seit dem 01.01.2009,

34

im In- und Ausland, soweit dort Schutzrechtspositionen bestanden und/oder noch bestehen, gleich ob angemeldet, eingetragen und/oder erteilt, benutzt hat/haben bzw. hat/haben benutzen lassen,

35

und zwar unter Vorlage eines chronologisch geordneten, nach Kalenderjahren und Ländern geordneten schriftlichen Verzeichnisses,

36

insbesondere unter Angabe

37

i) betreffend die Benutzung der in Ziff. I.1 genannten Erfindung im Rahmen der Herstellung und des Verkaufs von Flugzeugen

38

(a) der Herstellungsmengen und Herstellungszeiten der jeweiligen Flugzeuge, in denen Doubleboards und/oder Switches verbaut wurden, aufgeschlüsselt nach Flugzeugtypen;

39

(b) der einzelnen Verkäufe der mit Doubleboards und/oder Switches ausgerüsteten Flugzeuge, aufgeschlüsselt nach Flugzeugtypen, Verkaufsmengen und Verkaufszeiten sowie Namen und Anschriften der Abnehmer;

40

(c) der einzelnen Lieferungen der mit Doubleboards und/oder Switches ausgerüsteten Flugzeuge, aufgeschlüsselt nach Flugzeugtypen, Liefermengen und Lieferzeiten sowie Namen und Anschriften der Abnehmer;

41

(d) der Anzahl der je Flugzeugtyp verbauten Doubleboards und Switches;

42

(e) der Menge der erhaltenen oder bestellten Doubleboards und Switches, sowie der Preise, die für diese gezahlt wurden, sowie die Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;

43

(f) der auf Doubleboards und Switches bezogenen anteiligen Gestehungskosten in Form von Herstellungs- und Weiterverarbeitungskosten, der anteiligen Allgemeinkosten, der anteiligen Entwicklungskosten nach Fertigstellung der Erfindung, der anteiligen Kosten für die Schutzrechtserlangung und Schutzrechtsverwaltung, der anteiligen Vertriebskosten einschließlich Marketingkosten sowie der anteiligen Kosten für die Herbeiführung der Betriebsreife, jeweils bezüglich der in den Flugzeugen verbauten Doubleboards und Switches;

44

(h) des mit den Doubleboards und Switches erzielten, nach Gestehungskosten aufgeschlüsselten Gewinns;

45

ii) betreffend die Benutzung der in Ziff. I.1 genannten Erfindung im Rahmen des Ersatzteilgeschäfts

46

(b) der Menge der erhaltenen oder bestellten Doubleboards und Switches, aufgeschlüsselt nach Typbezeichnungen, sowie der Preise, die für diese Komponenten gezahlt wurden, und die Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer;

47

(c) der einzelnen Lieferungen der Doubleboards und Switches, aufgeschlüsselt nach Typbezeichnungen, Liefermengen, -zeiten und -preisen sowie Namen und Anschriften der Abnehmer;

48

wobei zum Nachweis der Angaben unter i) lit. (b), (c) und (e) sowie ii) lit. (b) und (c) die entsprechenden Belege (nämlich Rechnungen, hilfsweise Lieferscheine) vorzulegen sind;

49

2. in welcher Form und in welchem Umfang die vorstehend unter Ziff. I.1. genannte Erfindung durch die Beklagte und/oder mit der Beklagten gem. § 15 ff. AktG im Zeitpunkt der Nutzung verbundene Unternehmen durch Lizenzvergabe oder sonstige Kauf- und/oder Austauschverträge genutzt wurde,

50

unter Vorlage eines chronologisch geordneten, nach Kalenderjahren geordneten schriftlichen Verzeichnisses

51

insbesondere anhand

52

a) einer geordneten Auflistung und Darlegung sämtlicher Vermögensvorteile in Form von Gegenleistungen wie Lizenzeinnahmen unter Vorlage der jeweiligen Verträge;

53

b) der Bezifferung der als Gegenleistung für die Lizenzvergabe von den Lizenznehmern und/oder Dritten erhaltenen Vermögensvorteile in Form von etwaigen durch Dritte übernommenen Entwicklungskosten sowie sonstigen Zahlungen und/oder Erstattungsleistungen, etwa für Migrationskosten der Beklagten;

54

c) im Falle einer tatsächlich kostenlosen Lizenzvergabe ohne wirtschaftliche unmittelbare oder mittelbare Vorteile, hilfsweise sonstigen Vermögensvorteile, für die Beklagte und/oder die mit ihr im Sinne der §§ 15 ff. AktG verbundenen Unternehmen Angabe der seitens der Lizenznehmer aus der Benutzung der in Ziff. I.1 genannten Erfindung durch die Lizenznehmer erzielten Umsätze und ihrer sonstigen wirtschaftlichen (Vermögens-)Vorteile;

55

d) der Nennung der Namen und Anschriften der Vertragspartner

56

und zwar

57

bezogen auf die Angaben zu I.2.a) bis d) seit dem Tag der Benutzungsaufnahme, hilfsweise seit dem 01.01.2009.

58

Die Beklagte beantragt,

59

die Klage abzuweisen.

60

Die Beklagte behauptet, der Einkaufspreis von USD 6.000,- pro Switch sei vom Kläger selbst im November 2007 als Untergrenze für die Vergütungsbemessung vorgeschlagen worden (Anlage B 19) und im Laufe der weiteren Verhandlungen habe Einigkeit darüber geherrscht, diesen Preis der Berechnung zugrunde zu legen. Dementsprechend ist sie der Ansicht, man könne ihr insofern auch kein widersprüchliches Verhalten vorwerfen. Eine Rechnungslegung, insbesondere jedoch die Vorlage von Belegen, schulde sie daher in keinem Fall, da dies auch nicht der Verkehrssitte zwischen Lizenznehmer und Lizenzgeber entspreche.

61

Die Beklagte ist der Ansicht, der Auskunftsanspruch sei im Hinblick auf die Herstellungsmengen und -zeiten von Flugzeugen, in denen erfindungsgemäße Komponenten verbaut wurden, einerseits dadurch erfüllt, dass Auskunft über die Anzahl der ausgelieferten Flugzeuge erteilt worden sei und in diesem Zusammenhang auch mitgeteilt worden sei, dass die Auslieferungszahlen den Herstellungszahlen entsprächen. Im Übrigen bestehe überhaupt kein Anspruch auf Auskunft der Herstellungsmengen und -zeiten, da für die Berechnung der angemessenen Vergütung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie allein die Auslieferungen entscheidend seien, aus denen der Beklagten vergütungsrelevanter Umsatz zufließe, nicht hingegen die internen Produktionsabläufe und -zeiten. Ein Anspruch ergebe sich insofern auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Überprüfungsmöglichkeit, da kein erhöhter Kontrollbedarf des Klägers bestehe. Mit der gleichen Argumentation wendet sich die Beklagte dagegen, dass dem Kläger ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung über die bestellten und erhaltenen Doubleboards und Switches im Erstausrüstungs- und Ersatzteilgeschäft und über die Einkaufspreise für Doubleboards und Switches im Ersatzteilgeschäft zustehe.

62

Die Beklagte ist der Ansicht, die Switches seien nicht durch die Erfindung geprägt, sondern vorbekannte Standard-Hardware, so dass sie nicht zur technisch-wirtschaftlichen Bezugsgröße gehörten und daher auch nicht vom Auskunftsanspruch erfasst seien. Für ihren Einsatz im AFDX-Netzwerk sei nicht einmal eine Anpassung erforderlich, wozu eine gegebenenfalls logische Konfiguration nicht zähle, so dass eine Prägung der Switches durch die Erfindung ausscheide. Zudem erfüllten die Switches im AFDX-Netzwerk genau die Funktion, die sie in herkömmlichen Ethernet-Netzwerken erfüllten. Relevant sei insofern nicht allein die Erfindungsmeldung, sondern die relevanten Patente.

63

Die Beklagte ist zudem der Ansicht, der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch des Klägers umfasse nicht solche mit erfindungsgemäßen Komponenten ausgestattete Flugzeuge, die zwar innerhalb der Laufzeit des streitgegenständlichen Patents verkauft, aber erst nach Schutzrechtsablauf ausgeliefert würden. Dies liege erstens darin begründet, dass es bei einer Berechnung der angemessenen Erfindungsvergütung auf der Grundlage einer Lizenzanalogie für die wirtschaftliche Verwertung der Erfindung iSd. § 9 ArbErfG allein auf den tatsächlichen Zahlungszufluss beim Arbeitgeber ankomme. Insofern sei § 9 ArbErfG enger als § 9 PatG, da allein letztere Vorschrift bereits das bloße Anbieten erfasse. Der tatsächliche Zahlungsfluss erfolge nicht bei Kaufvertragsabschluss, sondern erst bei bzw. kurz nach der Auslieferung, durch die der Kaufpreis fällig werde. Dies korrespondiere im Übrigen damit, dass es im Lizenzvertragsgeschäft gängige Praxis sei, die Lizenzzahlungen von den Umsätzen abhängig zu machen; diese würden jedoch erst mit der Zahlung generiert. Zweitens werde bei Verkäufen vor, jedoch Herstellung und Auslieferung nach Ablauf der Patentlaufzeit von dem streitgegenständlichen Patent erst nach Schutzrechtsablauf Gebrauch gemacht, was keine Vergütungspflicht auslösen könne. Drittens sei bei dem Verkauf eines Flugzeugs vor Ablauf der Patentlaufzeit gar nicht klar, ob bei dessen Herstellung in der Zukunft tatsächlich erfindungsgemäße Komponenten zum Einsatz kommen würden. Dies liege an den Besonderheiten des Marktes für Flugzeuge, bei denen es sich nicht um ein statisches, zum Verkaufszeitpunkt in allen Einzelheiten feststehendes Produkt handele, sondern bei denen die Herstellung erst Jahre nach dem Verkauf stattfinde und dann die zu diesem Zeitpunkt neueste, weiterentwickelte Technik eingesetzt würde. Der Käufer erwerbe bei Abschluss des Kaufvertrages letztlich nur einen Produktionsslot, der später auf ein bestimmtes Flugzeug und dessen genaue Ausstattung konkretisiert werde. So könne sich bei einem Wechsel des Käufers zu einem anderen Flugzeugtyp erstens die Tatsache ändern, ob überhaupt das AFDX-System verbaut werde und zweitens, wie viele Switches und patentgemäße Doubleboards in dem System verwendet würden. Beispiele seien der Produktionsstopp des ... und die Reduzierung der Anzahl der verbauten Switches im ... . Dementsprechend sei die Nutzung des streitgegenständlichen Patents auch für die Kaufentscheidung nicht relevant. Die Kausalität zwischen Vermögensvorteil und Nutzung des Streitpatents stehe vielmehr erst kurz vor Auslieferung und damit nach Ablauf des streitgegenständlichen Patents fest. Vor diesem Hintergrund - Unklarheit über die Nutzung der Erfindung und über den Umfang der Nutzung - würden auch vernünftige Lizenzvertragsparteien nicht auf den Verkaufszeitpunkt, sondern den Auslieferungs- bzw. Zahlungszeitpunkt vor bzw. nach Patentablauf abstellen.

64

Die Beklagte meint, der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch erstrecke sich nicht auf den Flugzeugtyp ... . Dieser werde von einem Joint-Venture zwischen der Beklagten und Bombardier entwickelt, verkauft und hergestellt. Daher liege weder eine Eigen- noch eine Fremdverwertung vor. Eine Eigenverwertung scheitere daran, dass es sich bei dem Joint-Venture um ein unabhängiges, eigenständig gesteuertes Unternehmen handele, das nicht mit der Beklagten gleichzusetzen sei. Dafür spreche auch, dass für das Joint-Venture die gleichen Lieferbedingungen wie zuvor für Bombardier gelten würden. Eine Fremdverwertung in Bezug auf das Joint-Venture liege nicht vor, da die Beklagte mit dem Joint-Venture keinen Lizenzvertrag geschlossen habe. Das Joint-Venture beziehe die AFDX-Komponenten nämlich von einem Drittanbieter. Eine vergütungspflichtige Verwertung liege daher allein in der Fremdverwertung durch Lizenzierung an diesen Drittanbieter. Dass es sich bei dem Drittanbieter um R. C. handele, dem die Beklagte eine Freilizenz als Gegenleistung für die Entwicklungsleistungen zur Herstellung der Marktreife des AFDX-Systems erteilt habe, ändere daran nichts, da der Kläger von der Herstellung der Marktreife durch R. C. als Gegenleistung für die Freilizenz ebenfalls profitiere. Partizipiere er nun auch noch an den Verkäufen und/oder Auslieferungen des ... , komme es zu einer Doppelkompensation. Ergänzend verweist die Beklagte auf die Entscheidung Abgestuftes Getriebe des BGH. Vor ihrem Hintergrund fehle es im vorliegenden Fall an einer Gestattung der Nutzung des streitgegenständlichen Patents durch die Beklagte gegenüber dem Joint-Venture. Zudem handele es sich bei der Nutzung des AFDX-Systems und damit auch des streitgegenständlichen Patents durch das Joint-Venture um eine patentfreie Nutzung, da mit dem Verkauf der das streitgegenständliche Patent nutzenden Produkte durch R. C. Erschöpfung eingetreten sei. Schließlich könnten die Umsätze des Joint-Ventures nicht Maßstab für eine Vergütung sein, da dieses keine wirtschaftliche Einheit mit der Beklagten bilde, sondern ein von dieser vollkommen unabhängiges Drittunternehmen sei, auf das die Beklagte keine Einflussmöglichkeiten habe.

65

Die Beklagte ist weiter der Ansicht, der Kläger habe auch auf der Grundlage der übereinstimmend erfolgten Berechnung der Arbeitnehmererfindervergütung gestützt auf die Bemessungsgrundlage der Einkaufskosten der erfindungsgemäßen Komponenten keinen Anspruch auf Auskunft über die auf diese bezogenen Gestehungskosten und Gewinne. Erstens sei es gängige Praxis, den für die Lizenzanalogie maßgeblichen fiktiven Umsatz aus den Einkaufspreisen und einem Gewinnaufschlag zu bilden. Zweitens rechtfertige die vorliegende Konstellation kein Abweichen von dem vom BGH in der Entscheidung Türinnenverstärkung aufgestellten Grundsatz, dass kein Anspruch auf Auskunft über Gestehungskosten und Gewinn bestehe. Die Entscheidung beziehe sich zum einen nicht nur auf den Fall der Berechnung anhand tatsächlicher Umsätze und betone zum anderen die Erforderlichkeits- und Zumutbarkeitsschwelle hinsichtlich jeglicher Auskünfte. Drittens sei eine Auskunft über Gestehungskosten und Gewinn im Sinne der BGH-Rechtsprechung in Türbänder und Türinnenverstärkung nicht erforderlich und für die Beklagte unzumutbar, da sich der Erfindungswert mittels der Einkaufskosten zuzüglich eines Gewinnaufschlags ohne Weiteres berechnen lasse, was im Übrigen auch gängige Praxis der Schiedsstelle sei.

66

Die Beklagte behauptet überdies, Vertragsgegenstand der von ihr mit Dritten abgeschlossenen Lizenzverträge, die sich auf die streitgegenständliche Erfindung des Klägers beziehen, sei nicht allein die klägerische Erfindung bzw. das aus ihr hervorgegangene, im Klageantrag zu I. genannte Patent, sondern das gesamte AFDX-System sowie Know-How, Software, Lizenzen an der Marke „AFDX“ sowie Weiterentwicklungen des AFDX-Systems, sofern sie auf einem der dafür gewährten Patente beruhen. Dies ergebe sich bereits aus der vom Kläger selbst vorgelegten Broschüre der Beklagten zur Lizenzierung des AFDX-Systems (Anlage K 3). In Einzelfällen seien darüber hinaus auch noch weitere Patente lizenziert worden. Für die Details wird insofern auf Anlage B 21-1 Bezug genommen. Auf dieser Grundlage ist die Beklagte der Auffassung, eine konkrete Lizenzanalogie scheide aus, weil die bestehenden Lizenzverträge keine wesentlichen Anhaltspunkte für die Bestimmung der angemessenen Lizenzgebühr bieten würden. Aufgrund des Lizenzbündels liege den Lizenzgebühren eine Mischkalkulation zugrunde, die keine Aufschlüsselung der Lizenzsätze nach einzelnen Patenten enthalte, die Rückschlüsse auf eine angemessene Lizenzgebühr allein für das streitgegenständliche Patent zulasse. Auch für die Abstaffelung böten die Lizenzverträge keine Anhaltspunkte, da diese stets vom konkreten Lizenznehmer abhänge.

67

Die Beklagte ist im Übrigen der Ansicht, der Auskunftsanspruch erstrecke sich nicht auf von ihr erlangte direkte oder indirekte Vermögensvorteile etwa in Gestalt der Übernahme von Entwicklungskosten oder sonstigen Zahlungen durch bestimmte Lizenznehmer und/oder Dritte, namentlich R. C. und T./ D., alternativ die seitens der kostenlosen Lizenznehmer aus der Benutzung der Erfindung erzielten Umsätze. Zum einen seien ihr keine Vermögensvorteile zugeflossen, diesbezüglich habe sie eine Nullauskunft erteilt. Zum anderen sei hinsichtlich der von den Lizenznehmern, namentlich R. C. und T./ D., erzielten Umsätze zu berücksichtigen, dass die Konstellation mit einer Forschungs- und Entwicklungskooperation vergleichbar sei, bei der jeder Teil nur für seine Umsätze vergütungspflichtig sei. Vor allem aber sei die Erfindung des Klägers ohne die von R. C. und T./ D. beigesteuerten Entwicklungsleistungen gar nicht oder erst erheblich später marktreif geworden, wovon der Kläger schließlich profitiert habe. Ob sie, die Beklagte, bestimmte Entwicklungsleistungen selbst erbringe oder von Dritten erbringen lasse, sei ihre unternehmerische Entscheidung, die keine Vergütungspflicht auslöse.

68

Die Beklagte meint, im Umfang der während des laufenden Verfahrens erteilten Auskünfte sei der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung durch Erfüllung erloschen.

69

Die Beklagte ist schließlich der Ansicht, der Anspruch auf Arbeitnehmervergütung und damit auch der Auskunftsanspruch seien für den Zeitraum vor dem 01.01.2009 verjährt, da der Kläger bereits im Jahr 2007 Kenntnis von der anspruchsbegründenden Tatsache der Verwertung seiner Erfindung gehabt habe und die Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen immer wieder, von 2009 bis 2013 sogar für vier Jahre unterbrochen gewesen sei. Insofern führe auch eine freiwillige Zahlung für den Zeitraum vor dem 01.01.2009 bis ins Jahr 2007 zurück, die als solche unstreitig ist, nicht zu einer abweichenden Beurteilung, denn diese erst im Jahr 2013 erfolgte Zahlung sei nicht kausal dafür gewesen, dass der Kläger die laufende Verjährung zuvor von Mitte 2009 bis Mitte 2013 nicht durch eine Fortsetzung der Verhandlungen über die Zahlungen und die zu erteilende Auskunft oder durch eine gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche gehemmt habe.

70

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2019 und vom 23.01.2020 verwiesen (§ 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Entscheidungsgründe

71

Die zulässige Stufenklage ist auf der ersten Stufe der Auskunft und Rechnungslegung nur teilweise begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung gegen die Beklagte aus §§ 242, 259 BGB iVm §§ 9 Abs. 1, 12 ArbEG im tenorierten Umfang zu.

I.

72

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung §§ 242, 259 BGB iVm §§ 9 Abs. 1, 12 ArbEG in dem in Ziffer 1 tenorierten Umfang zu.

73

1. Die Höhe der iSd. § 9 Abs. 1 ArbEG angemessenen Vergütung des Arbeitnehmererfinders hängt gemäß § 9 Abs. 2 ArbEG maßgeblich von der wirtschaftlichen Verwertbarkeit, mithin dem wirtschaftlichen Wert der Erfindung ab. Da sich dieser regelmäßig nicht aus feststehenden und ohne weiteres ermittelbaren Umständen nach einer gleichsam feststehenden Formel exakt berechnen lässt, bedarf es zu seiner Ermittlung eines Hilfskriteriums. Als solches ist die Lizenzanalogie, auf die sich auch die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits verständigt haben, besonders geeignet. Dahinter steht die Frage, welche Gegenleistung - regelmäßig in Gestalt eines Lizenzsatzes - vernünftige Parteien für die Überlassung der Erfindung zur ausschließlichen Nutzung vereinbart hätten (StRSpr., etwa BGH GRUR 1998, 689 - Copolyester II; BGH GRUR 2002, 801, 802 f - Abgestuftes Getriebe).

74

a) Da der Arbeitnehmererfinder regelmäßig nicht in der Lage sein wird, sich ein hinreichend verlässliches Bild über die dem wirtschaftlichen Wert seiner Erfindung in Gestalt der Lizenzanalogie zugrunde liegenden Faktoren zu machen, um den wirtschaftlichen Wert und darauf basierend sodann die Höhe seiner Arbeitnehmervergütung genau beziffern zu können, steht ihm gegen seinen Arbeitgeber ein Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch aus §§ 242, 259 BGB zu, dessen Inhalt und Umfang sich ebenfalls nach diesen Vorschriften richtet (BGH GRUR 2002, 801, 802 f - Abgestuftes Getriebe; BGH BeckRS 2010, 2410 Rn 6 ff - Türbänder). Er ist ein Anwendungsfall des allgemeinen Grundsatzes, einen Auskunftsanspruch insoweit zu gewähren, als der Berechtigte über die zur Durchsetzung seines Hauptanspruchs notwendigen Informationen nicht verfügt und sich diese auch nicht in zumutbarer Weise selbst beschaffen kann, während der Verpflichtete die Auskunft erteilen kann, ohne unzumutbar belastet zu werden. Vor diesem Hintergrund kann der Arbeitnehmererfinder von seinem Arbeitgeber nicht unbeschränkt Auskunft und Rechnungslegung über all jene Umstände verlangen, die zur Bestimmung und Überprüfung der angemessenen Vergütung irgendwie hilfreich oder nützlich sind oder sein können, sondern nur über solche Umstände, die zur Ermittlung einer angemessenen Vergütung erforderlich sind, wobei ihm auch die Kontrolle der mitgeteilten Angaben auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit ermöglicht werden muss (BGH BeckRS 2010, 2410 Rn 8 - Türbänder). Dies hat unter Abwägung der beiderseitigen Interessen zu erfolgen, so dass der Arbeitgeber insbesondere solche Angaben verweigern kann, die für ihn mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wären und in keinem vernünftigen Verhältnis zur dadurch erreichten, genaueren Bestimmung der Höhe einer angemessenen Vergütung stehen. Dabei ist eine Wechselwirkung zwischen Erforderlichkeit und Zumutbarkeit zu beachten: Je essentieller die Angaben zur Bemessung des Vergütungsanspruchs sind, desto mehr ist dem Arbeitgeber zuzumuten und umgekehrt (BGH GRUR 2002, 801, 802 f - Abgestuftes Getriebe; BGH BeckRS 2010, 2410 Rn 8 - Türbänder).

75

b) Vor diesem Hintergrund steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung in dem in Ziffer 1 tenorierten Umfang zu. Auf die vom Tenor zu 1 erfassten Angaben ist der Kläger angewiesen, um seinen Vergütungsanspruch im Wege der Lizenzanalogie näher beziffern zu können, ohne dass diese Angaben die Beklagte in unzumutbarer Weise belasten würden. Die Angaben betreffen genau jene Aspekte, die der von der Beklagten selbst gewählten Berechnungsmethode der Lizenzanalogie entsprechen. Der von der Beklagten bestrittene Anspruch auf Rechnungslegung folgt nach gefestigter Rechtsprechung des BGH für den Bereich des Arbeitnehmererfindungsrechts gleichsam mit dem Auskunftsanspruch aus § 242 BGB bzw. § 259 BGB (GRUR 1998, 689, 692 - Copolyester II GRUR 2002, 801, 802 f - Abgestuftes Getriebe BeckRS 2010, 2410 Rn 8 - Türbänder). Erst die Rechnungslegung im Wege einer geordneten Aufstellung der relevanten Angaben, die von der Vorlage der Belege zu trennen ist, ermöglicht es dem Arbeitnehmererfinder, die Auskünfte sinnvoll für die Bemessung der angemessenen Vergütung über den Weg der Lizenzanalogie zu nutzen. Auch sind im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, warum es der Beklagten nicht möglich sein sollte, über die in Ziffer 1 tenorierten Angaben Rechnung zu legen. Wenn sie die Angaben zur Erteilung der Auskunft zusammengetragen hat, ist es bei den hier betroffenen Angaben ohne großen Aufwand möglich, diese in Gestalt eines chronologisch nach Kalenderjahren geordneten schriftlichen Gesamtverzeichnisses aufzubereiten.

76

c) Über den Anspruch auf Rechnungslegung im Sinne eines geordneten Verzeichnisses hinaus steht dem Kläger hinsichtlich der Klageanträge I. 1. i) (b), (c), (e) und I. 1. ii) und (c) kein Anspruch auf die Vorlage der geforderten Belege zu. Ein Anspruch auf die Vorlage von Belegen besteht nur dann, wenn dies in vergleichbaren vertraglichen Beziehungen üblicherweise der Fall ist, was der BGH (GRUR 2017, 890 Rn 67 - Sektionaltor II) in Übereinstimmung mit dem OLG Düsseldorf (GRUR 2014, 1190, 1195 - Sektionaltorantrieb) als Vorinstanz für Lizenzverträge verneint hat, oder wenn im konkreten Einzelfall besondere Umstände, etwa widersprüchliche oder fehlerhafte Auskünfte des Arbeitgebers vorliegen, die einen besonderen Überprüfungsbedarf des Arbeitnehmererfinders begründen.

77

Beide Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall nicht vor.

78

aa) Der für Lizenzverträge vertretenen Auffassung des BGH und des OLG Düsseldorf schließt sich die Kammer an.

79

bb) Ein besonderer Überprüfungsbedarf des Klägers besteht für die einzelnen Anträge auf Belegvorlage nicht.

80

(1) Hinsichtlich der Angaben zur Anzahl der Lieferungen der mit Doubleboards und/oder Switches ausgerüsteten Flugzeuge [Anträge I. 1. i) (b) und (c)] fehlt es nicht nur um Überprüfungsbedarf, sondern auch an einer Überprüfungsmöglichkeit durch die Belege.

81

Zum Überprüfungsbedarf ist zunächst festzuhalten, dass zum einen der Kläger mit den von ihm vorgelegten Anlagen K 11, K 12, K 20, K 31 und K 32 bereits über detaillierte Aufstellungen zu den Lieferungen (dort „total deliveries“) verfügt. Diese sind zwar nicht nach Kalenderjahren heruntergebrochen, weswegen der Kläger einen Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch in Gestalt einer entsprechenden Aufstellung hat, doch ermöglichen sie ohne weiteres die Kontrolle der Angaben der Beklagten zur Gesamtanzahl der Lieferungen. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass die von der Beklagten zu den Lieferungen in Anlage B 14-1 angegebenen Zahlen, die nahezu denselben Zeitraum wie die Anlage K 20 betreffen, sogar leicht über den Zahlen in der Anlage K 20 liegen, so dass insofern kein weiterer Kontrollbedarf des Klägers wegen widersprüchlicher oder vermutet unvollständiger Angaben besteht.

82

Zur Überprüfungsmöglichkeit ist festzuhalten, dass die geforderten Belege eine solche nicht bieten. Die Belegvorlage würde an die Auskunft im Wege einer geordneten Aufstellung der Anzahl der Auslieferungen und Verkäufe von Flugzeugen mit erfindungsgemäßen Komponenten anknüpfen. Die Belege bezögen sich somit auf die einzelnen Verkäufe bzw. Lieferungen von mit erfindungsgemäßen Komponenten ausgestatteten Flugzeugen. Dies würde dem Kläger jedoch in keiner Weise die Kontrolle der Angaben zur Anzahl der Auslieferungen und Verkäufe ermöglichen. Belege in Gestalt von Rechnungen oder Lieferscheinen über die erfindungsgemäßen Produkte oder Produkte, die erfindungsgemäße Komponenten enthalten, dienen nämlich allein dazu, die Preise der erfindungsgemäßen Produkte oder der Produkte, welche erfindungsgemäße Komponenten enthalten, als Grundlage einer Berechnung der Arbeitnehmervergütung im Wege der Lizenzanalogie überprüfen zu können (in § 259 BGB als Ausgangspunkt ist von Einnahmen und Ausgaben die Rede). Sie sind jedoch nicht dazu geeignet, Angaben über die Anzahl ausgelieferter oder verkaufter Produkte, welche von der Erfindung Gebrauch machen, zum Zwecke der Überprüfung nachweisbar oder auch nur nachvollziehbarer zu machen. Wenn die Beklagte bestimmte Auslieferungen oder Verkäufe verschweigen wollte, würde sie diese bereits in der Auskunft und Rechnungslegung nicht angeben, so dass dementsprechend auch keine Belege dazu vorgelegt würden, da die Belegvorlage an die erteilte Auskunft und Rechnungslegung anknüpft. Um die Richtigkeit der Angaben zu Liefer- und Verkaufsmengen sicherzustellen bzw. zu überprüfen, erscheint insofern allein die Verpflichtung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung angezeigt. Dementsprechend ist genau dies in § 259 Abs. 2 BGB vorgesehen und wäre demnach der Weg, welchen der Kläger nach erteilter Auskunft zu beschreiten hätte.

83

(2) Hinsichtlich der Preise für die von der Beklagten eingekauften Doubleboards und Switches [Antrag I. 1. I) (e)] ist der Kläger dem Vortrag der Beklagten, mit dem diese die vom Kläger behauptete Widersprüchlichkeit der Angaben zu den Preisen für die Switches substantiiert entkräftet hat, nicht entgegengetreten, so dass insofern der Vortrag der Beklagten zugrunde zu legen ist, der gegen ein widersprüchliches oder fehlerhaftes Verhalten der Beklagten spricht. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Beklagte im Verfahren von sich aus einen deutlich höheren Einkaufspreis für die Switches angegeben hat, als den zuvor in den Verhandlungen im Raum stehenden Preis von USD 6.000,-. Schließlich war der Kläger während eines Großteils der fortwährenden Verhandlungen über seine Vergütung noch bei der Beklagten in leitender Stellung beschäftigt, so dass es ihm ohne Weiteres möglich gewesen wäre, sich Informationen über die Einkaufspreise der Doubleboards und Switches zu verschaffen, wenn er Zweifel an den Angaben der Beklagten gehabt hätte.

84

Festzuhalten ist daher lediglich, dass die Beklagte noch keine vollständige Auskunft zu den Preisen für die Doubleboards und Switches erteilt hat, da es sich bei den von ihr genannten Preisen erstens um solche handelt, die nur bis zum 01.01.2020 galten und sie zweitens davon spricht, dass die aktuellen Preise auf Preisanpassungen seitens der Zulieferer beruhten, ohne anzugeben, welche Preise vor den Preisanpassungen von ihr gezahlt worden sind. Dementsprechend war sie trotz der erfolgten Angaben zu den „aktuellen“ Preisen zu einer umfassenden und geordneten Auskunft und Rechnungslegung über die Einkaufspreise für Doubleboards und Switches zu verurteilen [Tenor 1.1 i) (e)].

85

Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass sich die im Verfahren fortlaufend korrigierten Angaben zu der Anzahl der in den einzelnen Flugzeugtypen verbauten Doubleboards und Switches, hinsichtlich derer man gegebenenfalls von einer Widersprüchlichkeit ausgehen könnte, nicht auf eine Angabe bezogen, für die der Kläger die Vorlage von Belegen verlangt hat.

86

(3) Hinsichtlich der Angaben zum Ersatzteilgeschäft [Antrag I. 1. ii) (c)] hat die Beklagte zwar bisher zu den Doubleboards anders als zu den Switches noch keine abschließende Auskunft erteilt. Darin liegt jedoch kein widersprüchliches, einen erhöhten Kontrollbedarf begründendes Verhalten, sondern die Beklagte war insofern vielmehr lediglich zu einer abschließenden Auskunft im Wege einer geordneten Rechnungslegung zu verurteilen.

87

d) Aus den soeben unter c) angestellten Erwägungen zur Belegvorlage folgt auch, dass sich der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch hinsichtlich der verkauften und gelieferten Flugzeuge [Anträge I. 1. i) (b) und (c)] nicht auf die Namen und Anschriften der Abnehmer, hinsichtlich der Menge der bestellten Doubleboards und Switches sowie der für diese gezahlten Einkaufspreise [Antrag I. 1. i) (e)] nicht auf die Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie hinsichtlich der einzelnen Lieferungen von Doubleboards im Rahmen des Ersatzteilgeschäfts [Antrag I. 1. ii) (c)] nicht auf die Namen und Anschriften der Abnehmer erstreckt.

88

Zu Antrag I 1. i) (e) ist hinsichtlich der Namen und Anschriften der Lieferanten ergänzend festzuhalten, dass der Kläger bereits aus der langjährigen Zeit seiner Tätigkeit für die Beklagte und aus den vorprozessualen Vergleichsverhandlungen, spätestens jedoch seit der Klageerwiderung Kenntnis davon hat, dass die Beklagte mit den erfindungsgemäßen Doubleboards und Switches ausschließlich von den Unternehmen R. C. und T. (früher T./ D.) beliefert wird. Selbst wenn man den Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch zu Kontrollzwecken hinsichtlich der Höhe der Einkaufspreise auf Namen und Anschriften der Lieferanten erstrecken würde, wäre dieser Anspruch daher erfüllt. Die Anschriften ergeben sich dabei aus der zahlreichen, vorgelegten Korrespondenz mit den beiden Unternehmen. Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Nennung der Namen und Anschriften der Hersteller und Vorbesitzer der Doubleboards und Switches besteht in keinem Fall. Da die Parteien für die Bemessungsgrundlage übereinstimmend vom Einkaufspreis der Doubleboards und Switches ausgehen, sind die Namen und Anschriften der Hersteller und Vorbesitzer für die Berechnung der Arbeitnehmererfindungsvergütung nicht erforderlich.

89

2. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch des Klägers erstreckt sich auf die Switches, da sie als durch die Erfindung geprägt zur technisch-wirtschaftlichen Bezugsgröße gehören. Dies ergibt sich sowohl auf der Grundlage der Erfindungsmeldung (Anlage B 7) als auch auf der Grundlage des angemeldeten Patents EP 1 100 230 B 1 (Anlage K 1.1). Auch wenn es sich bei Switches im Ausgangspunkt um vorbekannte Standard-Hardware-Komponenten handelt, werden diese doch durch die Erfindung geprägt, da sie integraler und vor allem ein spezifisch angepasster Bestandteil des zu schaffenden Datenübertragungssystems sind. Sowohl in der Erfindungsmeldung als auch in dem genannten Patent werden die Sternverteiler, denen die Switches entsprechen, als integraler Bestandteil des Systems genannt. So beansprucht Patentanspruch 1 Schutz für ein „Datenübertragungssystem ... mit mindestens zwei Teilnetzwerken ..., von denen mindestens eines einen Sternverteiler aufweist, der jeweils mit mindestens einer Peripherieeinheit ... verbunden ist, dadurch gekennzeichnet, dass der mindestens eine Sternverteiler so geschaltet ist, dass jedes Teilnetzwerk für die damit verbundenen Peripherieeinheiten einen Kreuzverteiler darstellt ...“ Darin zeigt sich bereits, dass die Switches nicht beliebig durch ein Standard-Ethernet-Switch ersetzt werden können, sondern dass sich in den Switches gerade die Neuheit des geschützten Datenübertragungssystems mit verwirklicht. Ohne die entsprechende Schaltung und entsprechende Konfiguration würde das Datenübertragungssystem nicht erfindungsgemäß funktionieren, so dass die Switches einen integralen Bestandteil darstellen. Das erfindungsgemäße Datenübertragungssystem prägt die Schaltung und Konfiguration der Switches und umgekehrt.

90

3. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch des Klägers erstreckt sich auch auf diejenigen mit Doubleboards und/oder Switches ausgerüsteten Flugzeuge, die vor Ablauf der Patentlaufzeit der in Ziffer 1.1 des Tenors genannten Schutzrechtspositionen verkauft worden sind, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt die Auslieferung erfolgte oder noch erfolgen wird.

91

Im Rahmen der von den Parteien übereinstimmend zur Berechnung einer angemessenen Arbeitnehmervergütung gewählten Lizenzanalogie kommt es zur Ermittlung des Erfindungswertes maßgeblich darauf an, welche Regelung vernünftige Lizenzvertragsparteien im konkreten Einzelfall für die Einräumung einer ausschließlichen Lizenz der in Rede stehenden Erfindung getroffen hätten (BGH GRUR 2002, 801, 802 - Abgestuftes Getriebe BGH GRUR 2010, 223 Rn 13 - Türinnenverstärkung). Das bezogen auf den konkreten Einzelfall sach- und interessengerechte Verhalten vernünftiger Lizenzvertragsparteien ist jedoch nicht nur maßgeblich für den Lizenzsatz, sondern für alle vergütungsrelevanten Anknüpfungstatsachen (BGH GRUR 2002, 801, 804 - Abgestuftes Getriebe BGH GRUR 2003, 789, 790 - Abwasserbehandlung). Damit bildet es auch den Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehende Frage, welche Verwertungshandlungen des Arbeitgebers als vergütungspflichtig anzusehen sind.

92

Es ist also danach zu fragen, ob und wie vernünftige Lizenzvertragsparteien dem Umstand Rechnung getragen hätten, dass es sich bei den Flugzeugen, in denen die erfindungsgemäßen Komponenten zum Einsatz kommen, nicht wie in den meisten Fällen um einen Gegenstand handelt, der innerhalb eines engen zeitlichen Rahmens verkauft, hergestellt und sodann an den Käufer geliefert wird.

93

Dass vernünftige Lizenzvertragsparteien diese Frage geregelt hätten, liegt auf der Hand, da sie bei einem derart komplexen Produkt wie einem Flugzeug aufgrund des langen Zeitraums der Vertragsabwicklung ins Auge sticht und einer gesonderten Regelung bedarf, weil sie wirtschaftlich außerordentlich relevant ist.

94

Inhaltlich hätte eine Regelung der Frage den von der Beklagten geschilderten, besonderen Umständen des Verkaufs eines Flugzeugs im Unterschied etwa zum Verkauf eines paar Schuhe mit sofortigem, vollständigem Leistungsaustausch eines klar definierten Produkts Rechnung tragen müssen. Dies hätte vernünftige Lizenzvertragsparteien zu der Erkenntnis geführt, dass sie eine vermittelnde, den Interessen beider Parteien gerecht werden Vergütungsregelung zwischen den zwei denkbaren Extremen, die jeweils nur die Interessen einer Partei berücksichtigen, hätten treffen müssen. Diese Extreme bestehen darin, entweder eine Vergütung nur der innerhalb der Patentlaufzeit ausgelieferten Flugzeuge vorzusehen oder aber eine Vergütung aller innerhalb der Patentlaufzeit verkauften Flugzeugtypen vorzusehen, in denen zum Verkaufszeitpunkt das AFDX-System mit erfindungsgemäßen Komponenten vorgesehen ist.

95

Eine solche vermittelnde Regelung hätte eine Vergütungspflicht der Beklagten erstens davon abhängig gemacht, dass das die streitgegenständliche Erfindung nutzende AFDX-System zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags in dem Flugzeugtyp, der den Gegenstand des Kaufvertrags bildet, standardmäßig eingebaut wird. Bei dem AFDX-System handelt es sich - vorbehaltlich technischer Weiterentwicklungen, denen die zweite, sogleich näher erörterte Komponente der Regelung Rechnung getragen hätte - um einen integralen Bestandteil der betroffenen Flugzeugtypen, der mit zahlreichen anderen Komponenten und der gesamten Steuerung des Flugzeugs derart verzahnt ist, dass man ihn nicht isoliert weglassen kann. Es stellt daher kein Ausstattungsmerkmal dar, welches die Kunden im Sinne einer Option wählen können, sondern es wird standardmäßig eingebaut. Dafür spricht auch, dass die Beklagte in ihrer Auskunft über die bereits erfolgten Auslieferungen nicht zwischen solchen Flugzeugen, die mit und ohne AFDX-System ausgeliefert worden sind, unterscheidet. Zweitens hätte die vermittelnde Regelung die Vergütungspflicht der Beklagten davon abhängig gemacht, dass die vor Ablauf der Patentlaufzeit verkauften Flugzeuge später auch tatsächlich mit dem AFDX-System unter Nutzung der erfindungsgemäßen Komponenten ausgeliefert und im Anschluss bezahlt werden. Diese zweite Einschränkung hätte sowohl dem Umstand Rechnung getragen, dass es bis zur Herstellung der verkauften Flugzeuge zu technischen Weiterentwicklungen sowie nachträglich zu Stornierungen oder Abänderungen der bereits getätigten Käufe durch Umstellung auf andere Flugzeugtypen kommen kann.

96

Nur eine aus diesen zwei Komponenten bestehende Regelung über die erfassten Verwertungshandlungen trägt den Interessen beider Parteien vor dem Hintergrund einer zeitlich extrem gestreckten Abwicklung der Verkäufe von Flugzeugen Rechnung, die sie dadurch abbildet, dass sie im Ausgangspunkt von einer ex ante-Perspektive ausgeht, diese jedoch um ein ex-post-Korrektiv ergänzt. Eine solche Regelung spiegelt zudem das Grundkonzept des Arbeitnehmererfindungsrechts wider, jeden wirtschaftlichen Vorteil des Arbeitgebers zu vergüten, den dieser aus der Diensterfindung zieht. Schließlich bietet die skizzierte Regelung eine Lösung für die von der Beklagten thematisierten Fragen nachträglicher Änderungen des Vertragsgegenstands oder an den jeweiligen Flugzeugen bei an sich gleich bleibendem Vertragsgegenstand - von einer Änderung der Anzahl der verbauten Doubleboards und Switches über einen Ersatz des AFDX-Systems durch ein neues System bis hin zu einer späteren Änderung des Vertragsgegenstands des Kaufvertrags in Gestalt einer Auswechslung des Flugzeugtyps von einem „AFDX-Typ“ hin zu einem „Nicht-AFDX-Typ“.

97

Auf der Grundlage einer solchen hypothetischen Regelung vernünftiger Lizenzvertragsparteien zu der Frage, welche Verwertungshandlungen sie als vergütungspflichtig angesehen hätten, muss sich der vorgelagerte Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch auf sämtliche Verkäufe richten, denen auf der zweiten Stufe der Leistungsklage nicht notwendig auch eine Vergütungspflicht für alle zunächst beauskunfteten Verkäufe folgt.

98

Die weiteren, von der Beklagten gegen eine Vergütungs- und Auskunfts- sowie Rechnungslegungspflicht ins Feld geführten Argumente stellen weder die soeben angestellten, allein maßgeblichen Überlegungen zur hypothetischen Regelung vernünftiger Lizenzvertragsparteien in Frage noch vermögen sie in der Sache zu überzeugen.

99

Zu dem Argument der Beklagten, § 9 ArbErfG sei enger als § 9 PatG, da erstere Vorschrift ein bloßes Anbieten nach ihrem Wortlaut nicht erfasse, ist lediglich anzumerken, dass der Abschluss eines Kaufvertrags, an den die hypothetische Regelung anknüpft, mehr als ein bloßes Angebot und insofern bereits einen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil darstellt, als dadurch ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises entsteht, auch wenn dieser erst zum Zeitpunkt der zeitlich späteren Auslieferung fällig wird.

100

Zu dem Argument der Beklagten, bei Kaufvertragsabschluss erfolge noch keine Nutzung des streitgegenständlichen Patents bzw. des AFDX-Systems, da letztlich lediglich ein Produktionsslot erworben werde, so dass die streitgegenständliche Erfindung für die Kaufentscheidung nicht relevant sei und keine Kausalität zwischen Vermögensvorteil und Nutzung des Streitpatents bestehe, die erst bei Einbau des AFDX-Systems und damit nach Ablauf des streitgegenständlichen Patents feststehe, ist zum einen festzuhalten, dass für die Verkäufe, die vor Ablauf der Patentlaufzeit ausgeliefert werden, auch nicht darauf abgestellt wird, ob die erfindungsgemäßen Komponenten für die Kaufentscheidung relevant waren. Dies würde den Prinzipien des Arbeitnehmervergütungsrechts zuwiderlaufen, denen eine solche Überlegung fremd ist. Zum anderen steht die Kausalität zwischen Vermögensvorteil und Nutzung des Streitpatents bereits bei Kaufvertragsschluss fest, wenn man erstens berücksichtigt, dass das AFDX-System in die Flugzeuge der betroffenen Flugzeugtypen standardmäßig eingebaut wird, wenn man zweitens entsprechend der oben formulierten hypothetischen Regelung vernünftiger Lizenzvertragsparteien einschränkend darauf abstellt, ob bzw. inwiefern der Kaufvertrag so wie abgeschlossen durchgeführt worden ist, und wenn man sich drittens vergegenwärtigt, dass es auf der ersten Stufe der Klage nur um Auskunft und Rechnungslegung geht, welche die Höhe der zu zahlenden Vergütung im Hinblick auf die Verkäufe nicht determinieren.

101

Schließlich ist zu dem von der Beklagten beharrlich vorgetragenen Argument, dass es für die Vergütungspflicht aufgrund einer wirtschaftlichen Verwertung der Erfindung allein auf den tatsächlichen Zahlungsfluss ankomme, der nicht bei Vertragsschluss, sondern nach der Auslieferung erfolge, anzumerken, dass - wie bereits ausgeführt - die tatsächliche Vergütungspflicht in der hier vorliegenden besonderen Konstellation einer zeitlich extrem gestreckten Vertragsabwicklung von der potentiellen Vergütungspflicht zu unterscheiden ist. Genau diesem Umstand wird die oben skizzierte hypothetische Regelung vernünftiger Lizenzvertragsparteien gerecht, indem sie die ex ante-Perspektive potentieller Vergütungspflicht mit der ex post-Korrektur tatsächlicher Vergütungspflicht infolge Auslieferung kombiniert. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch knüpft dabei an die potentielle Vergütungspflicht an.

102

4. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch umfasst auch den Flugzeugtyp ... . Dazu ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall eine besondere Konstellation vorliegt, der für die Vergütungspflicht in besonderer Weise Rechnung zu tragen ist.

103

Die Besonderheit besteht darin, dass weder die Beklagte noch das Joint-Venture die erfindungsgemäßen Doubleboards und Switches selbst herstellen. Vielmehr werden diese von Drittunternehmen hergestellt, von denen die Beklagte und auch das Joint-Venture, das den ... produziert, sie einkauft. Im Falle des Joint-Ventures und ganz überwiegend auch im Falle der Beklagten handelt es sich bei dem Drittunternehmen und R. C., dem die Beklagte als Gegenleistung für die Erbringung von Entwicklungsarbeiten zur Erzielung der Marktreife des AFDX-Systems eine vergütungsfreie Lizenz an den das AFDX-System ausmachenden Patenten, darunter auch dem streitgegenständlichen Patent gewährt hat.

104

Aus diesem Grund liegen zunächst die Ausführungen der Beklagten zu der BGH-Entscheidung Abgestuftes Getriebe und den „Grundprinzipien des Arbeitnehmererfindungsrechts bei einer Nutzung des Streitpatents durch dritte Konzernunternehmen“ (Schriftsatz der Beklagten vom 11.02.2020, dort S. 3) neben der Sache. Diese Prinzipien und auch die BGH-Entscheidung Abgestuftes Getriebe betreffen den Fall der Fremdnutzung durch ein konzernverbundenes Unternehmen infolge der Lizenzierung der Diensterfindung durch den Arbeitgeber. Es geht im vorliegenden Fall jedoch nicht um die Fremdnutzung des Streitpatents durch das Joint-Venture als Konzernunternehmen. Dementsprechend sind insbesondere die Ausführungen zu einer Gestattung der Fremdnutzung für den vorliegenden Fall irrelevant. Aber auch die Argumente gegen eine Vergütungs- und daraus resultierende Auskunfts- und Rechnungslegungspflicht der Beklagten mangels einer Gegenleistung des Joint-Ventures an die Beklagte für die Gestattung der Fremdnutzung des Streitpatents liegen aus diesem Grund neben der Sache. Es liegt keine Fremdnutzung des Streitpatents durch das Joint-Venture vor, so dass weder eine Gestattung noch eine Gegenleistung für die Gestattung der Fremdnutzung in Rede stehen. Vielmehr liegt im vorliegenden Fall im Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Joint-Venture in Höhe des Anteils der Beklagten an dem Joint-Venture eine Eigennutzung oder zumindest eine der Eigennutzung vergleichbare und daher rechtlich gleichzustellende Nutzung eigener Art durch ein konzernverbundenes Unternehmen iSd. §§ 15 ff AktG vor. Der Beklagten fließen die mit dem Verkauf der Flugzeuge vom Typ ... erzielten Umsätze dementsprechend auch nicht als Gegenleistung für eine Gestattung der Fremdnutzung des Streitpatents durch das Joint-Venture zu, sondern schlicht aufgrund ihrer Beteiligung an dem Joint-Venture in Höhe dieser Beteiligung.

105

Der Fall des Flugzeugtyps ... ist daher vergütungsrechtlich im Grundsatz nicht anders zu beurteilen als in den Fällen der Flugzeugtypen ... , ... und ... ; lediglich in der Höhe reduziert sich die Vergütungspflicht auf die Höhe der Beteiligung der Beklagten an dem Joint-Venture. Insbesondere der Vergleich der Beklagten mit anderen von ihr unabhängigen Unternehmen, die Flugzeuge herstellen, in die sie das AFDX-System mit erfindungsgemäßen Doubleboards und Switches einbauen, trägt nicht. Er lässt nämlich außer Acht, dass die Beklagte aufgrund ihrer Mehrheitsbeteiligung an den Umsätzen des Joint-Venture durch den Verkauf der Flugzeuge vom Typ ... partizipiert, wobei dies unabhängig davon ist, welche Einflussmöglichkeiten die Beklagte auf die unternehmerischen Entscheidungen des Joint-Ventures hat. Darin liegt ein unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteil der Beklagten, an dem der Kläger zu beteiligen ist.

106

Auch liegt kein Fall der Doppelkompensation des Klägers vor. Die Beklagte hat R. C. im Rahmen einer Entwicklungskooperation eine vergütungsfreie Lizenz eingeräumt, an der der Kläger vergütungsmäßig nicht partizipiert. Selbst wenn man in den von R. C. geleisteten Entwicklungsarbeiten zur Herstellung der Marktreife des AFDX-Systems eine vorweggenommene Gegenleistung für die Freilizenz sehen würde (dazu näher unter 9.), beruht diese auf einer nachvollziehbaren unternehmerischen Entscheidung der Beklagten, Entwicklungskosten und -risiken auszulagern, die vergütungsmäßig weder in die eine noch in die andere Richtung zu berücksichtigen, sondern als neutral anzusehen ist.

107

Schließlich vermag auch die Argumentation der Beklagten nicht zu überzeugen, mit dem lizenzierten Verkauf der das Streitpatent nutzenden Produkte durch Drittunternehmen wie R. C. sei Erschöpfung eingetreten, so dass keine Nutzung des Streitpatents im patentrechtlichen oder arbeitnehmererfindungsrechtlichen Sinne vorliege. Die Beklagte überspannt und verkennt damit die rechtlichen Folgen eines Outsourcing der Herstellung der erfindungsgemäßen Doubleboards und Switches als Teil des AFDX-Systems. Eine patentrechtliche Erschöpfung führt nicht automatisch dazu, dass in arbeitnehmererfinderrechtlicher Hinsicht die Vergütungspflicht entfällt. Bei der Frage der Patentverletzung, welche die Erschöpfung betrifft, und bei der Frage des Umfangs der Vergütungspflicht des Arbeitnehmererfinders geht es um völlig andere Ziele und Zwecke. Für die Vergütungspflicht des Arbeitnehmers gilt der Grundsatz, dass dieser an allen wirtschaftlichen Vorteilen des Arbeitgebers zu beteiligen ist, die auf der wirtschaftlichen Verwertung der Diensterfindung durch den Arbeitgeber beruhen. Diese wirtschaftliche Verwertung liegt in dem Verkauf der mit den erfindungsgemäßen Doubleboards und Switches ausgestatteten Flugzeuge durch die Beklagte selbst oder ein konzernverbundenes Unternehmen wie das Joint-Venture. Dementsprechend lösen diese Verkäufe eine Vergütungspflicht aus, so dass sie von dem vorgelagerten Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch erfasst sind. Würde man im Übrigen die Argumentation der Beklagten konsequent zu Ende denken, wäre auch die Nutzung der erfindungsgemäßen Doubleboards und Switches durch die Beklagte in den Flugzeugtypen ... , ... und ... eine patentfreie und damit arbeitnehmererfindungsrechtlich irrelevante Nutzung, so dass die Vergütungspflicht nur an der Fremdverwertung durch die zuliefernden Drittunternehmen zu orientieren wäre, was im vorliegenden Fall wegen der Freilizenz an R. C. offensichtlich zu einem nicht sachgerechten Ergebnis führen würde.

108

5. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch erstreckt sich nicht auf eine Aufstellung der Anzahl der Auslieferungen und Verkäufe geordnet nach Ländern (Antrag I. 1.). Es ist nicht ersichtlich, inwiefern eine Differenzierung der Auskunft nach Ländern für die Berechnung der angemessenen Arbeitnehmererfindungsvergütung im Wege der Lizenzanalogie relevant ist, da die Parteien als Bemessungsgrundlage übereinstimmend die Einkaufskosten für die erfindungsgemäßen Komponenten, also Doubleboards und Switches, für jedes damit ausgestattete Flugzeug der Beklagten unabhängig vom Zielland des Verkaufs oder der Auslieferung verwenden.

109

6. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch umfasst weder die Herstellungsmengen und -zeiten [Antrag I. 1. i) (a)] noch die Menge der im Erstausrüstungsgeschäft erhaltenen oder bestellten Doubleboards und Switches, [Teil des Antrags I. 1. i) (e)] noch die Menge der im Ersatzteilgeschäft erhaltenen oder bestellten Doubleboards und Switches, aufgeschlüsselt nach Typbezeichnungen, sowie der Preise, die für diese Komponenten gezahlt wurden, [Antrag I. 1. ii) (b)].

110

Die Angaben über die Herstellungsmengen und -zeiten bzw. bei zugekauften Teilen über die Anzahl der im Erstausrüstungs- oder Ersatzteilgeschäft zugekauften Doubleboards und Switches ist für die Berechnung der angemessenen Arbeitnehmererfindungsvergütung im Wege der Lizenzanalogie nicht erforderlich. Die Lizenzanalogie orientiert sich am Lizenzsatz bzw. den darauf basierenden fiktiven Lizenzgebühren, die ein Lizenznehmer, hier die Beklagte, für eine Nutzung der Erfindung in Gestalt der Auslieferung bzw. Veräußerung von erfindungsgemäßen Gegenständen, hier aufgrund der Besonderheiten des Falls von Flugzeugen, welche das AFDX-System mit den erfindungsgemäßen Komponenten enthalten, an den Kläger als Lizenzgeber hätte zahlen müssen. Zur Ermittlung dieser Berechnungsfaktoren für eine angemessene Arbeitnehmererfindungsvergütung sind allein die Auslieferungs- bzw. Verkaufszahlen relevant, nicht hingegen die Herstellungs- oder Einkaufszahlen. Lizenzgebühren werden nicht für den Einkauf, sondern für den Verkauf und die Auslieferung erfindungsgemäßer Gegenstände bzw. Komponenten fällig.

111

Im konkreten Fall bilden allein die Einkaufspreise für die Doubleboards und Switches im Erstausrüstungsgeschäft [Tenor 1.1 i) (e) bzw. Antrag I. 1. I) (e)] insofern eine Ausnahme, als die Parteien sie als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der angemessenen Erfindungsvergütung gewählt haben, weil es nahezu unmöglich erscheint, den Verkaufspreis eines Flugzeugs auf die Verkaufspreise für die erfindungsgemäßen Doubleboards und Switches herunterzubrechen. Anders ist dies im Ersatzteilgeschäft, bei dem tatsächlich einzelne Switches oder Doubleboards von der Beklagten veräußert und ausgeliefert werden. Dementsprechend besteht auch hier kein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung über die Einkaufspreise [Antrag I. 1. ii) (b)], sondern allein über die Anzahl und die Verkaufspreise der als Ersatzteile verkauften Doubleboards und Switches [Tenor 1.1 ii) (c)].

112

Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines besonderen, gesteigerten Kontrollbedürfnisses des Klägers. Zum einen lässt sich aus den Herstellungs- bzw. Einkaufszahlen und -preisen nicht ohne weiteres auf die Auslieferungs- bzw. Verkaufszahlen und -preise schließen. Zum anderen sind ebenso wie im Hinblick auf die oben erörterte Pflicht zur Vorlage von Belegen keine besonderen Umstände, etwa widersprüchliche oder fehlerhafte Angaben der Beklagten ersichtlich, die ein besonderes Kontrollbedürfnis des Klägers hinsichtlich der hier in Rede stehenden Angaben begründen würden.

113

7. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch des Klägers umfasst nicht die mit den Anträgen I. 1. i) (f) und (h) geltend gemachte Auskunft über die auf Doubleboards und Switches bezogenen anteiligen Gestehungskosten und über den mit Doubleboards und Switches erzielten, nach Gestehungskosten aufgeschlüsselten Gewinn. Die Kammer kann keinen Grund dafür erkennen, insofern von der Rechtsprechung des BGH in den Entscheidungen Türbänder (BeckRS 2010, 2410) und Türinnenverstärkung (GRUR 2010, 223) abzuweichen. Es liegt keine - in den beiden Entscheidungen im Übrigen inhaltlich nicht näher umrissene (siehe insofern übereinstimmend Türbänder Rn 23 und Türinnenverstärkung Rn 32) - Sachverhaltsgestaltung vor, in der außergewöhnliche Umstände es rechtfertigen würden, die Beklagte zur Auskunft über Gestehungskosten und Gewinn zu verpflichten.

114

a) Der Bundesgerichtshof hat in den zwei genannten Entscheidungen, mit denen er explizit von seiner früheren Rechtsprechung insbesondere in Copolyester II (GRUR 1998, 689) abgewichen ist, im Wesentlichen zwei Gründe dafür genannt, warum es grundsätzlich nicht mehr gerechtfertigt sei, dem Arbeitnehmererfinder einen Anspruch auf Auskunft über den Gewinn und damit zusammenhängende Gestehungskosten in Bezug auf die erfindungsgemäßen Komponenten zuzugestehen.

115

Der erste Grund liegt in einem gewandelten wirtschaftlich-technischen Umfeld. Der typische Arbeitnehmererfinder ist nach Ansicht des BGH nicht mehr der in untergeordneter Stellung tätige Produktionsarbeiter, der Verbesserungsvorschläge bezogen auf isolierte technische Schritte im Produktionsprozess macht, deren wirtschaftlichen Wert er nicht einschätzen kann. Vielmehr sei er heute häufig beruflich hochqualifiziert und habe - auch infolge der Digitalisierung - weitreichende und ihm einfach zugängliche Informationsmöglichkeiten, um den wirtschaftlichen Wert seiner Erfindung zu bemessen. Er ist daher nach Ansicht des BGH in der Lage, im Falle der Lizenzanalogie den Wert seiner Erfindung in Gestalt des üblichen Lizenzsatzes auch ohne Auskunft über Gewinn und Gestehungskosten zu ermitteln und darauf gestützt seine Arbeitnehmererfindungsvergütung zu berechnen (BGH, GRUR 2010, 223 Rn 18 - Türinnenverstärkung). Dieses gewandelte Bild zeigt sich gerade auch im vorliegenden Fall. Bei dem Kläger handelt es sich um einen hoch qualifizierten Ingenieur, der eine leitende Position bei der Entwicklung des AFDX-Standards innehatte und dabei sogar die Informationsflüsse zwischen den verschiedenen, an der Entwicklung beteiligten Unternehmen koordiniert hat.

116

Der zweite Grund besteht darin, dass die ältere BGH-Rechtsprechung es unter dem Gesichtspunkt der „angemessenen“ Vergütung iSd. § 9 Abs. 1 ArbEG, wonach der Arbeitnehmer betriebsbezogen an allen wirtschaftlichen, geldwerten Vorteilen zu beteiligen ist, die dem Arbeitgeber aufgrund der Erfindung zufließen, für geboten hielt, dem Arbeitnehmererfinder einen Anspruch auf Auskunft über den Gewinn und die Gestehungs- und Vertriebskosten für die Ermittlung der angemessenen Vergütung zu gewähren, wenn dieser die Angemessenheit des festgesetzten Lizenzsatzes in Zweifel zog. Auch von dieser Begründung eines Auskunftsanspruchs über Gewinn und Gestehungskosten ist der BGH abgerückt. Dazu stellt er zunächst darauf ab, dass die Kriterien zur Bestimmung der Vergütung gesetzlich in § 9 Abs. 2 ArbEG geregelt sind, der Gewinn dort jedoch nicht aufgelistet ist und nach Ansicht des BGH prinzipiell auch nicht als Hilfskriterium erforderlich ist, um die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Erfindung für die Zwecke einer an der Lizenzanalogie orientierten Vergütung einschätzen zu können. Dafür seien vielmehr in erster Linie die Anzahl der erfindungsgemäß hergestellten bzw. ausgelieferten erfindungsgemäßen Gegenstände sowie als Multiplikationsfaktor nicht der pro Stück erzielte Gewinn, sondern der pro Stück erzielte Umsatz maßgeblich (BGH, GRUR 2010, 223 Rn 23 f - Türinnenverstärkung). Dies sieht der BGH auch in denjenigen, häufig auftretenden Fällen so, in denen der Gegenstand der Arbeitnehmererfindung nicht isoliert, sondern als Teil eines zusammengesetzten Gegenstandes verwertet wird, so dass man ihm keinen isolierten Umsatz zuordnen kann. Dann sei vom Umsatz für die übergeordnete Einheit auszugehen und dieser sodann auf den Umsatzanteil der Erfindung herunterzubrechen (BGH, GRUR 2010, 223 Rn 25 - Türinnenverstärkung). Als weiteren Grund nennt er den Umstand, dass sich außergewöhnliche Verkaufserfolge unter Nutzung des erfindungsgemäßen Gegenstandes nicht allein in hohen Gewinnen widerspiegeln, sondern auch zu entsprechend hohen Umsätzen als Grundlage der Gewinne führen, so dass der Arbeitnehmererfinder auch unter diesem Gesichtspunkt nicht auf eine Auskunft über Gewinne und Gestehungskosten angewiesen sei (BGH, GRUR 2010, 223 Rn 31 - Türinnenverstärkung). Schließlich führt der BGH an, dass es für den Arbeitgeber häufig unzumutbar sei, neben der Information über Stückzahl und Umsätze Zahlenmaterial zum Gewinn und den Gestehungskosten vorzulegen (BGH, GRUR 2010, 223 Rn 26 - Türinnenverstärkung), was er durch die Umstände des der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalts bestätigt sah.

117

b) Die soeben erörterten Gründe für die Abkehr des BGH von seiner früheren Rechtsprechung sind nicht auf eine bestimmte Konstellation bezogen, sondern betreffen strukturelle Faktoren, die für sämtliche Fälle von Arbeitnehmererfindungen gelten. Deswegen überzeugt auch der Versuch des Klägers nicht, eine Differenzierung danach vorzunehmen, ob Bemessungsgrundlage die Herstellungs- bzw. Einkaufskosten sind - dann nach wie vor Anspruch auf Auskunft über Gewinn und Gestehungskosten nach alter BGH-Rechtsprechung (Copolyester II) - oder ob Bemessungsgrundlage die tatsächlichen Umsätze der erfindungsgemäßen Komponenten sind - dann kein Anspruch auf Auskunft über Gewinn und Gestehungskosten nach neuer BGH-Rechtsprechung (Türbänder und Türinnenverstärkung). Eine solche Differenzierung ist in der neuen BGH-Rechtsprechung weder angesprochen noch angelegt. Auch betraf die Entscheidung des BGH in Copolyester II keine Konstellation, in welcher Bemessungsgrundlage die Herstellungs- oder Einkaufskosten waren, so dass sich daraus der Schluss ziehen ließe, dass die drei BGH-Entscheidungen unterschiedliche Konstellationen betrafen. Schließlich hat der BGH in Türbänder (Rn 17 f) und Türinnenverstärkung (Rn 16 f) ausdrücklich und generell seine Abkehr von der alten Rechtsprechung in Copolyester II erklärt, ohne dass in Bezug auf die offen gelassenen, gegebenenfalls vorstellbaren Sachverhaltsgestaltungen, in denen ein Anspruch auf Auskunft über Gewinn und Gestehungskosten bestehen könnte (Türbänder Rn 23 und Türinnenverstärkung Rn 32), eine bestimmte Konstellation, geschweige denn die vorliegende angesprochen worden wäre.

118

c) Zudem erscheint es im vorliegenden Fall - ähnlich wie in dem der Entscheidung des BGH in Türinnenverstärkung zugrunde liegenden Sachverhalt - insbesondere unter Berücksichtigung der Wechselwirkung von Erforderlichkeit und Zumutbarkeit der Auskunft (dazu näher BGH, BeckRS 2010, 2410 Rn 8 f - Türbänder) - für den Arbeitgeber unzumutbar, Informationen über den mit Doubleboards und Switches erzielten Gewinn sowie die Gestehungskosten vorzulegen. Bei den Flugzeugen, in welche die Doubleboards und Switches als Bestandteile des AFDX-Systems eingebaut sind, handelt es sich um Gegenstände, deren Komplexität kaum zu überbieten ist. Aus diesem Grund hat die Beklagte bereits die Umsätze mit den Doubleboards und Switches als erfindungsgemäßen Komponenten nicht anhand des Gesamtumsatzes pro Flugzeug heruntergebrochen auf den Anteil der Doubleboards und Switches berechnet, was der Kläger grundsätzlich akzeptiert, sondern die Bemessungsgrundlage anhand der Einkaufskosten für die Doubleboards und Switches ermittelt, denen er einen Gewinnaufschlag hinzugerechnet hat. Dementsprechend dürfte es noch schwieriger sein, für die Doubleboards oder Switches den Gewinnanteil aus dem Gewinn am Verkauf eines Flugzeuges zu ermitteln. Weder lässt sich dieser Gewinnanteil wahrscheinlich betriebswirtschaftlich sinnvoll ermitteln noch erscheint es möglich, den Gewinn am Verkauf eines Flugzeuges, welches aus tausenden von Teilen und Komponenten besteht, tatsächlich bis in derart kleine Einheiten wie ein Doubleboard oder einen Switch herunterzubrechen, da dafür schlicht die notwendigen Daten bei der Beklagten fehlen, auf die sie unter normalen Umständen auch nicht angewiesen ist.

119

Schließlich lässt sich auch nicht auf den für Ersatzteile in Gestalt einzelner Doubleboards oder Switches ausweisbaren Gewinn abstellen, da dieser nicht repräsentativ für den fiktiven Gewinn in der Erstausstattung eines Flugzeugs ist, weil sich die Beklagte im Ersatzteilgeschäft die Tatsache zunutze machen kann, dass die Käufer der Flugzeuge auf diese angewiesen sind (BGH, GRUR 2010, 223 Rn 29 - Türinnenverstärkung). Dies zeigt sich auch im vorliegenden Fall in der Diskrepanz zwischen dem Einkaufspreis für einen Switch, der bei rund USD 7.500,- liegt, während die Beklagte im Ersatzteilgeschäft von ihren Kunden dafür USD 25.771,- verlangt, also mehr als das dreifache.

120

Diese Erwägungen gelten umso mehr, wenn man sich einerseits vergegenwärtigt, dass die Auskunft dazu dient, eine sachgerechte Bemessungsgrundlage für die angemessene Arbeitnehmervergütung im Wege der Lizenzanalogie zu schaffen, und andererseits berücksichtigt, dass Gewinn und Gestehungskosten dazu nicht erforderlich sind. Lizenzsätze orientieren sich für gewöhnlich am Umsatz mit dem lizenzierten Gegenstand. Dieser kann hier wegen Einbettung in ein komplexes System nicht isoliert ermittelt werden. Es muss daher zwangsläufig auf einen fiktiven Umsatz abgestellt werden. Dieser lässt sich aufgrund der enormen Komplexität eines Flugzeugs nicht vom Gesamtumsatz auf die erfindungsgemäßen Komponenten herunterbrechen, sondern es ist mangels eigener Herstellung der Doubleboards und Switches durch die Beklagte auf die Einkaufskosten abzustellen. Da die Einkaufskosten weder Umsatz noch Gewinn mit dem Bauteil entsprechen, ist sodann ein gewisser Aufschlag vorzunehmen, was die Beklagte in Gestalt eines Gewinnaufschlags getan hat.

121

d) Schließlich erscheint es nicht sachgerecht, der Lizenzanalogie einerseits einen fiktiven Umsatz für die erfindungsgemäßen Komponenten zugrunde zu legen, um den man aufgrund der Einbettung in ein komplexes System nicht herum kommt, andererseits aber daneben einen Auskunftsanspruch gerichtet auf den tatsächlich erzielten Gewinn einschließlich Gestehungskosten zu gewähren. Konsequent erscheint demgegenüber ein ebenfalls fiktiver Gewinnaufschlag wie ihn die Beklagte vorgenommen hat und wie er auch der gängigen Praxis der Schiedsstelle entspricht. Über die Höhe dieses Gewinnaufschlags mag man auf der zweiten Stufe der Klage streiten, sie ist jedoch unabhängig von der begehrten Auskunft über Gewinn und Gestehungskosten.

122

8. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch gerichtet auf eine geordnete Auflistung und Darlegung sämtlicher Vermögensvorteile in Form von Gegenleistungen wie Lizenzeinnahmen [Antrag I.2.a)] umfasst auch die Vorlage der zugrundeliegenden Lizenzverträge.

123

Eine solche ist zwar als Beleg für die Angabe der Lizenzeinnahmen weder üblich noch geeignet und erforderlich, da sich aus den Verträgen allenfalls der vereinbarte Lizenzsatz, nicht jedoch die Höhe der allein vergütungspflichtigen, tatsächlichen Lizenzeinnahmen nachvollziehen, geschweige denn nachprüfen lässt (LG Düsseldorf, BeckRS 2011, 18593). Eine Pflicht zur Vorlage ergibt sich im vorliegenden Fall jedoch aus dem Vorrang der konkreten vor der abstrakten Lizenzanalogie. Ist die streitgegenständliche Erfindung Gegenstand von Lizenzverträgen des Arbeitgebers mit Dritten, sind die darin vereinbarten Konditionen aufgrund des Vorrangs der konkreten Lizenzanalogie für die Ermittlung der angemessenen Erfindervergütung und die einzelnen zur Bestimmung des Erfindungswerts maßgeblichen Parameter, wie technisch-wirtschaftliche Bezugsgröße, Lizenzsatz, Abstaffelung, von zentraler Bedeutung (stRSpr., u.a. LG Düsseldorf, BeckRS 2016, 1155 [in der nachfolgenden Berufung durch das OLG Düsseldorf, BeckRS 2014, 21940 bestätigt]; OLG München BeckRS 2016, 1152). Dabei ist es für die Frage des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs ohne Bedeutung, ob bzw. in welchem Maße allein die konkrete Erfindung des Klägers, also das streitgegenständliche Patent, oder darüber hinaus weitere Rechte, etwa weitere Patente, Gegenstand des Lizenzvertrages waren. Die Beklagte hat insofern zwar behauptet, Vertragsgegenstand der Lizenzverträge seien das gesamte AFDX-System, welches auf mehreren Patenten beruhe, darüber hinaus Know-How, Software, die Marke „AFDX“ sowie Weiterentwicklungen des AFDX-Systems und in Einzelfällen weitere Patente, doch hat der Kläger dies zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten. Daran ändert auch die Broschüre der Beklagten (Anlage K 3) zu ihren Lizenzangeboten für den AFDX-Standard nichts, denn diese schließen nicht aus, dass einzelne der Lizenzverträge nicht doch einen abweichenden, geringeren Umfang haben. Ein Abgleich des Vertragsgegenstandes mit der klägerischen Erfindung im Rahmen einer umfassenden Vertragsanalyse der Lizenzverträge ist zudem erst bei der Ermittlung des üblichen Lizenzsatzes für eine Lizenzierung der klägerischen Erfindung auf der Leistungsstufe vorzunehmen (LG Düsseldorf, BeckRS 2016, 1155). Genau dazu bedarf es der Vorlage im Rahmen der vorgelagerten Auskunftsstufe. Eine solche Auskunft ist der Beklagten auch in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht zumutbar. Bei den Lizenzverträgen handelt es sich um klar umrissene Dokumente, welche die Beklagte bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt bereits zur Zusammenstellung der detaillierten Aufstellung in Anlage B 21-1 herangezogen hat, so dass es nunmehr nur noch darum geht, diese Verträge vorzulegen. Zudem hat der Kläger eine vertragsstrafenbewehrte Geheimhaltungsverpflichtung unter anderem in Bezug auf Lizenzverträge mit Dritten abgegeben (Schriftsatz vom 31.08.2018, Rn 12), so dass auch Geheimhaltungsinteressen der Beklagten und/oder ihrer Lizenznehmer Rechnung getragen wird.

124

Ein daneben bestehender Auskunftsanspruch hinsichtlich der Nennung der Namen und Anschriften der Vertragspartner [Antrag I.2.d)] besteht nicht. Im Hinblick auf den Antrag I.2.a), der dem Tenor 1.2 a) entspricht, sind diese Angaben neben der Vorlage der Verträge nicht erforderlich, um dem Kläger die Ermittlung einer angemessenen Erfindungsvergütung zu ermöglichen.

125

9. Der Kläger hat gegen die Beklagte weder einen Anspruch auf Bezifferung der als Gegenleistung für die Lizenzvergabe von den Lizenznehmern und/oder Dritten erhaltenen Vermögensvorteile in Form von etwaigen durch Dritte übernommenen Entwicklungskosten sowie sonstigen Zahlungen und/oder Erstattungsleistungen, etwa für Migrationskosten der Beklagten [Antrag I.2.b)] noch im Falle einer tatsächlich kostenlosen Lizenzvergabe ohne wirtschaftliche unmittelbare oder mittelbare Vorteile, hilfsweise sonstige Vermögensvorteile, für die Beklagte und/oder die mit ihr im Sinne der §§ 15 ff. AktG verbundenen Unternehmen einen Anspruch auf Angabe der seitens der Lizenznehmer aus der Benutzung der in Ziff. I.1 genannten Erfindung durch die Lizenznehmer erzielten Umsätze und ihrer sonstigen wirtschaftlichen (Vermögens-)Vorteile [Antrag I.2.c)].

126

a) Beide Anträge zielen nach dem Vortrag des Klägers im Gegensatz zu dem Antrag I.2.a) auf die vergütungsfreie Lizenzierung der AFDX-Patente und damit auch der streitgegenständlichen Erfindung an die beiden Unternehmen R. C. und T./ D. ab. Der Kläger möchte alternativ Auskunft über anstelle einer Vergütung von den Lizenznehmern erhaltene Vermögensvorteile in Gestalt von übernommenen Entwicklungskosten, sonstigen Zahlungen und/oder Preisnachlässen oder aber, sofern die Beklagte von den Lizenznehmern keine solchen Vermögensvorteile erhalten hat, Auskunft über die durch die Lizenznehmer erzielten Umsätze, um auf dieser Grundlage fiktive Lizenzeinnahmen nach marktüblichen Lizenzsätzen zu berechnen. Dabei liegt beiden Anträgen die Prämisse zugrunde, dass derartige Vermögensvorteile entweder direkt oder in Gestalt fiktiver Lizenzeinnahmen vergütungsrelevant seien. Dies ist jedoch nicht der Fall, weswegen beide Ansprüche ungeachtet der Tatsache, dass die Beklagte hinsichtlich erhaltener Vermögensvorteile bereits eine Nullauskunft erteilt hat, scheitern.

127

b) Die streitgegenständliche Erfindung des Klägers war für sich genommen noch nicht marktreif und damit nicht wirtschaftlich verwertbar. Vielmehr bildete sie lediglich eine der Grundlagen für das AFDX-System, welches das wirtschaftlich verwertbare Endprodukt darstellt. So wurden und werden in die Flugzeuge der Beklagten nicht schlicht die erfindungsgemäßen Komponenten eingebaut, sondern das daraus entwickelte AFDX-System als Ganzes. Vor diesem Hintergrund hat sich die Beklagte aufgrund ihrer begrenzten Erfahrung mit derartigen Datenaustauschsystemen in einer nachvollziehbaren unternehmerischen Entscheidung dazu entschlossen, einen Teil der bis zur Marktreife noch anstehenden Entwicklungsleistungen und damit verbundenen Entwicklungsrisiken an die beiden Unternehmen R./ C. und T./ D. auszulagern. Dies kommt in den entsprechenden „Memoranda of Agreement“ (Anlagenkonvolut B 3) zum Ausdruck. Ausweislich Ziffer 4.4.2 der insofern jeweils übereinstimmenden „Memoranda of Agreement“ räumten sich die Parteien dieser Entwicklungskooperationsverträge wechselseitig Freilizenzen an dem zu entwickelnden AFDX-System, insbesondere der switch interchangeability specification und der end system (in welchen die Doubleboards verbaut sind) interoperability specification sowie allen dazu nötigen technischen Lösungen sowie Weiterentwicklungen des Systems ein. Diese nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung der Beklagten, Entwicklungsleistungen gegen Freilizenz, löst keine Vergütungspflicht aus. Hätte die Beklagte die zur Herstellung der Marktreife der Erfindung des Klägers erforderlichen Entwicklungsleistungen nicht von R. C. bzw. T./ D. erbringen lassen, sondern selbst durchgeführt, hätte sie die entsprechenden Kosten bei der Ermittlung des Erfindungswertes in Abzug bringen können. Dann jedoch können vermögenswerte Vorteile in Gestalt der Erbringung dieser Entwicklungsleistungen durch Dritte keine Vergütungspflicht in Gestalt des Ausgleichs ersparter Aufwendungen oder fiktiver Lizenzeinnahmen auslösen. Zudem profitieren nicht nur die Beklagte, sondern auch der Kläger von diesen Entwicklungsleistungen, da sie die Erfindung des Klägers als Bestandteil des AFDX-Systems marktreif gemacht haben. Dementsprechend ist der Kläger erst und nur an den wirtschaftlichen Vorteilen der Beklagten zu beteiligen, die diese aus der Verwertung des marktreifen AFDX-Systems erlangt hat. Der Kläger muss sich insofern entscheiden, ob er entweder an der wirtschaftlichen Verwertbarkeit des AFDX-Systems partizipieren möchte - dann kann er nicht an der Einbindung Dritter in die Entwicklung in Gestalt ersparter Aufwendungen oder fiktiver Lizenzeinnahmen der Beklagten gegenüber den Entwicklungspartnern und Lizenznehmern partizipieren - oder aber an der Entwicklung - dann kann er nicht gleichzeitig an der Verwertung des entwickelten AFDX-Systems partizipieren. Verständlicherweise hat sich der Kläger für die deutlich lukrativere, dabei aber auch sachgerechtere Partizipation am AFDX-System entschieden, so dass sich sowohl die Vergütungspflicht als auch die damit korrespondierende Pflicht zu Auskunft und Rechnungslegung darauf beschränken.

128

10. Der Anspruch des Klägers auf Auskunft und Rechnungslegung ist - soweit er nach den Ausführungen unter I. 1. bis 9. besteht - in dem in Ziffer 1 tenorierten Umfang auch nicht durch Erfüllung erloschen. Im Übrigen ist jedoch von einer Erfüllung auszugehen.

129

a) Der Kläger hat gemäß §§ 242, 259 BGB Anspruch auf eine vollständige, übersichtliche und damit erst nachvollziehbare Auskunft in einem einheitlichen Datenwerk. Er muss sich nicht mit Teilleistungen in Gestalt scheibchenweiser, isolierter, teils nachträglich noch einmal korrigierter Auskünfte zu verschiedenen Zeitpunkten in verschiedenen Dokumenten zufrieden geben, aus denen er sich sodann die geschuldeten Auskünfte selbst zusammensuchen und ordnen muss. Etwas Anderes kommt dann in Betracht, wenn sich die bislang erteilten Auskünfte auf einen zeitlich und/oder sachlich abgeschlossenen Komplex beziehen (OLG Düsseldorf, BeckRS 2008, 7887 Rn 26 - Türinnenverstärkung; dieser Aspekt war nicht Gegenstand der Revision vor dem BGH in der gleichnamigen Entscheidung GRUR 2010, 223).

130

b) Gemessen an diesem Maßstab ist im vorliegenden Fall hinsichtlich mancher der nach den Ausführungen unter I. 1. bis 9. bestehenden Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung von einer Erfüllung und damit einem Erlöschen des Anspruchs auszugehen.

131

aa) Hinsichtlich der Verkäufe der mit Doubleboards und/oder Switches ausgerüsteten Flugzeuge [Tenor 1.1 i) (b)] hat die Beklagte bisher noch gar keine Auskunft erteilt, so dass der darauf gerichtete Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch bisher nicht im Wege der Erfüllung erloschen ist. Daran ändern auch die vom Kläger vorgelegten, jedoch von der Beklagten im Internet öffentlich zugänglich gemachten Excel-Tabellen betreffend „orders“ und „deliveries“ (zuletzt Anlage K 31 und K 32) nichts, da diese Angaben insbesondere hinsichtlich der Verkäufe etwa infolge von Stornierungen überholt sein können.

132

bb) Hinsichtlich der Lieferungen der mit Doubleboards und/oder Switches ausgerüsteten Flugzeuge [Tenor 1.1 i) (c)] hat die Beklagte dem Kläger mit der Anlage B 14-1 eine tabellarische Übersicht über alle Lieferungen der Flugzeugtypen ... , ... und ... bis Ende 2018 zur Verfügung gestellt. Damit hat sie eine in zeitlicher - bis Ende 2018 - und sachlicher Hinsicht - alle Flugzeugtypen bis auf den Flugzeugtyp ... - zulässige Teilauskunft erteilt, die sie lediglich zur Vervollständigung zu ergänzen hat. Dementsprechend ist der umfassend für alle Flugzeugtypen seit dem 01.01.2009 bestehende Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch teilweise als erloschen anzusehen.

133

cc) Hinsichtlich der je nach Flugzeugtyp verbauten Doubleboards und Switches [Tenor 1.1 i) (d)] hat die Beklagte ihre zunächst in einer tabellarischen Aufstellung in der Klageerwiderung erteilte Auskunft während des Verfahrens mehrfach bezüglich einzelner Flugzeugtypen und Herstellungszeiträume punktuell geändert (zuletzt etwa im Schriftsatz vom 20.01.2020, S. 18) ohne bisher eine abschließende, geordnete Gesamtaufstellung geliefert zu haben. Vielmehr müsste sich der Kläger die relevanten Informationen aus den scheibchenweisen Informationen und nachträglichen Korrekturen selbst heraussuchen, wobei die Richtigkeit insofern noch nicht einmal gewährleistet wäre, als die Korrekturen der Beklagten nicht immer eindeutig sind. Von einer Erfüllung kann daher bisher weder vollständig noch auch nur teilweise ausgegangen werden. Die Beklagte war daher zur umfassenden, vollständigen Auskunft und Rechnungslegung zu verurteilen.

134

dd) Hinsichtlich der für die Doubleboards und Switches an die Zulieferer gezahlten Preise [Tenor 1.1 i) (e)] hat die Beklagte bisher nur die zur Zeit der Auskunftserteilung Mitte 2018 bis zum 01.01.2020 geltenden Einkaufspreise für Doubleboards und Switches bezogen auf die Flugzeugtypen ... , ... und ... mitgeteilt und als ausschließliche Lieferanten die Firmen R. C. und T. (früher T./ D.) benannt. Preisänderungen seitens der Zulieferer hat sie selbst angesprochen, ohne jedoch Auskunft darüber zu erteilen, wann welche Preisänderungen vorgenommen worden sind, ab wann also etwa die damals angegebenen Einkaufspreise galten. Damit lässt sich auch nicht von einer zulässigen Teilauskunft über zeitlich oder sachlich abgeschlossene Komplexe ausgehen. Vielmehr hat die Beklagte bisher noch keine den gesamten Anspruchszeitraum abdeckende, in sich geschlossene Gesamtaufstellung der sich verändernden Einkaufspreise vorgelegt, so dass keine Erfüllung eingetreten ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht hinsichtlich der Doubleboards durch die verbindliche Zusage der Beklagten, stets einen Preis von USD 900,- pro Doubleboard für die Flugzeugtypen ... und ... zugrunde zu legen. Ob der Kläger auf diesen Vorschlag eingeht, kann er informiert erst beurteilten, wenn er die Einkaufspreise über den gesamten Auskunftszeitraum hinweg kennt.

135

ee) Hinsichtlich der einzelnen Lieferungen von Doubleboards und Switches im Rahmen des Ersatzteilgeschäfts [Tenor 1.1 ii) (c)] hat die Beklagte hinsichtlich der Anzahl und des Preises der ausgelieferten Switches - ein Stück im Jahr 2014 zum Preis von USD 25.771,43 - im Verfahren konsistent und abschließend Auskunft erteilt. Darin liegt eine einen sachlich abgeschlossenen Teilkomplex betreffende Teilauskunft, so dass der Auskunftsanspruch insoweit erloschen ist. Anders stellt sich dies für die Doubleboards dar. Zu diesen hat die Beklagte bisher nur sehr lückenhafte, vorläufige Auskünfte erteilt, die sie selbst als noch unvollständig bezeichnet hat, ohne dass sich darin eine einen zeitlich oder sachlich abgeschlossenen Teilkomplex betreffende Teilauskunft sehen ließe. Die Beklagte selbst hat dazu eine Gesamtübersicht angekündigt, bisher jedoch nicht vorgelegt, so dass nicht von einem Erlöschen des Anspruchs auszugehen ist.

136

ff) Hinsichtlich einer geordneten Auflistung und Darlegung sämtlicher Vermögensvorteile in Form von Gegenleistungen wie Lizenzeinnahmen [Tenor 1.2 a)] hat die Beklagte mit der Anlage B 21-1 eine tabellarische Übersicht zur Verfügung gestellt, die - bis auf eine Ausnahme, die darin begründet liegt, dass der Lizenznehmer noch keine Verkaufszahlen vorgelegt hat - den Zeitraum bis 2018 abdeckt. Darin ist eine einen zeitlich abgeschlossenen Komplex betreffende und damit zulässige Teilauskunft der Beklagten zu sehen, so dass der Auskunftsanspruch insofern teilweise erloschen ist. Nicht erfüllt ist der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch hingegen in Bezug auf die Vorlage der Verträge, von denen bisher kein einziger vorgelegt worden ist.

II.

137

1. Ein Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung steht dem Kläger nicht zurückreichend bis zum Tag der Benutzungsaufnahme, sondern erst ab dem 01.01.2009 zu. Für den vor dem 01.01.2009 liegenden Zeitraum ist er verjährt. Die durch Verhandlungen über den Auskunfts- und Zahlungsanspruch nach § 203 S. 1 BGB eingetretene Hemmung der Verjährung des Auskunftsanspruchs, die sich unabhängig von dem zugrundeliegenden Zahlungsanspruch bemisst, dem er dient (BGH NJW 2017, 2755 Rn 8), erfolgte nicht fortlaufend, sondern endete zunächst spätestens Ende 2009, bis Mitte 2013 durch Wiederaufnahme der Verhandlungen eine neue, bis zur Klageerhebung eintretende Hemmung der Verjährung gemäß § 203 S. 1 BGB zu laufen begann, die nahtlos in eine Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB übergegangen ist.

138

2. Nach § 203 S. 1 BGB wird die Verjährung durch schwebende Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände mit der Wirkung des § 209 BGB gehemmt, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlung verweigert.

139

a) Es ist unbestritten geblieben, dass zwischen dem 06.07.2009 und Mitte Juni 2013 keine Verhandlungen stattfanden und dass dies darauf zurückzuführen ist, dass der damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers die in der E-Mail vom 06.07.2009 angekündigten Vorschläge für ein Verhandlungsangebot in der Folge nicht unterbreitet hat. In einem solchen Fall, in dem der Gläubiger des Anspruchs die Verhandlungen einschlafen lässt, sind sie in dem Zeitpunkt als beendet anzusehen, in dem der nächste - im vorliegenden Fall sogar vom Gläubiger angekündigte - Verhandlungsschritt nach Treu und Glauben zu erwarten gewesen wäre, falls die Verhandlungen mit verjährungshemmender Wirkung hätten fortgesetzt werden sollen (BGH NJW 2009, 1806 Rn 10 ff; die Entscheidung betraf die Konstellation, in der sich der Gläubiger auf eine Anfrage des Schuldners nicht äußert; ihre ratio decidendi gilt im vorliegenden Fall somit erst Recht). Mit dem angekündigten Verhandlungsangebot wäre im vorliegenden Fall - auch wenn man berücksichtigt, dass es sich um einen komplexen Sachverhalt mit schwierigen rechtlichen Fragen handelt - jedenfalls vor dem Ende des Jahres 2009 zu rechnen gewesen, so dass die Hemmung der Verjährung durch Verhandlungen jedenfalls vor dem 31.12.2009 endete. Eine neue Hemmung durch Verhandlungen trat erst beginnend mit der Wiederaufnahme der Verhandlungen im Juni 2013 ein.

140

b) Berücksichtigt man, dass ein Auskunftsanspruch bezogen auf einen bestimmten Zeitraum erst nach Ablauf dieses Zeitraums entstehen kann, und berücksichtigt man, dass die Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden und die hier unproblematisch gegebene Kenntnis von den ihn begründenden Umständen und der Person des Schuldners eingetreten ist, hat die dreijährige Verjährungsfrist für den Auskunftsanspruch des Klägers bezogen auf den Zeitraum bis zum 31.12.2008 am 31.12.2009 begonnen. Sie endete somit am 31.12.2012, also zu einem Zeitpunkt, bevor die erneute Hemmung der Verjährung nach § 203 S. 1 BGB durch Wiederaufnahme der Verhandlungen im Juni 2013 begann. Der 31.12.2008 bildet somit eine Zäsur: Für den Zeitraum bis zum 31.12.2008 ist der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch verjährt. Für den Zeitraum ab 01.01.2009 ist hingegen infolge erneut eingetretener Hemmung durch Wiederaufnahme der Verhandlungen und Klageerhebung keine Verjährung eingetreten, da die dreijährige Verjährungsfrist für den das Jahr 2009 betreffenden Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch erst am 31.12.2010 zu laufen begann und somit erst am 31.12.2013, also nach erneuter Hemmung der Verjährung Mitte Juni 2013 endete.

III.

141

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

142

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 ZPO.

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