Urteil vom Landgericht Itzehoe (7. Zivilkammer) - 7 O 422/05

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

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Der Kläger macht im Wege der Stufenklage ein Absonderungsrecht im Insolvenzverfahren geltend. Der Kläger war Gesellschafter der ... GmbH mit Sitz in .... Er behauptet, unter dem 4. März 2002 mit der ... einen Darlehensvertrag über die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 25.000,00 € abgeschlossen zu haben, wonach als Sicherheit das Eigentum an 3 Betriebsfahrzeugen vom Typ ... als Sicherheit übertragen wurde. Unstreitig gibt es diesbezüglich eine Darlehensurkunde (Anlage B 2 zur Klagerwiderung, Bl. 29 d. A.). Der Kläger behauptet weiter, er habe mit der ... ... einen weiteren Nachtrag zum Darlehensvertrag abgeschlossen, wonach das Darlehen am 31.12.2004 zurückzuzahlen war und zwei weitere Betriebsfahrzeuge als Sicherheit an den Kläger übereignet werden sollten. Unstreitig gibt es diesbezüglich einen schriftlichen Nachtrag, Anlage B 3, Bl. 31 d. A..

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Der Kläger behauptet, die Übertragungen seien erfolgt wegen der Verringerung des Wertes der zuvor gegebenen Sicherheiten.

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Unstreitig hat die Hausbank der ..., die ... ..., der ... wegen Bestellung umfangreicher Drittsicherheiten mit Vertrag vom 18. März 2004 ein weiteres verzinsliches Darlehen in Höhe von insgesamt 150.000,00 € gewährt. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die ... nicht mehr über eigenes Vermögen, das zur Besicherung der darlehensweise gewährten Mittel zur Verfügung gestanden hätte. Sämtliche gegenwärtige und zukünftige Forderungen der ... gegen alle Kunden bzw. Schuldner mit Ausnahme der mit den Anfangsbuchstaben ... waren an das Kreditinstitut abgetreten. Das Geschäftsjahr 2003/2004, das am 31. März 2004 endete, ergab einen Verlust von jedenfalls 128.686,45 €, dem nach Behauptung des Klägers neben dem Eigenkapital stehen gelassener Gewinn aus Vorjahren in Höhe von 173.490,58 € gegenüber gestanden haben soll. In den Folgemonaten erhöhte sich das negative Ergebnis weiter. Per 31. Juli 2004 ergaben die betriebswirtschaftlichen Auswertungen einen weiteren Verlust von 44.356,16 €. Zu diesem Zeitpunkt war der Kontokorrentkredit der Gesellschaft von 50.000,00 DM mit ca. 10.000,00 DM ausgefüllt. Mit am 19. August 2004 verkündetem Urteil wurde die Gesellschaft verurteilt, an eine Gläubigerin 124.687,26 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 1. Oktober 2002 zu zahlen. Die Gesellschaft hatte die diesbezügliche Werklohnforderung bereits zuvor mit rund 27.000,00 € in ihre Bilanz eingestellt. Nach Zustellung des Urteils, das gegen Sicherheitsleistung vollstreckbar war, ließ die Gläubigerin das Geschäftskonto und den Kontokorrentkredit pfänden. Hiervon erfuhren der Kläger und die Geschäftsführer der GmbH spätestens am 14./15. Oktober 2004 und stellten unter dem 25. Oktober 2004 Insolvenzantrag. Das Insolvenzverfahren wurde am 6. Dezember 2004 eröffnet.

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Der Beklagte hat als Insolvenzverwalter der ... das Betriebsvermögen einschließlich der Fahrzeuge zum Preis von insgesamt 35.381,00 € an eine neu gegründete ... veräußert, an der die Ehefrau des Klägers als Gesellschafterin beteiligt ist.

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Mit der Klage begehrt der Kläger im Wege der Stufenklage Auskunft über den im Kaufpreis enthaltenen anteiligen Wert der Fahrzeuge sowie Zahlung des sich daraus ergebenden Betrages.

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Er behauptet, die Gesellschaft sei bis zur Kontenpfändung aufgrund des Urteils weder überschuldet noch zahlungsunfähig gewesen. Vielmehr habe sich die Entwicklung im Jahre 2004 positiver dargestellt, als es die betriebswirtschaftlichen Auswertungen ergäben. Zudem sei in der Gesellschaft noch Eigenkapital aus den Jahren 2001/2002 in Höhe von ca. 199.000,00 €, und zwar in Form des Stammkapitals und der stehen gelassenen Gewinne aus den Vorjahren. Diese seien in Form des Sachvermögens der ... auch noch vorhanden gewesen. Vor dem 15. Oktober 2004 sei nicht erkennbar gewesen, dass die Forderung der Gläubigerin aus dem Urteil vom 19. August 2004 Bestand haben und vollstreckt werden würde.

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Der Kläger beantragt,

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dem Kläger Auskunft zu erteilen, welchen Erlös der Beklagte aus der Verwertung der Fahrzeuge erzielt habe.

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Er hat ferner den Antrag angekündigt,

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den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag, den er nach Auskunftserteilung beziffern werde, nebst Zinsen in Höhe von jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 1. Februar 2005 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage insgesamt abzuweisen.

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Der Beklagte macht geltend, der Kläger habe die Sicherungsübereignungen bereits in anfechtbarer Weise erworben. Er hat insoweit die Insolvenzanfechtung aus mehreren Gründen erklärt.

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Der Beklagte ist der Auffassung, es handele sich bei dem Darlehen, sofern es gewährt sei, um Eigenkapital ersetzendes Darlehen, sei es aber spätestens aufgrund des verkündeten Urteils und des Stehenlassens des Darlehens in der Gesellschaft im Anschluss daran geworden. Er macht hilfsweise geltend, der von ihm verwalteten Masse stünden weitere Gegenansprüche gegen den Kläger zu, die noch zu beziffern seien.

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Zum weiteren Vorbringen wird Bezug genommen auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.

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Sie war aufgrund des Antrages des Beklagten, die Klage insgesamt, auch hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung nicht gestellten Antrages auf Zahlung abzuweisen. In Rechtsprechung und Literatur wird allgemein und, soweit ersichtlich, nunmehr auch unbestritten die Auffassung vertreten, im Falle der Stufenklage sei, wenn der Anspruch nicht bestehe, die Klage insgesamt abzuweisen. Dies gelte auch dann, wenn der Kläger den Zahlungsantrag noch nicht gestellt habe (vgl. OLG Zweibrücken, 12.12.1995, 5 UF 49/95). Selbst im Berufungsverfahren müsse das Berufungsgericht den in erster Instanz noch nicht gestellten und in der Berufungsinstanz nicht erhobenen Zahlungsanspruch in einem solchen Fall mit abweisen (vgl. hierzu BGH NJW 1985, 862 n. w. N.; MüKomm-Lüke, ZPO, § 254, Rdn. 18). Dem folgt das Gericht. Ist der Rechtsstreit nämlich insgesamt zur Entscheidung reif, ist über ihn durch End-Urteil zu entscheiden (§ 300 ZPO). Vorgreiflich ist das frühere Teil-Urteil für das spätere End-Urteil demgegenüber nur, wenn es der Klage stattgibt, weil durch die Zuerkennung des Auskunfts- oder Rechnungslegungsanspruchs die Bezifferung erst ermöglicht wird. Ist aber kein Anspruch gegeben, so bedarf es nicht erst des Erlasses eines Teil-Urteils über den Auskunftsanspruch. Vielmehr gebieten sowohl § 300 Abs. 1, als auch das Gebot der Widerspruchsfreiheit von Teil- und Schlussurteil aus § 301 ZPO eine einheitliche Entscheidung, wenn nicht durch die Besonderheit des Verfahrens nämlich bei der stattgebenden Stufenklage eine Abweichung hiervon erforderlich ist.

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Dem steht auch nicht entgegen, dass, wie im vorliegenden Fall, der Kläger den unbestimmten Zahlungsantrag in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt hat (vgl. OLG Zweibrücken, aaO,). Denn der Antrag der Beklagten, die Klage insgesamt abzuweisen, ist ausreichend, zumal wenn wie hier diese Frage im Termin erörtert wurde. Soweit ein Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts eine abweichende Auffassung vertreten hat, folgt das Gericht dem nicht. Die vom Senat angeführten Zitate tragen die von ihm vertretene Ansicht nicht. Vielmehr vertritt Greger (Zöller-Greger, ZPO, 24. Aufl.) unter der folgenden Randnummer 9 die gegenteilige Ansicht. Gleiches gilt für Schumann (Stein-Jonas Schumann, ZPO, 20. Aufl., § 254, Rn 30, unter Hinweis auf § 304 ZPO ). So Hat auch der BGH in der vom Senat zitierten Entscheidung die Klagabweisung durch das Landgericht nicht beanstandet. Die Auffassung, die Stufenklage sei insgesamt abzuweisen, wenn kein Anspruch bestehe, wird, soweit ersichtlich, auch von anderen Senaten des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts geteilt.

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Dem Kläger steht der geltend gemachte Absonderungsanspruch schon dem Grunde nach nicht zu. Dabei kann offen bleiben, ob das Darlehen, wie der Kläger es behauptet, gewährt worden ist und die Fahrzeuge tatsächlich vor Insolvenzeröffnung zur Sicherung übereignet worden sind. Offen bleiben kann auch, ob der Kläger das Sicherungseigentum in anfechtbarer Weise erworben hat. Denn dem Kläger steht der geltend gemachte Absonderungsanspruch und der darauf beruhende Auskunftsanspruch schon deshalb nicht zu, weil es sich bei dem Darlehen um ein Darlehen mit Eigenkapital ersetzendem Charakter i. S. d. §§ 488 BGB, 32 a Abs. 1 und 3 GmbHG, 135 InsO handelt. Ein kapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen liegt vor, wenn ein Gesellschafter ein Darlehen gewährt hat, das im Zeitpunkt seiner Gewährung Eigenkapitalersatzfunktion hatte. Das ist zum der Fall, wenn das Darlehen in der Krise der Gesellschaft gewährt oder stehen gelassen wurde. Eine Krise in diesem Sinne liegt vor, wenn die Gesellschaft zur Geschäftsfortführung notwendiges Kapital benötigt und der notwendige Kapitalbedarf nicht im gleichen Zeitpunkt durch entsprechende Kredite von dritter Seite zu marktüblichen Bedingungen hätten gedeckt werden können. Wird in dieser Situation von den Gesellschaftern ein Darlehen ohne rechtliche Verpflichtung stehen gelassen und nicht zurückgefordert, erlangt es dadurch kapitalersetzenden Charakter. So liegt es hier. Zum Zeitpunkt der Verkündung des gegen die Gesellschaft ergangenen Urteils, mit dem sie zur Zahlung von mehr als 124.000,00 € (einschl. Zinsen und Kosten ca 145.000 €)verurteilt wurde, spätestens aber zum Zeitpunkt der Zustellung des Urteils. Ergeht nämlich zu Lasten der späteren Gemeinschuldnerin ein vorläufig vollstreckbares Urteil, so ist mit Verkündung spätestens aber mit Zustellung des Urteils eine liquide und vollstreckbare Forderung der Gläubigerin in Höhe der Urteilssumme nebst Zinsen und Kosten zu befriedigen. Dies gilt auch dann, wenn das Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist. Denn der Schuldner muss in diesem Fall jederzeit mit der Beibringung der Sicherheit rechnen, aber auch damit, dass der Gläubiger auch ohne Sicherheitsleistung vorläufige Vollstreckungsmaßnahmen einleitet.

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Ist die Gesellschaft nicht in der Lage, die ausgeurteilte Summe beizubringen, und kann sie auch die notwendigen Darlehensmittel nicht beschaffen, so sind Geschäftsführung und Gesellschafter gehalten, der Gesellschaft entweder die erforderlichen Mittel in Form weiteren Kapitals zuzuführen oder die Gesellschaft sogleich zu liquidieren und ggf. in die Insolvenz zu überführen. So liegt es hier. Denn unstreitig war die Gesellschaft im August 2004 nicht in der Lage die Urteilssumme aus liquiden Mitteln zu begleichen, der ihr zur Verfügung stehende Kontokorrentkredit hätte hierzu ebenfalls nicht ausgereicht, eigenes noch nicht verpfändetes Vermögen besaß sie nicht mehr, so dass ihr aus eigener Kraft weiterer Kredit hätte nicht gewährt werden können.

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Der Kläger hat in dieser Situation sein Darlehen auch ohne rechtliche Verpflichtung stehen lassen. Denn die Situation gab dem Kläger jedenfalls ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund. Soweit der Kläger behauptet, er habe darauf vertraut, dass das Urteil keinen Bestand haben werde und behauptet, es seien ihm diesbezügliche Auskünfte erteilt worden, so verhilft ihm dies nicht zum Erfolg. Denn auch die etwaige spätere Aufhebung in der Folgeinstanz änderte nichts an der sofortigen Vollstreckbarkeit des Anspruches. Der Kläger musste auch jederzeit damit rechnen, dass die Gläubigerin die notwendige Sicherheit würde aufbringen können, wie dies tatsächlich offenbar der Fall war. Tatsächlich hat der Kläger jedoch das Darlehen bis zum Insolvenzantrag stehen lassen.

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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.


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