Beschluss vom Landgericht Karlsruhe - 7 T 63/14

Tenor

1.

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Konstanz Az. 12 C 630/14 vom 14.02.2014 (As 421 ff)  bzgl. der anwaltlichen Kosten der Streithelferin für die 1. Instanz aufgehoben und das Kostenfestsetzungsgesuch zurückgewiesen.

2.

Die Streithelferin als Beschwerdegegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3.

Der Streitwert wird auf EUR 1.072,85 festgesetzt.

4.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Konstanz vom 14.02.2014 (As 421ff), soweit in diesem für die I. Instanz eine Rechtsanwaltsvergütung für Rechtsanwalt … als Vertreter der beigeladenen Hausverwaltung eine Vergütung berücksichtigt ist.
Im Verfahren vor dem Amtsgericht Konstanz waren sowohl die Klägerin als auch der Beklagte … explizit durch Rechtsanwälte als Prozessbevollmächtigte vertreten. Hinsichtlich der übrigen Eigentümer der WEG … hat sich die Eigentümerin … durch ihre Tochter vertreten lassen, die sonstigen Eigentümer haben sich, mit Ausnahme einer Eingabe der Eigentümerin …,  nicht an dem Verfahren beteiligt. Die Hausverwaltung … wird durch Herrn … geführt, welcher zugleich Rechtsanwalt ist. Er führt außerdem gemeinsam mit Rechtsanwalt …, welcher hier den Beklagten … vertreten hat, die Kanzlei ….
Der Beitritt der Hausverwaltung … erfolgt mit Schriftsatz vom 06.10.2011 unter dem Briefkopf „…“, mit der Geschäftsadresse „… ...“. Unterzeichnet ist der Schriftsatz von Herrn … für … unter Hinzufügung seiner Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt“ in Klammern.
Gegen das Urteil des Amtsgerichts Konstanz hat die Klägerin Berufung eingelegt, welche vor dem Landgericht Karlsruhe unter dem  Aktenzeichen 11 S 241/11 geführt wurde. Die Kanzlei … meldete  sich als Prozessbevollmächtigte der Berufungsbeklagten, der übrigen Wohnungseigentümer der WEG ….
Unter dem Briefkopf „…“ meldete sich die Hausverwaltung durch … und erklärte explizit, dass dieser sich als Berufsträger in der Berufungsinstanz “wie bereits erstinstanzlich“ selbst vertreten werde, er beantragte  Zurückweisung der Berufung. Weitere eigene Schriftsätze wurden durch ihn nicht eingereicht.
Mit Urteil vom 25.06.2013, berichtigt durch Beschluss vom 22.08.2013, hat das Berufungsgericht  das Urteil des Amtsgerichts Konstanz abgeändert und teilweise neugefasst. Im Kostenpunkt wurde wie folgt entschieden:
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 73 % und die Beklagte zu 27 %. Die Kosten der Nebenintervention in erster Instanz tragen die Klägerin zu 73 %, der Streithelfer zu 27 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 71 % und die Beklagten zu 29 %.   Die Kosten der Nebenintervention   im Berufungsverfahren   tragen die Klägerin zu
71 % und der Streithelfer zu 29 %.
Auf der Basis dieser Kostengrundentscheidung erließ das Amtsgericht Konstanz hernach auf Antrag der Kanzlei … und der Hausverwaltung … jeweils gegen die Klägerin den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 04.02.2014 (Kosten der Beklagten 1. Instanz) und vom 14.02.2014, As 421 ff (Kosten der Streithelferin 1. Instanz). Es wurden sowohl für die Beklagten  im Rahmen der Ausgleichsberechnung als auch für die Streithelferin, Hausverwaltung …, eigenständige Rechtsanwaltskosten eingesetzt. Diese beliefen sich für die Rechtsanwaltskosten der Hausverwaltung für die 1. Instanz auf EUR 1.072,84.
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Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Beschwerde vom 06.03.2014.
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Sie ist der Auffassung, dass eine eigenständige anwaltliche Vertretung der Hausverwaltung, dazu noch unter dem gleichen Dach mit dem Kanzleikollegen … weder geboten noch erforderlich sei. Dies sei unter analoger Anwendung der Vorschrift des § 50 WEG zu sehen, welcher für mehrfache anwaltliche Vertretung von Wohnungseigentümern als Beklagte bei der Verfolgung des in der Sache selben Ziels - die Abwehr klägerischer Anträge - grundsätzlich keinen Raum sehe. Hieran habe sich auch der prozessuale Kostenerstattungsanspruch des Verwalters zu orientieren, insbesondere wenn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten und des Verwalters aus einer Kanzlei kämen. Sei ein Verwalter zugleich Rechtsanwalt, bestehe kein Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten für diesen, sofern der Rechtsanwaltsgeschäftsbesorgungsvertrag erst nach Abschluss der Angelegenheit genehmigt werde, der Anwalt also ausschließlich als Verwalter tätig geworden sei.
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Die Streithelferin wie der Beklagtenvertreter sind dem entgegengetreten.  § 50 WEG sei nicht analog anzuwenden,  Streithelfer und Beklagte seien keine notwendigen Streitgenossen. Es entspreche ständiger Rechtsprechung und Gesetz, dass der Verwalter, der dem Rechtsstreit auf Seiten der übrigen Wohnungseigentümer als Beklagten beitrete, einen Kostenerstattungsanspruch habe. Der Hausverwalter, zugleich Rechtsanwalt, sei berechtigt sich selbst zu vertreten, es dürfe dem Schädiger nicht zum Vorteil gereichen, dass der Geschädigte aufgrund seines Berufs als Rechtsanwalt das erforderliche Geschäft selbst besorgen könne. Die fragliche der Genehmigung des Insichgeschäfts stelle sich hier nicht, da der Verwalter von Anbeginn an als Rechtsanwalt dem Rechtsstreit beigetreten sei.
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Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 09.09.2014 nicht abgeholfen unter Bezugnahme auf die Begründung der Nebenintervenientin und die Sache dem Beschwerdegericht vorgelegt.
II.
14 
Die Beschwerde wurde form- und fristgerecht eingelegt.
15 
Sie hat in der Sache Erfolg.
16 
Grundsätzlich ist von folgender rechtlicher Ausgangslage auszugehen:
17 
In einem wohnungseigentumsrechtlichen Rechtsstreit, in welchem es um die Anfechtung von  Beschlüssen der Eigentümerversammlung geht, § 43 Nr. 4 WEG, ist eine eigene Beteiligung der Hausverwaltung unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Beiladung grundsätzlich vorgesehen.  Mit Erklärung des Beitritts trifft den Beigeladenen zum einen die Rechtskraftwirkung des § 48 Abs. 3 WEG, zum anderen die Interventionswirkung des § 68 ZPO.
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Der Beigetretene hat grundsätzlich einen Kostenerstattungsanspruch, soweit ihm ein solcher im Rahmen der Kostenentscheidung dem Grunde nach zugesprochen wird.
19 
Soweit die Beschwerdeführerin darauf abhebt, dass sodann im Verhältnis des beigetretenen Verwalters zu der unterstützten Hauptpartei die Regelung des § 50 WEG, welche Einschränkungen zur Frage der Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten in Wohnungseigentumsprozessen trifft, zumindest analog anzuwenden sei, ist dem nicht beizupflichten.
20 
Die Regelung des § 50 WEG will verhindern, dass bei Streitigkeiten, in welchen eine Vielzahl von Wohnungseigentümern beteiligt ist, auch eine Vielzahl von Rechtsanwälten beauftragt werden und damit ein erhebliches Kostenrisiko für die unterlegene Partei besteht. § 50 WEG ist eine Sonderregelung zu § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO, wonach eine Erstattungspflicht für unterschiedliche Anwälte einzelner Streitgenossen dann nicht besteht, wenn kein besonderer sachlicher Grund für die Einschaltung von mehreren Anwälten für die einzelnen Streitgenossen besteht. In persönlicher Hinsicht ist die Regelung des § 50 WEG aber nur auf Wohnungseigentümer anwendbar, sofern diese in Personenmehrheit auf Kläger oder Beklagtenseite stehen. Sie greift außerdem ein, wenn nach § 48 Abs. 1 WEG  der Beigeladene selbst ein Wohnungseigentümer ist und dieser auf einer Parteiseite als Streithelfer beitritt. Die Regelung erfasst allerdings bereits nach ihrem Wortlaut, aber auch nach ihrem Sinn und Zweck nicht den Fall, dass der als Streithelfer dem Prozess beigetretene Verwalter neben einem oder mehreren Wohnungseigentümern einen eigenen Rechtsanwalt beauftragt und einen Kostenerstattungsanspruch geltend macht, vgl. Bärmann/Seuß/Bergerhoff, Praxis des Wohnungseigentumsrechts, 6. Aufl. 2013, F. Rn. 296, Jennißen/Suilmann, WEG, 4. Aufl. § 50 WEG, Rn. 7, Timme/Elzer WEG, 2. Aufl. 2014, § 50 Rn.10.
21 
Das bedeutet allerdings nicht, dass die von einem Verwalter aufgewendeten Kosten zur Rechtsverteidigung uneingeschränkt erstattungsfähig wären. Auch ein solcher Erstattungsanspruch unterliegt den Beschränkungen des § 91  Abs. 1 Satz 1 ZPO. Ein unbeschränkter Erstattungsanspruch ist nur zu bejahen, wenn die Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts zur Wahrnehmung seiner Interessen überhaupt notwendig gewesen ist. Das ist nach Auffassung des Beschwerdegerichts hier zu bejahen. Der Hausverwalter hatte hier durchaus ein eigenes Interesse an der Rechtsverfolgung, da im Hinblick auf die hier angefochtenen streitgegenständlichen Beschlüsse auch seine eigene Interessen mit im Raume standen:  Entlastung der Hausverwaltung gerade in Bezug auf die Jahresabrechnung und Erhöhung der Verwaltergebühr. Aus diesem Grunde war der Verwalter auch kein Zustellungsbevollmächtigter der WEG, sonders es bedurfte der Zustellung an die einzelnen anderen Wohnungseigentümer.
22 
Es bestehen vorliegend zunächst auch keine Bedenken, dass die Mitglieder der gemeinschaftlichen Kanzlei … jeweils ein Mandat für die jeweiligen Verfahrensbeteiligten übernommen haben. Es ist durchaus denkbar, dass zwei Anwälte einer Kanzlei verschiedene Mandanten in einer Angelegenheit vertreten.
23 
Ebenso bestehen keine Bedenken, soweit hier Rechtsanwalt …, in Personalunion einerseits Verwalter / andererseits Rechtsanwalt, als Rechtsanwalt in eigener Angelegenheit  für seine Hausverwaltung auftritt. § 78 Abs. 4 ZPO normiert ausdrücklich das Selbstvertretungsrecht des Anwalts, das nicht nur auf seine anwaltliche Tätigkeit beschränkt ist.
24 
Allerdings ist hier, außer in den Fällen, in welchen der Rechtsanwalt ohnehin als solcher auftritt, sei es, dass es um eigene Angelegenheiten als Rechtsanwalt geht, sei es dass er in Parteistellung kraft Amtes oder als gesetzlicher Vertreter z.B. als Betreuer etc. auftritt, zu verlangen, dass er kenntlich macht, dass er solcher im Rahmen seines Berufes als Rechtsanwalt auftritt. Hieran fehlt es allerdings vorliegend, soweit die Streithelferin Hausverwaltung … in erster Instanz sich am Verfahren beteiligt hat. Der Beitritt erfolgte unter der Bezeichnung als Hausverwaltung ohne hinreichende Kennzeichnung, dass hier eine anwaltliche Vertretung vorliegt, vgl. dazu auch LG Bamberg, Beschluss vom 11.11.2009 - 1 T 13/09 WEG. Die Unterzeichnung erfolgte gerade als Hausverwalter, der bloße Zusatz bei der Unterschrift, in Klammern  gesetzt „Rechtsanwalt“ genügt als klarstellender Zusatz nicht. Er mag als Hinweis gedacht sein, dass der Inhaber der Hausverwaltung auch Rechtsanwalt ist, das bedeutet aber noch nicht, dass er hier auch als Rechtsanwalt für die Hausverwaltung auftreten will, wenn sich aus den sonstigen Umständen nichts anderes ergibt, zumal vor dem Amtsgericht auch anwaltliche Vertretung nicht zwingend erforderlich ist. Demgemäß ist auch im Protokoll wie im Rubrum nicht deutlich gemacht, dass für die Hausverwaltung eine anwaltliche Vertretung vorliegt.
25 
Anders und damit klar verdeutlicht wurde dies dagegen im Rahmen des Berufungsverfahrens. Zwar hat die Hausverwaltung hier ebenfalls nur unter ihrem Briefkopf einen Schriftsatz eingereicht, in diesem aber klar ausgesprochen, dass eine anwaltliche Vertretung durch Rechtsanwalt …vorliegt. Die Bezugnahme auf die 1. Instanz, dass es dort ebenso schon gewesen sei, genügt nicht, das dortige prozessuale Handeln als anwaltliches Handeln klarzustellen. Dies hätte es schon vielmehr deutlich in 1. Instanz bedurft, was allerdings nicht geschehen war.
26 
Dementsprechend ist der Kostenfestsetzungsbeschluss aufzuheben und das Kostenfestsetzungsgesuch zurückzuweisen.
27 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
28 
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch nicht für die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

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