Urteil vom Landgericht Kiel (8. Zivilkammer) - 8 O 24/12

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

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Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages nach Widerruf.

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Der Kläger unterhält bei der Beklagten mehrere Lebensversicherungsverträge. Unter anderem schloss er im Jahr 2004 eine kapitalbildende Lebensversicherung mit den Unternummern 005 und 006 ab. Unter der Endnummer 005 läuft der Grundvertrag; die dynamischen Erhöhungen werden aus technischen Gründen unter der Endnummer 006 geführt.

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Bis heute sind auf den Grundvertrag ca. 5.500,00 € und auf den Erhöhungsvertrag ca. 810,00 € eingezahlt. Beginn der Versicherung war der 01.12.2004, Ablauf der Versicherung der 01.12.2039. Es wurde eine monatliche Beitragszahlung vereinbart. Der Ratenzahlungszuschlag bei monatlicher Beitragszahlung beträgt 5 %. Dass ein Zuschlag zu zahlen ist, ergibt sich aus § 4 Abs. 2 AVB. Die AVB lagen dem Versicherungsvertrag zugrunde. Ende des Jahres 2006 wurde der monatliche Beitrag auf 100,00 € reduziert. Seit 01.08.2010 ist der Versicherungsvertrag beitragsfrei gestellt.

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Mit Schreiben vom 21. April 2011 widerrief der Kläger sämtliche Lebensversicherungsverträge, unter anderem auch die mit den Endnummern 005 und 006. Mit Schreiben vom 29.04.2011 lehnte die Beklagte eine Rückabwicklung ab.

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Unstreitig wurde der Kläger bei Vertragsschluss nicht auf ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB hingewiesen. Ein tatsächlich effektiver Jahreszins aufgrund des Ratenzahlungszuschlages wurde nicht ausgewiesen.

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Der Kläger trägt vor,
ihm stehe als Verbraucher aufgrund der Regelungen über den Verbraucherkredit ein unbefristetes Widerrufsrecht zu, das er ausgeübt habe. Der Vertrag sei daher rückabzuwickeln.

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In einem Versicherungsvertrag mit einem Verbraucher werde bei unterjähriger ratierlicher Zahlungsweise der jährlich fälligen Versicherungsprämie ein Ratenzahlungszuschlag verlangt, der der Versicherungswirtschaft eine attraktive Zinsrendite beschere. Daher seien die Regelungen zum Verbraucherdarlehen anwendbar. Im Übrigen seien auch die gesetzlichen Belehrungserfordernisse zu beachten, da der Versicherer gegen Zinsen dem Verbraucher für einige Monate Geld leihe.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen, die Lebensversicherungsverträge 34365403-005 vom 01.12.2004 und 34365403-006 vom 01.12.2005 zurück abzuwickeln und die vom Kläger geleisteten Beitragszahlungen abzüglich der Prämie für die Gefahrtragung nebst Zinsen in Höhe der Eigenkapitalrendite der Beklagten an den Kläger zu zahlen nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 des DÜG seit dem 10.05.2011.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte trägt vor,
dem Kläger stünden weder ein Widerrufsrecht noch Ansprüche auf Rückabwicklung des Vertrages zu. Denn die unterjährliche Zahlung von Versicherungsbeiträgen falle nicht unter die Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes.

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Selbst wenn ein Widerrufsrecht bestünde, könnte der Kläger nicht die volle Rückgewähr der bislang geleisteten Prämien, sondern nur den Rückkaufswert einschließlich der Überschussbeteiligung verlangen. Im Übrigen seien die geltend gemachten Ansprüche verwirkt.

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Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

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Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückabwicklung der streitgegenständlichen Versicherungsverträge nicht zu. Ebenso wenig besteht ein Widerrufsrecht.

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Mit dem Versicherungsvertrag wird dem Kläger weder ein entgeltlicher Zahlungsaufschub noch eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe gewährt. Nach der Rechtssprechung des BGH liegt ein Kredit im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes und damit im Sinne von § 506 Abs. 1 BGB objektiv nur vor, wenn dem zur Leistung verpflichteten Vertragspartner Mittel zur Verfügung gestellt würden, über die er ohne die getroffene Ratenzahlungsvereinbarung nicht verfügte (vgl. OLG Köln, Hinweisbeschluss vom 09.07.2010, 20 U 51/10 unter Hinweis auf BGH NJW 1996, S. 457). Von einem den Zahlungsverpflichteten begünstigenden Zahlungsaufschub könne hingegen nicht gesprochen werden, wenn die im Vertrag vorgesehene Zahlungsvereinbarung in Zeitabschnitten dem dispositiven Recht entspreche oder davon nicht zugunsten des Zahlungsverpflichteten abweiche, denn in einem solchen Fall bringe die vertragliche Regelung der Ratenzahlung dem Zahlungsverpflichteten keine wirtschaftliche Besserstellung. Nicht unter den Begriff des Kreditvertrages im Sinne des Verbraucherkreditgesetzes falle daher ein Vertrag, mit dem die Zahlungsleistung nach der vertraglichen Vereinbarung zu einem Zeitpunkt zu erbringen ist, der nicht später liegt, als der, zu dem sie, wäre keine Fälligkeitsabrede getroffen worden, auch aufgrund des dispositiven Gesetzesrechtes zu erbringen wäre.

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Anhand dieser Grundsätze lässt sich erkennen, dass im Falle der unterjährigen Zahlung von Versicherungsprämien gegen Zuschlag kein entgeltlicher Zahlungsaufschub vorliegt. Denn gesetzliche Regelungen für die Fälligkeit einer Prämienleistung finden sich lediglich für die Fälligkeit der Erst- oder Einmalprämie in § 33 VVG bzw. § 35 VVG a. F. Nur mit diesen Vorschriften wird die Fälligkeit der Prämie besonders geregelt. Bei laufender Prämienzahlung bleibt es demnach mangels einer anderen speziellen Vorschrift im VVG dabei, dass die Fälligkeit aller Folgeprämien sich nach der allgemeinen Regelung des § 271 Abs. 1 BGB bestimmt. Es kommt deshalb für die Fälligkeit der Folgeprämien in erster Linie darauf an, ob die Beteiligten eine Leistungszeit vereinbart haben. Ist eine solche aber dispositiv, so können monatliche Fälligkeiten vertraglich vereinbart werden, ohne dass es sich um einen den Versicherungsnehmer begünstigenden Zahlungsaufschub im Sinne der BGH-Rechtssprechung handelt (vgl. OLG Köln aaO).

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Im Übrigen ergibt sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs zum Verbraucherkreditgesetz, dass Dauerschuldverhältnisse mit laufenden Zahlungen nicht schon dann in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen sollen, wenn die Tarife nach der Zahlungsweise gestaffelt werden, weil kein Zahlungsaufschub vorliege, sondern Rabattgesichtspunkte im Vordergrund stünden (vgl. OLG Köln, aaO unter Hinweis auf die Bundestagsdrucksache 11/5462 Seite 17). Das wäre dann eindeutig gegeben, wenn bei dem streitgegenständlichen Versicherungsvertrag eine monatliche Zahlungsweise vereinbart worden wäre und für den Fall der Abänderung dieser Vereinbarung in eine jährliche Zahlungsweise, Rabatte gewährt würden. Vorliegend ist es aber umgekehrt und daher nicht so eindeutig. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass man an eine Verzinsung zugunsten der Klägerin denken könnte. Es ist jedoch letztlich nur eine Frage der Darstellung durch den Versicherer, welche Summe den maßgeblichen Ausgangsbetrag für die Frage bilden soll, ob ein Rabatt oder ein Zuschlag vorliegt, je nach dem, ob von der bei Einmalzahlung vereinbarten Jahresprämie oder der Jahressumme der monatlich gezahlten Prämien ausgegangen wird. Entscheidend ist hier, wie bereits ausgeführt, dass gesetzliche Regelungen für die Fälligkeit sämtlicher Prämien nicht bestehen (vgl. zum Ganzen erneut OLG Köln aaO). Es ist für das Gericht nachvollziehbar, dass der monatliche Ratenzahlungszuschlag einen Ausgleich für höhere Verwaltungskosten, Zinsnachteile und ein höheres finanzielles Risiko darstellt.

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Dies bestätigt auch § 4 Abs. 2 AVB, aus dem sich ergibt, dass für monatliche Ratenzahlungen Ratenzahlungszuschläge erhoben werden.

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Für das Ergebnis spricht im Übrigen auch die Verbraucherkreditrichtlinie 2008/ 48 EG, Erwägungsgrund 12, Artikel 3 c, die klarstellt, dass derartige Verträge nicht als Kreditverträge gelten sollen.

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Nach alledem steht dem Kläger ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB nicht zu. Die Klage ist abzuweisen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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