Urteil vom Landgericht Köln - 29 O 22/13
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 806,13 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 101,40 € zu zahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T A T B E S T A N D:
3Die Klägerin und der Beklagte schlossen am 12.04.2011 einen „Online-Marketing-Flatrate“-Vertrag (vgl. Bl. 5 ff. GA). Hiernach schuldete der Beklagte eine monatliche Pauschalgebühr in Höhe von 1.750,-- € zuzüglich Umsatzsteuer, welche der Beklagte ab April 2011 bis Ende März 2012 mithin in Höhe von 12 Monatsraten zahlte.
4Laut Projektbeschreibung schuldete die Klägerin ein zeitlich unbegrenztes Leistungskontingent in Bezug auf alle relevanten Online-Marketing-Aktivitäten. Die zu erbringenden Leistungen/Online-Marketing-Maßnahmen sollten gemeinsam geplant, beschlossen und von der Agentur umgesetzt werden. Von dem Rahmenvertrag ausgeschlossen waren Fremdleistungen. Zum Leistungsumfang gehörten die Themengebiete Beratung, Suchmaschinenoptimierung Google Adwords, Affiliate-Marketing, Preissuchmaschinen und Webcontrolling.
5Unter dem 09.05.2011 erfolgt ein Online-Marketing-Briefing durch die Klägerin (vgl. Bl. 24 ff. GA). Dabei wurde unter anderem nach Online-Marketing-Aktivitäten bis jetzt gefragt und das Stichwort Suchmaschinenoptimierung verwendet sowie nach der verwendeten Servertechnologie gefragt.
6Unter dem 22.03.2012 (vgl. Bl. 38 f. GA) stellte die Klägerin fest, dass die Zielerreichung für 2011/2012 weit hinter den Erwartungen zurücklag.
7Tatsächlich hatten sich ab Mai 2011 die Besucherzahlen von zunächst 1.584, bis August 2011 auf 3.010 steigend und dann bis Dezember 2011 auf 1.548 fallend sowie ab da bis März 2012 wieder auf 2.956 steigend, verhalten.
8Im Rahmen der Onsite-Analyse 2012 vom 28.03.2012 (Bl. 41 ff. GA) schlug die Klägerin weitere Verbesserungsmaßnahmen vor. Unter dem 05.04.2012 (vgl. Bl. 40 GA) beanstandete der Beklagte, dass das verwendete Produkt nicht SEO-konform zu gestalten sei. SEO ist dabei die Abkürzung für Search Engine Optimization (Suchmaschinenoptimierung) und bezeichnet Maßnahmen, die dazu dienen, dass Webseiten im Suchmaschinenranking in den unbezahlten Suchergebnissen auf höheren Plätzen erscheinen.
9Unter dem 10.04.2012 erklärte der Beklagte gegenüber der Klägerin die Kündigung.
10Mit Rechnung vom 19.04.2012 verlangt die Klägerin die noch verbleibende offene halbe Aprilrate in Höhe von 806,13 € inklusive Mehrwertsteuer (vgl. Bl. 7 GA). Deren Ausgleich hatte sie unter dem 31.05.2012 angemahnt. Eine weitere anwaltliche Mahnung erfolgte unter dem 31.08.2012 (vgl. Bl. 8 GA).
11Die Klägerin beantragt,
12die Beklagte zu verurteilen, an sie 806,13 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.06.2012 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 101,40 € zu zahlen.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Die Beklagte behauptet, die Klägerseite habe erklärt, dass das von der Beklagten verwandte Shopsystem SEO ungeeignet sei, da eine SEO-Optimierung in die Grundlagen der Shopprogrammierung eingegriffen hätte, was der Beklagten nicht möglich gewesen sei, da es sich nicht um einen von ihr selbst programmierten Shop, sondern um das Shopsystem von Büroring gehandelt habe, das die Beklagte nicht habe ändern können.
16Widerklagend verlangt die Beklagte Rückzahlung der an die Klägerin geleisteten Monatsbeträge sowie Ersatz der von der Beklagten in der Auflistung B 6 (GA 61) angeführten Kosten.
17Widerklagen beantragt die Beklagte,
18die Klägerin zu verurteilen, an sie 22.356,-- € (Schadensersatz netto) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Zustellung der Widerklage zu zahlen.
19Die Klägerin beantragt,
20die Widerklage abzuweisen.
21Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die von ihnen eingereichten Unterlagen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, verwiesen.
22E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
23Die Klage ist begründet. Die Widerklage war abzuweisen.
24Der Klägerin steht gemäß § 611 BGB ein auf Zahlung des im Rahmen der Laufzeit im April 2012 noch angefallenen Beratungshonorars in Höhe der Klageforderung zu.
25Soweit der Beklagte dem Zahlungsanspruch den Einwand mangelhafter Leistungen entgegenhält, dringt er hiermit nicht durch.
26Auf Gewährleistungsrechte im Rahmen eines Werkvertrages kann sich der Beklagte nicht berufen. Das zwischen den Parteien bestehende Rechtsverhältnis ist schon ausweislich des Vertragstextes (vgl. Bl. 5 GA) nicht als Werkvertrag, sondern als pauschaler Dienstleistungsvertrag bezeichnet worden.
27Auch der darüber hinausgehende Wortlaut der vertraglichen Vereinbarung spricht für eine Auslegung als Dienstvertrag, da vorliegend Beratungsleistungen und gemeinsam geplante Online-Marketing-Maßnahmen erbracht werden sollten. Einen konkreten Leistungserfolg definiert der Vertrag nicht. Ausweislich des Schriftsatzes vom 17.07.2013 geht auch der Beklagte vom Bestehen eines Dienstvertrages aus.
28Das Dienstvertragsrecht sieht jedoch anders als das Kauf- und Werkvertragsrecht keine Gewährleistungsrechte des Dienstberechtigten vor. Aus diesem Grunde kann nach Auffassung der Rechtsprechung eine mangelhafte Leistung allenfalls im Rahmen eines Schadensersatzanspruches statt der Leistung wegen teilweiser Nichterfüllung des Beratungsvertrages nach den §§ 281 Absatz 1 und Absatz 2, 280 Absatz 1 und Absatz 3 BGB entgegengehalten werden, wonach der Dienstberechtigte von der Vergütungspflicht frei geworden ist.
29Dabei gibt die bloße Schlechtleistung des Dienstverpflichteten, soweit kein darüber hinausgehender Schaden entstanden ist, dem Dienstberechtigten grundsätzlich keinen Anspruch auf Schadensersatz (vgl. OLG Köln, Urteil vom 22. Oktober 1987 - 1 U 41/84, ior 1988, 151 - 153).
30Lediglich in den Fällen einer Schlechtleistung, die wegen völliger Unbrauchbarkeit der erbrachten Dienstleistung einer Nichtleistung gleichsteht, ist die zu zahlende Vergütung Teil des durch die Schlechterfüllung entstandenen und nach § 280 Absatz 1 zu ersetzenden Schadens (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 02. November 2005 - 15 U 117/04, BB 2006, 1329-1332, juris: Tz. 7). Der für diese Einwendung darlegungs- und gegebenenfalls beweispflichtige Beklagte hat vorliegend jedoch nicht ausreichend dargelegt, dass eine solche, wegen ihrer völligen Unbrauchbarkeit einer Nichterfüllung gleichstehende Leistung seitens der Klägerin anzunehmen ist. Dazu hätte er darlegen müssen, dass die Klägerin der ihr aus dem Beratungsvertrag obliegenden Pflicht zur sachgerechten Beratung in einer Weise nicht nachgekommen sei, dass die erbrachte Beratungsleistung so unbrauchbar gewesen sei, dass sie praktisch als völliges Ausbleiben der Leistung anzusehen sei.
31Zwar hat der Beklagte dargelegt, dass er die angestrebte Umsatzsteigerung auch durch eine Steigerung im Rahmen des Suchmaschinenrankings durch eine SEO-Optimierung zu erreichen versucht habe. Dies stellt jedoch nur einen Teil des von der Klägerin geschuldeten und erbrachten Leistungsumfanges dar. Schon dem Vertragstext ist zu entnehmen, dass der Leistungsumfang auch die Bereiche Google Adwords, Affiliate Marketing und Webcontrolling umfasst. Auch das Online-Marketing-Briefing (Bl. 21 ff. GA) weist der Klägerin einen über die bloße Suchmaschinenoptimierung hinausgehenden Arbeitsauftrag zu. Weil es sich damit im Rahmen der SEO-Optimierung nur um eine Teilleistung handelt, hat der Beklagte schon nicht dargelegt, dass die Gesamtleistung der Klägerin völlig unbrauchbar war.
32Letztlich sprechen auch die von der Klägerin angeführten Besucherzahlen gegen die Annahme einer völligen Nichtleistung. Unstreitig kam es nach Aufnahme der Dienste durch die Klägerin zu einer Steigerung der Besuchszahlen, die zumindest vorübergehend auf eine beinahe Verdoppelung der Besuchszahlen hinauslief.
33Soweit der Beklagtenvertreter darauf hingewiesen hat, dass auch ein Anwalt dann keine Prozessgebühren geltend machen darf, wenn er pflichtwidrig nicht von einer Prozessführung abgeraten hat, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Auch wenn dem Anwalt kein Anspruch auf Erstattung der im Rahmen des Prozesses entstandenen Kosten zusteht, verbleibt ihm jedoch sein Beratungshonorar.
34Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten ergibt sich ebenso wie der Zinsanspruch aus Verzug.
35Soweit der Beklagte im Rahmen der Widerklage Rückerstattung des von ihm verauslagten Beratungshonorars verlangt, scheitert er bereits hiermit nach den obigen Ausführungen.
36Soweit der Beklagte darüber hinaus Schadensersatz in Höhe von 1.356,00 € geltend macht, ist nicht konkret dargelegt, inwiefern diese Positionen ausschließlich im Hinblick auf die von der Beklagtenseite behauptete SEO-Untauglichkeit angefallen sein sollen.
37Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1 ZPO.
38Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
39Streitwert: Klage: 806,13 €, Widerklage: 22.356,-- €.
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Referenzen
- 1 U 41/84 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag 1x
- BGB § 281 Schadensersatz statt der Leistung wegen nicht oder nicht wie geschuldet erbrachter Leistung 1x
- BGB § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung 1x
- 15 U 117/04 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 97 Rechtsmittelkosten 1x