Beschluss vom Landgericht Köln - 4 O 27/15
Tenor
1.
Der Zuständigkeitsstreitwert wird auf bis 5.000,00 EUR festgesetzt.
2.
Das Landgericht Köln erklärt sich für sachlich unzuständig und verweist den Rechtsstreit auf Antrag der Antragstellerin entsprechend § 281 ZPO ohne mündliche Verhandlung
an das Amtsgericht Köln.
1
Gründe:
2Die Entscheidung beruht auf den Hinweisen im Beschluss vom 21.01.2015.
31. Da es sich vorliegend nicht um eine Kammersache, sondern eine originäre Einzelrichtersache gem. § 348 Abs. 1 ZPO handelt, ist der zuständige Einzelrichter zur Entscheidung berufen; § 944 ZPO ist insoweit unanwendbar (OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.09.2005 – 4 U 226/05-128; Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Aufl. 2014, § 944 Rn. 1).
42. Der Zuständigkeitsstreitwert für die maßgebliche Hauptsacheklage (§ 937 Abs. 1 ZPO) ist jedenfalls nach Ansicht des zuständigen Einzelrichters mit dem sechsfachen Abschlagsbetrag ausreichend bemessen (ebenso OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02.01.2013 - 3 W 201/12; OLG Koblenz, Beschluss vom 18.10.2011 - 5 W 596/11; OLG Oldenburg, Beschluss vom 22.10.2009 - 5 W 54/09; OLG Braunschweig, Beschluss vom 20.06.2006 - 7 W 24/06; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 25.05.2011 - 4 W 112/11; OLG Celle, Beschluss vom 13.08.2013 - 13 W 62/13; LG Wuppertal, Beschluss vom 01.12.2014 - 9 T 163/14). Auf den zwölffachen Jahresbetrag ist daher nicht abzustellen (so aber OLG München, Beschluss vom 30.08.2011 - 5 W 1574/11; OLG Köln vom 05.12.2005 - 5 W 161/05; AG Hamburg-Bergedorf, Beschluss vom 30.12.2003 - 409 C 550/03; OLG Hamburg, Beschluss vom 17.01.2008 - 14 W 3/08; LG Itzehoe, Beschluss vom 09.04.2008 - 9 T 20/08; offengelassen bei Heinrich, in: Musielak, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 3 Rn. 37).
53. Dem Ansatz (nur) des sechsfachen Betrages steht der Beschluss des OLG Köln vom 05.12.2005 - 5 W 161/05 nicht entgegen.
6In diesem Beschluss (und in den Beschlüssen AG Hamburg-Bergedorf, aaO; OLG Hamburg, aaO; LG Itzehoe, aaO) ging es bei Lichte betrachtet nicht um die Frage, ob der sechs- oder zwölffache Abschlagsbetrag anzusetzen ist, sondern vor allem darum, ob der Zuständigkeitsstreitwert nach dem Zeitwert des Zählers zu bemessen ist. Dem ist - mit dem OLG Köln - nicht zuzustimmen. Zu Recht weist das OLG Köln darauf hin, dass der Streitwert einer Klage auf Duldung der Wegnahme des Energie- und des Wasserzählers nach dem wahren wirtschaftlichen Interesse des Versorgers, namentlich dem Interesse an der Unterbindung des weiteren Bezuges, zu bemessen ist. Dies gilt erst Recht wenn - wie in der hier maßgeblichen Hauptsacheklage - ausdrücklich nicht die Duldung der Wegnahme des Zählers, sondern nur die Duldung der Sperrung und Versorgungseinstellung begehrt wird.
7Nicht gefolgt werden kann dem OLG Köln jedoch, soweit es dort für sachgerecht gehalten wird, statt auf den Zeitwert der Zähler dann auf den einjährigen Bezug abzustellen. Warum ein Jahr ein realistischer Zeitraum sein soll, um durch die Erlangung eines Vollstreckungstitels die Unterbindung der Energiezufuhr zu erreichen, bleibt offen. Ein - was ausreicht - jedenfalls vorläufig vollstreckbarer Titel dürfte für den Versorger deutlich schneller zu erlangen sein. Ob dies tatsächlich schon nach zwei Monaten der Fall ist (so Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Auflage 2014, § 3 Rn. 19) mag allerdings auch zweifelhaft sein.
8Sachgerecht erscheint es, wie die wohl überwiegende Zahl der Oberlandesgerichte, von einem Zeitraum von sechs Monaten auszugehen. Dies dürfte - erst Recht in Fällen erheblichen Zahlungsverzuges - für den Versorger ausreichen, um einen jedenfalls vorläufig vollstreckbaren Titel zur Unterbindung des weiteren Bezugs zu erlangen.
9Auf die Rückstandsberechnung der Antragstellerin und die Summe der evtl. offenen Forderungen gegen den Antragsgegner – die die Antragstellerin vorliegend mit 9.616,25 EUR nebst weiteren Kosten (Bl. 4 GA) beziffert – kommt es nicht an (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 25.05.2011 - 4 W 112/11; LG Wuppertal, Beschluss vom 01.12.2014 - 9 T 163/14).
104. Vorliegend hat die Antragstellerin die monatlichen Abschläge für den Strom-, Wasser- und Gasbezug durch den Antragsgegner ausdrücklich mit 715,00 EUR angegeben (so Bl. 2 GA), wobei auf Bl. 3 GA nur Abschläge in Höhe von 714,00 EUR in die Rückstandsübersicht eingestellt werden; ein Betrag, den auch die Anlage A1 (Bl. 5 GA) ausweist. Diese Diskrepanz kann indes dahinstehen: Denn auch bei dem höheren Abschlagsbetrag von 715,00 EUR / Monat läge der maßgebliche Zuständigkeitsstreitwert für eine Hauptsacheklage mit 4.290,00 EUR (6 x 715,00 EUR) jedenfalls unter der Zuständigkeitsgrenze des § 23 Nr. 1 GVG.
115. Nach alledem war der Zuständigkeitsstreitwert für das vorliegende Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz der Hauptsacheklage folgend auf bis 5.000,00 EUR festzusetzen. Einer konkreten Bezifferung bedarf es nicht (Wöstmann, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 2 Rn. 20 mwN). Die Festsetzung des Gebührenstreitwertes ist dem zuständigen Amtsgericht zu überlassen; nur insoweit - zum Gebühren-, nicht aber zum Zuständigkeitsstreitwert - stellt sich auch die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe ein Abschlag wegen Vorläufigkeit der erstrebten Regelung vorzunehmen ist (OLG Köln, Beschluss vom 08.04.2002 - 11 W 25/02; OLG Köln, Beschluss vom 08.09.2010 - 12 W 26/10; Heinrich, in: Musielak, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 3 Rn. 26). Daran ändert auch die Regelung des § 62 GKG nichts. Denn die Bindungswirkung des hiesigen Beschlusses beschränkt sich insoweit auf den festgesetzten „Höchstbetrag“ (Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 3. Aufl. 2014, § 62 Rn. 2; Schneider, MDR 1992, 218).
126. Nach alledem ist das Landgericht Köln vorliegend unzuständig, da es nicht das Gericht der Hauptsache ist, § 937 Abs. 1 ZPO. Auf den Antrag der Antragstellerin war die Sache gem. § 281 Abs. 1 ZPO an das sachlich - s. o. - und örtlich - die Verbrauchsstelle liegt in Köln - zuständige Amtsgericht Köln zu verweisen; § 281 ZPO ist jedenfalls entsprechend auch im Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung anwendbar (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Auflage 2014, § 281 Rn. 2).
13Eine Anhörung des Antragsgegners vor Verweisung konnte ausnahmsweise unterbleiben, da es sich vorliegend um ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz, mithin ein Eilverfahren (§ 937 Abs. 2 ZPO) handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 24.07.1996 - X ARZ 778/96; Foerste, in: Musielak, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 281 Rn. 17; Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 30. Auflage 2014, § 281 Rn. 17a).
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