Urteil vom Landgericht Köln - 26 O 151/16
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Tatbestand:
2Der Kläger ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen und 25 weiterer Verbraucher-und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Als gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, eingetragen in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG, bezweckt der Kläger gemäß § 2 seiner Satzung, Verbraucherinteressen wahrzunehmen, indem er unter anderem Verstöße gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb und das Unterlassungsklagengesetz i.V.m. anderen Verbraucherschutzgesetzen zu unterbinden versucht.
3Die Beklagte, die Verbrauchern Umunikationsdienstleistungen anbietet, verwendet im Rahmen des Bestellprozesses unter www.U.de die streitgegenständliche Klausel, welche sich auf der letzten Seite des Bestellablaufes befindet.
4Diese lautet:
5„Ich möchte künftig über neue Angebote und Services der U Deutschland GmbH per E-Mail, Telefon, SMS oder ein MMS persönlich informiert und beraten werden. Ich bin damit einverstanden, dass meine Vertragsdaten aus meinen Verträgen mit der U Deutschland GmbH von dieser bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf die Beendigung des jeweiligen Vertrages folgt, zu individuellen Kundenberatung verwendet werden. Meine Vertragsdaten sind die bei der U Deutschland GmbH zur Vertragserfüllung (Vertragsabschluss, -änderung, -beendigung, Abrechnung von Entgelten) erforderlichen und freiwillig angegebenen Daten.“
6Links neben der Klausel befindet sich ein Button, den der Verbraucher aktivieren kann, aber nicht aktivieren muss. Es handelt sich nicht um ein so genanntes Pflichtfeld. Der letzte Satz der Klausel - der von dem Kläger nicht beanstandet wird - lautet:
7„Ich kann meine Einwilligung jederzeit gegenüber der U Deutschland GmbH widerrufen. Weitere Informationen erhalte ich in den beiliegenden Datenschutzhinweisen.“
8Mit Schreiben vom 05.02.2016 (Bl. 10-13 d.A.) forderte der Kläger die Beklagte auf, die streitgegenständliche Klausel nicht mehr zu verwenden und insoweit bis zum 26.02.2016 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Dies wurde seitens der Beklagten mit Schreiben vom 10.03.2016 (Bl. 16-18 d.A.) abgelehnt.
9Der Kläger ist der Auffassung, dass die Klausel in den Allgemeinen Geschäfts-bedingungen (AGB) gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB verstoße, weil sie mit wesentlichen Grundgedanken von § 7 Abs. 2 Nr. 2, 3 UWG nicht in Einklang zu bringen sei. Die Klausel verknüpfte mehrere Erklärungen miteinander, so dass es auch mehrerer Einwilligungen bedürfe. Zudem benachteilige die Klausel den Verbraucher unangemessen, weil die Einwilligung lange über die Beendigung des Vertrages hinaus wirksam sein soll, im Extremfall fast zwei Jahre lang. Zudem sei die Klausel intransparent.
10Der Kläger beantragt,
11die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollstrecken an der Geschäftsführung, zu unterlassen, bei Verbrauchern geschlossen Umunikationsdienstleistungsverträgen, die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der ab Entwicklung derartiger Verträge zu berufen:
12„Ich möchte künftig über neue Angebote und Services der U Deutschland GmbH per E-Mail, Telefon, SMS oder ein MMS persönlich informiert und beraten werden. Ich bin damit einverstanden, dass meine Vertragsdaten aus meinen Verträgen mit der U Deutschland GmbH von dieser bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf die Beendigung des jeweiligen Vertrages folgt, zu individuellen Kundenberatung verwendet werden. Meine Vertragsdaten sind die bei der U Deutschland GmbH zur Vertragserfüllung (Vertragsabschluss, -änderung, -beendigung, Abrechnung von Entgelten) erforderlichen und freiwillig angegebenen Daten.“.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie ist der Auffassung, dass § 7 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 UWG nicht für jeden einzelnen Werbekanal eine gesonderte Einwilligung erfordere. Dadurch, dass der Verbraucher über eine Zustimmung vollkommen frei entscheiden könne und es sich nicht um ein so genanntes Pflichtfeld handele, sei eine unangemessene Benachteiligung nicht gegeben. Im Hinblick auf die zeitliche Gültigkeit liege ebenfalls keine unangemessene Benachteiligung vor, denn die erklärte Einwilligung könne jederzeit gegenüber der U Deutschland GmbH widerrufen werden. Auch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liege nicht vor, denn jeder Verbraucher wisse, in welchem Geschäftsgebiet die Beklagte tätig sei. Zudem handele es sich bei der Klausel nicht um eine allgemeine Geschäftsbedingung, weil der Verbraucher sich frei zu einer Einbeziehung entscheiden könne.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18Die zulässige Klage ist nicht begründet.
191. Zwar handelt es sich unproblematisch bei der streitgegenständlichen Klausel um eine AGB i.S.v. § 305 BGB. Der Umstand, dass der Kunde die Klausel anklicken muss, ändert schon im Hinblick auf den Schutzzweck der §§ 305ff. BGB daran nichts (vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2008, VIII ZR 348/06, „Opt out“ Klausel; OLG Köln, Urteil vom 28.01.2011, 6 U 41/10). Für Fälle einer „Opt in“ Klausel kommt es für die Frage, ob eine AGB vorliegt, entscheidend darauf an, ob der Verwender bei der von den Kunden abzugebenden Erklärung die rechtsgeschäftliche Gestaltungsfreiheit für sich ebenso in Anspruch nimmt wie bei der Vorformulierung eines Vertragstextes, und dass der Kunde nur darauf, ob er die Erklärung abgeben will, nicht aber auf ihren Inhalt Einfluss hat (vgl. OLG Köln, Urteil vom 28.01.2011, 6 U 41/10). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, denn die Verbraucher haben keinerlei Einfluss auf den Inhalt der Klausel. Sie können nur entscheiden, ob die Bestimmung einbezogen werden soll oder nicht.
202. Ein Verstoß gegen § 7 UWG bzw. § 307 BGB liegt jedoch entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor. Gemäß § 7 Abs. 2 UWG stellt Werbung dann eine unzumutbare Belästigung eines Verbrauchers dar, wenn diese ohne seine vorherige ausdrückliche Einwilligung erfolgt.
21a) Es stellt keinen Verstoß gegen § 7 Abs. 2 UWG dar, dass durch das Anklicken eines „Kästchens“ eine Einwilligung für mehrere Werbekanäle erklärt wird. Etwas anderes ergibt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 14.04.2011, I ZR 38/10; Urteil vom 16.07.2008, VIII ZR 348/06), wonach unter Einbeziehung der Richtlinie 2002/58/EG eine „spezifische Angabe“ erforderlich ist. Erwägung 17 der Richtlinie lautet:
22Die Einwilligung kann in jeder geeigneten Weise gegeben werden, wodurch der Wunsch des Nutzers in einer spezifischen Angabe zum Ausdruck kommt, die sachkundig und in freier Entscheidung erfolgt; hierzu zählt auch das Markieren eines Feldes auf einer Internet-Website.
23§ 7 UWG ist richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass eine eindeutige Einwilligung erforderlich ist. Vorliegend handelt es sich um eine „Opt-In“ Erklärung; die Bestimmung wird also nicht in den Vertrag mit einbezogen, wenn der Verbraucher sie nicht ausdrücklich anklickt. Die Anforderungen an eine „spezifische Angabe“ i.d.S. sind erfüllt. Zudem wird verständlich mitgeteilt, dass es um Angebote und Werbung der Beklagten geht, die mittels Telefon, Email, SMS oder MMS (sämtlich Fernkommunikation) erfolgen kann. Dafür 4 Einwilligungen (also z.B. 4 Kästchen zum Anklicken) zu fordern, erscheint nicht plausibel und erhöht auch den Schutzzweck nicht, denn der Inhalt der Klausel ist eindeutig und auch leicht verständlich. Wenn die Einwilligung auf eine Gewinnbenachrichtigung und gleichzeitig auch auf die Übersendung von Werbung nicht genannter Firmen gerichtet ist (wie in der Entscheidung des BGH, Beschluss vom 14.04.2011, I ZR 38/10), liegt eine vollkommen andere Konstellation vor. Die Anforderungen von § 7 UWG sind erfüllt, wenn die erklärte Einwilligung eindeutig ist, der Verbraucher also abschätzen kann, wozu er seine Einwilligung erklärt und nicht verschiedene Erklärungen miteinander vermengt werden. Daraus ergibt sich nicht, dass 4 Einwilligungen (für jeden Werbekanal eine) erforderlich sind, sondern, dass die Zustimmung zur Übersendung von Werbung der Beklagten nicht mit weiteren, inhaltlich anderen Regelungen vermischt oder verbunden werden darf. Dies ist vorliegend ersichtlich nicht der Fall.
24b) Eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB ist ebenfalls nicht ersichtlich, auch nicht im Hinblick auf die zeitliche Geltung der Klausel. Denn der Verbraucher kann die einmal erteilte Einwilligung jederzeit widerrufen. Dies ergibt sich unmittelbar aus der streitgegenständlichen Klausel. Dass ein Verbraucher nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht mehr an die einmal erteilte Einwilligung denken könnte, führt jedenfalls nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung. Denn in einem solchen Fall kann ein Verbraucher, wenn ihm nach Beendigung des Vertrages Werbung übersandt wird, die Einwilligung jederzeit widerrufen.
25c) Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 S. 2 BGB liegt ebenfalls nicht vor. Für die Verbraucher ist aus dieser Klausel eindeutig zu entnehmen, dass die Beklagte per Telefon, E-Mail, SMS oder MMS für ihre Angebote werben will. Mehr Transparenz kann jedenfalls im Rahmen von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht verlangt werden.
263. Mangels Bestehens eines Anspruches in der Hauptsache kommt auch ein Anspruch auf Erstattung von Kosten der Abmahnung in Höhe von 214,00 € gemäß § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG nicht in Betracht.
274. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
28Streitwert: 3.000,00 €
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