Beschluss vom Landgericht Magdeburg (1. Große Strafkammer) - 21 Qs 22/13

Tenor

Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 7. März 2013 insoweit aufgehoben, als dem Angeklagten Rechtsanwalt ... aus Magdeburg als Pflichtverteidiger beigeordnet worden ist.

Dem Angeklagten wird anstelle von Rechtsanwalt A. aus Magdeburg nunmehr Rechtsanwalt ... aus Braunschweig als Pflichtverteidiger beigeordnet.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der insoweit notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse.

Gründe

I.

1

Mit Schreiben vom 5. Februar 2013 - dem Angeklagten mit der Anklageschrift am 6. Februar 2013 förmlich zugestellt - hat das Amtsgericht Magdeburg dem Angeklagten binnen einer Woche Gelegenheit gegeben, einen Pflichtverteidiger zu benennen. Eine Benennung erfolgte innerhalb der Frist nicht.

2

Am 7. März 2013 ging beim Amtsgericht Magdeburg um 9.32 Uhr ein Telefax des Rechtsanwalt ... aus Braunschweig ein, in welchem er im Namen des Angeklagten seine Bestellung als Pflichtverteidiger beantragte.

3

Am selben Tag beschloss das Amtsgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Angeklagten und bestellte ihm Rechtsanwalt ... aus Magdeburg als Pflichtverteidiger. Der Beschluss wurde am 11. März 2013 ausgefertigt.

4

Ebenfalls mit Schreiben vom 11. März 2013 teilte das Amtsgericht Rechtsanwalt ... mit, nach Ablauf der Stellungnahmefrist sei Rechtsanwalt ... für den Angeklagten als Pflichtverteidiger bestellt worden. Eine weitere Pflichtverteidigung komme nicht in Betracht.

5

Mit Schriftsatz vom 15. März 2013 hat der Angeklagte über Rechtsanwalt ... Beschwerde gegen die Bestellung von Rechtsanwalt ... als Pflichtverteidiger eingelegt und zugleich beantragt, ihm Rechtsanwalt ... als Pflichtverteidiger beizuordnen. Zur Begründung führte er aus, der ursprüngliche Beiordnungsbeschluss hätte noch abgeändert werden können, da er zum Zeitpunkt der Benennung eines Verteidigers seiner Wahl keine Außenwirkung erlangt habe.

6

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit der Begründung nicht abgeholfen, das Schreiben von Rechtsanwalt ... habe dem Gericht am 7. März 2013 nicht vorgelegen.

II.

7

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

8

Im Rahmen der Pflichtverteidigerbestellung hätte das Amtsgericht trotz der bereits seit mehreren Wochen abgelaufenen Benennungsfrist berücksichtigen müssen, dass der Angeklagte Rechtsanwalt ... als Verteidiger seiner Wahl bezeichnet hat, bevor die am 7. März 2013 erfolgte Pflichtverteidigerbestellung Außenwirksamkeit erlangt hatte. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

9

Nach § 142 Abs. 1 S. 1 StPO soll dem Beschuldigten vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers Gelegenheit gegeben werden, innerhalb einer zu bestimmenden Frist einen Verteidiger seiner Wahl zu bezeichnen. Steht kein wichtiger Grund entgegen, bestellt der Vorsitzende diesen Verteidiger, § 142 Abs. 1 S. 2 StPO. Dem Beschuldigten wird dadurch die Möglichkeit gegeben, sich von einem Verteidiger seines Vertrauens verteidigen zu lassen. Allein der Ablauf der gesetzten Benennungsfrist kann dem Beschuldigten dieses Recht nicht nehmen. Denn die Benennungsfrist stellt keine Ausschlussfrist dar. Vielmehr ist auch ein Vorschlag des Beschuldigten, der nach Fristablauf eingeht, bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen, solange eine Pflichtverteidigerbestellung noch nicht ergangen ist oder eine bereits ergangene Entscheidung noch keine Außenwirkung erlangt hat (vgl. LG Braunschweig, Beschluss vom 21. September 2009, Az.: 7 Qs 280/09, BeckRS 2010, 03738; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl.,§ 142 Rdnr. 10; Wessing, in BeckOK StPO, Stand 1. Oktober 2012, § 142 Rdnr. 8a; zu einer ähnlichen Fristenfrage siehe LG Magdeburg, Beschluss vom 13. Februar 2012, 22 Qs 11/12, Rdnr. 15, zitiert nach juris). Im Ergebnis wird die Ermessensentscheidung des Gerichts damit auch bei einer verspäteten Benennung über § 142 Abs. 1 S. 2 StPO erheblich eingeschränkt. So liegt der Fall hier.

10

Das Telefax des Rechtsanwalts ... ist am Tag der Bestellung des Rechtsanwalts ... als Pflichtverteidiger bei Gericht eingegangen. Außenwirkung hat dieser Beschluss erst in dem Moment erlangt, als die Geschäftstelle ihn an eine Person außerhalb des Gerichts herausgegeben hat, hier am 11. März 2013. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der zuständigen Richterin das Telefax des Rechtsanwalts ... vom 7. März 2013 auch bekannt, was die Verfügung vom selben Tage zeigt. Eine Rücknahme der Bestellung nach § 143 StPO war zu diesem Zeitpunkt noch möglich, ohne dass weitere Kosten verursacht worden wären. Auch sprachen keine wichtigen Gründe gegen die Bestellung des vom Angeklagten verspätet benannten Rechtsanwalts ...

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 S. 1 StPO analog.


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