Beschluss vom Landgericht Magdeburg (2. Große Strafkammer) - 22 Qs 13/15, 22 Qs 126 Js 32777/10 (13/15)

Tenor

Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Haftbefehl des Amtsgerichts Quedlinburg vom 9. März 2015 (Geschäftsnummer: 8 BRs 27/14)

aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die notwendigen Auslagen des Verurteilten fallen der Staatskasse zur Last.

Gründe

I.

1

Gegen den Verurteilten wurde durch Urteil des Landgerichts E vom 25. April 2013 (Geschäftsnummer: 126 Js 32777/10 6 Ks jug) eine Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchter gefährlicher Körperverletzung verhängt. Die Unterbringung des Verurteilten in einer Erziehungsanstalt ist gleichzeitig angeordnet worden.

2

Mit Beschluss vom 2. Juni 2014 (Geschäftsnummer: VRJs 21/13), rechtskräftig seit dem 4. Juli 2014, setzte das Amtsgericht Hildburghausen die weitere Vollstreckung der Unterbringung in einer Erziehungsanstalt sowie die Restjugendstrafe aus dem vorgenannten Urteil zur Bewährung aus. Die Bewährungszeit ist auf drei Jahre festgesetzt worden. Der Verurteilte ist für die Dauer der Bewährungszeit und der eingetretenen Führungsaufsichtszeit der Aufsicht und Leitung des Bewährungshelfers unterstellt worden. Ferner ist er angewiesen worden, sich in einer Nachsorgeeinrichtung in Form einer stationären Wohnform weiter betreuen zu lassen sowie nach näherer Weisung des Bewährungshelfers, regelmäßig Alkohol- und Drogenkontrollen zu unterziehen sowie auf den Konsum von Alkohol und legalen Drogen zu verzichten. Der Verurteilte ist am 11. August 2014 aus der Unterbringung entlassen worden. Die Bewährungsaufsicht ist mit Beschluss vom 4. September 2014 vom Amtsgericht Hildburghausen an das für den Wohnort zuständige Amtsgericht Quedlinburg abgegeben worden.

3

Der Verurteilte nahm zunächst seinen Aufenthalt in der Einrichtung Intensiv betreutes Wohnen, Haus am W, … in T. Mit Bericht vom 19. Januar 2015 teilte der Bewährungshelfer, Herr M, mit, dass der Verurteilte seit dem 24. Dezember 2014 unbekannten Aufenthaltes sei. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft E vom 20. Februar 2015 erließ das Amtsgericht Quedlinburg am 9. März 2015 Sicherungshaftbefehl gegen den Verurteilten. Zur Begründung führte es aus, dass der Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung in Betracht komme, da der Verurteilte keinen Kontakt zum Bewährungshelfer halte, er seit dem 24. Dezember 2014 aus der Intensivwohneinrichtung abgängig sei und der Haftgrund der Fluchtgefahr bestehe, da der Aufenthaltsort des Verurteilten nicht zu ermitteln sei.

4

Mit Bericht vom 18. März 2015 zeigte der Bewährungshelfer an, dass der Verurteilte sich nunmehr bei seiner Mutter in A in der B.straße … aufhalte, dort aber nicht gemeldet sei. Den Bewährungsauflagen käme der Verurteilte zurzeit nicht nach. Im Rahmen der Amtshilfe sei der Verurteilte von einer Kollegin aus A zu einem Gespräch aufgesucht worden, das auch durchgeführt worden sei.

5

Am 31. März 2015 verkündete das Amtsgericht Weimar (Geschäftsnummer: 2 Gs 19/15) dem Verurteilten den Sicherungshaftbefehl vom 9. März 2015. Der Verurteilte hat hierzu erklärt, dass er sich seit Dezember 2014 wieder in A aufhalte und bei seiner Mutter … in der B.straße … in A wohne. Er habe den letzten Kontakt zur Bewährungshilfe in Quedlinburg im Dezember 2014 gehabt und bereits zwei Termine bei Frau E von der Bewährungshilfe in A wahrgenommen.

6

Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 31. März 2015 legte der Verurteilte Beschwerde gegen den Sicherungshaftbefehl ein. Zur Begründung führt er aus, dass er sich bei der Bewährungshelferin Frau E gemeldet habe, das Nichteinhalten der Bewährungsauflagen allein nicht einen Widerrufsgrund begründe, zumal neue Straftaten nicht bekannt seien.

7

Mit Verfügung vom 31. März 2015 hat das Amtsgericht Quedlinburg der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

8

1. Die gem. §§ 304 Abs. 1, 305 S. 2 StPO zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

9

Gemäß § 453 c Abs. 1 StPO i. V. m. § 2 JGG kann das Gericht bis zur Rechtskraft des Widerrufsbeschlusses, um sich der Person des Verurteilten zu versichern, vorläufige Maßnahmen treffen, notfalls unter den Voraussetzungen des § 112 Abs. 2 Nr. 1 und 2 StPO, oder, wenn bestimmte Tatsachen die Gefahr begründen, dass der Verurteilte erhebliche Straftaten begehen werde, einen Haftbefehl erlassen, wenn hinreichende Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass die Aussetzung widerrufen werden wird. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Sicherungshaftbefehls am 9. September 2015 bestand der Haftgrund der Fluchtgefahr, da der Aufenthalt des Verurteilten zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war.

10

Bereits vor Verkündung des Haftbefehls am 31. März 2015 ist die Fluchtgefahr allerdings entfallen. Mit Bericht vom 18. März 2015 teilte der Bewährungshelfer dem Amtsgericht Quedlinburg den jetzigen Aufenthalt des Verurteilten mit. Angesichts dessen, dass zum Zeitpunkt der Mitteilung des neuen Aufenthaltes durch den Bewährungshelfer die Fahndungsmaßnahmen noch nicht veranlasst gewesen sind, ist davon auszugehen, dass der Verurteilte sich selbst bei der Bewährungshilfe gemeldet hat. Der Verurteilte hat zudem erneut Kontakt zur Bewährungshilfe nach seinen eigenen Angaben hergestellt. So erklärte der Verurteilte im Rahmen der Verkündung des Haftbefehls am 31. März 2015, dass er mit der Bewährungshilfe, wenn auch mit der in A, bereits mehrfach Kontakt gehabt habe. Das wieder Kontakt mit der Bewährungshilfe besteht, ist auch der Mitteilung des Bewährungshelfers Herrn M zu entnehmen, der im Bericht vom 18. März 2015 angegeben hat, dass ein Gespräch mit der Bewährungshilfe im Rahmen der Amtshilfe erfolgt sei.

11

Angesichts all dieser Umstände sind Maßnahmen zur Sicherung der Strafvollstreckung und der Verhinderung der Flucht des Verurteilten vor Rechtskraft eines Widerrufsbeschlusses vorliegend nicht mehr angezeigt. Eine Notwendigkeit, sich der Person des Verurteilten derzeit zu versichern, besteht angesichts dessen nicht mehr.

12

Nach alledem war der Haftbefehl vom 9. März 2015 aufzuheben.

13

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 473 StPO.


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