Beschluss vom Landgericht Stendal (Strafvollstreckungskammer) - 509 StVK 254/14

Tenor

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 04.04.2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens sowie die notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin zu tragen.

Der Streitwert wird auf bis 500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die Herausgabe von Paketen mit Nahrungsergänzungsmitteln durch die Antragsgegnerin.

2

Der Antragsteller befindet sich seit dem 18.08.2009 in Haft in der JVA ...... Im Anschluss an die Freiheitsstrafe ist die Sicherungsverwahrung des Antragsstellers angeordnet. Der Antragsteller ließ sich auf dem Weg eines genehmigten „Drittpaketes“, welches am 27.03.2014 in der JVA ..... eintraf, Nahrungsergänzungsmittel, nämlich 500 Gramm Creatin sowie 2200 Gramm Protein zusenden. Bei der Ausgabe des Paketes wurde dem Antragsgegner die Aushändigung des Paketes verweigert. Zugleich wurde ihm mitgeteilt, dass die genannten Nahrungsergänzungsmittel durch die von der Anstalt beauftragte Apotheke erhältlich seien.

3

In einem Merkblatt mit Inhaltsverzeichnis zum Empfang von Pakten regelt die Antragsgegnerin, welche Paketinhalte zum Empfang zugelassen werden bzw. welche ausdrücklich nicht genehmigungsfähig sind. Hiernach sind insbesondere Muskelaufbaupräparate von der Antragsgegnerin nicht zugelassen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Merkblatt der Antragsgegnerin, Bl. 18-19 d.A. Bezug genommen.

4

Der Antragssteller ist der Ansicht, er habe ein Recht auf den Bezug der genannten Nahrungsergänzungsmittel, wenn diese auch in der von der Anstalt beauftragten Apotheke käuflich zu erwerben seien. Des Weiteren greife die Argumentation des Kontrollaufwandes nicht, da auch die von der Antragsgegnerin zugelassenen Stoffe wie Kaffee oder Zucker gleichermaßen überprüft werden müssten. Hinsichtlich der Einzelheiten zum Vortrag des Antragstellers wird auf die Antragsschrift vom 04.04.2014, Bl. 2-9 d.A., sowie auf seinen darauffolgenden Schriftsatz, Bl. 21-24 d.A., Bezug genommen.

5

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

6

die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller die beiden Pakete mit dem Inhalt „Creatin Monohydrate (Real Supps) 500g“ und „Strong Proten (Downinator) 2200 g“ auszuhändigen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Antrag abzulehnen.

9

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, der Bezug von Nahrungsergänzungsmitteln per Paket könne ausgeschlossen werden, da der unkontrollierte und unreglementierte Bezug dieser Produkte die Sicherheit und Ordnung der Anstalt gefährde. Die genannten Stoffe Kreatin und Protein würden im Regelfall - wie im Fall des Antragstellers auch - in pulverisierter Form geliefert werden. Die Behälter wären bei Bezug auf dem Paketweg von einer Privatperson zu röntgen, darüber hinaus wäre der Inhalt zu sieben und auf unerlaubte Bestandteile zu analysieren. Insbesondere könnten hierdurch Rauschmittel in die Anstalt eingebracht werden, wobei im Falle von Kreatin die Geschmacksneutralität hinzukomme. Um Missbräuche auszuschließen, bestehe für die Gefangenen die Möglichkeit eines Bezuges dieser Stoffe bei einer beauftragten Apotheke bzw. bei einem von ihr beauftragten Händler. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 29.04.2014, Bl. 14-16 d.A., sowie vom 03.06.2014, Bl. 27 d.A., Bezug genommen.

10

Hinsichtlich des übrigen Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien in der Gerichtakte Bezug genommen.

II.

1.

11

Der Antrag auf Herausgabe der Pakete unter Aufhebung der Maßnahme der entsprechenden Verweigerung ist als Verpflichtungsantrag gemäß § 109 Abs. 1 S.2 StVollzG zulässig, aber unbegründet. Die Maßnahme der Verweigerung der Herausgabe der Pakete ist rechtmäßig. Der Antragsteller hat dementsprechend keinen Anspruch auf Herausgabe der von ihm begehrten Pakete.

12

Gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 StVollzG darf der Gefangene grundsätzlich drei Mal jährlich in angemessenen Abständen ein Paket mit Nahrungs- und Genussmitteln empfangen. Bei den vom Antragsteller begehrten Paketinhalten „Creatin Monohydrate (Real Supps) 500g“ und „Strong Proten (Doninator) 2200g“ handelt es sich unstreitig um Nahrungsergänzungsmittel, die ihrem Sinn und Zweck nach zumindest als Genussmittel im Sinne von § 33 Abs. 1 S. 1 StVollzG zuzuordnen sind, so dass sie § 33 Abs. 1 S. 1 StVollzG grundsätzlich unterfallen. Gemäß § 33 i.V.m. § 22 Abs. 2 StVollzG können von der Anstalt jedoch Gegenstände, die die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährden, vom Bezug durch Paket ausgeschlossen werden. Die Begriffe „Gefährdung der Sicherheit“ und „Gefährdung der Ordnung“ stellen unbestimmte Rechtsbegriffe ohne Beurteilungsspielraum dar, die der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegen. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen steht ein Verbot im Ermessen der Vollzugsbehörde (Arloth, StVollzG, § 22, 2. Aufl. 2008, Rn. 4).

13

Vorliegend gefährden die Paketinhalte die Sicherheit der Anstalt. Zwar ergibt sich eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung nicht aus dem vom Antragsteller behaupteten Paketinhalt selbst, nämlich den Nahrungsergänzungsmitteln Kreatin und Protein. Durch die Deklarierung eines Paketinhaltes mit diesen Stoffen kann Gefangenen jedoch die Einbringung verbotener Stoffe - insbesondere verbotener Substanzmittel - ermöglicht werden, wobei die Überprüfung einen unzumutbaren Aufwand für die Anstalt erfordern würde. Das Vorligen einer Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung kann auch aufgrund der grundsätzlich gegebenen Eignung eines Gegenstandes für sicherheits- und ordnungsgefährdende Verwendungen bejaht werden, sofern konkrete derartige Verwendungen nur mit einem von der Anstalt nicht erwartbaren Kontrollaufwand ausgeschlossen werden können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 31.3.2003, NJW 2003, 2447; OLG Hamm, Beschl. v. 17.11.1986. 1 Vollz (Ws) 221/86, zitiert nach juris). Dies gilt im Falle von Nahrungs- und Genussmitteln im Sinne von § 33 Abs. 1 StVollzG insbesondere, wenn sich der einzubringende Gegenstand für die Einbringung verbotener Stoffe eignet (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 09.06.1994, 1 Vollz (Ws) 116/94, zitiert nach juris). Dies ist bei Nahrungsergänzungsmitteln der Fall. Die vom Antragsteller einzubringenden Stoffe liegen in pulverisierter Form vor, wobei die Beschaffenheit der Stoffe - etwa durch die von der Antragsgegnerin angeführte Geschmacksneutralität von Kreatin - sich zur Beimischung verbotener Rauschmittel ohne Weiteres eignet. Darüber hinaus können hierdurch auch Substanzen beigemischt werden, die sich zur Durchführung von Befreiungsversuchen eigenen können (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 31.12.1991, 2 VAs 8/91, zitiert nach juris). Um eine Gefährdung der Einbringung verbotener Stoffe auszuschließen, wären die vom Antragsteller begehrten Behälter, in denen sich die Stoffe befinden, zu röntgen, der Inhalt zu sieben und auf unerlaubte Bestandteile zu analysieren. Ein derartiger, in technischer, zeitlicher und finanzieller Hinsicht äußerst aufwändiger Kontrollprozess ist der Antragsgegnerin nicht mehr zumutbar.

14

Sofern der Antragsteller die Ansicht vertritt, dass die Überprüfung der zugelassenen Stoffe wie Kaffee oder Zucker einen gleichartigen Aufwand erfordere, ändert dies nichts an dem vorhandenen erheblichen Kontrollaufwand in Bezug auf die vom Antragsteller begehrten Paketinhalte, die aus den oben genannten Gründen die Sicherheit der Anstalt gefährden. Dabei steht es gemäß § 33 i.V.m. § 22 Abs. 2 StVollzG im Ermessen der Vollzugsanstalt, ob sie die gefährdenden Stoffe verbietet oder nicht. Der grundsätzlichen Möglichkeit, die vom Antragsteller begehrten Genussstoffe in der Vollzugsanstalt beziehen zu können, hat die Antragsgegnerin durch das Anbieten des Bezugs durch eine beauftragte Apotheke bzw. durch einen beauftragten Händler hinreichend Rechnung getragen.

2.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 StVollzG.

16

Der Streitwert war gemäß §§ 52, 60 GKG festzusetzen.


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