Beschluss vom Landgericht Stendal (5. Zivilkammer) - 25 T 208/14

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stendal vom 24. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Die Gläubigerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Gläubigerin vollstreckt gegen den Schuldner Unterhaltsansprüche aus einem Beschluss des Amtsgerichts Stendal vom 19. November 2012, Aktenzeichen 5 F 864/11 UK. Aus diesem Grund beantragte sie am 19. Juni 2014 beim Amtsgericht Stendal den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Diesen hat das Amtsgericht am 25. Juni 2014 erlassen und bestimmt, dass dem Schuldner von dem errechneten Nettoeinkommen bis zur Deckung des Gläubigeranspruchs ein eigener notwendiger Unterhalt in Höhe von 820,00 € monatlich verbleibt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss Bezug genommen (Blatt 3 ff. d. A.).

2

Am 7. Oktober 2014 erschien der Schuldner auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts und beantragte, die Pfändung von Nachtschichtzuschlägen gemäß § 850a Nr. 3 ZPO aufzuheben. Dem Antrag fügte er Verdienstbescheinigungen bei, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner steuerfreie Nachtzuschläge in Höhe von 25, 40 und 50 Prozent erhält. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verdienstbescheinigungen (Blatt 50 und 51 d. A.) Bezug genommen.

3

Nach Anhörung der Gläubigerin bestimmte das Amtsgericht mit dem hier angefochtenen Beschluss, dass die vom Schuldner erwirtschafteten Nachtschichtzuschläge gemäß § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar sind und der Drittschuldner diese Beträge an den Schuldner auszuschütten habe. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass Nachtschichtzuschläge nach der jüngeren verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und teilweise auch der zivilgerichtlichen Rechtsprechung nach der Vorschrift des § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar seien. Dies ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte der Norm, wonach durch die Unpfändbarkeit der Anreiz für bestimmte Tätigkeiten geschaffen werden soll. Hierbei seien die belastenden Auswirkungen der Nacht- und Schichtarbeit auf die Gesundheit zu berücksichtigen.

4

Gegen diesen den Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin am 31. Oktober 2014 zugestellten Beschluss hat diese mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 3. November 2014, beim Amtsgericht am 4. November 2014 eingegangen, form- und fristgerecht sofortige Beschwerde erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Entscheidung des VG Kassel vorliegend nicht anwendbar sei. Im vorliegenden Falle werde Mindestunterhalt eines minderjährigen Kindes vollstreckt, so dass der Schuldner grundsätzlich alles verwertbare Einkommen einzusetzen habe. Hierzu würden auch Nachtschichtzuschläge gehören, so dass diese ebenfalls dem pfändbaren Einkommen unterlägen. Es könne nicht sein, dass solche Einkünfte im Rahmen eines Unterhaltsprozesses als verwertbares Einkommen zu berücksichtigen seien, um dann im Rahmen der Pfändung besonderen Pfändungsschutz zu genießen.

5

Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zu Entscheidung vorgelegt. Der Schuldner hatte im Beschwerdeverfahren rechtliches Gehör, er hat sich zur Sache nicht geäußert.

II.

6

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

7

Die sofortige Beschwerde ist nach § 793 ZPO statthaft. Das Amtsgericht hat, indem es die Unpfändbarkeit der Nachtschichtzuschläge angeordnet hat, den Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zu Lasten der Gläubigerin abgeändert, weswegen diese durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist. Die sofortige Beschwerde ist auch form- und fristgerecht erhoben worden.

8

Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet. Das Amtsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Nachtschichtzuschläge, die der Schuldner erzielt, der Regelung des § 850a Nr. 3 ZPO unterfallen (1.). Die Besonderheiten der Unterhaltspfändung rechtfertigen keine andere Betrachtung (2.).

1.

9

Die vom Schuldner erzielten Nachtzuschläge sind nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbar.

a.

10

Die genannte Vorschrift ist durch Artikel 1 Nr. 12 des Gesetzes über Maßnahmen auf dem Gebiet der Zwangsvollstreckung vom 20. August 1953 (Bundesgesetzblatt I Seite 952) in die Zivilprozessordnung eingefügt worden. Vorausgegangen war der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 5. April 1952 (Bundestagsdrucksache 1/3284). In dem Gesetzentwurf wird die vorliegend relevante Norm auf Seite 20 behandelt. Laut der Gesetzesbegründung sollte mit dem Gesetz die Lohnpfändungsverordnung in die ZPO übernommen werden (vgl. Bundestagsdrucksache 1/3284, Seite 20). Die dem Gesetzentwurf anliegende Stellungnahme des Bundesrates enthält keine Stellungnahme zu der hier einschlägigen Norm (vgl. Bundestagsdrucksache 1/3284, Seite 26 ff.)

b.

11

Von dieser Entstehungsgeschichte ausgehend ist die zivilrechtliche Kommentierung in der Vergangenheit überwiegend davon ausgegangen, dass von § 850a Nr. 3 ZPO nur solche Zulagen für gewisse Sprengarbeiten, Giftzulagen und dergleichen erfasst sind. Erschwerniszulagen müssen nach Auffassung dieser Kommentierung zur Abgeltung einer durch die Eigentümlichkeit der Arbeit verursachten Erschwernis gewährt werden. Dementsprechend fällt nach dieser Ansicht der hier streitgegenständliche Nachtschichtzuschlag nicht unter § 850a Nr. 3 ZPO, da es sich insoweit um eine reine Leistungszulage handele (vgl. Bremen in Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Aufl., § 850a, Rn. 10 und Rn. 24; Schmidt in MüKo ZPO, 3. Aufl., § 850a, Rn. 14, Stöber in Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 850a, Rn. 14; Ahrens in Prütting/Gehrlein, ZPO, 2. Aufl., § 850a, Rn. 12).

12

Im Wesentlichen nehmen die genannten Kommentarstellungen Bezug auf eine Entscheidung des LAG Frankfurt (LAG Frankfurt, DB 1989, 1732) und auf einen Bescheid des Bundesministers der Justiz (BJM, BB 1952, S. 859). Das LAG Frankfurt setzt sich in seiner Entscheidung nicht mit den Gesetzgebungsmaterialien auseinander, sondern nimmt nur Bezug auf eine herrschende Meinung, die eine Unpfändbarkeit dann verneine, wenn die Zulage nur dazu diene, einen Ausgleich für die ungünstige oder unbequeme Lage der Arbeit zu schaffen (vgl. LAG Frankfurt, Urteil vom 25.11.1988, Az: 13 SA 359/88, erster Orientierungssatz, zitiert nach juris gleich DB 1989, S. 1732). In dem zitierten Bescheid des Bundesministers der Justiz vom 13. August 1952 soll dieser im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit ausweislich der genannten Fundstelle den Begriff der Schmutz- und Erschwerniszulagen im Sinne des § 3 Nr. 3 der Verordnung zur einheitlichen Regelungen des Pfändungsschutzes für Arbeitseinkommen - Lohnpfändungsverordnung 1940 - vom 30. Oktober 1940 (Reichsgesetzblatt I Seite 1451) in der Fassung des Gesetzes vom 22. April 1952 (Bundesgesetzblatt I Seite 247) dahin erläutert haben, dass darunter nur solche Lohnzuschläge zu verstehen seien, die zur Abgeltung einer durch die Eigentümlichkeit der Arbeit verursachten Erschwernis gewährt werden. Dies gelte insoweit nicht für Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit (vgl. hierzu die Nachweise in OVG Lüneburg, Beschluss vom 17.09.2009, Az: 5 ME 186/09, Rn. 5 m. w. N., zitiert nach Juris).

c.

13

Diese Auslegung des § 850a Nr. 3 ZPO ist nachfolgend in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung hinsichtlich der Zulagen für Beamte gem. § 3 EZulV kritisiert worden. Das Verwaltungsgericht Hannover hatte mit Beschluss vom 15. Juni 2009 (Az: 2 B 1717/09) erstmals ausgeführt, dass Schichtzulagen und Zulagen für verdienstungünstige Zeiten unpfändbare Dienstbezüge im Sinne des § 850a Nr. 3 ZPO sind (vgl. VG Hannover, Beschluss vom 15. Juni 2009, Az: 2 B 1717/09, erster Leitsatz und Rn. 14, zitiert nach juris). Dem haben sich sowohl das OVG Lüneburg (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 17. September 2009, Az: 5 ME 186/09, Leitsatz, zitiert nach juris) und das VG Kassel angeschlossen (vgl. VG Kassel, Beschluss vom 03. Juni 2013, Az: 1 K 1496/12.KS, Leitsatz, zitiert nach juris).

14

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass bereits der Wortlaut des § 850a Nr. 3 ZPO gegen eine Differenzierung zwischen verschiedenen Erschwerniszulagen spreche, da die Vorschrift ausdrücklich neben Erschwerniszulagen noch Gefahrenzulagen und Schmutzzulagen anführt, die aber gerade an die Art der ausgeübten gefährlichen und schmutzigen Tätigkeit anknüpfen. Aus der Entstehungsgeschichte des § 850a Nr. 3 ZPO lasse sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen sei, dass Erschwerniszulagen differenziert zu behandeln wären. Andernfalls hätte eine gesetzgeberische Klarstellung nahegelegen, den Gesetzgebungsmaterialien sei eine solche Auslegung jedenfalls nicht zu entnehmen. Die gegenteilige Auffassung des LAG Frankfurt überzeuge nicht, da sich diese nicht mit den Gesetzgebungsmaterialien auseinandergesetzt und nur auf eine herrschende Ansicht Bezug genommen habe. Auch der Bescheid des Bundesministers der Justiz vom 13. August 1952 überzeuge insofern nicht (vgl. OLG Lüneburg, a. a. O., Rn. 10 und 11, zitiert nach juris).

d.

15

Im Anschluss an diese verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung wird in vereinzelten zivilrechtlichen Kommentaren nunmehr auch von der Unpfändbarkeit von Erschwerniszulagen aufgrund des zeitlichen Rahmens der Tätigkeit ausgegangen (vgl. Riedel in BeckOK ZPO, Edition 15, § 850a, Rn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl., § 850a, Rn. 6 i, Ahrens in Prütting/Gehrlein, ZPO, 6. Aufl., § 850a Rn 12; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl., § 850a Rn 4). Auch in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung (Insolvenzrecht) wurde die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur EZulV übernommen (vgl. LG Hannover, Beschluss vom 21. März 2012, Az: 11 T 6/12, Orientierungssatz, zitiert nach juris).

e.

16

Vorliegend ist nicht eine Zulage nach § 3 EZulV streitgegenständlich, sondern eine von einem privaten Arbeitgeber gewährte Zulage für Nachtarbeit. Eine solche Zulage kann aufgrund Individualvereinbarung, Tarifvertrag oder aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung (§ 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz) gezahlt werden. Für diese Form der Zulage ist noch nicht entschieden, ob sie der Regelung des § 850a Nr. 3 ZPO unterfällt.

17

Die Kammer hält diese privatrechtliche Erschwerniszulage im Anschluss an die oben dargestellte verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung für unpfändbar im Sinne von § 850a Nr. 3 ZPO. Wie das Oberverwaltungsgericht Lüneburg zu Recht ausgeführt hat, ist es mit dem Wortlaut der Norm schon nicht vereinbar, dass gewährte Zulagen für ungünstige Arbeitszeit von der Anwendung des § 850a Nr. 3 ZPO ausgenommen werden. Die bisherige in einer Vielzahl von Kommentaren vertretene andere Auffassung überzeugt nicht. Der Wortlaut der Norm differenziert zwischen Gefahren-, Schmutz- und Erschwerniszulagen. Hätte der Gesetzgeber die Zulagen für ungünstige Arbeitszeit von dieser Regelung ausnehmen wollen, um nur Erschwernisse, die an eine bestimmte Art der Arbeit geknüpft sind von der Pfändung auszunehmen, so hätte er das Wort "Erschwerniszulage" einfach aus der Norm streichen können. Auch aus den Gesetzgebungsmaterialien ergibt sich kein Anhaltspunkt, dass der Gesetzgeber eine einschränkende Auslegung des § 850a Nr. 3 ZPO, wie sie bisher von der Rechtsprechung vertreten wurde, vornehmen wollte.

18

Für die Frage der Unpfändbarkeit kann es auch nicht darauf ankommen, ob die Zulage aufgrund einer gesetzlichen Bestimmung für Beamte (hier § 3 EZulV) oder aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages gewährt werden. Beide Zulagen verfolgen den Zweck, dass der betroffene Arbeitnehmer/Beamte einen Ausgleich für die mit der Arbeitszeit verbundenen Belastungen (Störungen im Lebensrhythmus und gesellschaftliche Nachteile) erhält. Auch im Privatrecht besteht insofern ein Anspruch auf Ausgleich nach § 6 Abs. 5 Arbeitszeitgesetz, wobei dieser - in Ermangelung tarifvertraglicher Regelungen - auch durch Gewährung zusätzlicher freier Tage erbracht werden kann. Hinzu kommt, dass die Regelungen in § 3 EZulV und § 3d Einkommenssteuergesetz hinsichtlich der Definition von Nachtarbeit und der einzelnen Regelungen (Beginn der Arbeitszeit) identisch sind und somit auch eine identische Behandlung in verwaltungsgerichtlicher und zivilgerichtlicher Rechtsprechung angezeigt ist.

19

Betrachtet man den oben dargestellten Sinn und Zweck der Nachtzuschläge, so ist eine gewisse Ähnlichkeit zu den Zuschlägen für gefährliche Arbeit festzustellen. Durch die Nachtarbeit wird der Lebensrhythmus des Arbeitnehmers gestört, was ebenso gesundheitliche Folgen haben kann wie bestimmte gefährliche Arbeiten, für die eine besondere Zulage gewährt wird. Auch unter diesem Aspekt ist eine Anwendung des § 850a Nr. 3 ZPO vorliegend angezeigt.

20

Aufgrund dieser Ausführungen sind die dem Schuldner gewährten Nachtzuschläge pfändungsfrei gemäß § 850a Nr. 3 ZPO.

21

Die Kammer konnte auch nicht feststellen, dass sich diese Zuschläge außerhalb des Üblichen bewegen. Der Schuldner ist bei der CC beschäftigt. Bei dieser handelt es sich um eine Firma, die Großhandel mit Obst, Gemüse und Spezialitäten sowie einen Gastronomieservice betreibt. Aufgrund des Einkaufsverhaltens ihrer Kunden ist hier davon auszugehen, dass gelegentlich Nachtarbeit anfällt. Ausgehend von der Verdienstbescheinigung (Blatt 51 d. A.) erzielte der Schuldner ein Bruttoeinkommen von 1.550,71 €, hiervon entfielen 305,71 € auf die genannten Nachtzuschläge, womit der Schuldner lediglich 19,71 % seines monatlichen Gesamteinkommens über Nachtzuschläge erwirtschaftete. Dementsprechend kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich insoweit um Zuschläge handelt, die außerhalb des Üblichen liegen.

2.

22

Soweit die Schuldnerin einwendet, dass die Besonderheiten der Unterhaltsvollstreckung eine andere Beurteilung rechtfertigen, so hat sie damit keinen Erfolg. Die Schuldnerin weist zwar zu Recht darauf hin, dass für die Pfändung von Unterhalt für ein minderjähriges Kind Besonderheiten gelten. Diese sind in § 850d ZPO geregelt. Nach § 850d Abs. 1 ZPO ist wegen der Unterhaltsansprüche, die Kraft Gesetzes einem Kind zustehen, das Arbeitseinkommen und die in § 850a Nr. 1, 2 und 4 ZPO genannten Bezüge ohne die in § 850c bezeichneten Beschränkungen pfändbar. Die Norm des § 850d Abs. 1 ZPO nimmt gerade die Vorschrift des § 850a Nr. 3 ZPO von dieser erweiterten Pfändung aus. Auch ein Unterhaltsgläubiger kann daher keine Bezüge nach § 850a Nr. 3 ZPO pfänden (vgl. Stöber in Zöller, a. a. O., § 850d, Rn. 6).

23

Die Gläubigerin ist jedoch nicht rechtschutzlos gestellt, da die Zulagen nach § 850a Nr. 3 ZPO an anderer Stelle pfändungsrechtlich relevant werden. Nach § 850d Abs. 1 ZPO ist dem Schuldner so viel zu belassen, wie er für seinen notwendigen Unterhalt benötigt. Erzielt der Schuldner pfändungsfreies Einkommen, auf das der Unterhaltsgläubiger keinen Zugriff hat, so wirkt sich dieses Einkommen auf den notwendigen Lebensunterhalt des Unterhaltsschuldners aus, so dass die nach § 850a Nr. 3 ZPO unpfändbare Zulage bei der Bestimmung des pfändungsfreien Betrages des Schuldners (§ 850d Abs. 1 S. 2 ZPO) als Abzugsposten zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1980, Az.: IV ZR 115/78, Rdn. 19, zitiert nach Juris = MDR 1980, S. 385). Vorliegend hätte dies zur Folge, dass ggf. eine Reduzierung des pfändungsfreien Betrages von 820,00 € zu erfolgen hätte. Diese Abänderung kann die Gläubigerin jedoch nicht im vorliegenden Beschwerdeverfahren erreichen. Sie ist vielmehr durch einen zusätzlichen Antrag bei dem Amtsgericht geltend zu machen.

III.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, da sich die Parteien vorliegend kontradiktorisch gegenüberstehen.

IV.

25

Die Rechtsbeschwerde war nach der Vorschrift des § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

26

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt wird (vgl. Heßler in Zöller, a. a. O., § 543 Rn. 11 m. w. N.).

27

Vorliegend betrifft die Frage, ob privatrechtlich gewährte Nachtzuschläge der Pfändungsfreiheit nach § 850a Nr. 3 ZPO unterliegen eine unbestimmte Vielzahl von Fällen. Insofern hat die Allgemeinheit auch ein Interesse daran, dass diese Frage von den Gerichten einheitlich behandelt wird, weswegen die vorliegende Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

28

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nach § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Die Fortbildung des Rechts durch das Rechtsbeschwerdegericht ist notwendig, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des Verfahrensrechts aufzuzeigen (vgl. Heßler in Zöller, a. a. O., Rn. 12). Vorliegend gebietet es die Fortbildung des Rechts zu klären, ob an der bisherigen überwiegenden zivilrechtlichen Rechtsprechung zu den Erschwerniszulagen, wie sie vom LAG Frankfurt vorgenommen und von verschiedenen namhaften Kommentaren vertreten wird, festzuhalten ist, oder ob die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung Zustimmung verdient. Daher ist auch unter diesem Aspekt eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichtes erforderlich.


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