Beschluss vom Landgericht Stuttgart - 19 T 43/15

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 16.01.2015 - 209 XIV 187/15 - wird zurückgewiesen.

2. Dem Antragsgegner wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe ohne Raten bewilligt und Rechtsanwalt Fahlbusch, Hannover, beigeordnet.

3. Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Veranlassung für eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten besteht nicht.

Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren: EUR 5.000,00

Gründe

 
I.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 16.01.2015 wurde auf Antrag der Antragstellerin/Regierungspräsidium Karlsruhe gegen den Antragsgegner, kosovarischer Staatsangehöriger, sofort wirksam die Abschiebehaft gem. § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und Nr. 5 AufenthG bis 26.02.2015 angeordnet.
Bereits zuvor war der Antragsgegner am 06.12.2014 in Bad Feilnach durch Beamte der Bundespolizeiinspektion Rosenheim kontrolliert worden, wobei er keinen Pass, Passersatz und keinen Aufenthaltstitel vorweisen konnte. Am 22.12.2014 war er hierauf in den Kosovo abgeschoben worden. Am 15.01.2015 gegen 10.20 Uhr wurde er im Rahmen einer Verkehrskontrolle erneut in der Cannstatter Straße in 70190 Stuttgart als Mitfahrer in einem Fahrzeug mit österreichischer Zulassung angetroffen. Auch hierbei konnte er sich nicht ausweisen. Bei seiner persönlichen Anhörung durch das Amtsgericht mit Hilfe des Dolmetschers für albanische Sprache gab er an, er sei vor sechzehn bis siebzehn Tagen aus dem Kosovo geflüchtet, vor zwei bis drei Tagen nach Deutschland gekommen und beabsichtige in Karlsruhe Asyl zu beantragen.
Gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 16.01.2015, der dem Antragsgegner im Anhörungstermin bekannt gegeben wurde, legte sein Verfahrensbevollmächtigter mit Telefax vom 22.01.2015 Beschwerde ein und beantragte,
festzustellen, dass der angefochtene Beschluss den Betroffenen in seinen Rechten verletzt habe, sowie die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe.
Der Beschwerde half das Amtsgericht nicht ab und legte die Akten dem Beschwerdegericht, mit Eingang am 29.01.2015, zur Entscheidung vor.
Von der Antragstellerin wurde auf die Anfrage des Beschwerdegerichts mitgeteilt, der Antragsgegner befinde sich in Haft in der Gewahrsamseinrichtung für Ausländer in Ingelheim/Rheinland-Pfalz.
Mit der Beschwerdebegründung vom 03.02.2015 führt der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners aus, der Antragsgegner sei sofort freizulassen und die Rechtswidrigkeit des Beschlusses festzustellen. Gleichzeitig beantragt er, den angefochtenen Beschluss außer Vollzug zu setzen. Hierbei weist er auf den zwischenzeitlich am 26.01.2015 beim Bundesamt gestellten Asylantrag hin - über diesen ist noch nicht entschieden.
Zur Begründung bringt er im Wesentlichen vor, im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Beschlüssen vom 26.06.2014 - V ZB 31/14 - und vom 22.10.2014 - V ZB 124/14 - könne wie bei der Haft zur Sicherung von Überstellungsverfahren nach Art. 28 Dublin-III-Verordnung die Abschiebehaft bei Rückführungsverfahren nach der Richtlinie 2008/15/EG nicht auf den Haftgrund der Fluchtgefahr der nationalen Regelung nach § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG gestützt werden. Infolge des Asylantrages entfalle nunmehr der Haftgrund der unerlaubten Einreise nach § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AufenthG. Die gemeinsame Unterbringung von Abzuschiebenden, die ein Asylbegehren gestellt haben, mit Betroffenen, bei denen dies nicht der Fall ist, sei im Hinblick auf Art. 10 der Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU unzulässig. Die Ausführungen zur Haftdauer genügten nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der Haftantrag sei dem Antragsgegner nicht ausgehändigt worden.
Mit weiterem per Fax beim Amtsgericht eingegangenem und an das Amtsgericht adressiertem Schriftsatz vom 06.02.2015 beantragt der Verfahrensbevollmächtigte des Antragsgegners festzustellen, dass die Ingewahrsamnahme des Antragsgegners vom 15.01.2015, 15.00 Uhr, bis zum Erlass des Haftbeschlusses am 16.01.2015 rechtswidrig gewesen sei.
10 
Auf die Stellungnahme der Antragstellerin vom 10.02.2015 und die hierzu erfolgte Äußerung des Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners vom 11.02.2015 wird Bezug genommen.
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Die Kammer hat die angeforderte Akte des Regierungspräsidium Karlsruhe 81-a15/425957 per Fax am 12.02.2015 übermittelt erhalten. Aus der Auswertung der behördlichen Akte ergeben sich keine Gesichtspunkte, die für die Beurteilung der Haftvoraussetzungen, insbesondere der materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Haft, von Bedeutung sind, zumal die hier relevanten Verfügungen im Verfahren vorgelegt worden sind.
II.
12 
Die gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet.
13 
Die Kammer legt das Rechtsmittel des Antragsgegners gegen die Entscheidung des Amtsgerichts als Beschwerde gegen die andauernde Haftanordnung des Amtsgerichts aus sowie die Feststellung der Rechtswidrigkeit des bislang erfolgten Vollzugs der Haft.
14 
Auch der mit der Beschwerde erhobene Feststellungsantrag ist zulässig und kann unabhängig von einer Hauptsacheerledigung mit der Beschwerde gegen die Haftanordnung verbunden werden (BGH Beschluss v. 30.08.2012 - V ZB 12/12 - juris)
15 
Der Haftantrag ist ausreichend begründet gem. § 417 Abs. 2 S. 2 FamFG. Der Antrag legt Voraussetzungen, Durchführbarkeit und Dauer der beabsichtigten Abschiebung in das Kosovo im konkreten Fall hinreichend dar. Die Verfügung über die Abschiebungsandrohung der Bundespolizeiinspektion Rosenheim vom 06.12.2014 ist vorgelegt. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit Verfügung der Bundespolizeiinspektion Rosenheim vom 12.12.2014 - befristet bis 12.12.2016 - ist in Bezug genommen und mit dem Antrag vorgelegt. Der Empfang ist jeweils vom Antragsgegner unterschriftlich bestätigt.
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Auch die Abschiebungsandrohung der Antragstellerin vom 15.01.2015 ist vorgelegt und - nach der behördlichen Akte - der Erhalt gleichfalls unterschriftlich vom Antragsgegner bestätigt.
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Das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft gem. § 72 Abs. 4 AufenthG liegt vor.
18 
Der Haftantrag wurde dem Antragsgegner ausweislich des Anhörungsprotokolls vom 16.01.2015 bekannt gegeben und mündlich mittels Dolmetscher in die albanische Sprache übersetzt. Auf Anforderung wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners die bislang angefallene Akte (einschließlich des Antrages mit Anlagen) durch das Beschwerdegericht zur Kenntnis übersandt, mithin konnte sich der Betroffene über seinen Verfahrensbevollmächtigten hierzu äußern und hat sich dieser geäußert.
19 
Grundsätzlich ist dem Betroffenen eine Ablichtung des Haftantrages zu übergeben, der erforderlichenfalls mündlich übersetzt werden muss; beides ist in dem Anhörungsprotokoll oder an einer anderen Aktenstelle zu vermerken (BGH Beschluss v. 16.07.2014 - V ZB 80/13 - juris).
20 
Die - möglicherweise hier - unterbliebene Aushändigung des Haftantrages führt allerdings nur dann zu einer Aufhebung der Haftanordnung, wenn das Verfahren ohne diesen Fehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (BGH Beschluss v. 16.07.2014 - V ZB 80/13 - juris).
21 
Die Begründung des Haftantrages hier ist nicht so vielschichtig und umfangreich, dass sie bei einer mündlichen Übersetzung nicht hätte erfasst werden können. Dass der Antragsgegner - wenn ihm der Haftantrag bereits vor seiner Anhörung durch das Amtsgericht ausgehändigt worden wäre - tatsächliche oder rechtliche Umstände mit der Folge vorgebracht hätte, dass die Haftanordnung nicht ergangen wäre, wird mit der Beschwerde nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Vielmehr ergibt die protokollierte Einlassung des Antragsgegners vor dem Amtsgericht, dass er sich bewusst war, dass er zweimal illegal eingereist ist und bereits zuvor einmal abgeschoben worden war. Die Beschwerde befasst sich im Wesentlichen mit prozessualen und europarechtlichen Vorgaben.
22 
Der Antragsgegner ist aufgrund der Abschiebungsandrohung vom 15.01.2015 vollziehbar ausreisepflichtig (§§ 58, 59 AufenthG).
23 
Der Haftgrund der unerlaubten Einreise gem. § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AufenthG ist nicht - mehr - gegeben.
24 
Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Ausländer, die bei ihrer unerlaubten Einreise an der Außengrenze oder nach ihrer unerlaubten Einreise im Bundesgebiet um Asyl nachsuchen und dadurch kraft Gesetzes die Aufenthaltsgestattung erwerben (Winkelmann in Renner, Ausländerrecht, 10. Aufl. § 62 Rn. 60 m.w.N.).
25 
Der Antragsgegner hat aus der Haft am 26.01.2015 einen Asylantrag gestellt.
26 
Zu Recht hat das Amtsgericht gem. § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG die Sicherungshaft angeordnet, da es beim Antragsgegner aufgrund der vorliegenden Umstände einen begründeten Verdacht angenommen hat, der Antragsgegner werde sich der Abschiebung entziehen.
27 
Der begründete Verdacht, dass sich der Ausländer der Abschiebung entziehen will, kann sich aus entsprechenden Erklärungen oder aus dem Verhalten des Ausländers ergeben. Diese Voraussetzung ist nicht bereits dann erfüllt, wenn der Ausländer - wie hier - keine festen sozialen Bindungen im Bundesgebiet besitzt, keine verwandtschaftlichen Beziehung im Bundesgebiet hat oder mittellos ist. Hinzukommen müssen vielmehr konkrete Umstände, die den Verdacht der Absicht begründen, die Abschiebung zu verhindern oder ihr sonst zu entgehen (Winkelmann in Renner aaO Rn. 76, 77 m.w.N.).
28 
Solche weiteren konkreten Umstände sind hier gegeben. Der Antragsgegner ist - obgleich er kurz zuvor mit Sperrwirkung für eine erneute Einreise - bereits einmal abgeschoben worden war, erneut unerlaubt eingereist und hat sich illegal in Deutschland aufgehalten. Er ist nicht selbstständig und freiwillig nach dem Grenzübertritt bei der Ausländerbehörde erschienen. Bei einer Verkehrskontrolle konnte sein illegaler Aufenthalt festgestellt werden. Hierbei konnte er sich in keiner Weise ausweisen und war nicht im Besitz von Rückreisedokumenten. Nur mittels „FastID“ konnte seine Identität festgestellt werden. Mithin hat er durch Unterdrückung von Identitäts- oder Reisedokumenten über seine Identität getäuscht und muss unter Umgehung einer Grenzkontrolle eingereist sein. Diesem Sachverhalt tritt die Beschwerde auch nicht entgegen.
29 
Der Antragsgegner hat nicht glaubhaft gemacht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen wolle (§ 62 Abs. 3 S. 3 AufenthG).
30 
Der Anwendung der nationalen Vorschrift steht das Gemeinschaftsrecht hier nicht entgegen.
31 
Auf die Anwendbarkeit von Art. 28 Dublin-III-Verordnung und die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zur Sicherstellung des Überführungsverfahrens in den für das Asylverfahren zuständigen Mitgliedstaat mit Beschlüssen vom 26.06.2014 - V ZB 31/14 - und 22.10.2014 - V ZB 124/14 - (juris) kann sich der Antragsgegner direkt nicht berufen. Die Verordnung hat zwar gem. Art. 288 AEUV in der Fassung von 2012 allgemeine Geltung und ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Mithin enthält nunmehr das Gemeinschaftsrecht selbst Vorschriften für die Inhaftnahme von Ausländern zum Zwecke der Überstellung. Sie erfasst aber nach ihrem Regelungsgegenstand die vorliegende Konstellation einer Rückführung in den nicht dem Schengen-Abkommen unterliegenden Heimatstaat des Ausländers nicht, verlangt somit nicht für vorliegende Konstellation nach Art. 2 Buchstabe n Dublin-III-Verordnung gesetzlich festgelegte Kriterien zur Konkretisierung der im Gemeinschaftsrecht bestimmten Voraussetzungen der „Fluchtgefahr“, welche der Bundesgerichtshof in § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG nicht für gegeben erachtet.
32 
Die Rechtsgrundlage für die Abschiebungshaft im Rückführungsverfahren ergibt sich weiterhin aus dem nationalen Recht. Der Haftgrund der Fluchtgefahr bzw. Entziehungsabsicht ist im nationalen Recht auch durch die obergerichtliche Rechtsprechung hinreichend konkretisiert, objektiv und einzelfallbezogen definiert. Selbst das Strafrecht kennt in § 112 StPO den Begriff der „Fluchtgefahr“.
33 
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann sich, wenn ein Mitgliedstaat eine Richtlinie nicht fristgemäß oder unzulänglich umgesetzt hat, ein Einzelner gegenüber diesem Staat auf inhaltlich unbedingte und hinreichend genaue Bestimmungen der Richtlinie berufen (BGH, Beschluss vom 11.07.2013, V ZB 40/11; EuGH, Urteil vom 19.11.1991 in der Rechtssache C-6/90, Francovich u.a., Slg. 1991, I-5357 nach juris). Bei Art. 15 der Richtlinie 2008/115/EG handelt es sich um eine solche Bestimmung (Urteil vom 28.04.2011 in der Rechtssache C-61/11 PPU, El Dridi, Slg. 2011, I-3015 Rn. 47, zitiert nach juris).
34 
Zwar wurde durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthaltsrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union und zur Anpassung nationaler Rechtsvorschriften an den EU-Visakodex v. 22.11.2011 (BGBl. I 2258) eine deutsche Regelung zur Umsetzung der Richtlinienbestimmung getroffen. Mit dieser Regelung wurde die Richtlinienbestimmung zu Art. 15 jedoch nicht unzulänglich umgesetzt, indem die Haftgründe des § 62 Abs. 3 AufenthG beibehalten wurden.
35 
Die Inhaftnahme in Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/15/EG ist offener als in der Dublin-III-Verordnung gestaltet. Die angeführten Haftgründe sind, wie die Einleitung „insbesondere“ zeigt, nicht abschließend, sondern lediglich angeführte Beispiele, bei deren Vorliegen eine Inhaftnahme möglich ist. Dass das Haftregime im gewöhnlichen Rückführungsverfahren weiter gestaltet ist, zeigt sich auch daran, dass die Rückführungsrichtlinie neben der Fluchtgefahr auch noch ausdrücklich den Haftgrund der Umgehung oder Behinderung der Vorbereitung der Rückkehr oder des Abschiebungsverfahrens in Art. 15 Abs. 1 Buchstabe b benennt. Es ist somit nicht davon auszugehen, dass der Bundesgesetzgeber seinen Umsetzungsspielraum überschritten hat, auch wenn in Art. 3 Ziff. 7 der Richtlinie 2008/114/EU eine Definition des in der Richtlinie verwendeten Ausdruckes der „Fluchtgefahr“ enthalten ist, die Art. 2 Buchstabe n Dublin-III-VO entspricht.
36 
Wenn der Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern eines Gesetzes zur Neubestimmung der Aufenthaltsbeendigung und des Bleiberechts in Art. 1 (Änderung des Aufenthaltsgesetzes) zu Ziff. 1 Nr. 2 eine Konkretisierung des Begriffes der „Fluchtgefahr“ enthält, mithin wohl eine Angleichung an die Dublin-III-VO erfolgen soll, die auch eine Angleichung des Rückführungsgewahrsams beinhaltet, ist hieraus nicht der Rückschluss zwingend, das nationale Recht könne wegen eines Verstoßes gegen die Richtlinie gegenwärtig keine Anwendung mehr finden.
37 
Auf die in der Richtlinie 2013/33/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 (Aufnahmerichtlinie) zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, in Art. 10 Ziff. 3 erwähnte getrennte Unterbringung von in Haft genommenen Personen, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben und solchen, die keinen Antrag gestellt haben, kann sich der Antragsgegner nicht berufen.
38 
Nach Art. 31 der Aufnahmerichtlinie haben die Mitgliedstaaten bis zum 20.07.2015 Zeit, die Vorgaben der Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Vor Ablauf der Umsetzungsfrist und vor Umsetzung im innerstaatlichen Raum entfalten Richtlinien - wie ausgeführt - für den Einzelnen keine Rechtswirkungen, mit der Folge, dass er sich unmittelbar auf die Bestimmungen einer EU-Richtlinie berufen könnte.
39 
Der in der Haft gestellte Asylantrag steht der Haft gem. § 14 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AsylVfG nicht entgegen. Danach entsteht durch Asylantragstellung abweichend von § 55 Abs. 1 AsylVfG kein gesetzliches Aufenthaltsrecht, wenn der Ausländer sich bei Antragstellung - wie hier - in Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 AufenthG befindet. Die vierwöchige Frist des § 14 Abs. 3 S. 3 AsylVfG ist im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung noch nicht ergebnislos abgelaufen.
40 
Die Haftdauer ist im Antrag ausreichend begründet und ist verhältnismäßig. Wie ausgeführt, war für den Antragsgegner die Zustimmung zur Rückübernahme seitens der kosovarischen Behörden einzuholen, die auch bereits seit 21.01.2015 vorliegt. Zu berücksichtigen ist die Bearbeitungsdauer der daraufhin folgenden Ausstellung des Passersatzpapieres mit ca. weiteren 10 Tagen. Sodann ist ein Flug zu buchen. Mithin ist die vom Amtsgerichts antragsgemäß für erforderlich und verhältnismäßig erachtete Dauer der Abschiebehaft von sechs Wochen nicht zu beanstanden.
41 
Von einer persönlichen Anhörung des Antragsgegners hat die Kammer ausnahmsweise abgesehen, da das Amtsgericht den Antragsgegner bereits persönlich angehört hat, eine weitere Anhörung keine neuen Erkenntnisse verspricht und der Betroffene sich durch seinen Verfahrensbevollmächtigten äußern konnte und zum Sachverhalt keine neuen Tatsachen vorgetragen worden sind.
42 
Soweit der Antragsgegner die Kostenentscheidung im Beschluss des Amtsgerichts angreift, ist die Beschwerde in diesem Punkt schon mangels Beschwer nicht zulässig.
43 
Das Amtsgericht hat zwar in der angegriffenen Entscheidung im Tenor eine Gebühr in Höhe von EUR 18,00 (in der Begründung nach der KostO, die seit 31.07.2013 außer Kraft ist) festgesetzt. Die Gerichtskosten im freiheitsentziehenden Verfahren richten sich dagegen nach dem seit 01.08.2013 geltenden GNotKG. Gemäß KVfG 15212 Ziff. 4 beträgt die Gebühr 0,5 nach dem Gegenstandswert in § 34 Tabelle A. Da der Gegenstandswert nach § 36 Abs. 3 GNotKG auf EUR 5.000,00 festzusetzen wäre, ergibt sich aus diesem Geschäftswert eine volle Gebühr in Höhe von EUR 146,00, mithin eine 0,5 Gebühr mit einem Betrag in Höhe von EUR 73,00. Dieser festgesetzte Betrag liegt weit über dem vom Amtsgericht genannten Betrag.
44 
Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 81 FamFG und berücksichtigt die Verfahrenskostenhilfebewilligung.
45 
Die Rechtsbeschwerde war gem. § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG zuzulassen, denn der Frage, wie Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2008/15/EG auszulegen ist und dies Wirkung auf das nationale Recht entfaltet, kommt grundsätzliche Bedeutung zu.
46 
Wegen der Zulassung der Rechtsbeschwerde war die Kammer nicht verpflichtet, vor Erlass der Entscheidung die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung gem. Art. 267 AEUV vorzulegen.
47 
Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 36 Abs. 3, 61 GNotKG.
48 
Über den dem Landgericht vom Amtsgericht zur Akte weitergeleiteten, an das Amtsgericht adressierten Antrag hinsichtlich der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Gewahrsams bis zum Erlass der Haftanordnung hat die Beschwerdekammer nicht zu entscheiden.

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