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| Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Den Klägern steht gegen den Beklagten kein Schadensersatzanspruch zu, ein solcher ergibt sich auch nicht aus § 839 a BGB. |
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| Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 09.03.2006, III ZR 143/05, NJW 2006,1733) ist es zwar grundsätzlich möglich, dass einem Meistbietenden in einer Zwangsversteigerung, der den Zuschlag erhält, als Verfahrensbeteiligtem im Sinne des § 839 a BGB ein erstattungsfähiger Schaden entstehen kann, wenn die von einem gerichtlich bestellten Sachverständigen vorgenommene Wertermittlung objektiv unrichtig ist und der Meistbietende bei korrekter Wertfestsetzung das Grundstück zu einem niedrigeren Preis hätte ersteigern können. Dies gilt auch dann, wenn das zum Zuge gekommene Meistgebot unter dem Verkehrswert liegt. |
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| Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen ist jedoch bereits zweifelhaft (1), dem Beklagten kann aber jedenfalls nicht der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit bei der Verkehrswertermittlung gemacht werden (2). |
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| (1) Nach § 74 a Abs. 5 ZVG ist der Verkehrwert eines Grundstücks vom Vollstreckungsgericht festzusetzen. Nur soweit es sich als notwendig erweist, hat das Gericht zuvor einen Sachverständigen zu hören. Da es sich auch bei einem solchen Verkehrswertgutachten naturgemäß um eine Schätzung handelt, die das Marktverhalten wiedergeben soll, kann eine exakte Feststellung eines bestimmten Betrags als Verkehrswert nicht gefordert werden (Schleswig-Holsteinisches OLG vom 06.07.2007, 14 U 61/06, MDR 2008, 25). Demnach ist die von einem Sachverständigen vorgenommene Wertermittlung nicht bereits dann unrichtig, wenn sie von unzutreffenden Voraussetzungen ausgeht. Ein solcher Fehler muss sich darüber hinaus in einem Umfang auf den vom Sachverständigen bestimmten Verkehrswert auswirken, der einen tolerablen Rahmen überschreitet (Schleswig-Holsteinisches OLG, a. a. O.). Wo diese Grenze zu ziehen ist, wird zwar soweit ersichtlich in Rechtssprechung und Literatur noch nicht eindeutig beantwortet. Vorliegend dürfte sie jedoch auch auf der Grundlage des Vorbringens der Kläger noch nicht überschritten sein. |
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| Es liegt auf der Hand, dass sich bei einem Gebäude, das nach den eigenen Angaben der Kläger bereits im Jahr 1990 mit einem neuen Dachbelag versehen worden ist, Unterschiede im Material dieser Dachbedeckung zum Stichtag 01.03.2005 nicht in einem Umfang auf den Verkehrswert auswirken können, der den Kosten einer kompletten Neueindeckung im Jahr 2009 entspricht. Abgesehen davon, dass eine solche Berechnung die Wertminderung des gewünschten Dachbelags seit dem Jahr 1990 sowie den gegen zu rechnenden Wert des vorhandenen Dachbelags vollständig ignoriert, ist aus den zum Beleg für das Vorbringen der Kläger vorgelegten Angeboten der Firma Holzbau Mann vom 12.03. und 27.03.2009 (Anlagen K3 und K4) ohne weiteres ersichtlich, dass darin Positionen enthalten sind, die den Verkehrswert eines Gebäudes hinsichtlich des Dachbelags offensichtlich nicht beeinflussen. Nur beispielhaft seien hier die Kosten für den Rückbau der vorhandenen Bitumenschindeln genannt. Der als Verkehrswert prägend allenfalls in Ansatz zu bringende Wert der von den Klägern gewünschten Dachbeschichtung ist in der - auch die Eindeckungsarbeiten umfassenden - Angebotsposition von 17.853,30 EUR netto enthalten. Dieser Betrag entspricht gerade einmal 3,12 % des vom Sachverständigen ermittelten Verkehrswerts. |
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| (2) Einer weiteren Klärung der Auswirkungen des vorhandenen Dachbelags auf den Verkehrswert bedurfte es indes nicht, da jedenfalls ein grob fahrlässiges Handeln des Beklagten bei der Erstattung seines Gutachtens nicht erkennbar ist. |
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| Der Sachverständige wird, auch wenn § 74 a ZVG dies nicht ausdrücklich erwähnt, durch das Vollstreckungsgericht entsprechend den Beweiserhebungsvorschriften der §§ 402 ff ZPO herangezogen (BGH MDR 2003, 1180). Nach § 404 a Abs. 1 ZPO obliegt es dem Gericht, die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten und ihm für Art und Umfang seiner Tätigkeit Weisungen zu erteilen. Dies folgt daraus, dass der Sachverständige nur Gehilfe des Gerichts bei der Auswertung ihm vorgegebener Tatsachen durch die aus seinem Fachwissen hergeleiteten Bewertungen, Schlussfolgerungen und Hypothesen ist, die das Gericht sodann im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu würdigen hat, ohne an die Feststellungen des Sachverständigen gebunden zu sein (KG vom 10.01.2007, 12 W 61/06, NZV 2007,462 und Stöber, Zwangsversteigerungsgesetz, 18. Auflage, § 74 a Rdnr 7.8). Das Gericht entscheidet daher in eigener Verantwortung, ob es die von einem Sachverständigen getroffenen Feststellungen für ausreichend erachtet oder ergänzende Ermittlungen verlangt. |
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| Vor diesem Hintergrund kann einem Sachverständigen nicht der Vorwurf grober Fahrlässigkeit durch unzureichenden Aufwand bei der Begutachtung gemacht werden, wenn das Gericht die vom Sachverständigen offen gelegte Vorgehensweise als ausreichend erachtet und damit billigt. Dann hat sich der Sachverständige im Rahmen dessen gehalten, was das Gericht von ihm verlangt hat (KG, a. a. O.). Darüber hinaus gehende Pflichten obliegen ihm nicht. |
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| Vorliegend hat der Beklagte auf Seite 12 seines schriftlichen Gutachtens - wie auch die Kläger einräumen - offensichtlich erkennbar darauf hingewiesen, dass die in die Baubeschreibung aufgenommene Dachbedeckung wegen einer vorhandenen Schneedecke aus dem Baugesuch entnommen wurde. Auf dieser Grundlage wäre es dem Amtsgericht ohne weiteres möglich gewesen, den Sachverständigen anzuweisen, die tatsächlich vorhandene Dachbedeckung zu ermitteln. Dass es davon abgesehen hat, kann sich nicht zu Lasten des Beklagten auswirken. |
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| Aus welchen Gründen der Beklagte bei der Dachbedeckung auf das Baugesuch zurückgegriffen hat und ob die tatsächliche Dachbedeckung beim Besichtigungstermin erkennbar gewesen wäre, ist nicht relevant, da sich damit in Zusammenhang stehende mögliche Versäumnisse aus den vorgenannten Gründen nicht auf die gerichtliche Entscheidung ausgewirkt haben. |
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