Beschluss vom Landgericht Verden (Aller) (6. Zivilkammer) - 6 T 110/16

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 27. Juni 2016 wird der Beschluss des Amtsgerichts Nienburg vom 15. Juni 2016 aufgehoben. Der Zuschlag auf das in dem Zwangsversteigerungstermin vom 8. Juni 2016 abgegebene Meistgebot wird versagt.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Beschwerdewert: 53.000,00 €.

Gründe

I.

1

Auf Antrag der Gläubigerin, eingegangen beim Amtsgericht Nienburg am 18. Februar 2015 ordnete das Amtsgericht wegen bestehender dinglicher und persönlicher Ansprüche der Gläubigerin (insgesamt in Höhe von 67.649,99 €) mit Beschluss vom 23. Februar 2015 die Zwangsversteigerung der im Grundbuch von B. Blatt 1 unter lfd. Nummer 2, Flur 5, Flurstück 58/1 und 61/2 und im Grundbuch von B. Blatt 2 unter lfd. Nummer 1, Flur 5, Flurstück 125/5, 125/8 und 125/9 eingetragenen Grundstücke an. Für die weiteren Einzelheiten zur Höhe der Forderungen und Einordnung der Ansprüche in die Rangordnung gemäß § 10 ZVG nimmt die Kammer auf den Beschluss vom 23. Februar 2015 Bezug. Dem im Zwangsversteigerungstermin vom 1. Juli 2015 abgegebenen Meistgebot erteilte das Amtsgericht mit Beschluss vom 19. August 2015 den Zuschlag. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 31. August 2015, auf die zu ihrer Begründung Bezug genommen wird, hob das Landgericht den Zuschlagsbeschluss des Amtsgerichts Nienburg vom 19. August 2015 mit Beschluss vom 26. Oktober 2015 auf und versagte dem Meistgebot den Zuschlag. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hinsichtlich der Begründung auf den Beschluss vom 26. Oktober 2015 Bezug genommen (Bl. 170 ff. Bd. I d. A.).

2

Mit Schreiben, eingegangen beim Amtsgericht Nienburg am 11. November 2015, beantragte die Gläubigerin die Fortsetzung der Zwangsversteigerung wegen vollstreckbarer Forderungen in einer Gesamthöhe von 70.329,61 € (Bl. 186 Bd. I d. A.). Das Amtsgericht Nienburg hob mit Beschluss vom 1. März 2016 das Zwangsversteigerungsverfahren wegen der dinglichen Ansprüche (Rangklasse 3 des § 10 Abs. 1 ZVG) einschließlich diesen Ansprüchen zuzuordnenden Säumniszuschlägen und Mahngebühren aus dem Anordnungsbeschluss vom 23. Februar 2015 auf und erklärte das Verfahren hinsichtlich des im Grundbuch von B. Blatt 2 eingetragenen Grundstücks für beendet. Das Verfahren hinsichtlich des im Grundbuch von B. Blatt 1 setzte es wegen der dinglichen Ansprüche auf der im Grundbuch in Abteilung III unter lfd. Nummer 7 eingetragenen Sicherungshypothek in Höhe von 1.489,96 €, der unter der lfd. Nummer 8 eingetragenen Sicherungshypothek in Höhe von 3.419,87 € und der unter der laufenden Nr. 10 eingetragenen Sicherungshypothek in Höhe von 61.748,84 € fort (Bl. 188 Bd. I d. A.) fort. Es bestimmte den Termin zur Versteigerung auf den 8. Juni 2016. Im Zuschlagstermin blieb der Beteiligte D. mit einem Bargebot von 53.600,00 € Meistbietender (Bl. 233 Bd. I d. A.). Der Berechnung des geringsten Gebotes wurde der Anspruch der Samtgemeinde G. aus der Sicherungshypothek Abteilung III Nr. 7 zugrunde gelegt.

3

Nach dem Schluss der Versteigerung hat der Schuldner die Forderung der Gläubigerin aus der Sicherungshypothek Abteilung III Nr. 7 durch eine Zahlung in Höhe von 2.100,00 € abgelöst (Bl. 261 ff. Bd. I d. A.) und die einstweilige Einstellung nach § 775 Nr. 5 und 776 sowie § 33 ZVG beantragt (Bl. 248 ff. d. A.). Die betreibende Gläubigerin hat mit Schreiben vom 13. Juni 2016 bestätigt, dass der Schuldner die Forderung aus der Sicherungshypothek zur lfd. Nr. 7 beglichen hat (Bl. 262 Bd. I d. A.). Mit Beschluss vom 15. Juni 2016 hat das Amtsgericht den Meistbietenden im Versteigerungstermin vom 8. Juni 2016 den Zuschlag erteilt (Bl. 268 ff. Bd. I d. A.). In seiner Beschlussbegründung - auf die Gründe für die Einzelheiten wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen - stellt das Amtsgericht u. a. fest, dass der Schuldner die Forderung aus der Sicherungshypothek Nr. 7 nach Ende der Versteigerung und vor Verkündung des Zuschlagsbeschlusses beglichen hat und deshalb an sich die Aufstellung eines neuen geringsten Gebotes erforderlich geworden sei, dem der Anspruch der Samtgemeinde G. aus Versicherungshypothek Abteilung III lfd. 8 zugrunde zu legen sei. Weiterhin stellte das Amtsgericht fest, dass für die Gläubigerin Abteilung III Nr. 7 das Bestehenbleiben anstelle der Barzahlung nachteilig wäre. Zudem geht das Amtsgericht in seinem Beschluss zu recht davon aus, dass auch für den Schuldner die Zuschlagserklärung nachteilig wäre. Vor diesem Hintergrund führt das Amtsgericht zur Begründung seiner Zuschlagsentscheidung aus, dass die Aufstellung eines neuen geringsten Gebotes gleichwohl nicht erforderlich sei. Es sei mit Sicherheit davon auszugehen, dass die Samtgemeinde G. als betreibende Gläubigerin die Genehmigung nach § 84 ZVG erteilen würde. Der Genehmigung des Schuldners gemäß § 84 ZVG bedürfe es ausnahmsweise nicht, da die Sicherungshypothek Abteilung III Nr. 7 aus dem Verfahren 5 K 34/12 in das Grundbuch eingetragen worden sei, weil der Schuldner als Ersteher den Erlös im Versteigerungstermin nicht bezahlt habe (Bl. 271 Bd. I d. A.).

4

Gegen den Zuschlagsbeschluss wendet sich der Schuldner mit seiner sofortigen Beschwerde mit Anwaltsschriftsatz vom 27. Juni 2016 (Bl. 1 Bd. II d. A.), die er mit Schriftsätzen vom 12. Juli 2016 (Bl. 5 ff. Bd. II d. A.) und vom 15. August 2016 (Bl. 27 Bd. II d. A.) begründet hat und auf die für das Beschwerdevorbringen zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 14. Juli 2016 nicht abgeholfen und die Akten der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.

5

Die Beteiligten wurden angehört.

II.

6

Die gemäß § 96 ZVG i. V. m. den §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1 statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Es liegt ein Verstoß gegen § 83 Nr. 1 ZVG vor, der zur Aufhebung der Zuschlagsentscheidung führt. Schon vor dem Amtsgericht war unstreitig, dass der Schuldner die Ansprüche aus der Sicherungshypothek Abteilung III lfd. Nr. 7 in vollem Umfang vor der Entscheidung über den Zuschlag bezahlt hat. Aus diesem Grund ist die Aufstellung eines neuen geringsten Gebotes erforderlich geworden. Bei dem geringsten Gebot muss nunmehr der Anspruch der Samtgemeinde G. aus der Sicherungshypothek Abteilung III Nr. 8 zugrunde gelegt werden. Das Amtsgericht stellt diesen Verstoß gegen die Vorschriften über die Feststellungen des geringsten Gebots zutreffend fest. Weiterhin führt das Amtsgericht mit zutreffender Begründung, der die Kammer in vollem Umfang beitritt, aus, dass sowohl die Gläubigerin als auch der Schuldner durch den Zuschlag beeinträchtigt werden im Sinne des § 84 ZVG. In ebenfalls nicht zu beanstandender Weise geht das Amtsgericht davon aus, dass das Vorliegen eines Zuschlagsversagungsgrundes gemäß § 83 Nr. 1 ZVG gemäß § 84 Abs. 1 ZVG durch Genehmigung der in ihren Rechten beeinträchtigten Beteiligten geheilt werden kann. An der zur Heilung erforderlichen Genehmigung der betreibenden Gläubigerin und der Genehmigung des Schuldners fehlt es.

7

Die Gläubigerin hat bis zur Verkündung der Zuschlagsentscheidung keine Genehmigung erteilt. Die Genehmigung ist eine Prozesshandlung, die nicht widerrufen werden kann (Stöber, ZVG, 21. Aufl. 2016, § 85, Rn. 32). Sie kann nur bis unmittelbar vor der Verkündung der Zuschlagsentscheidung erteilt werden und ist im Rechtsmittelverfahren nicht nachholbar. Gemäß § 84 Abs. 2 ZVG ist die Genehmigung durch eine öffentlich beglaubigte Urkunde nachzuweisen. Dazu genügt eine Erklärung zu Protokoll des Gerichts, nicht aber zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (a.a.O., Rn. 3.1). Aufgrund der strengen Formvorschriften für die Genehmigung ist es entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht ausreichend, dass mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass die Samtgemeinde G. als betreibende Gläubigerin theoretisch diese Genehmigung erteilen würde, da sie gerade die Versteigerung des Grundstückes anstrebe. Eine stillschweigende Genehmigung ist nicht möglich. Da die Ansprüche aus der Sicherungshypothek Abteilung III Nr. 7 erst mit Überweisung vom 9. Juni 2016 bezahlt wurden, kann auch aus den Erklärungen der Gläubigervertreterin zu Protokoll Versteigerungstermin nach Abgabe des Meistgebots keine Genehmigung abgeleitet werden. Die Erklärungen der Gläubigerin im Beschwerdeverfahren sind schon deshalb nicht als Genehmigung im Sinne des § 84 ZVG zu berücksichtigen, da Genehmigungen wie ausgeführt im Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden können.

8

Unstreitig hat auch der Schuldner keine Genehmigung erteilt. Da es schon an der erforderlichen Genehmigung der betreibenden Gläubigerin fehlt, kann an dieser Stelle offen bleiben, ob im vorliegenden Fall eine Genehmigung des Schuldners nicht erforderlich ist, da er seine Rechte aus einer Eigentümergrundschuld ableitet, die aus einer Sicherungshypothek aus einem früheren Zwangsversteigerungsverfahren entstanden ist und es zur Begründung der Sicherungshypothek erst gar nicht gekommen wäre, wenn der Schuldner und damalige Ersteher und jetzige Eigentümer seiner Zahlungspflicht in dem früheren Verfahren rechtzeitig nachgekommen wäre. Es kann mithin dahinstehen, ob sich aus dem Rechtsgedanken des § 128 Abs. 3 S. 2 ZVG ableiten lässt, dass im vorliegenden Fall für die Heilung des Versagungsgrundes nach § 83 Nr. 1 ZVG der Schuldner vorliegend das Verfahren nicht im Sinne des § 84 Abs. 1 ZVG genehmigen musste.

III.

9

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Gerichtsgebühren fallen nicht an. Ein Ausspruch über die außergerichtlichen Kosten scheidet aus, weil sich die Beteiligten bei der Zuschlagsbeschwerde nicht als Parteien im Sinne der Zivilprozessordnung gegenüberstehen.

10

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

11

Die Wertfestsetzung bestimmt sich nach dem Gebot, für das der Zuschlag erteilt wurde (§ 47 Abs. 1 S. 1, § 54 Abs. 2 S. 1 GKG).

 


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