Beschluss vom Landgericht Wuppertal - 9 T 274/15
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.
1
Gründe
2I.
3Der Beschwerdeführer ist der Vater der Betroffenen. Auf seine Anregung leitete das seinerzeit zuständige Amtsgericht Medebach ein Verfahren zur Prüfung der Einrichtung einer Betreuung ein. Nachdem die Exploration durch eine Sachverständige stattgefunden hatte, verzog der jetzige Betreuer zu 1. (der Ehemann der Betroffenen) mit der Betroffenen nach Remscheid. Das Amtsgericht Remscheid bestellte mit Beschluss vom 06.02.2015 den Ehemann der Betroffenen zum alleinigen Betreuer für alle Angelegenheiten. Gegen diesen Beschluss, der ihm nicht bekannt gegeben worden war, hatte der Beschwerdeführer Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, seine weitere Tochter, Frau S, als Betreuerin zu bestellen. Mit Beschluss vom 13.07.2015 (9 S 132/15) hat die Kammer diese Beschwerde verworfen, da der Beschwerdeführer nicht beschwerdebefugt war. Das Amtsgericht hatte ihn nicht beteiligt.
4Mit anwaltlichem Schreiben vom 05.08.2015 (Bl. 250) stellte der Beschwerdeführer ein Auskunftsverlangen und beantragte, den Betreuer zu verpflichten, Besuche und telefonische Kontakte von Familienangehörigen der Betroffenen, insbesondere durch die Schwester und ihn, ausdrücklich zuzulassen. Weiter beantragte er eine Entscheidung, dass der Wohnsitz der Betroffenen nach Hallenberg zu ihrer Schwester verlegt werde. Das Amtsgericht deutete dieses Schreiben als Antrag auf Beteiligung am Betreuungsverfahren und führte Ermittlungen durch, ob die Beteiligung des Beschwerdeführers im subjektiven oder objektiven Interesse der Betroffenen liegt. Mit Beschluss vom 20.08.2015 bestellte es den Betreuer zu 2. für die Aufgabenkreise Heimplatzangelegenheiten, Vermögensangelegenheiten und Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern, während der Betreuer zu 1. die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Gesundheitsfürsorge behielt. Mit dem angefochtenen Beschluss vom 20.11.2015 lehnte es den Antrag des Beschwerdeführers auf Beteiligung am Betreuungsverfahren ab. Der Antragsteller sei weder Muss-Beteiligter im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG, noch Kann-Beteiligter im Sinne der §§ 7 Abs. 2 Nr. 2, 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG. Eine Beteiligung der in § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG aufgeführten Personen könne nur im Interesse des Betroffenen erfolgen. Ein entsprechender subjektiver Wille könne durch die Betroffene, wie die Anhörung am 20.08.2015 gezeigt habe, nicht mehr geäußert werden. Es stehe auch nicht fest, dass eine Beteiligung des Beschwerdeführers im wohlverstandenen Interesse der Betroffenen liege. Dieses müsse stets positiv festgestellt werden. Insbesondere aufgrund der massiven innerfamiliären Konflikte zwischen dem Beschwerdeführer, der Schwester der Betroffenen und dem Betreuer zu 1. stehe es gerade nicht fest, dass eine Beteiligung des Beschwerdeführers nur in dem wohlverstandenen Interesse der Betroffenen liege.
5Hiergegen richtet sich die mit anwaltlichem Schreiben vom 23.12.2015 eingelegte Beschwerde des Beschwerdeführers. Das Amtsgericht führte am 28.12.2015 eine weitere Anhörung der Betroffenen durch, half der Beschwerde mit Beschluss vom selben Tag nicht ab und legte die Sache der Kammer als Beschwerdegericht zur Entscheidung vor.
6Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
7II.Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
8Nach § 7 Abs. 5 FamFG ist der Beschluss, mit dem ein Antrag auf Hinzuziehung als Beteiligter zurückgewiesen worden ist, in entsprechender Anwendung der §§ 567 - 572 ZPO anfechtbar. Die Beschwerde ist insoweit fristgerecht eingelegt worden. Zuständig ist nach § 568 Abs. 1 ZPO der Einzelrichter des Beschwerdegerichts.
9Die Beschwerde ist unbegründet, denn der Beschwerdeführer ist nicht an dem Betreuungsverfahren zu beteiligen. Nach §§ 7 Abs. 3, 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG können im Interesse des Betroffenen dessen Ehegatte oder Lebenspartner, wenn die Ehegatten oder Lebenspartner nicht dauernd getrennt leben, sowie dessen Eltern, Pflegeeltern, Großeltern, Abkömmlinge, Geschwister und eine Person seines Vertrauens beteiligt werden. Das setzt voraus, dass die Beteiligung sachgerecht und verfahrensfördernd ist. Maßstab ist mithin das wohlverstandene Interesse des Betroffenen, da die Beteiligung der selbst in ihren Rechten nicht betroffenen Personen ausschließlich in dessen Interesse erfolgt (BT-Dr 16/6308, S. 179; BGH, NJW-RR 2012, 770).
10Zutreffend hat das Amtsgericht darauf abgestellt, dass ein solches wohlverstandenes Interesse der Betroffenen auf Beteiligung des Beschwerdeführers stets positiv festgestellt werden muss und dass diese Feststellung vorliegend nicht möglich ist. Zwar wird teilweise vertreten, dass durch das Erfordernis, dass die Beteiligung von Angehörigen nur im Interesse des Betroffenen erfolgen kann, nur eine solche Beteiligung ausgeschlossen werde, mit der ein Angehöriger erkennbar nur eigene Interessen verfolge. Daher solle die beantragte Beteiligung eines Angehörigen nur dann abgelehnt werden, wenn die Bewertung zu dem Ergebnis führen würde, dass seine persönlichen Interessen (etwa solche vermögensrechtlicher Art) eindeutig im Vordergrund stünden (so Budde in: Keidel, FamFG, 18. Aufl., § 274, Rn. 17). Nach Ansicht der Kammer würde eine solche Negativkontrolle jedoch zu einer vom Gesetzgeber nicht gewünschten – und auch nicht wünschenswerten – Ausweitung der Beteiligungsrechte der in § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG genannten Personen führen. Denn dann wäre nur im sicher festgestellten Ausnahmefall (nämlich dem eindeutigen Überwiegen eigener Interesse des Antragstellers) eine Beteiligung zu versagen. Dies widerspricht aber dem Gesetzeswortlaut, wonach die genannten Personen beteiligt werden „können“ und nicht „sollen“. Die Neuregelung des § 7 FamFG dazu, wer als Beteiligter am Verfahren hinzuzuziehen ist, diente dem Zweck, die Möglichkeit der Beteiligung einzuschränken und die Mitwirkungsfunktionen deutlicher an das formelle Recht anzulehnen (vgl. BT-Drucks. 16/6308, S. 177 ff). Mithin erscheint es angebracht, die Frage, wer zu beteiligen ist, restriktiv zu handhaben und tatsächlich darauf abzustellen, ob ein wohlverstandenes Interesse des Betroffenen positiv festgestellt werden kann (so auch: Schmidt-Recla in: Münchener Kommentar zum FamFG, 2. Aufl., § 274, Rn. 12).
11Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das Amtsgericht hat sich im Nichtabhilfeverfahren (erneut) davon überzeugt, dass die Betroffene zu einer subjektiven Willensäußerung nicht (mehr) in der Lage ist. Ob dies darauf zurückzuführen ist, dass der Betreuer zu 1. nicht ausreichend darauf hingewirkt, der Betroffenen die Nutzung eines Sprachcomputers zu ermöglichen, kann dahingestellt bleiben. Denn eine Beteiligung am Betreuungsverfahren hat nicht den Zweck, den Betreuer für dessen (behaupteten) Versäumnisse zu sanktionieren. Soweit das Amtsgericht folgerichtig auf das wohlverstandene Interesse der Betroffenen abgestellt hat, so ist es nicht zu beanstanden, dass nach seiner Feststellung aufgrund der massiven innerfamiliären Konflikte das Interesse der Betroffenen an einer Beteiligung des Beschwerdeführers gerade nicht festgestellt werden kann. Es mag sein, dass Kontakte mit Familienangehörigen der Betroffenen gut tun und dass es sinnvoll ist, diese auch in Zukunft zu ermöglichen. Dies ist aber nicht gleichbedeutend mit einem Interesse der Betroffenen an einer formellen Beteiligung des Beschwerdeführers am Betreuungsverfahren. Wie das bisherige Verfahren gezeigt hat, ist es ihm keineswegs verwehrt, auf das Wohl der Betroffenen hinzuwirken, auch wenn er nicht im Sinne des Gesetzes am Verfahren beteiligt wird.III.Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Es entsteht eine Gebühr von 60 EUR (Fackelmann in: Korinthenberg, GNotKG, 19. Aufl., KV Nr. 11200, Rn. 3). Eine weitere Kostenentscheidung war nicht veranlasst, da kein Fall des § 81 Abs. 2 FamFG gegeben ist.
12IV.Die Entscheidung ist nicht anfechtbar, denn sie unterfällt nicht der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde, § 70 Abs. 3 FamFG. Gründe zur Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlen.
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