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Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die Anrechnung einer fiktiven r.-ischen Rente auf die ihr gewährte Altersrente für Frauen.
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Die 1947 geborene Antragstellerin siedelte am 28. Mai 1990 aus R. in die Bundesrepublik Deutschland über. Sie ist verwitwet und bezieht von der Deutschen Rentenversicherung -Bund- eine große Witwenrente i.H.v. 666,27 EUR brutto (598,65 EUR netto). Am 30. September 2008 beantragte sie die Gewährung einer Altersrente für Frauen wegen Vollendung des 60. Lebensjahres ab dem 01. Januar 2009. Auf den Antrag der Antragstellerin vom 31. Oktober 2008, die Feststellung der r.-ischen Altersrente aufzuschieben, „empfahl“ die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schreiben vom 4. November 2008, ihre zustehenden Rentenansprüche in R. geltend zu machen. Sollte dies nicht erfolgen, werde die deutsche Rente ab dem 1. Januar 2009 voraussichtlich um 109,06 EUR monatlich gemindert.
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Mit Bescheid vom 08. Dezember 2008 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin eine Altersrente für Frauen ab dem 1. Januar 2009. Den monatlichen Zahlbetrag bezifferte sie auf 373,58 EUR monatlich. Zur Höhe der laufenden Leistungen führte sie an, dass sich die monatliche Rente auf 415,79 EUR belaufe und hiervon der Beitragsanteil des Rentners zur Krankenversicherung im Umfang von 34,10 EUR monatlich und zur Pflegversicherung im Umfang von 8,11 EUR monatlich in Abzug gebracht werde. In der Anlage 1 und der Anlage 7 zum Bescheid führte sie desweiteren an, dass die Rente wegen des Zusammentreffens mit einer von einem anderen Versicherungsträger außerhalb des Bundesgebiets gezahlten Rentenleistung in Höhe des Bruttobetrages von 104,07 EUR monatlich ruhe.
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Nachdem die Antragsgegnerin den am 10. Dezember 2008 hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 2009 zurückwies, erhob die Antragstellerin am 12. Februar 2009 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), die unter dem Aktenzeichen S 7 R 948/09 anhängig ist.
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Gleichfalls am 12. Februar 2009 hat die Antragstellerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Zur Begründung hat sie angeführt, die Antragsgegnerin sei durch § 31 Fremdrentengesetz (FRG) nur im Falle eines tatsächlichen Rentenbezugs zur Durchführung eines Abzugs berechtigt. Ein Leistungsverzicht sei nicht erklärt worden. Auch könne die Wahrnehmung der gesetzlich eingeräumten Dispositionsmöglichkeit der Aufschiebung des Leistungsbeginns der ausländischen Rente gem. Artikel 44 EWG- VO 1408/71 nicht mit einem Verzicht gleichgestellt werden. Da sie nur eine gekürzte Rente von monatlich 373,58 EUR erhalte, sei sie dringend auf die ungekürzte Rente angewiesen. Die Antraggegnerin ist dem Antrag mit der Begründung entgegengetreten, der vorgenommene Fiktivabzug sei rechtmäßig. Dies ergebe sich aus dem Sinn des § 31 FRG und stehe insbesondere in Zusammenhang mit § 2 FRG. Zudem sei ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht.
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Mit Beschluss vom 25. März 2009 hat das SG die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 08. Dezember 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 2009 bezüglich der Verfügung über das Ruhen der, der Antragstellerin bewilligten Rente in Höhe des Bruttobetrages von 104,07 EUR (Fiktivabzug) angeordnet. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, der Antrag sei als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) auszulegen. Ziel des Klageverfahrens sei die Auszahlung der Altersrente für Frauen ohne die fiktiv angerechnete r.-ische Rente von 104, 07 EUR monatlich. Insoweit gehe es davon aus, dass dieses Ziel durch eine Teilanfechtung des Rentenbescheides hinsichtlich des durch die Antragsgegnerin verfügten Fiktivabzuges im Wege einer isolierten Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SGG erreicht werden könne. Der Rentenbescheid beinhalte zwei Verfügungssätze, die Bewilligung der Bruttorente und die Ruhensverfügung hinsichtlich des Bruttobetrages von 104,07 EUR. Mit einer Aufhebung der Ruhensverfügung lebe der ursprünglich bewilligte Bruttobetrag von 519,86 EUR wieder auf, so dass damit das Klageziel der Bewilligung einer ungekürzten Rente erreicht wäre. Der Antrag sei auch begründet, da hinsichtlich des verfügten Fiktivabzuges i.H.v. 104, 07 EUR monatlich eine Ermächtigungsgrundlage nicht gegeben sei. Die fiktive Anrechnung könne insb. nicht auf § 31 FRG gestützt werden. Der Wortlaut der Regelung „ausgezahlt“ erlaube nur im Falle, dass die ausländische Rente tatsächlich an den Berechtigten geleistet werde, eine Anrechnung. Eine andere Auslegung ergebe sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Regelung, der Vermeidung eines unberechtigten Doppelbezuges von Leistungen, da ein solcher nur im Falle eines tatsächlichen Zuflusses zweier Leistungen vorliege. Schließlich scheide auch eine analoge Anwendung des § 31 Abs. 1 Satz 1 FRG in Ermangelung einer Regelungslücke aus. Dies zeige sich daran, das die Vorgängerregelung des § 31 FRG, § 1 Abs. 5 Fremdrenten- und Auslandsrentengesetz, bestimmt habe, dass ein Leistungsanspruch erlösche, wenn für denselben Versicherungsfall von einem Träger der Sozialversicherung oder einer anderen Stelle außerhalb des Bundesgebietes oder des Landes Berlin eine Leistung „gewährt oder auf Antrag gewährt würde“. Dies zeige, dass dem Gesetzgeber die Möglichkeit, dass Leistungsansprüche gegen einen ausländischen Versicherungsträger oder eine ausländische andere Stelle bei einer entsprechenden Antragstellung bestünden, durchaus bewusst gewesen sei, er dennoch die Möglichkeit nicht in § 31 Abs. 1 FRG übernommen habe.
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Gegen den Beschluss vom 25. März 2009 hat die Antragsgegnerin am 8. April 2009 beim SG Beschwerde eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor, zutreffender Rechtsbehelf in der Hauptsache sei ein kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage. Zwar könnten Rentenbescheide bis zu vier unterschiedliche eigenständige Regelungen beinhalten, dies sei jedoch die Rentenart, die Rentenhöhe sowie der Beginn und die Dauer der Rentenzahlungen, die erstmalige Ruhensentscheidung rechne jedoch nicht hierzu. Der Bescheid vom 8. Dezember 2008 sei daher nicht in dem Sinne teilbar, wie vom SG angenommen. Die Zulässigkeit der Minderung ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Regelung des § 31 FRG und stehe in Zusammenhang mit § 2 FRG. Die Entschädigung für ausländische Versicherungs- und Beschäftigungszeiten habe vorrangig vom Träger des Staates zu erfolgen, nach dessen Rechtsvorschriften sie zurückgelegt worden seien. Auch resultiere aus der Vertrauensschutzregelung des § 2 Satz 2 FRG eine Verpflichtung der Rentenberechtigten, ihren ausländischen Rentenanspruch zu realisieren. Unterlasse er dies, sei der deutsche Rentenversicherungsträger berechtigt, den Leistungsanspruch zu beschränken. Die Inanspruchnahme der Dispositionsbefugnis des Art. 44 EWG- VO Nr. 1408/71 könne nicht zu einer Umgehung des § 31 FRG führen. Auch sei zu berücksichtigen, dass Renten aus Ostblockstaaten, im Gegensatz zu früher, zwischenzeitlich auch ins Ausland gezahlt werden würden. Schließlich könne sich die Antragstellerin nicht auf einen Anordnungsgrund berufen, sie habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihr durch die Rentenminderung ein wesentlicher Nachteil entstehe, weswegen ihr zuzumuten sei, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. März 2009 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die Beschwerde zurückzuweisen.
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Zur Begründung trägt die Antragstellerin vor, die Regelung zum Ruhen der Rente stelle nach der Rspr. des Landessozialgerichts Baden- Württemberg (Beschluss vom 31. März 2009, Az.: L 4 R 5972/08 ER- B) ebenso wie die Rentenart und die Rentenhöhe eine eigenständige Regelung des Rentenbescheides dar. Für die Kürzung der Rente um einen fiktiven Betrag bestehe keine Rechtsgrundlage. Sie habe der Antragsgegnerin überdies angeboten, den Rentenanspruch gegen den r.-ischen Versicherungsträger abzutreten, dies sei jedoch abgelehnt worden. Sie könne sich auch auf einen Anordnungsgrund berufen. Sie sei auf die ungekürzte Rentenzahlung angewiesen. Sie habe Fixkosten für das Wohnen, das erforderliche Kraftfahrzeug (Steuer, Versicherung, Benzin) wie für Strom, Heizung, Telefon, Zuzahlungen für Arzneimittel und Arztbesuche, Lebensmittel und Kleidung zu tragen. Durch die Rentenkürzung sei sie in ihrer Lebensgestaltung eingeschränkt, was auch durch eine ggf. spätere Nachzahlung nicht kompensiert werden könne.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten des SG (Az.: S 7 R 947/09 ER und S 7 R 948/09), des erkennenden Senats sowie die bei der Antragsgegnerin für die Antragstellerin geführte Leistungsakte verwiesen.
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Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§§ 172, 173 SGG) ist zulässig und auch begründet. Der Beschluss des SG ist aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen.
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Im System des einstweiligen Rechtsschutzes im sozialgerichtlichen Verfahren bestimmt § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, dass das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen kann. § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG bestimmt hingegen, dass soweit ein Fall des Absatzes 1 [§ 86b SGG] nicht vorliegt, das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen kann, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Für die Abgrenzung, ob einstweiliger Rechtsschutz nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 86b SGG zu beurteilen ist, ist auf die Klageart in der Hauptsache abzustellen. Danach ist die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage (Abs. 1) die richtige Form des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die (reine) Anfechtungsklage die statthafte Rechtsschutzform ist, während bei einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im Wege einer einstweiligen Anordnung (Abs. 2) zu gewähren ist. Wenn und soweit einstweiliger Rechtsschutz über das speziellere Institut der aufschiebenden Wirkung gewährt werden kann, ist die einstweilige Anordnung nicht statthaft (vgl. zum Ganzen z.B. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 24. Mai 1996, Az.: L 5 Ka 1367/96).
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Die Antragstellerin begehrt in der Hauptsache die Gewährung einer höheren Altersrente ohne den fiktiven Abzug einer r.-ischen Rente. Statthafte Klageart der Hauptsache ist hiernach die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungs- bzw. Leistungsklage (so auch Bayerisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 31. März 2009, Az.: L 13 R 9/09 B ER). Soweit das SG in der Hauptsache eine Teilanfechtungsklage für statthaft hält, setzt dies voraus, dass der Abzug der fiktiven r.-ischen Rente als ein eigenständig anfechtbarer Verfügungssatz des Rentenbescheides anzusehen ist (so LSG Baden- Württemberg, Beschluss vom 31. März 2009, Az.: L 4 R 5972/08 ER- B; offengelassen im Beschluss vom 6.Mai 2009, Az.: L 11 R 1823/09 ER- B) und nicht lediglich ein Begründungs- bzw. Berechnungselement. Der Verfügungssatz eines Rentenbescheides regelt jedoch ausschließlich die Entscheidung über die Art, die Dauer und die Höhe der Rente (so ausdrücklich Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 15. Dezember 1977, Az.: 11 RA 2/77; allg. für Leistungsbescheide BSG, Urteil vom 20. Juni 1984, Az.: 7 RAr 91/83). Etwas anderes kann zwar dann gelten, wenn die Ergebnisse rechtlicher Wertungen, welche die Leistungsgewährung begründen, zusätzlich durch besondere Verfügungssätze geregelt worden sind, eine derartige gesonderte Verfügung setzt jedoch voraus, dass ein entsprechender Verfügungswille der erlassenden Behörde bestanden hat und der Empfänger des Bescheides einen solchen gesonderten Verfügungssatz bei verständiger Würdigung erkennen konnte und musste; denn ob eine Aussage in einem Bescheid einen selbständigen Verfügungssatz darstellt, hängt davon ab, ob in dem Bescheid ein entsprechender Regelungswille zum Ausdruck gekommen ist, was gegebenenfalls nach den Grundsätzen über die Auslegung von Willenserklärungen zu ermitteln ist (BSG, Urteil vom 20. Juni 1984, Az.: 7 RAr 91/83).
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Dem angefochtenen Rentenbescheid ist eindeutig zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin der Antragstellerin ab dem 1. Januar 2009 eine Altersrente für Frauen i.H.v. monatlich 373,58 EUR zugesprochen hat. Eine davon gesonderte Verfügung, d.h. eine eigenständige Regelung betreffend des Abzuges einer fiktiven r.-ischen Rente kann dem Bescheid jedoch nicht entnommen werden. Der Rentenbescheid selbst beinhaltet keinerlei Ausführungen hierzu. Lediglich in den Anlagen, insb. in Anlage 7 ist ausgeführt, dass wegen des Zusammentreffens mehrerer Ansprüche ein Abzug i.H.v. 104,07 EUR erfolgt. Indes wird aus der Anlage 7 kein entsprechender Verfügungswille erkennbar. Die Gestaltung macht vielmehr gerade deutlich, dass der Abzug lediglich als Berechnungselement der Rentenhöhe verstanden worden ist. Auch ist für einen verständigen Empfänger weder aus dem dortigen Regelungsgehalt noch der (optischen) Gestaltung erkennbar, dass die Antragsgegnerin einen eigenständigen Verfügungssatz hat treffen wollen.
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Mithin stellt der Abzug einer fiktiven r.-ischen Rente keinen eigenständigen Verfügungssatz innerhalb des angefochtenen Rentenbescheides vom 8. Dezember 2008 dar, woraus folgt, dass im Verfahren der Hauptsache vor dem SG dem klägerischen Begehren nicht mit einer isolierten Anfechtungsklage, sondern einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungs- bzw. Leistungsklage zur Durchsetzung zu verhelfen ist. Demzufolge ist im vorliegenden Verfahren einstweiliger Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 SGG zu gewähren.
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Der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung setzt einen jeweils glaubhaft zu machenden (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ) Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch voraus. Die Dringlichkeit einer die Hauptsache vorweg nehmenden Eilentscheidung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG (Anordnungsgrund) ist dann gegeben, wenn es den Antragstellern nicht zuzumuten ist, bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, weil ansonsten schwere, schlechthin unzumutbare Nachteile entstehen (st. Rspr. des Senats, vgl. Beschluss vom 25. November 2005, Az.: L 13 AS 4106/05 ER-B). Ein Anordnungsanspruch ist anzunehmen, wenn ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die begehrte Leistung glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich, gemacht ist (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).
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Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu. Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund und den Anordnungsanspruch weniger streng zu beurteilen. In diesem Fall ist gegebenenfalls auch anhand einer Folgenabwägung unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Belange der Antragstellerin zu entscheiden (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 15. Januar 2007, Az.: 1 BvR 2971/06).
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Eine Orientierung an den Erfolgsaussichten ist nur möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist, denn soweit schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht beseitigt werden können, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern sie muss abschließend geprüft werden. Dies zu Grunde gelegt, ist vorliegend von offenen Erfolgsaussichten auszugehen. Hinsichtlich der Frage der Rechtmäßigkeit der Anrechnung einer tatsächlich nicht bezogenen Rente aus R. liegt, soweit ersichtlich, noch keine obergerichtliche Entscheidung vor (so auch LSG Baden- Württemberg, Beschluss vom 31. März 2009, Az.: L 4 R 5972/08 ER- B; Beschluss vom 6.Mai 2009, Az.: L 11 R 1823/09 ER- B LSG; Bayerisches LSG, Beschluss vom 31. März 2009, Az.: L 13 R 9/09 B ER). Soweit für die Antragstellerin hierzu zuletzt unter Verweis auf anhängige Verfahren vor dem LSG Baden- Württemberg vorgetragen wird, die dortigen Berufungen des Rentenversicherungsträgers seien zurückgenommen worden bzw. es sei zu einer Berufungsrücknahme aufgefordert worden, erlaubt dies die Annahme einer abschließend geklärten Rechtsfrage nicht. Die Rechtsfrage ist auch im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend zu klären.
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Es ist daher entscheidend auf den Anordnungsgrund abzustellen. Dieser ist von der Antragstellerin jedoch in keiner Weise glaubhaft dargelegt worden. Der Vortrag, durch die Rentenkürzung sei sie in ihrer Lebensgestaltung eingeschränkt, was auch durch eine ggf. spätere Nachzahlung nicht kompensiert werden könne, wird von der Antragstellerin weder konkret belegt, noch kann er entkräften, dass die in Frage stehenden Rentenzahlungen keine existenzsichernde Leistung darstellen. Unter Berücksichtigung der, der Antragstellerin gleichfalls zur Verfügung stehenden großen Witwenrente i. H. v. 598, 65 EUR (netto) belaufen sich ihre Einkünfte jedenfalls auf insg. 972, 23 EUR monatlich. Die in Streit stehende Anrechnung beschränkt sich der Höhe nach auf ca. 10 % der Einkünfte der Antragstellerin. Der tatsächlich zur Verfügung stehende Betrag liegt weit über den Regelsätzen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch. Welche konkreten Ausgaben die Antragstellerin zu tragen hat (Lebensunterhalt, Miete, Heizung, Versicherungen etc.), hat sie, obwohl sie bereits durch das SG dazu aufgefordert wurde, die wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen, nicht substantiiert vorgetragen. Mit Schreiben des Senats vom 20. Mai 2009 ist der anwaltlich vertretenen Antragstellerin Gelegenheit gegeben worden unter Hinweis auf ihre Renteneinkünfte, zum Anordnungsgrund ergänzend vorzutragen. Ein detaillierter Vortrag ist jedoch nicht erfolgt. Ein schwerer, unzumutbarer Nachteil für die Antragstellerin durch die Anrechnung der fiktiven r.-ischen Rente (104,07 EUR) ist für den Senat daher nicht erkennbar; ein Anordnungsgrund ist nicht glaubhaft dargelegt, zumal sie auch die Möglichkeit hat, die Rente beim r.-ischen Rentenversicherungsträger zu beantragen (vgl. LSG Baden- Württemberg, Beschluss vom 26. Mai 2009, Az.: L 9 R 1720/09 ER- B).
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Nach alledem ist der Beschluss des SG aufzuheben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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Dieser Beschluss kann mit der Beschwerde nicht angefochten werden (§ 177 SGG).
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