Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
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| Die Klägerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart (SG), mit dem ihr im Rechtsstreit S 9 SB 76/09 gestellter Antrag auf Ablehnung der von Amts wegen bestellten Sachverständigen Dr. B.-S. (künftig Gutachterin) wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt wurde. |
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| Zwischen den Beteiligten ist im Hauptsacheverfahren die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) mit mindestens 50 streitig. |
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| Das SG beauftragte (nach schriftlicher Anhörung der die Klägerin behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen und Einholung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Dr. G. vom 15.06.2009 und des gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erstatteten orthopädischen Gutachtens von Dr. A. vom 19.02.2010) die Gutachterin mit der Erstattung des orthopädischen Gutachtens vom 07.08.2011. Dieses Gutachten ging beim SG am 08.08.2011 ein. In dem Gutachten gelangte die Gutachterin zusammenfassend zu der Bewertung, der GdB sei mit 30 einzustufen. Außerdem teilte die Gutachterin in der Zusammenfassung ihres Gutachtens mit, die Klägerin „trägt einen gut gefüllten DIN-A 4 Aktenordner (der 3 kg gewogen hat)“. |
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| Das Gutachten vom 07.08.2011 wurde vom SG am 11.08.2011 an den Bevollmächtigten der Klägerin übersandt. Am 15.08.2011 rügte die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten die Befangenheit der Gutachterin. Sie führte zur Begründung aus, offenbar habe die Gutachterin - ohne sie zu fragen - hinter ihrem Rücken an ihrer Tasche manipuliert und die dort mitgebrachten Gegenstände gesichtet. |
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| Das SG holte zum Befangenheitsgesuch der Klägerin die schriftliche Stellungnahme der Gutachterin vom 22.08.2011 ein. Sie teilte mit, sie habe die Klägerin noch in Unterwäsche in den Röntgenraum gebeten. Die Patienten nehmen dabei üblicherweise ihre gesamten Kleider mit, um sich danach wieder anzuziehen. Die weiteren Akten und Unterlagen werden von einer Helferin entweder ins Röntgen oder ins Backoffice getragen, um es dort zu übergeben. Im Fall der Klägerin habe ihre Helferin festgestellt, dass die Tüte mit Akten sehr schwer sei, worauf die Helferin gebeten worden sei, diese kurz zu wiegen. Sie habe dies auch deshalb für sachdienlich gehalten, weil die Klägerin zuvor gesagt gehabt habe, sie könne nichts Schweres mehr tragen und habe erhebliche Sehnenscheidenprobleme in den Händen. Zu schwere Taschen könnten durchaus ein Grund für solche Beschwerden sein oder diese auch einmal verstärken. Leider sei versäumt worden, die Klägerin vorher um ihre Zustimmung zu bitten. Entgegen der Angaben der Klägerin sei die Tüte mit den sämtlichen Unterlagen nicht durchsucht worden. Sie sei nur insgesamt gewogen und der Klägerin übergeben worden. Die Beschuldigung der Klägerin, dass die gesamten Unterlagen, der Geldbeutel und alles durchsucht und manipuliert worden sei, werde mit Entschiedenheit zurückgewiesen. Die persönlichen Unterlagen der Patienten seien für sie unerheblich. |
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| Zur Stellungnahme der Gutachterin trug die Klägerin weiter vor, sie habe keine „Tüte“, sondern eine große Umhängetasche dabei gehabt, die alleine schon ca. 1 kg wiege und über der Schulter getragen worden sei. Der Ordner habe 3,1 kg gewogen. Die Aussage, wonach die „Tüte“ komplett 3 kg gewogen habe, sei unzutreffend. Sie habe ihre Tasche und Kleider im Untersuchungszimmer gelassen. Eine Rücknahme in den Röntgenraum sei mithin nicht erforderlich gewesen. Sie hätte der Gutachterin gerne Unterlagen aus ihrem mitgebrachten Ordner gezeigt, was von Seiten der Gutachterin abgelehnt worden sei. Sie habe aktuelle Röntgenaufnahmen der behandelnden Orthopäden zeigen wollen. |
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| Mit Beschluss vom 24.02.2012 lehnte das SG das Gesuch der Klägerin auf Ablehnung der Gutachterin ab. |
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| Gegen den dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 01.03.2012 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Beschluss hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 29.03.2012 beim SG Beschwerde eingelegt, die dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt worden ist. Die Klägerin hat zur Begründung vorgetragen, bei vernünftiger Würdigung der gerügten Umstände aus Anlass ihrer Begutachtung sei an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung der Gutachterin zu zweifeln. Zwar begründe eine eigene „Ermittlungstätigkeit“ eines Sachverständigen allein genommen noch nicht zwingend die Besorgnis der Befangenheit. Dies sei anders zu beurteilen sein, wenn, wie vorliegend, eigenständig Ermittlungen ungefragt hinter dem Rücken des betreffenden Probanden und ohne dessen Kenntnis in der Weise erfolgten, dass mitgebrachte Gegenstände heimlich untersucht und gewogen würden. Die Gutachterin habe aus einer Umhängetasche einen Aktenordner entnehmen und diesen wiegen lassen. Diese gezielten und während des Röntgenvorganges, bei dem sie abgelenkt gewesen sei, planend-strategisch indizierten Ermittlungen ließen eine Voreingenommenheit der Gutachterin begründet befürchten, die sich bereits daran gestört habe, dass sie (die Klägerin) den nach Auffassung der Gutachterin zu kurz nach einer erfolgten Fußoperation anberaumten Untersuchungstermin habe tatsächlich wahrgenommen wissen wollen. Das angegebene Gewicht des Aktenordners sei von der Gutachterin bei der Bewertung zu Grunde gelegt worden. Es sei nicht die gesamte Tasche, sondern gezielt der aus der Tasche entnommene Aktenordner gewogen worden. Eine derartige Verfahrensweise sei erwiesen. Dies könne auch nicht durch einen richterlich nicht oder nur bedingt überprüfbaren Verantwortungsbereich des Sachverständigen gerechtfertigt werden, wie dies der streitgegenständliche Beschluss vermittele. |
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| Der Beklagte trat der Beschwerde entgegen. Gründe für eine Besorgnis der Befangenheit der Gutachterin könnten nicht erkannt werden. |
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| Der Senat hat von der Gutachterin die ergänzende Stellungnahme vom 10.06.2012 eingeholt. Darin teilt die Gutachterin mit, für die Beurteilung der vorliegenden Befunde sei unerheblich, ob es sich um eine Tüte oder Tragetasche gehandelt habe. Die Tüte/Tasche sei komplett (insgesamt) auf eine digitale Personenwaage gestellt worden, die als Gewicht 3,1 kg angezeigt habe. Die Klägerin hat sich zu der ergänzenden Stellungnahme der Gutachterin geäußert (Schriftsatz vom 20.06.2012) und an ihrem Vorbringen festgehalten. |
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| Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Klägerin wird auf die Akten des SG sowie die Senatsakten Bezug genommen. |
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| Die Beschwerde der Klägerin ist gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Sie ist nicht in entsprechender Anwendung des § 172 Abs. 2 SGG ausgeschlossen. Gemäß § 172 Abs. 2 SGG können u. a. Beschlüsse über die Ablehnung von Gerichtspersonen nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Sachverständige sind keine Gerichtspersonen. Auch die analoge Anwendung des § 172 Abs. 2 SGG ist nach Auffassung des Senats nicht möglich (vgl. Beschluss des Senats vom 15.11.2010 - L 8 SF 3957/10 AB - unter Hinweis auf Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage, § 118 RdNr. 20 sowie Leitherer, a. a. O., § 172 RdNr. 3 und 6; a.A. LSG Baden-Württemberg, 7. Senat, Beschluss vom 27.01.2010 - L 7 R 3206/09 B -). § 172 Abs. 2 SGG enthält insoweit keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke. |
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| Die Beschwerde der Klägerin hat jedoch keinen Erfolg. |
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| Der Ablehnungsantrag ist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO, der nach § 202 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anzuwenden ist, vor der Vernehmung des Sachverständigen zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Daraus folgt, dass es für die Rechtzeitigkeit des Ablehnungsantrages darauf ankommt, worin der Ablehnungsgrund besteht. Wird der Ablehnungsgrund erst aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens hergeleitet, so ist er grundsätzlich in der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO geltend zu machen (BGH Urteil vom 15.03.2005 - VII ZB 74/04-, NJW 2005, 1869). Ist keine richterliche Frist gesetzt, ist ab dem Zeitpunkt der Kenntnis des Ablehnungsgrundes dieser unverzüglich geltend zu machen, d.h. ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -). Die hierzu angemessene Frist ist nach der herrschenden Meinung im Schrifttum (vgl. u.a. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 68. Aufl. § 406 RdNr. 23; Zöller, ZPO, 28. Aufl. § 406 RdNr. 11 jeweils m.w.N.) längstens die Zweiwochenfrist des § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO; in der Rechtsprechung wird teilweise die Auffassung vertreten, es komme auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalls an (vgl. BGH, Urteil vom 15.03.2005, a.a.O., m.w.N.). Der Senat hält eine Frist von längstens einem Monat, der im Sozialrecht sonst üblichen Rechtsbehelfsfrist, grundsätzlich für eine angemessene Überlegungsfrist, wenn nicht die besonderen Umstände des Einzelfalls eine kürzere Prüfungszeit nahelegen (Beschluss vom 12.10.2011 - L 8 SB 3707/11 B -). |
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| Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die Klägerin den Ablehnungsantrag rechtzeitig gestellt hat. Das schriftliche Gutachten der Gutachterin wurde an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 11.08.2011 mit der Bitte um Kenntnisnahme abgesandt. Aus den Ausführungen im übersandten Gutachtens konnte die Klägerin erstmals die von ihr als Befangenheitsgründe geltend gemachten Umstände erkennen, so dass zwischen Kenntnis der schriftlichen Ausführungen der Gutachterin und dem Eingang des Befangenheitsantrages beim SG am 15.08.2011 weniger als eine Woche liegt. |
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| Eine berechtigte Besorgnis der Befangenheit der Gutachterin ist jedoch zu verneinen. Die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit setzt - wie bei einem Richter - nach § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich befangen ist oder sich selbst für befangen hält (BVerfGE 35, 171, 272). Ebenso wenig reicht es aus, dass der Beteiligte tatsächlich die Besorgnis der Befangenheit hat (BSG in Breithaupt 1986, 446 f). Maßgebend ist vielmehr, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Sachverständigen zu zweifeln (BVerfGE 20,9, 14; 43, 126, 127; BSG a.a.O.). Ein Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens reichen für sich allein zur Ablehnung des Sachverständigen jedoch nicht aus. Denn es ist nicht Aufgabe des Ablehnungsverfahrens, sondern des Verfahrens in der Sache selbst, die inhaltliche Richtigkeit und Überzeugungskraft eines Gutachtens zu überprüfen, während das Ablehnungsverfahren im Falle der Sachverständigenablehnung allein dazu dient, die Beteiligten eines Rechtsstreits vor der Unsachlichkeit des als Gehilfe des Gerichts in das Verfahren eingebundenen Gutachters aus einem in seiner Person liegenden Grund zu bewahren. Es müssen daher besondere Umstände hinzutreten, die auf ein unsachliches oder willkürliches Verhalten des abgelehnten Sachverständigen schließen lassen. Diese Ablehnungsgründe sind glaubhaft zu machen, eine eidesstattliche Versicherung ist ausgeschlossen (§ 406 Abs. 3 ZPO) d. h. Ablehnungsgründe müssen sich grundsätzlich aus dem Vortrag des Ablehnenden im Rahmen des jeweiligen Rechtsstreits ergeben (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss des Senats vom 12.10.2011, a.a.O. und Beschluss vom 12.04.2012 - L 9 SF 1027/12 B -, m.w.N.). Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist in der Glaubhaftmachung unterliegenden Verfahren ausgeschlossen (§ 294 Abs. 2 ZPO). Eine bloße Behauptung, die der gerichtlichen Beweiswürdigung unterliegt, ist allerdings dann glaubhaft gemacht, wenn für sie eine überwiegende Wahrscheinlichkeit besteht (Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl., § 294 RdNr. 2 m.w.H.). |
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| Hiervon ausgehend ist der Ablehnungsantrag der Klägerin gegen die Gutachterin nicht begründet. |
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| Zwar kann das Vertrauen in die Unbefangenheit und Neutralität eines Sachverständigen (u.a.) dann beeinträchtigt sein, wenn der Sachverständige den Umfang des ihm vorgegebenen Gutachtensauftrags überschreitet. Eine solche Überschreitung kann auch darin liegen, dass der Sachverständige sich in dem dem schriftlichen Gutachten vorausgehenden Prozess der Begutachtung - bei medizinischen Gutachten in der Untersuchungssituation - erkennbar von Erwägungen leiten lässt, die von der gerichtlichen Beweisanordnung nicht gedeckt sind (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.11.2010 - L 8 R 921/10 B -, m.w.N., juris). |
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| Das Vorbringen der Klägerin, die Sachverständige habe ungefragt einen von ihr in einer Tasche mitgebrachten Aktenordner entnommen und gezielt und planend-strategisch indizierte Ermittlungen durchgeführt oder gar an der Tasche manipuliert, ist zwar geeignet, wegen Überschreitung des Gutachtensauftrages wie auch wegen einer groben Verletzung der Privatsphäre der Klägerin eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Dass sich die Gutachterin in dieser Weise verhalten hat, ist allerdings nicht glaubhaft gemacht. Die Gutachterin hat in ihrer Stellungnahme vom 22.08.2011 nur eingeräumt, die Tasche der Klägerin ohne ihre Zustimmung insgesamt gewogen zu haben. Sie hat dem weiteren Vorbringen der Klägerin widersprochen, die Tüte/Tasche mit den sämtlichen Unterlagen durchsucht zu haben und die „Beschuldigung“ der Klägerin zurückgewiesen. In der vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 10.06.2012 hat die Gutachterin bekräftigt, die Tüte/Tasche komplett (insgesamt) auf einer digitalen Personenwaage gewogen zu haben, die das Gewicht 3,1 kg angezeigt habe. Zwar ist die Klägerin diesem Vorbringen der Gutachterin eingehend entgegen getreten. Die Ausführungen der Gutachterin im Gutachten die Klägerin „trägt einen gut gefüllten DIN-A 4 Aktenordner (der 3 kg gewogen hat)“ deuten die Möglichkeit allenfalls an, dass die Gutachterin allein den Aktenordner gewogen hat, spricht aber nicht zwingend für das Vorbringen der Klägerin, dass der Aktenordner aus der Tasche entnommen worden sei. Dass dies tatsächlich zutrifft, hat die Gutachterin in den eingeholten Stellungnahmen jedoch nicht bestätigt, sondern vielmehr - zuletzt in ihrer Stellungnahme an den Senat vom 10.06.2012 - bekräftigt, dass die Tüte/Tasche komplett (insgesamt) gewogen wurde. Umstände, die es erlauben, den Angaben der Klägerin eine höhere Bedeutung beizumessen als den Angaben der Gutachterin, liegen nicht vor, weshalb das Vorbringen der Gutachterin nicht widerlegt ist. Eine abschließende Klärung der Frage, ob die Gutachterin aus der Tasche der Klägerin Gegenstände (einen Aktenordner) genommen oder gar die Tasche durchsucht hat, ist über die Anhörung der abgelehnten Person hinaus im vorliegenden Antrags-/Beschwerdeverfahren rechtlich nicht möglich (vgl. Beschluss des Senats vom 12.10.2011, a.a.O.) Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass das Vorbringen der Klägerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, weshalb die Klägerin hierauf ihren Befangenheitsantrag gegen die Gutachterin nicht mit Erfolg zu stützen vermag. |
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| Dass die Gutachterin die von der Klägerin mitgeführte Tasche ohne Zustimmung der Klägerin gewogen hat, steht allerdings fest, wie die Gutachterin in ihren Stellungnahmen eingeräumt hat. Dies rechtfertigt jedoch noch nicht, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung der Gutachterin berechtigt zu zweifeln. Die Gutachterin hat in ihrer Stellungnahme vom 22.08.2011 dargelegt, dass sie das Wiegen der Tüte/Tasche für sachdienlich angesehen hat, nachdem die Klägerin im Rahmen der Anamnese gesagt habe, sie könne nichts Schweres tragen und habe erhebliche Sehnenscheidenprobleme in den Händen. Diese Angaben werden durch die Ausführungen im Gutachten vom 07.08.2011 bestätigt, die von der Klägerin auch nicht bestritten werden. Nach den plausiblen Angaben der Gutachterin in ihrer Stellungnahme können zu schwere Taschen ein Grund für die von der Klägerin genannten Beschwerden sein oder diese verstärken, was sich auf die GdB-Bildung auswirken kann. Damit liegt ein sachlicher Grund für das Wiegen der Tasche vor, der von der gerichtlichen Beweisanordnung zur Klärung bestehender Gesundheitsstörungen (und des daraus resultierenden GdB) gedeckt wird. |
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| Auch der Umstand, dass die Sachverständige das Wiegen der Tasche ohne Zustimmung der Klägerin veranlasst hat, rechtfertigt nicht die begründete Besorgnis der Befangenheit. Allerdings war dieses Vorgehen der Gutachterin unkorrekt. Es liegt ein Verfahrensfehler bei der Durchführung der Untersuchung der Klägerin vor, weil der - sozialmedizinisch begründete - Zugriff auf die private Dinge des Untersuchten über die durch die Beweisanordnung legitimierte körperliche Untersuchung hinausgeht und daher die Zustimmung oder zumindest nachträgliche Genehmigung des Untersuchten erforderlich ist. Wie bei Richtern vermag ein Verfahrensfehler für sich allein jedoch noch nicht die Besorgnis der Befangenheit zu begründen. Eine Besorgnis der Befangenheit ist erst dann begründet, wenn das Vorgehen einer ausreichenden Grundlage entbehrt und sich so sehr von dem normalerweise geübten Verfahren entfernt, dass sich für den betroffenen Beteiligten der Eindruck einer sachwidrigen, auf Voreingenommenheit beruhenden Benachteiligung aufdrängt. Dies trifft vorliegend nicht zu. Die Gutachterin hat in ihrer Stellungnahme vom 22.08.2011 dazu, wie es zum Wiegen der Tasche gekommen ist, mitgeteilt, eine Helferin habe festgestellt, dass die Tüte mit Akten sehr schwer sei, weshalb sie gebeten habe, diese kurz zu wiegen. Die Anweisung zum Wiegen der Tasche durch die Gutachterin erfolgte mithin spontan aus der Untersuchungssituation heraus. Ein nur gegen die Klägerin gerichtetes, gezieltes und planend-strategisch indiziertes Ermitteln, wie die Klägerin annimmt, lässt sich bei einer vernünftigen Würdigung dieser Umstände nicht berechtigt herleiten. Es liegt zwar eine Nachlässigkeit der Gutachterin vor, die jedoch zu einem nur gering belastenden Verstoß gegen die Privatsphäre geführt hat und daher noch nicht geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Gutachterin zu rechtfertigen. Soweit die Klägerin vorträgt, eine Rücknahme in den Röntgenraum sei nicht erforderlich gewesen, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Denn diesem Vorbringen stehen auch insoweit die nicht widerlegten Angaben der Gutachterin in ihren Stellungnahmen entgegen. |
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| Sonstige Gesichtspunkte, die geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Gutachterin zu rechtfertigen, sind nicht ersichtlich. Dass die Gutachterin das ermittelte Gewicht der Tasche bei ihren Bewertungen im Gutachten maßgeblich berücksichtigt hat, trifft entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zu. Soweit die Klägerin weiter rügt, die Gutachterin habe sich daran gestört, dass sie (die Klägerin) den nach Auffassung der Gutachterin zu kurz nach einer erfolgten Fußoperation anberaumten Untersuchungstermin habe tatsächlich wahrgenommen wissen wollen, ist die Klägerin darauf hinzuweisen, dass dadurch das Ergebnis der Begutachtung allenfalls zu ihren Gunsten verfälscht werden kann, weshalb die gerügte Anmerkung der Gutachterin ihre sachliche Berechtigung hat. Auch sonst lässt sich den Ausführungen im Gutachten nichts entnehmen, das berechtigte Zweifel der Klägerin an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung der Gutachterin rechtfertigt. |
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| Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG). |
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