Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 6 VJ 1460/13

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt Beschädigtenversorgung aufgrund eines Impfschadens nach einer am 21.01.1999 durchgeführten Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR-Impfung) mit dem Impfstoff M.-V..
Der am … 1997 geborene Kläger ist das jüngste von vier Kindern der Familie. Eltern und Geschwister sind gesund. Die Schwangerschaft verlief normal (Bl. 25 VV), die Apgar-Werte waren 10-10 und damit optimal (Bl. 13 VV). (Die Risikonummer 14 bedeutet Schwangere über 35.) Untersuchungsdaten der U 1 und U 2 sind im Kinderuntersuchungsheft (U-Heft) nicht erfasst, die U 1 war unauffällig (Bl. 26 VV). Bei der U 3 fiel der Kinderärztin K. eine Hüftreifungsverzögerung auf, im weiteren Verlauf war die Ausreifung dann rechtzeitig, und eine diskrete Bevorzugung der Kopfwendung nach rechts, die bei der U 4 nicht mehr festzustellen war (Bl. 210 SG-Akte). Bei der U 4 am 03.02.1998 wurde eine leichtgradige muskuläre Hypotonie bei normalem Bewegungsmuster beobachtet. Bei der U 6 am 14.10.1998 stellte die Kinderärztin eine leichtgradige motorische Retardierung fest (Bl. 211 SG-Akte). Koordiniertes Krabbeln auf Händen und Knien sowie Hochziehen zum Stehen fehlten (Bl. 20 VV). Am 04.12.1998 war der Kläger bei der Kinderärztin wegen eines fieberhaften Infekts mit Rhinobronchitis, nächtlicher Unruhe und vermehrtem Krümmen. Bei der Untersuchung war der Abdomen unauffällig.
Bei dem Kläger wurden die öffentlich empfohlenen Impfungen durchgeführt, 1998 mehrere Mehrfach-Impfungen gegen Tetanus, Diphterie, Pertussis, Haemophilus influenzae b, Hepatitis B und Poliomyelitis (Bl. 11 VV). Am 21.01.1999 wurde die hier streitgegenständliche MMR-Impfung durchgeführt. Danach war der Kläger erstmals wieder am 12.04.1999 bei der Kinderärztin, um eine weitere Mehrfach-Impfung durchzuführen. Er war zu diesem Zeitpunkt infektfrei (Bl. 211 SG-Akte), Auffälligkeiten wurden von der Kinderärztin nicht beobachtet und von der begleitenden Mutter nicht berichtet. Ein weiterer Besuch erfolgte am 26.05.1999 wegen eines Zeckenbisses, wobei die Zecke retroaurikulär vollständig entfernt wurde. Nach Auskunft der Kinderärztin bestanden zunächst keine Beschwerden. Auch sonstige Auffälligkeiten wurden nicht berichtet. Am 16.06.1999 suchte der Kläger die Kinderärztin wegen eines fieberhaften Infekts mit Infektion am linken Zeigefinger auf, der in der Folge mit einem Antibiotikum behandelt wurde.
Bei der nächsten Untersuchung anlässlich der U 7 am 04.10.1999 fiel der in der Gemeinschaftspraxis tätigen Kinderärztin G. eine motorische Retardierung auf: der Kläger konnte erst mit 20 Monaten frei laufen, krabbelte noch die Treppen hoch anstatt aufrecht Treppen zu steigen und sich am Geländer festzuhalten (letzteres nicht im U-Heft Bl. 21 VV vermerkt) konnte bei vorhandenem Sprachverständnis noch keine Zweiwortsätze bilden (Bl. 211 SG-Akte). Kinderärztin G. notierte im U-Heft: Verdacht auf (V. a.) Krampfanfälle, altersgemäßes Sprachverständnis fehlt. Die Kinderärztin empfahl die Vorstellung beim Augen- und Ohrenarzt und wegen V. a. Anfallsleiden im Epilepsiezentrum K..
Dort wurde der Kläger erstmals am 17.11.1999 vorgestellt. Die Mutter berichtete, dass schon seit längerem, etwa seit vier bis sechs Monaten, kurze Aussetzer von der Umgebung beobachtet. Es komme dann zum Plinkern der Lider. Beim Essen halte er häufig inne und schlucke dann kräftig, als wenn der Brocken zu groß gewesen sei. Seit etwa zwei Wochen komme es ohne erkennbare Ursache zu Stürzen, wobei er meist nach hinten und zur Seite falle und oft den Kopf anschlage. Er stehe sofort wieder auf und weine häufig. Die Frequenz der Sturzanfälle sei fünfmal täglich. Diagnostiziert wurde eine schwer klassifizierbare frühkindliche Epilepsie mit Blinzelanfällen, astatischen Anfällen und Nickanfällen sowie eine psychomotorische Retardierung (Arztbrief Epilepsiezentrum K. vom 31.03.200 über ambulante Untersuchungen vom 17.11.1999 bis 09.03.2000, Bl. 29 VV). Auffällig sei eine ausgeprägte Neigung zu stereotypen Beschäftigungen. Das Elektroenzephalogramm (EEG) war mit epilepsietypischer Aktivität pathologisch.
Weitere Diagnostik wurde durchgeführt. Das Kernspin des Kopfes ergab eine abnorm verminderte Rinden-Mark-Differenzierbarkeit mesial mit leichter Signalanhebung des Marklagers. Genügend sichere Hinweise auf die Ätiologie der genannten Strukturauffälligkeiten könnten nicht gegeben werden (Bericht vom 17.04.2000, Bl. 41 VV). In der Liquordiagnostik wurden keine richtungsweisenden Auffälligkeiten gefunden (Bl. 44 VV). Im Plasma wurden deutlich erhöhte Aminosäuren festgestellt, jedoch keine Hinweise auf einen Abbaudefekt (Bl. 43 VV). Bei dem Kläger bestand im Alter von zwei Monaten eine Masernexposition aufgrund der Erkrankung des Bruders (Bl. 59 VV). Die Analyse von Liquor und Serum vom 13.04.2000 ergab ein Masern-Virus-Immunglobulin (IgG) von > 5.00 IU/ml (Bl. 56 VV). Der IgG von Mumps war im negativen Bereich.
Im weiteren Verlauf wurden bei Frühförderung leichte Entwicklungsfortschritte erzielt. Die medikamentöse Einstellung des Anfallsleidens blieb unbefriedigend und wurde schließlich abgebrochen. Zusätzlich manifestierten sich Verhaltensauffälligkeiten. Schließlich wurde 2006 im Universitätsklinikum F. (Arztbrief vom 26.04.2006, Bl. 161 VV) eine tiefgreifende Entwicklungsstörung aus dem autistischen Formenkreis, am ehesten als atypischer Autismus zu klassifizieren (ICD 10: F 84.1); eine Intelligenzminderung im mindestens mittelgradigen Bereich und eine generalisierte Epilepsie in Form von myoklonischen astatischen Anfällen (Blitz-Nick-Salaam-Anfälle, ICD 10: G 40.4) diagnostiziert. Dort gab die Mutter des Klägers erstmals an, die frühkindliche Entwicklung des Klägers sei bis zum Alter von ca. 15 Monaten im Großen und Ganzen unauffällig verlaufen; sie führe die neurologische Symptomatik auf eine MMR-Impfung im Alter von 15 Monaten zurück.
Beim Kläger ist mit Bescheid vom 17.04.2001 seit 01.07.1999 ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen G, B, H und RF festgestellt (Bl. 87 VV). Er hat Pflegestufe III.
Am 28.08.2006 beantragte der Kläger, vertreten durch seine Eltern, die Gewährung von Versorgung wegen Impfschäden nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG). Sie seien vor der Impfung nicht über die Risiken aufgeklärt worden. In der Anlage „Impfschadensverlauf“ schrieb die Mutter des Klägers:
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„Am Wochenende des 30./31.01.1999 in der Nacht schrille Schreiattacken, harter Bauch, apathischer, starrer Blick, durch nichts zu beruhigen. Wurde auch in Mamas Bett nicht ruhiger. War nicht ansprechbar, Überstrecken und Steifwerden des ganzen Körpers. Reagiert weder auf Brustanlegen noch auf Streicheleinheiten. Fiel gegen Morgen in den Tiefschlaf, nachdem er endlich Ruhe gefunden hatte. Tagsüber apathisch und häufiges Hinfallen, Stützen an der Wand, Festhalten an Möbelstücken, weinerlich, unsicheres Laufen entlang der Wand (Zeugnis Fr. C. K., Fr. K. S.).
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Ab April bis dato nervöses Augenzucken (später als Absencen diagnostiziert). Das tapsige Laufen nur an der Wand zeigt sich im Nachhinein als Gangunsicherheit. Im Umgang mit anderen Kleinkindern zeigt er massives, zunehmend aggressives Verhalten (grundloses Schubsen, Gesichtskratzen und Beißen etc.). Ende April stellten wir beim Essen wiederholt Schluckstörungen fest, die bis Dezember 2004 anhielten.“.
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Vorgelegt wurden eidesstattliche Versicherungen der Zeugin K. vom 12.09.2006 und der Schwester des Klägers, der Zeugin K. S., vom 10.09.2006.
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Der Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch Prof. Dr. H., Oberarzt im Zentrum für Kinder– und Jugendmedizin des Universitätsklinikums F.. Prof. Dr. H. erstattete sein Gutachten nach Aktenlage und ausführlicher telefonischer Befragung der Mutter des Klägers. Die Mutter beschreibe neun Tage nach der Impfung (am 30./31.01.1999) mehrere, mindestens drei bis zu 30 Minuten dauernde Schreiattacken, bei denen der Kläger sich nicht habe beruhigen lassen. Dieses Verhalten habe sehr von dem bislang bekannten abgewichen. Tagsüber sei der Zustand zufriedenstellend gewesen. Es hätten kein Fieber, keine Diarrhoe und keine katarrhalischen Symptome bestanden. Der Zustand sei insgesamt - trotz der beunruhigenden nächtlichen Zustände – so gut gewesen, dass in dieser Phase keine ärztliche Hilfe gesucht worden sei. Ab dem Alter von 18 Monaten hätten die Eltern Augenliderzucken und Schluckstörungen beobachtet. Mit 19 Monaten habe der Kläger laufen können.
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Außer Zweifel bestehe beim Kläger eine gravierende Mehrfachbehinderung, deren Ursache letztendlich unklar bleibe. Die differentialdiagnostische Abklärung durch eine Reihe hochspezialisierter Einrichtungen bezüglich infektiöser, primär degenerativer und stoffwechselbedingter Erkrankungen habe keinen hinreichen Befund einer zugrunde liegenden Störung erbracht. Der geschilderte Zustand am 30./31.01.1999 sei mit einer Hirnentzündung, die unter anderem durch Masern- und Mumpsviren verursacht werden könne, vereinbar. Allerdings seien die geschilderten Symptome unspezifisch und träten auch bei anderen fieberhaften Krankheiten oder mit krampfartigen Schmerzen verbundenen Zuständen auf, z. B. einer Gastroenteritis oder einem pavor nocturnus (Alpträume). Die Schilderung der Eltern, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt tagsüber in einem ordentlichen, nicht besorgniserregenden Zustand gewesen sei, spreche mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen eine Gehirnentzündung, die eine schwere Erkrankung sei. Wichtig sei auch die Tatsache, dass die Eltern des Klägers zu diesem Zeitpunkt keine medizinische Hilfe gesucht hätten. Weiterhin sei es nach diesen Ereignissen nicht zu einem Entwicklungsstillstand gekommen, der Kläger habe vielmehr mit 19 Monaten einen großen Entwicklungsschritt, das freie Laufen, getan. Dies sei knapp außerhalb des Normalen. Bei der anlässlich der U 6 festgestellten mäßigen Entwicklungsverzögerung sei die große Varianz der „Meilensteine der Entwicklung“ zu beachten, 8 % der Kinder würden gar nicht krabbeln, sondern diese Entwicklungsstufe überspringen. Die Entwicklung von Körperlänge, Kopfumfang und Gewicht sei normal gewesen.
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Ob eine akute Hirnhautentzündung als Komplikation einer MMR-Impfung auftreten könne, sei in der wissenschaftlichen Gemeinschaft umstritten. Beweise für einen solchen Zusammenhang lägen nicht vor, die meisten Studien hätten kein vermehrtes Auftreten von Gehirnentzündungen nach MMR-Impfungen gefunden. Von den drei Fällen, in denen zwischen 2001 und 2003 eine Erstmanifestation von Krampfanfällen im zeitlichen Zusammenhang zu einer MMR-Impfung gemeldet worden sei, sei keiner vom P.-Institut als gesichert, wahrscheinlich oder möglich beurteilt worden. Eine Hirnentzündung nach MMR-Impfung sei ein sehr seltenes Ereignis, die Inzidenz liege bei 1:1 Million. Die Seltenheit sei mit der spontaner Hirnentzündungen vergleichbar, so dass davon auszugehen sei, dass einige oder auch alle unabhängig von der MMR-Impfung aufgetreten seien. Ein kausaler Zusammenhang könne auch nicht durch Isolation der Vakzine-Stämme aus Liquor oder Hirngewebe nachgewiesen werden. Zum Nachweis wären umfangreiche Untersuchungen am Hirngewebe von geimpften Gesunden notwendig, die nicht an einer Hirnentzündung erkrankt seien, denn das Auftauchen von Impfviren im Gehirn sei als harmloses Ereignis nach einer Impfung durchaus denkbar. Das Auftauchen von Impfviren im Hirn erkrankter Patienten wäre dann Zufall. Eine Studie in Großbritannien habe eine erhöhte Rate von zentralnervösen Erkrankungen oder komplizierten Krampfanfällen zwischen 7 und 14 Tagen nach MMR-Impfung ermittelt, allerdings seien keine bleibenden Schäden beobachtet worden. Eine kürzlich veröffentlichte Studie unter Einbeziehung von 2 Millionen Kindern in den USA habe kein erhöhtes Enzephalopathierisiko nach MMR-Impfung gefunden. Daher komme sowohl das Vaccine Safety Committee des I. o. M. der A. o. S. USA als auch die Ständige Impfkommission am R.-K.-Institut (STIKO) zu dem Schluss, dass die vorliegenden Daten weder einen ursächlichen Zusammenhang noch dessen Ausschluss zuließen.
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Im vorliegenden Fall sei eine akute Enzephalitis jedweder Ursache jedoch sehr unwahrscheinlich. Eine medizinische Abklärung sei wegen des insgesamt guten Allgemeinbefindens des Klägers nicht veranlasst worden, so dass objektive Befunde nicht vorlägen.
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Eine weitere Erkrankung, die zur Degeneration von Hirngewebe führe, sei die Enzephalopathie (Gehirnkrankheit). Diese klinische Diagnose werde nach Ausschluss u. a. einer Gehirn- oder Gehirnhautentzündung gestellt. Symptome seien Wesensveränderung, Bewusstseinsverlust etc. Als Ursache komme eine große Zahl von Störungen in Betracht. Eine kürzlich veröffentlichte Fall-Kontroll-Studie (R. P et al.:, T. V. s. D. G., P. I. D. J 2006; 25, 768) habe keinen Zusammenhang zwischen einer Enzephalopathie und einer MMR-Impfung gefunden.
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In der Literatur würden wenige Fälle einer Masern-Einschlusskörperchen-Enzephalitis, die zu Krämpfen, Herdsymptomen und Halbseitenlähmung führe, darunter eine Erkrankung eines Kindes im Jahr 1998 im zeitlichen Zusammenhang zu einer MMR-Impfung, berichtet. In diesem Fall sei mittels Hirnbiopsie post mortem Masern-RNA des Impfvirus nachgewiesen worden. Die Masern-Einschlusskörperchen-Enzephalitis könne als sehr seltene Komplikation ein bis acht Monate nach der Impfung bei immunsupprimierten/-defizienten Patienten auftreten und verlaufe meist tödlich. Im vorliegenden Fall spreche sowohl der zeitliche Verlauf (drei Wochen nach Impfung), die Klinik (keine akuten neurologischen Störungen) und die fehlende Immunschwäche sicher gegen eine Masern-Einschlusskörperchen-Enzephalitis.
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Der beim Kläger im Alter von 2,5 Jahren festgestellte positive Masern-Titer sei nach erfolgter Impfung zu erwarten gewesen, die Höhe des IgG-Titers sei für die Beurteilung ohne Bedeutung. Die Liquor-Diagnostik sei negativ, was zumindest nicht für eine durchgemachte Masern-Hirnentzündung spreche. Allerdings sei diese Untersuchung von unsicherer Sensitivität, so dass eine negative Antikörperantwort im Liquorraum keine wesentliche Aussage gegen eine abgelaufene Masern-Hirnentzündung beinhalte.
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Es fänden sich einzelne Berichte über eine Assoziation einer Hirnhautentzündung und einer Impfung mit Mumps-Lebend-Impfstoff. In keinem Fall sei diese virologisch bestätigt worden, d. h. der Impfstoff sei nicht im Hirnwasser oder Hirngewebe der erkrankten Patienten nachgewiesen worden. In einer aktuellen Feststellung des Global Advisory Committee on Vaccine Safety (2006) werde dies in der Mehrzahl der Fälle für ein zufälliges zeitliches Zusammentreffen gehalten. Für Hirnentzündungen infolge des Röteln-Lebendimpfstoffs gebe es keinen Hinweis; auch bei Rötelninfektionen durch Wildviren seien Hirnentzündungen Raritäten. Hinsichtlich der weiteren Bestandteile Neomycin, Phenosulfonphthalein und Polysaccharide lägen keine Berichte über schwerwiegende neurologische Komplikationen vor.
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In der Zusammenschau der Datenlage finde sich kein Beleg für die MMR-Impfung als Ursache des beim Kläger festgestellten Gesundheitsschadens. In der Wissenschaft herrsche Ungewissheit darüber, ob eine MMR-Impfung die Ursache einer Hirngewebsentzündung oder Enzephalopathie sein könne, die wiederum Ursache für eine Gesundheitsstörung wie die des Klägers sein könne. Die Dokumentation des Verlaufs zum Zeitpunkt der retrospektiv von den Eltern vermuteten Hirnentzündung (um den 30.01.1999) sei ungenügend, so dass keine Befunde vorlägen, die in diesem Einzelfall zur Klärung einer Kausalität zwischen MMR-Impfung und Hirngewebsentzündung beitragen könnten.
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Mit Bescheid vom 10.10.2007 lehnte der Beklagte den Antrag auf Beschädigtenversorgung wegen eines Impfschadens ab. Nach dem ausführlichen Gutachten des Prof. Dr. H. unter Berücksichtigung neuester Untersuchungen ließen die vorliegenden Daten nach Meinung der maßgeblichen Institute weder eine Anerkennung eines ursächlichen Zusammenhangs noch dessen Ausschluss zu. Beim Kläger sei jedoch bereits eine akute Enzephalitis jedweder Ursache retrospektiv unwahrscheinlich. Für eine denkbare Enzephalopathie habe sich in einer kürzlich veröffentlichten Fall-Kontroll-Studie kein Zusammenhang zu einer MMR-Impfung gefunden.
23 
Mit dem Widerspruch trug der Kläger vor, er sei trotz psychomotorischer Vorschädigung mit M.-V. geimpft worden. Diese Vorschädigung sei im Alter von vier bis sieben Monaten im Zusammenhang mit mehreren vorangegangenen Mehrfachimpfungen aufgetreten. Der erste Krampfanfall in Form von Unruhe, unstillbarem schrillen Schreien und Nachtschlaf (?) sei innerhalb der Inkubationszeit der Masern von sieben bis 14 Tagen aufgetreten und vom Epilepsiezentrum K. als erste epileptische Anfallsform bewertet worden. Er wünsche eine Nutzen-Lasten-Analyse als Voraussetzung für eine Impfempfehlung als Grundlage für die Bemessung des Wahrscheinlichkeitsgrades. Entgegen der Ansicht des Gutachters sei er nach dem 30./31.01.1999 nicht in einem ordentlichen Gesundheitszustand gewesen. Es sei herrschende wissenschaftliche Lehrmeinung, dass Masernimpfviren im Gehirn der Beweis für eine Impfschädigung seien. Der Gutachter verkenne den Beginn des Krampfleidens am 9./10. Tag nach der Impfung. Die von ihm unterstellte Gastroenteritis ohne Dokumentation von Durchfall, Fieber etc. führe nicht zu psychomotorischem Entwicklungsrückstand, Krampfleiden und Autismus. Er habe sich nicht dazu verhalten, dass nach der Liquor-Diagnostik bei ihm trotz Impfung kein ausreichender Schutz gegen Mumps, Röteln und Pertussis bestehe. Er verkenne die Gefährlichkeit von Neomycin. Nach allgemein bekannter medizinisch-wissenschaftlicher Lehrmeinung komme es in seltenen Fällen (1:1 Million Impfungen) zu Meningoenzephalitis, Enzephalopathien und schweren neurologischen Störungen.
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In der versorgungsärztliche Stellungnahme vom 15.01.2008 führte Ärztin L. aus, bereits im 1. Schritt sei beim Kläger nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang eine Enzephalitis wahrscheinlich zu machen. Die Indizien hierfür seien nicht ausreichend. Die Erscheinungen der durchschrieenen Nacht seien nicht erste Krampfanfälle gewesen. Diese seien erst Monate später in Form von Blinzelanfällen aufgetreten. Auch der zeitliche Zusammenhang zwischen der durchschrieenen Nacht und dem Beginn von Schluckstörungen, Grimassierungen und Zuckungen im Gesicht liege nach den vorliegenden Unterlagen bei mindestens drei bis vier Monaten und nicht – wie nunmehr behauptet – bei knapp vier Wochen. Eine Immundefizienz sei beim Kläger nicht diagnostiziert worden, vielmehr zeige sein Maserntiter Immunkompetenz. Daher sei nicht von einer Einschlusskörperchen-Enzephalits auszugehen, die nur bei Immundefizienten vorkomme. Dass eine Enzephalitis nicht ausgeschlossen sei, berechtige nicht zur Annahme der Wahrscheinlichkeit. Der vom Gutachter angeführte ordentliche Gesundheitszustand des Klägers im Anschluss an den geschilderten Zustand am 30./31.01.1999 erkläre sich daraus, dass die Eltern als erfahrene Eltern den Kläger in der Folge nicht beim Kinderarzt vorgestellt hätten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass eine Enzephalitis ein schweres Krankheitsbild sei, einhergehend mit Fieber, Bewusstseinstrübung und Apathie, anhaltend über einen gewissen Zeitraum, sicher mehrere Tage. Im 2. Schritt sei zu fragen, ob Enzephalitiden im Zusammenhang mit MMR-Impfungen vorkämen. Die allgemeine wissenschaftliche Lehrmeinung gehe davon aus, dass diese zumindest so selten seien, dass sie die Zahl der Spontanerkrankungen nicht überstiegen. Bisher sei in keinem Fall ein Kausalzusammenhang nachgewiesen. Da beim Kläger aber bereits die erste Voraussetzung fehle, müsse über die zweite Frage nicht entschieden werden.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 30.01.2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.
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Der Kläger hat hiergegen am 28.02.2008 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und – wie auch im weiteren Verfahrensverlauf - umfangreiche Unterlagen und Stellungnahmen NichtVerfahrensbeteiligter zum Thema Impfschaden vorgelegt. Insoweit wird auf die SG-Akte (3 Bände) verwiesen. Das SG hat die Mutter des Klägers in nichtöffentlicher Sitzung am 24.07.2009 befragt und die Schwester des Klägers, K. S. sowie die Nachbarin C. K. als Zeuginnen vernommen. Die Mutter hat angegeben, der Kläger habe in der Nacht vom 30.01.1999 Schreianfälle gehabt. Er sei unnatürlich gekrümmt und überstreckt gewesen, mit nach vorn gestrecktem Bauch. Dieser Zustand habe eine Stunde angehalten. Sie hätten eine Darmkolik vermutet. Nach ca. einer Stunde sei er in Tiefschlaf gefallen und sei auch am nächsten Tag total erledigt und schlaff gewesen. Auch am nächsten Tag, am 01.02. sei er apathisch gewesen. Von Januar bis Juni habe er nur laufen können, wenn er sich an der Wand festgehalten habe. Dann seien die Auffälligkeiten mit den Augenlidern hinzugekommen. Eines Tages sei er umgefallen. Die Situation sei immer schlimmer geworden. In den nächsten Jahren seien immer wieder Schreiattacken aufgetreten, aber nie so eindrücklich wie beim ersten Mal. Ab April sei das Augenliderblinzeln mit den Schluckvorgängen aufgetreten. Beim Schlucken habe er mit den Augen geblinzelt und Absencen gezeigt. Auf Befragen, warum sie keinen Notarzt geholt habe, hat sie angegeben, er habe nicht auf Ansprache reagiert, sei aber nicht bewusstlos gewesen. Sie seien von einer Magenkolik ausgegangen, hätten Tee bereitet, den er allerdings nicht getrunken habe. Irgendwann habe er mehrfach gerülpst und gepupst und sich anschließend beruhigt. Frei gelaufen sei er das erste Mal am 07.06.1999. Ab Weihnachten 1998 habe er sich aufrichten und mit Hilfe von Gegenständen, an denen er sich festgehalten habe, fortbewegt. Über die motorische Entwicklung hätten sie sich keine Gedanken gemacht. Bei der Impfung im April 1999 hätten sie den Arzt nicht auf die Vorfälle angesprochen, weil sie keinen Zusammenhang mit der Impfung gesehen hätten. Nach einem Zeckenbiss im Mai 1999 sei die Zecke vom Arzt entfernt worden. Die Zeuginnen S. und K. haben die Angaben über das Schreien in der Nacht vom 30. auf den 31.01.1999 bestätigt.
27 
Das SG hat die behandelnden Ärzte schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Die Kinderärztin K. hat in ihrer Auskunft vom 28.08.2009 angegeben, am 04.12.1998 sei der Kläger mit einem fieberhaften Infekt mit Rhinobronchitis, nächtlicher Unruhe und vermehrtem Krümmen behandelt worden. Der Abdomen sei bei der Untersuchung unauffällig gewesen. Am 26.05.1999 sei eine Zecke entfernt worden. Am 16.06.1999 sei ein fieberhafter Infekt mit Infektion am linken Zeigefinger behandelt worden, am 06.07.1999 ein Virusinfekt mit Begleitexanthem. Bei der U 6 am 14.10.1998 sei eine leichte motorische Retardierung gefunden worden. Im Zeitraum von vier Wochen nach der Impfung vom 21.01.1999 sei keine Vorstellung erfolgt, die nächste Vorstellung sei am 12.04.1999 wegen weiterer Impfungen gewesen. Bei der U 7 am 04.10.1999 sei eine Retardierung aufgefallen. Am 02.11.1999 sei der Kläger vorgestellt worden, weil es beim Laufen immer wieder zu plötzlichem Fallen oder Zusammenzucken ohne äußeren Anlass gekommen sei, ca. 5x/Tag. Daraufhin sei die Überweisung an das Epilepsiezentrum K. erfolgt. Der Homöopath B., der den Kläger von 2004 bis 2007 behandelt hat, hat in seiner Auskunft angegeben, der Kläger sei bereits nach den ersten Mehrfachimpfungen und vor der MMR-Impfung auffällig gewesen. Die MMR-Impfung habe „das Fass zum Überlaufen“ gebracht. Andere Ursachen als die Impfgifte der vorangegangen Impfungen und die MMR-Impfung schieden aus.
28 
Das SG hat Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Leiter des Epilepsiezentrums M., Prof. Dr. N., mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat sein Gutachten vom 24.05.2011 erstattet und auf Einwendungen des Klägers zwei ergänzende Stellungnahmen vom 23.01.2012 und 15.10.2012 abgegeben. Diagnostisch sprächen die erhobenen Befunde für eine epileptische Enzephalopathie in Form einer myoklonisch-astatischen Epilepsie. Nach den geschilderten Symptomen der Nacht vom 30. auf den 31.01.1999 mit schrillem Schreien, Agitiertheit, dann Schläfrigkeit, Grimassieren und unsicherem Gangbild könnte nach der reinen Beschreibung durch Mutter und Schwester eine milde Enzephalitis vorgelegen haben. Allerdings seien die Symptome nicht ärztlich dokumentiert, die Beschreibung durch Laien sei unzulänglich und könne zu falschen Schlüssen führen. Eine das jetzige Krankheitsbild erklärende Enzephalitis sei jedoch wenig wahrscheinlich. Die Episode habe nur kurz gedauert und sei ohne ärztliche Intervention ausgeheilt. Biologisch sei nicht plausibel, dass ein solches Ereignis im akuten Stadium so blande verlaufe, dass offensichtlich kein Bedarf für ärztliche Konsultation gesehen werde, andererseits aber einen so schweren dauerhaften neurologischen Schaden nach sich ziehe wie beim Kläger. Im MRT seien später keine Narben festgestellt worden, die eine Hirnschädigung im Rahmen eines putativen enzephalitischen Geschehens erkennen ließen. Narben nach einer Hirnentzündung ließen sich fast immer dauerhaft in einem MRT nachweisen, wenn sie einmal entstanden seien. Alle großen epidemiologischen Studien zeigten, dass ein Zusammenhang von Impfung und schweren neurologischen Defektzuständen unwahrscheinlich sei. Durch eine Studie mit zwei Millionen geimpften Kindern sei nachgewiesen worden, dass neurologische Schäden nach MMR-Impfung nicht häufiger aufgetreten seien als bei der nicht geimpften Kontrollgruppe. Eine Studie mit Patienten, bei denen eine Impfenzephalopathie diagnostiziert worden sei, habe ergeben, dass bei über 90 % als andere Ursache eine Mutation des Natriumkanalgen gefunden worden sei. Eine weitere Studie habe gezeigt, dass eine Impfung eine vorbestehende Enzephalopathie in Form eines Dravet-Syndroms nicht verschlechtere. Beim Kläger müsse zudem in Betracht gezogen werden, dass bereits vorher eine psychomotorische Retardierung und Koordinationsstörung bestanden habe. Diese hätten sich aber durch die Impfung nicht verschlimmert. Eher wahrscheinlich sei, dass sich die Anfälle im Rahmen der schon bestandenen neurologischen Auffälligkeiten auch ohne Impfung manifestiert hätten.
29 
In seiner ergänzenden Stellungnahme hat Prof. Dr. N. darauf hingewiesen, dass das in den klägerischen Einwendungen angeführte Lennox-Gastaut-Syndrom nicht einschlägig und von ihm nicht angeführt worden sei. Die Ansicht des Klägers, ein kindliches Gehirn könne auf Entzündungen nicht reagieren, deshalb seien keine Entzündungszeichen zu erkennen, werde auf einen einzelnen, 40 Jahre alten Artikel gestützt, und treffe nicht zu. Auch bei einem kindlichen Gehirn seien Zeichen einer Entzündung zu erkennen. Die zitierten Artikel „bedeutender Neurologen“ seien nicht reproduzierbar, stammten aus den 30er und 50er Jahren und beträfen zum Teil Pocken. Das Zitat von B., wonach trotz anscheinend milden Verlaufs große Teile des Gehirns zerstört seien, sei nicht einschlägig, da beim Kläger keine Zerstörung des Gehirn vorliege, sondern nur eine leichte Erweiterung der Liquorräume. Bei keinem der in der großen, aktuellen Studie von Weibel et al aus 75 Millionen identifizierten 48 Fällen, bei denen eine Impfenzephalopathie angenommen worden sei, sei ein blander Beginn mit einem symptomfreien Intervall beobachtet worden. Ein so langes Intervall wie beim Kläger, nämlich zwei Monate, sei biologisch für eine Enzephalopathie unplausibel. Das später auffällige EEG und das später leicht auffällige Kernspin könnten nicht als Argumente herangezogen werden, da zeitnah nach dem 30.01.1999 keine entsprechende Diagnostik erfolgt sei. Das Ereignis vom 30./31.01.1999 könne nicht als Ursache oder Beginn der Enzephalopathie bewertet werden, weil die Anfälle erst mehrere Wochen später aufgetreten seien. Die Untersuchung der Nervenwasserflüssigkeit habe weder eine Erhöhung von Entzündungszellen noch einen Nachweis spezifischer Antikörper gegen Masern gezeigt. Damit sei eine Reaktion des Immunsystems im Zentralnervensystem gegen Masern als Marker einer zentralnervösen Immunreaktion nicht nachzuweisen. Der Maserntiter im Serum zeige nur den Impfschutz. Die beim Kläger dokumentierte psychomotorische Retardierung mit Koordinationsstörung sei Zeichen einer Erkrankung des Zentralnervensystems, die allein für sich den weiteren Erkrankungsverlauf mit Beginn einer epileptischen Enzephalopathie erkläre. Da es unmittelbar nach der Impfung zu keinen persistierenden neurologischen Symptomen gekommen sei, sondern die Anfälle erst schleichend einige Wochen nach der Impfung begonnen hätten, sei von einem zufälligen und darüber hinaus sehr weiten zeitlichen Zusammenhang auszugehen.
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Das SG hat in der mündlichen Verhandlung am 28.02.2013 nochmals die Mutter des Klägers einvernommen. Diese hat angegeben, sie habe ab ca. Frühjahr 1999 den Eindruck gehabt, ein quasi verändertes Kind zu haben, insbesondere in Bezug auf die gezeigten Unruhezustände.
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Das SG hat die Klage mit Urteil vom selben Tage abgewiesen. Die beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen seien nicht mit Wahrscheinlichkeit rechtlich wesentlich auf die Impfung am 21.01.1999 zurückzuführen. Das Gericht folge den Darlegungen des Prof. Dr. N.. Nach den Befunden bei der U 3 und den folgenden Untersuchungen hätten bereits deutlich vor der Impfung Anhaltspunkte für die Entwicklung eines neurologischen Krankheitsbildes bestanden, die für sich genommen keinen Krankheitswert gehabt hätten, aber ohne weiteres in Zusammenhang mit der später aufgetretenen Erkrankung des Zentralnervensystems zu bringen seien. Hinsichtlich des Ereignisses vom 30./31.01.1999 gehe das Gericht davon aus, dass ein in gewissem Umfang auffälliges Verhalten vorgelegen habe. Festzuhalten sei aber, dass die Eltern weder am 30./31.01. noch in der Folgezeit bis zum Auftreten der Blinzelanfälle im April 1999 Anlass gesehen hätten, einen Arzt aufzusuchen und dass das fragliche Ereignis weder bei der Anamneseerhebung im Epilepsiezentrum K. noch in der Uni-Klinik F. erwähnt sei, sondern erstmals 2006 aktenkundig geworden sei. Daher gehe das Gericht in Übereinstimmung mit dem neurologischen Sachverständigen davon aus, dass sich aus diesem Verhalten keine Hinweise auf ein akutes neurologisches Krankheitsgeschehen von Dauercharakter ergeben hätten. Aus der laienhaften Schilderung, zumal mehrere Jahre nach dem fraglichen Ereignis, ließen sich ohne ärztliche Befunde keine gesicherten neurologischen Diagnosen ableiten. Auch aus den Laboruntersuchungen im April 2000 hätten keine Anhaltspunkte für ein neurologisches Geschehen mit Zusammenhang zur MMR-Impfung gewonnen werden können. Der Sachverständige habe unter Bezugnahme auf den aktuellen Forschungsstand überzeugend dargelegt, dass es keine medizinisch-wissenschaftlichen Studien gebe, die einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Masernimpfung und einem enzephalopathischen bzw. enzephalitischen Geschehen nahelegten.
32 
Gegen das über seine Bevollmächtigten am 06.03.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.04.2013 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung greift er das Gutachten des Prof. Dr. N. an, insbesondere weil dieser keine wissenschaftlich evidenzbasierte Nutzen-Lasten-Analyse vorgenommen habe, was nach BSG-Rechtsprechung (Urteil vom 20.07.2005 – B 9/9a VJ 2/04 R) erforderlich sei. Weder aus der U 3 noch den nachfolgenden Untersuchungen hätten sich vor der Impfung bestehende Schäden ergeben. Bereits im Bericht der Uni-Klinik F. vom 21.12.2001 (und nicht erst 2006) sei dokumentiert, dass nach Angabe der Eltern der Beginn der epileptischen Symptomologie etwa im Alter von 15 bis 16 Monaten eingetreten sei, als der Kläger nachts zunehmend unruhiger geworden sei. Dies beweise, dass die Krampfsymptomatik im Jahr 1999 bereits 2001 und nicht erst 2006 berichtet worden sei. Die vorgenommene Beweislastverteilung zu seinen Lasten widerspreche verfassungsrechtlichen Grundsätzen. Die Rechtsprechung des BSG zu Impfschäden verfehle den verfassungsrechtlich gebotenen Ansatz. Geboten sei eine generelle Umkehr der Beweislast. Er hat umfangreiche Unterlagen zu Impfschäden allgemein vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Senatsakte (2 Bände) sowie einen Auszug aus der ihm und seine Geschwister betreffenden Kinderarztkartei verwiesen. Über seine neue Bevollmächtigte hat er vorgetragen, vor der Impfung habe bei ihm die familientypische Normvariante in der motorischen Entwicklung bestanden, keinesfalls eine erhebliche Vorschädigung. In den auf den 30./31.01.1999 folgenden Tagen und Wochen seien folgende Symptome aufgetreten: plötzliche Gangunsicherheiten, tapsiges Laufen, manchmal Stolpern, manchmal Einknicken mit den Knien, extreme Schläfrigkeit, apathischer leerer Blick, Teilnahmslosigkeit, auffallende Müdigkeit; Schreckhaftigkeit, entsetztes Schauen mit großen Augen; Grimassen-Schneiden, Mundzuckungen; komisches Schmatzen; Nesteln mit beiden Fingern in Brusthöhe vor dem Lätzchen; Innehalten mit den Augen und dem Gesicht. Die Mutter habe den Eindruck gehabt, er verstehe nicht mehr, was sie wolle. Er habe seit ca. einer Woche nach der Impfung - im Gegensatz zu der Zeit vor der Impfung - keine Nacht mehr durchgeschlafen. Vor der Impfung habe er einen gesegneten Appetit gehabt, ab ca. einer Woche nach der Impfung - und damit in einem für einen Impfschaden nach Masernimpfung typischen Abstand - habe er die geschilderten Verhaltensauffälligkeiten gezeigt. Vor der Impfung hätten alle den Eindruck gehabt, er stehe kurz vor dem freien Laufen. Nach der ersten schrecklichen Schreiattacke mit deutlichen neurologischen Ausfallerscheinungen sei er auch gestützt und habe an der Hand geführt nicht mehr laufen können. Dem kleinen Körper habe die notwendige Spannung gefehlt, er sei immer wieder hingefallen und habe sich bei den Stürzen verletzt. Die Akutereignisse vom 30./31.01.1999 müssten rückblickend als erste durch die streitgegenständliche Impfung getriggerte epileptische Anfälle beurteilt werden, weil trotz umfangreichster Differentialdiagnostik keine andere Ursache als die streitgegenständliche Impfung für die schwere Entwicklungsretardierung mit Epilepsie gefunden worden sei. Ab Anfang Februar 1999 sei die Entwicklung für ca. 3,5 Monate stillgestanden. Er habe vorhandene Fähigkeiten verloren. Dieser Entwicklungsknick sei ein wichtiges Indiz für eine Impfenzephalitis bzw. Impfenzephalopathie. Die Parallelitätsregel, wonach schwere Schäden des zentralen Nervensystems nur nach schweren deutlich erkennbaren Krankheitserscheinungen zu erwarten seien, sei wissenschaftlich umstritten. Es bedürfe keiner Enzephalitis oder Enzephalopathie, um einen Impfschaden anzuerkennen. Es bedürfe lediglich eines impfbedingten Krampfanfalls im Sinne einer Erstmanifestation des determinierten Anfallsleidens. Dies habe am 30./31.01.1999 vorgelegen. Hilfsweise sei auch die Kann-Versorgung gegeben.
33 
Die neue Bevollmächtigte hat darauf hingewiesen, dass sie bereits 40 Jahre schwerpunktmäßig mit Impfschäden befasst sei und bereits mehrere Masernimpfschäden rechtskräftig zur Anerkennung und Versorgung gebracht habe.
34 
Mit Schriftsatz vom 02.04.2015 hat der Kläger vorgetragen, die Zulassungsunterlagen für den in den USA hergestellten Impfstoff M. der Firma M. seien manipuliert worden, in den USA seien deshalb Klageverfahren anhängig. Die vorgelegte Klageschrift betreffe den Mumpsimpfstoff und behaupte, dass die Effektivität des Mumpsimpfstoffs unter den für die Zulassung erforderlichen 95 % liege. Der bei ihm vorliegende Autismus sei wissenschaftlich begründet Folge der Intoxikation mit den Inhaltsstoffen Thiomersal und Aluminiumhydroxid in den vorhergehenden und den nach der MMR-Impfung erfolgten Mehrfachimpfungen. Die Serologie mit dem erhöhten Maserntiter, der fehlenden Mumpsimmunität und der fraglichen Rötelnimmunität zeige eine Irritation des kindlichen Immunsystems, es sei denn, dies sei durch manipulierte Nutzenanalysen zu erklären. Der Befund aus dem Kernspin seines Kopfes vom April 2000 entspreche dem aus einem amerikanischen Fall (B. B. v. S. o. t. D. o. H. a. H. S.), in dem 16 Tage nach einer MMR-Impfung Anfälle aufgetreten seien, die zu einer notärztlichen Behandlung geführt hätten.
35 
Der Kläger beantragt,
36 
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. Februar 2013 und den Bescheid vom 10. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Januar 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, bei ihm eine myoklonisch-astatische Epilepsie mit atypischem Autismus als Folge der Masern-Impfung mit M.-V. am 21. Januar 1999 festzustellen und ihm Beschädigtenversorgung nach dem Infektionsschutzgesetz, hilfsweise als Kann-Versorgung, zu gewähren,
37 
weiter hilfsweise,
38 
die Mutter des Klägers zu den Akutereignissen nach der streitgegenständlichen Masernimpfung zu vernehmen und zu vereidigen,
die Gutachter Prof. Dr. N. und Dr. H. zur Erläuterung ihrer Gutachten mündlich anzuhören,
zur Diagnosestellung (normale Impfreaktion oder Impfkrankheit) ein Obergutachten bei Prof. Dr. D. sowie ein epileptisches Obergutachten einzuholen,
eine Richteranfrage beim Bundessozialgericht, wenn notwendig, beim Großen Senat und beim Bundesverfassungsgericht zu stellen zur Klärung folgender grundsätzlicher Rechtsfragen:
39 
1) Ist die aktuelle Beweislastverteilung im SGG/BSeuchG/IfSG haltbar und kann die Rechtskonformität und das faire Verfahren (Art 6 EMRK in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 MRK) damit gewährleistet werden ?
40 
2) Sind die Impfstoffe betreffenden Ausnahmeregelungen im AMG und AMNOG verfassungsrechtlich hinsichtlich Art. 2 Abs. 2 Grundgesetz haltbar oder verstoßen sie gegen den Grundsatz der Gewährleistung der Unverletzlichkeit der Person ?
41 
weiter hilfsweise, die Revision zuzulassen.
42 
Der Beklagte beantragt,
43 
die Berufung zurückzuweisen.
44 
Er hält das angegriffene Urteil für richtig.
45 
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat Dr. H. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. In seinem medizinisch-wissenschaftlichen Gutachten vom 15.12.2014 legt Dr. H. dar, dass nur 5 – 10 % der bei Kindern und Jugendlichen auftretenden Epilepsien vererbt seien. Die bei weitem überwiegende Ursache seien angeborene oder erworbene Hirnschädigungen, also symptomatische Epilepsien. Weitaus am häufigsten seien schädigende Einflüsse, die das Gehirn in seiner Entwicklung träfen, also vor oder während der Geburt oder während der ersten Lebensjahre. Bei Kindern und Jugendlichen spielten Hirnfehlbildungen, vorübergehender starker Sauerstoffmangel (z. B. bei der Geburt) und angeborene Stoffwechselstörungen eine besondere Rolle. Hirnverletzungen durch Unfälle, Infektionen, Entzündungen, Hirntumoren und Durchblutungsstörungen könnten in jedem Alter zu epileptischen Anfällen führen. Wichtig sei, dass in der ganz überwiegenden Zahl der symptomatischen Epilepsien kein fortschreitendes Hirnleiden bestehe, sondern dass die „Narbe“ einer längst abgelaufenen Hirnschädigung für das Auftreten der Anfälle verantwortlich sei. Trotz aller Diagnostik gelinge es bis heute nur in 25 % der Fälle von Epilepsie bei Kindern und Jugendlichen, die Ursache zu finden.
46 
Nach heutigem Kenntnisstand sei an der Entstehung eine Kombination aus genetischer Veranlagung und äußeren Schädigungsmechanismen zu einem ganz bestimmten vulnerablen Zeitpunkt beteiligt. Eine Zuordnung zu einer speziellen genetischen Veränderung sei für die myoklonisch-astatische Epilepsie bislang nicht bekannt. Impfungen seien als Ursache von Störungen der Hirnentwicklung schon lange in der Diskussion. Einzelfallberichte von Entzündungen des Gehirns seien immer wieder berichtet und zum Teil in der wissenschaftlichen Literatur veröffentlicht worden, auch betreffend die MMR-Lebendimpfungen.
47 
Beim Kläger sei die Entwicklung vor der Impfserie unauffällig verlaufen. Er sei ein „Spätentwickler“ wie seine Geschwister. Angeschuldigt sei nur die Impfung am 21.01.1999, die vorher und z. T. nachher verabreichten Impfungen hätten keinen erkennbaren Effekt auf die Erkrankung und deren Verlauf gehabt.
48 
Die häufigsten Nebenwirkungen nach Verabreichung von M.-V. seien Fieber und Reaktionen an der Injektionsstelle einschließlich Schmerz, Schwellung und Rötung. Als Erkrankungen des Nervensystems würde über afebrile Krämpfe oder Anfälle, Ataxie, Schwindel, Enzephalitis, Enzephalopathie, Fieberkrämpfe (bei Kindern), Guillain-Barre´-Syndrom, Kopfschmerzen, Masern-Einschlusskörperchen-Enzephalitis (MIBE), Augenmuskellähmungen, Optikusneuritis, Parästhesien, Polyneuritis, Polyneuropathie, Retrobulärneuritis und Synkopen berichtet. In der Fachinformation werde darauf hingewiesen, dass pro drei Millionen verabreichter Dosen ein Fall von Enzephalitis und Enzephalopathie, ausgenommen subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE), berichtet worden sei. Postmarketing-Beobachtungen von mehr als 400 Millionen verkauften Impfdosen über einen Zeitraum von 25 Jahren (1978 bis 2003) wiesen darauf hin, dass schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Enzephalitis und Enzephalopathie auch weiterhin nur selten beobachtet werden könnten. In keinem Fall sei schlüssig nachgewiesen worden, dass die Nebenwirkungen tatsächlich durch die Impfung verursacht worden seien, einige Fälle seien jedoch möglicherweise durch Masern-Impfstoffe hervorgerufen.
49 
Dass die MMR-Impfung Enzephalitiden verursachen könne, sei mittlerweile wissenschaftlicher Erkenntnisstand. Die Erkrankung werde nicht durch Virusbefall des Gehirns, sondern durch eine autoimmune Fehlreaktion des Immunsystems verursacht, derselbe Pathomechanismus wie bei der Masern-Enzephalitis bei der Maserninfektion, die allerdings bei einem Fall von ca. 1000 Erkrankten auftrete. Diese seien korrekt als akute disseminierte Enzephalo-Myelitis (ADEM) zu bezeichnen. Dies sei eine hyperergische Reaktion der zerebralen Gefäßwände und des umgebenden Nervengewebes mit Übertritt von Flüssigkeit ins Gehirn und einer Entzündung. Die Liquor-Untersuchung ergebe meist eine leichte Erhöhung der Zellzahl (lymphozytäre Pleozytose) und eine geringe Eiweißerhöhung, könne aber auch normal sein. Das MRT des Gehirns zeige im akuten Stadium meist mono- oder multifokale entzündliche Herde. Akute MRT-Veränderung könnten nach wenigen Wochen nicht mehr nachweisbar sein.
50 
Es seien auch schleichende klinische Verläufe beobachtet worden, deren Häufigkeit schwer abschätzbar sei, da viele (die meisten ?) dieser Fälle nicht als Impfkomplikationen erkannt würden. Die „Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit“ bemerkten hierzu, die postvakzinale Enzephalopathie (bzw. Enzephalitis) gehe nicht immer mit ausgeprägten derartigen Symptomen einher; sie könne auch symptomarm (aber nicht symptomlos!) verlaufen und werde dann als „blande Enzephalopathie“ bezeichnet. Wenn eine solche Enzephalopathie zur Frage stehe, sei eine genaue Feststellung der Krankheitserscheinungen und Verhaltensauffälligkeiten (z. B. Apathie, abnorme Schläfrigkeit, Nahrungsverweigerung, Erbrechen); die während der Inkubationszeit nach der Impfung vorgelegen hätten und eine eingehende Ermittlung und Würdigung des weiteren Verlaufs notwendig. Dabei sei vor allem zu prüfen, ob auf einen Entwicklungsknick (deutlicher Entwicklungsstillstand, Verlust bereits erworbener Fähigkeiten) im Anschluss an die Impfung geschlossen werden könne oder ob eine Progredienz von hirnorganischen Störungen zu erkennen sei. Bei einem Impfschaden sei eine solche Progredienz nicht zu erwarten, wenn nicht hirnorganische Anfälle den Hirnschaden mitbestimmten. Überdies müsse beachtet werden, dass in der Regel eine Parallelität zwischen dem Schweregrad des Symptombildes der postvakzinalen Enzephalopathie (bzw. Enzephalitis) und dem Ausmaß der Folgen bestehe; nach einer symptomarmen Enzephalopathie sei nicht mit einem sehr schweren Hirnschaden zu rechnen.
51 
Nach Masern-Impfungen träten ADEM-Erkrankungen seltener auf als nach Wildinfekten, man gehe von einer Häufigkeit von 1 – 2 ADEM-Fällen pro Million Masern-Impfdosen aus. In der größten veröffentlichten Fallserie zu ADEM im Kindesalter seien 84 ADEM-Fälle untersucht worden. Als Auslöser seien in 10 Fällen Impfungen angegeben worden, davon in 7 die Masern-Impfung (in den anderen 3 die Pertussis-Impfung). Aus eigenen Untersuchungen sei ihm (dem Sachverständigen) das seltenen Auftreten einer ADEM nach Masern-Impfung bekannt. Das P.-E.-Institut habe aktuell den Fallbericht eines Kindes veröffentlicht, bei dem wenige Tage nach MMR-Impfung afebrile Krampfanfälle im Sinne einer ADEM aufgetreten seien und bei dem das Masern-Impfvirus in Serum, Urin und Rachen habe nachgewiesen werden können.
52 
Nach Rawlins und Thompson könnten die unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) in zwei Klassen eingeteilt werden. Die Typ A-Reaktionen seien häufige, meist lokale Reaktionen, häufig und in den Studien vor Marktzulassung erfasst. Die Typ B-Reaktionen seien gänzlich unerwartet, dosisunabhängig, relativ selten, oft schwer verlaufend und eventuell mit persistierenden Schäden oder letalem Ausgang. Dies sei die ADEM-Erkrankung nach MMR-Impfung. Typ B-Reaktionen würden aufgrund ihrer Seltenheit meist nicht in klinischen Studien vor Zulassung des Impfstoffs erkannt, sondern nur nach breiter, millionenfacher Anwendung. Oft dauere es lange und sei mit wissenschaftlichen Kontroversen verbunden bis eine Arzneimittelkomplikation als solche erkannt werde, wie im Fall Contergan. Man benötige Erfassungssysteme, die möglichst zuverlässig seltene Ereignisse im zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen registrierten.
53 
Auffallen könnten nur echte Ereignisse. Ein solches eindrückliches Ereignis habe im Fall des Klägers in der Nacht vom 30. zum 31. Januar 1999 mit deutlichen Anzeichen einer schweren Erkrankung vorgelegen. Allerdings sei auch hier keine Verdachtsfallmeldung erfolgt. Erst nachdem die akute und vermutlich lebensbedrohliche Phase etwas abgeklungen sei, hätten sich Hinweise auf eine Hirnentwicklungsstörung im veränderten Verhalten und den zunehmenden motorischen Problemen ergeben, seien aber von den Eltern und dem Kinderarzt nicht als Impfkomplikation bewertet worden. Die Schädigung durch eine abgelaufene Enzephalitis sei oft erst Wochen bis Monate später in vollem Umfang erkennbar.
54 
Beim Kläger sei nach bis dahin unauffälliger Entwicklung 10 Tage nach der MMR-Impfung ein dramatisches Ereignis während der Nacht aufgetreten: schrilles Schreien, Überstrecken des Körpers, reduzierter Bewusstseinszustand. Dieser Zustand habe über Stunden angehalten, dann sei der Kläger eingeschlafen, wobei in der Folgezeit durchaus weiterhin Auffälligkeiten des Verhaltens bestanden hätten. Diese klinische Beschreibung sei durchaus typisch für eine ADEM-Erkrankung, das zeitliche Intervall von 10 Tagen typisch für eine postvakzinale ADEM nach Masern-Impfung. Die Defizite des Klägers seien zunehmend auffällig geworden. Die sprachliche und motorische Entwicklung sei weiter verzögert, obwohl durchaus auch Fortschritte der Entwicklung aufgetreten seien. Solche Entwicklungsfortschritte nach überstandener ADEM-Erkrankung seien nicht ungewöhnlich, da die Erkrankung nicht progredient sei, sondern monophasisch verlaufe und sich Funktionen des Gehirns wieder entwickeln könnten. Im Verlauf habe sich allerdings eine schwer zu behandelnde myoklonisch astatische Epilepsie entwickelt. Diese habe ihrerseits Schädigungen der Hirnentwicklung zur Folge, beim Kläger manifestiert als autistische Störung.
55 
Die Abweichung zum Vorgutachten des Prof. Dr. H. bestehe darin, dass dieser im Widerspruch zu den Berichten über eine Wesensveränderung und fortbestehende Auffälligkeiten annehme, der Kläger sei nach den Vorkommnissen in der Nacht zum 31. Januar 1999 tagsüber in einem so guten Zustand gewesen, dass eine Enzephalitis eher unwahrscheinlich sei.
56 
Die Differenz zum Gutachten von Prof. Dr. N. bestehe darin, dass dieser die Episode für die Diagnose einer Enzephalitis für zu kurz, zumal ohne ärztliche Intervention ausgeheilt, halte. Er habe damit nicht berücksichtigt, dass es nicht zur vollständigen Wiederherstellung gekommen sei. Warum initial keine Vorstellung beim Kinderarzt erfolgt sei, könne nicht beantwortet werden. Hinsichtlich der von Prof. Dr. N. angeführten Genmutationen sei zu bemerken, dass diese einen Auslöser bräuchten, um zu einer Krankheit zu führen, weil viele Träger der Mutation nicht erkrankten. Das Argument, eine Enzephalitis hinterlasse fast immer Narben, auf dem MRT beim Kläger seien keine erkennbar, greife nicht, weil die zugrunde liegende Studie 14 Fälle einer Herpes simplex-Enzephalopathie betroffen habe, die durch direkten viralen Befall des Gehirns entstehe und kein autoimmun-entzündliches Geschehen wie die ADEM darstelle. Die Studie sage damit nichts über ADEM.
57 
Im Ergebnis sei es beim Kläger in der Folge der am 21.01.1999 durchgeführten MMR-Impfung in typischem Zeitabstand zu einer über das übliche Maß hinausgehenden Impfreaktion gekommen, die mit Wahrscheinlichkeit eine autoimmun-entzündliche Komplikation auf die im Impfstoff enthaltene Masern-Impfung im Sinne einer ADEM-Erkrankung, in deren Folge sich frühkindliche Epilepsie manifestiert habe, darstelle. Beim Kläger liege ein therapieresistentes frühkindliches Anfallsleiden (myoklonisch-astatische Epilepsie) vor, das mit der geforderten Wahrscheinlichkeit durch die MMR-Impfung mit folgender ADEM ausgelöst worden sei. Das Krampfleiden im weiteren Verlauf habe eine schwere Entwicklungsstörung des Gehirns mit einer autistischen Symptomatik und deutlicher Störung der Hirnfunktion verursacht.
58 
Der Beklagte ist dem Gutachten mit der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. G. vom 20.01.2015 entgegengetreten. Der Diagnose einer ADEM-Erkrankung könne nicht gefolgt werden. Diese sei ein üblicherweise monophasisch verlaufendes subakutes enzephalopathisches Syndrom, oftmals mit Bewusstseinsstörungen, meningitischem Syndrom und multifokalen neurologischen Defiziten; typischerweise mit großen konfluierenden Herden in der Bildgebung des Hirns und mit Liquorzellzahlerhöhung. Neben der anamnestischen Beschreibung zu der Symptomatik am 30./31.01.1999, etwa 10 Tage nach der Impfung, seien jedoch keine objektivierbaren Befunde dokumentiert, die retrospektiv eine ADEM wahrscheinlich machten. Eine kinder-/notärztliche Vorstellung aufgrund der Symptomatik am 30./31.01 1999 sei nicht erfolgt, ärztlich sei das klinische Erscheinungsbild nicht dokumentiert. Das erst am 11.04.2000 durchgeführte Kernspin des Kopfes habe unspezifische Veränderungen gezeigt (diskrete Erweiterung der Liquorräume) und keine narbigen Residuen nach (größerflächigen) Läsionen. Die ebenfalls erst im weiteren Verlauf durchgeführte Nervenwasseruntersuchung habe weder eine Erhöhung von Entzündungszellen noch einen Nachweis spezifischer Antikörper gegen Masern gezeigt. Eine neuroimmunologische Reaktion im zentralen Nervensystem sei damit nicht nachgewiesen. Bei dieser Befundlage sei eine ADEM ca. 10 Tage nach der Impfung zwar nicht gänzlich auszuschließen, jedoch nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit anzunehmen.
59 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die Beschädigtenakte, die Schwerbehindertenakte und die SG-Akte zu S 5 P 4695/07 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
60 
Die nach den §§ 151, 143, 144 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
61 
Rechtsgrundlage für den vom Kläger in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 17.07.2008 - B 9/9a VS 5/06 R - SozR 4-3200 § 81 Nr. 5) geltend gemachten Anspruch auf Feststellung der myoklonisch-astatischen Epilepsie mit atypischem Autismus als Folge einer Impfung sowie auf Gewährung von Versorgungsleistungen ist § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen oder auf Grund des IfSG angeordnet wurde oder gesetzlich vorgeschrieben war oder auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist, auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), wer durch diese Maßnahme eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Gemäß § 2 Nr. 11 IfSG ist ein Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung.
62 
Unter weiterer Berücksichtigung der im Sozialen Entschädigungsrecht und mithin auch im Bereich des IfSG geltenden allgemeinen Grundsätze bedarf es für die vom Kläger begehrte Feststellung somit der folgenden Voraussetzungen (vgl. dazu auch Urteile des Senats vom 21.02.2013 - L 6 VJ 4771/12 - und vom 20.06.2013 - L 6 VJ 599/13):
63 
Es müssen eine unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfolgte Schutzimpfung, der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also eine Impfkomplikation, sowie eine - dauerhafte - gesundheitliche Schädigung, also ein Impfschaden, vorliegen (hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 07.04.2011 - B 9 VJ 1/10 R, terminologisch anders noch die Rechtsprechung des BSG nach dem Bundesseuchengesetz, wonach als Impfschaden die über die übliche Impfreaktion hinausgehende Schädigung, also das zweite Glied der Kausalkette, bezeichnet wurde, so z. B. BSGE 60, 58, 59).
64 
Die Schutzimpfung muss nach der im Sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltenden Kausa-litätstheorie von der wesentlichen Bedingung wesentliche Ursache für den Eintritt der Impfkomplikation und diese wesentliche Ursache für die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, den Impfschaden, sein. Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders enger Beziehung stehen, wobei Alleinursächlichkeit nicht erforderlich ist.
65 
Die Impfung und sowohl die als Impfkomplikation in Betracht kommende als auch die dauerhafte Gesundheitsstörung müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - im sog. Vollbeweis - feststehen. Allein für die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen Ursachenzusammenhänge reicht der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit aus (§ 61 Satz 1 IfSG). Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (BSGE 60, 58). Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind.
66 
Alle medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, sind auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu beantworten, auch wenn ein bestimmter Vorgang unter Umständen vor Jahrzehnten stattgefunden hat (BSG SozR 3-3850 § 52 Nr. 1 S. 3).
67 
Bei der jeweils vorzunehmenden Kausalbeurteilung sind im Sozialen Entschädigungsrecht die bis Ende 2008 in verschiedenen Fassungen geltenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) anzuwenden und zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei den schon seit Jahrzehnten von einem Sachverständigenbeirat beim zuständigen Bundesministerium (jetzt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS]) erarbeiteten und ständig weiterentwickelten AHP um eine Zusammenfassung medizinischen Erfahrungswissens und damit um sog. antizipierte Sachverständigengutachten (siehe nur BSG SozR 4-3250 § 69 Nr. 9). Die AHP sind in den Bereichen des Sozialen Entschädigungsrechts und im Schwerbehindertenrecht generell anzuwenden und wirken dadurch wie eine Rechtsnorm ("normähnlich"). Die AHP enthalten in allen hier zu betrachtenden Fassungen (2005 bis 2008) unter den Nrn. 53 bis 142/143 Hinweise zur Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen, wobei die Nr. 56 Impfschäden im Allgemeinen und die Nr. 57 Schutzimpfungen im Einzelnen zum Inhalt haben. Die detaillierten Angaben zu Impfkomplikationen bei Schutzimpfungen in Nr. 57 AHP 2005 sind Ende 2006 allerdings aufgrund eines Beschlusses des Ärztlichen Sachverständigenbeirats „Versorgungsmedizin“ beim BMAS gestrichen und durch folgenden Text ersetzt worden:
68 
„Die beim R.-K.-Institut eingerichtete Ständige Impfkommission (STIKO) entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (Impfschaden). Die Arbeitsergebnisse der STIKO werden im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht und stellen den jeweiligen aktuellen Standard der Wissenschaft dar.
69 
Die Versorgungsmedizinische Begutachtung von Impfschäden (§ 2 Nr. 11 IfSG und Nr. 56 Absatz 1 der Anhaltspunkte) bezüglich Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Kann-Versorgung ist jedoch ausschließlich nach den Kriterien von § 60 IfSG durchzuführen. Siehe hierzu auch Nr. 35 - 52 (S. 145 - 169) der Anhaltspunkte.“
70 
Die seit dem 1. Januar 2009 an die Stelle der AHP getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) ist eine allgemein verbindliche Rechtsverordnung, die indes anders als die AHP keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern enthält, sodass insoweit entweder auf die letzte Fassung der AHP (2008) zurückgegriffen werden muss oder bei Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen, insbesondere Sachverständigengutachten, genutzt werden müssen (BSG, Urteil vom 07.04.2011 - a. a. O.).
71 
Ausgehend hiervon war die beim Kläger am 21.01.1999 durchgeführte MMR-Impfung zunächst eine öffentlich empfohlene Impfung, denn sie entsprach den Empfehlungen der STIKO. Streitgegenständlich ist allein die Verursachung der Schädigung durch den Masern-Impfstoff, weil – wie bereits im SG-Verfahren - nur die Feststellung beantragt ist, dass die Masernimpfung zur Schädigung des Klägers geführt hat. Soweit im Schriftsatz vom 02.04.2015 eine Schädigung durch die vorangegangene und die nachfolgende Mehrfachimpfung im Hinblick auf die Zusatzstoffe Thiomersal und Aluminiumhydroxid geltend gemacht wird, waren diese weiteren Impfungen nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens. Die genannten Inhaltsstoffe sind nach der Fachinformation in der hier streitgegenständlichen MMR-Impfung nicht enthalten.
72 
Beim Kläger liegt eine myoklonisch-astatische Epilepsie mit schwerer kognitiver Retardierung und atypischem Autismus vor. Dies entnimmt der Senat den insoweit übereinstimmenden Gutachten des Prof. Dr. N. und Dr. H. sowie den Berichten des Epilepsiezentrums K. und der Uni-Klinik F..
73 
In Auswertung der Befundunterlagen und der beiden im Klage- und Berufungsverfahren erstatteten Gutachten sowie des im Wege des Urkundsbeweises verwerteten Gutachtens des Prof. Dr. H. im Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung der Angaben der Mutter des Klägers im gesamten Verfahren besteht zur Überzeugung des Senats kein wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen der Impfung des Klägers mit M.-V. und der später aufgetretenen myoklonisch-astatischen Epilepsie mit atypischem Autismus. Demgegenüber konnte das abweichende Gutachten von Dr. H., dass sich allein auf das Ereignis im Januar 1999 sowie eine nicht im Vollbeweis gesicherte Erkrankung einer ADEM stützt, nicht überzeugen.
74 
Die Epilepsie muss, um Impffolge in Form einer fehlgeleiteten Immunreaktion sein zu können, durch eine stattgehabte Erkrankung des Gehirns in Form einer Enzephalitis oder Enzephalopathie, auch in Form der ADEM, hervorgerufen worden sein. Entgegen der Ansicht des Klägers im Schriftsatz vom 29.09.2014 genügt ein Krampfanfall im Sinne einer Erstmanifestation eines Anfallsleidens nicht, um einen ursächlichen Zusammenhang zu belegen. Ursache der Epilepsie ist nämlich in jedem Fall eine Hirnschädigung, sei sie angeboren oder erworben, bei letzterem durch Unfälle, Infektionen, Entzündungen, Hirntumore und Durchblutungsstörungen. Dies hat auch zuletzt Dr. H. in seinem Gutachten so dargestellt.
75 
Die plausible Pathophysiologie setzt vorliegend voraus, dass infolge der Impfung nachvollziehbar eine Hirnschädigung eingetreten ist, die zur Epilepsie führen konnte. Dies ist vorliegend nicht der Fall, auch wenn es generell denkbar ist, dass ein Autoimmun-Prozess durch die Impfung mit Lebendimpfstoff ebenso wie die Infektion mit dem Wildvirus eine entzündliche Gehirnerkrankung auslöst, die zu Epilepsie führt, was nach Studienlage mit 1:1 Million jedoch ein außerordentlich seltenes Geschehen ist. Hinweise für ein solches Geschehen zeigen sich beim Kläger allerdings weder durch einen Nachweis im Nervenwasser noch in Form von Narben im MRT als Zeichen größerer Läsionen. Die einzigen im MRT dokumentierten Veränderungen sind geringfügig erweiterte Liquorräume.
76 
Andere Ursachen der Erkrankung sind trotz umfangreicher Diagnostik nicht gefunden worden. Diesem Gesichtspunkt kommt aber angesichts des Umstands, dass nur in 25 % der Fälle von Epilepsie bei Kindern und Jugendlichen eine Ursache gefunden wird, worauf auch Dr. H. in seinem Gutachten hingewiesen hat, keine herausragende Bedeutung zu. Dass eine andere Ursache der klägerischen Erkrankung nicht gefunden wurde, führt auch nicht dazu, dass unterstellt werden muss, dass die streitige Impfung zu der Erkrankung geführt hat. Eine solche (negative) Beweisregel, wonach die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Ereignis und einer Gesundheitsschädigung nur deshalb anzunehmen ist, weil ein anderer Ursachenzusammenhang mit anderen Ereignissen oder Einwirkungen nicht zu finden ist, ist im Sozialrecht jedoch nicht anerkannt (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11.12.2013 - L 7 VE 11/11 - Breithaupt 2014, S. 659)
77 
Zur Überzeugung des Senats fehlt es vorliegend nämlich an einem plausiblen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Auftreten der Erkrankung. Die Sachverständigen im gerichtlichen Verfahren und der Gutachter im Verwaltungsverfahren haben übereinstimmend bekundet, dass eine Typ B-Impfreaktion auf Masernimpfstoff ca. 10 Tage nach der Impfung eintreten muss. Angesichts der am 21.01.1999 durchgeführten Impfung ist somit eine Manifestation der Erkrankung Ende Januar 1999 erforderlich. Ärztliche Befunde über diesen Zeitraum existieren nicht, da kein Arzt konsultiert wurde. Der Kläger hat im Zusammenhang mit der Antragstellung auf Beschädigtenversorgung lediglich ein Ereignis in der Nacht vom 30.01. auf den 31.01.1999 geschildert. Die zunächst geschilderten Symptome schrilles Schreien und Überstrecken des Bauches mögen zwar auf Krämpfe hindeuten, sind aber nicht so schwerwiegend wie bei einer lebensgefährlichen Erkrankung zu erwarten. Zu Recht hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. N., der spezialisiert auf Epilepsieerkrankungen besonders kompetent in dieser Fragestellung ist, darauf verwiesen, dass kindliche neurologische Symptome komplexe Erscheinungsformen darstellen, die Beschreibung durch Laien deswegen unzulänglich ist und falsche Schlüsse nach sich ziehen kann. Überdies sind die berichteten Symptome keineswegs spezifisch, sondern können auch mit anderen fieberhaften Krankheiten oder mit krampfartigen Schmerzen verbundenen Zuständen wie einer Gastroenteritis auftreten, was der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. H. entnimmt, und was im Übrigen auch zunächst die Vermutung der Eltern war. Des Weiteren hat Prof. Dr. N. ergänzt, dass die Episode nur sehr kurz war und ohne ärztliche Intervention ausheilte. Etwas anderes gilt hinsichtlich der erstmals im Berufungsverfahren durch eine neue Bevollmächtigte des Klägers behaupteten Symptome Apathie und Bewusstseinstrübung, die der Senat seiner Bewertung jedoch nicht zugrunde legt. Die Mutter des Klägers hat diese nämlich weder im Verfahrensverlauf angegeben, insbesondere nicht im Rahmen ihrer ausführlichen Befragung in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem SG, noch zeitnah einem Arzt berichtet, obwohl dazu Anlass bestanden hätte. Zu der vor dem SG vorgetragenen, nicht sehr erheblichen Symptomatik passt, dass die Eltern keinen Notarzt gerufen haben, weil sie zunächst eine Gastroenteritis angenommen haben und auch in den folgenden Tagen keinen Arzt aufgesucht haben. Auch litt der Kläger nach den Angaben der Kinderärztin bereits vor der Impfung am 04.12.1998 unter nächtlicher Unruhe und vermehrtem Krümmen.
78 
Prof. Dr. N. hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass die Schwere der Schädigung der Schwere der Erkrankung entspricht und angesichts relativ alltäglicher Symptome am 30.01./31.01.1999 nicht von einer an diesem Tag durchlebten schweren Gehirnerkrankung auszugehen ist. Denn bei der Enzephalitis handelt es sich um ein schweres Krankheitsbild, das mit schweren Allgemeinerscheinungen wie Fieber, Bewusstseinseintrübung und Apathie einhergeht, die Krankheitssymptome halten über mehrere Tage an und werden auch von dem insoweit erfahrenen Praktiker Prof. Dr. N. als sehr bedrohliches Ereignis eingestuft. Gegen eine schwere Erkrankung am 30./31.01.1999 spricht zudem, dass sich zunächst eine symptomlose Zeit anschloss. Erst im Oktober fiel bei der U 7 eine deutliche Retardierung auf. Soweit im Klageverfahren auffälliges Verhalten bereits nahtlos im Anschluss an die Nacht vom 30.01.1999 vorgetragen wird, überzeugt dies den Senat nicht. Der Kläger ist nämlich trotz Schilderung auffälliger neurologischer Symptomatik in der Folge nicht einem Kinderarzt vorgestellt worden, aber im April, Mai und Juni aus anderen Anlässen beim Kinderarzt gewesen, nämlich zu einer weiteren Impfung im April, wegen einem Zeckenbiss im Mai und einer Infektion am Finger im Juni, ohne dass die Kinderärztin Auffälligkeiten notiert oder die Mutter von solchen berichtet hat. Insbesondere aus Anlass der Impfung im April musste die Kinderärztin den Kläger untersuchen, um festzustellen, ob Impfhindernisse vorliegen, speziell akute Erkrankungen. Die Erklärung der Mutter des Klägers, sie habe die Auffälligkeiten nicht angesprochen, weil man seinerzeit noch keinen Zusammenhang zu der Impfung im Januar gesehen habe, überzeugt nicht, denn bei Vorliegen schwerer Symptome hätte unabhängig von der Kausalitätsbeurteilung ein Bedarf bestanden, einen Grund für das angeblich vollkommen veränderte Verhalten und das Keine-Nacht-mehr-Durchschlafen zu finden. Damit erscheint das Vorliegen schwerer neurologischer Auffälligkeiten nicht wahrscheinlich. Bei einem klinischen Bild wie zuletzt geschildert hätten die Eltern den Kläger bereits zeitnah im Februar einem Arzt vorgestellt und dem Kinderarzt wäre dies bei den stattgehabten Besuchen im April, Mai und Juni aufgefallen.
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Selbst wenn es sich um eine (allenfalls sehr milde) Enzephalitis zum Zeitpunkt des 30/31.01.1999 gehandelt hätte, so war der Kläger in den nächsten Tagen und Wochen nach dem Ereignis und vor Beginn der ersten, dann kleinsten Anfälle klinisch unauffällig, so dass jedenfalls nicht von einer weiter bestehenden Enzephalopathie, sondern von einem „symptomfreien Intervall“ ausgegangen werden muss, was Prof. Dr. N. für den Senat überzeugend herausgearbeitet hat. Der Kläger verlor nicht, wie jetzt behauptet, im Anschluss an den 30.01.1999 bereits erworbene Fähigkeiten und es trat auch kein Entwicklungsknick ein, was insbesondere Prof. Dr. H. für den Senat überzeugend dargelegt hat, vielmehr nur eine mäßige Entwicklungsverzögerung. Ein solcher wäre aber bei einer schweren Hirnerkrankung, die er zu dieser Zeit durchlebt haben soll, zu erwarten gewesen. Vielmehr lernte der Kläger sogar im Juni 1999 frei laufen und war somit ohne Zweifel in der Lage den „Meilenstein der Entwicklung“ zu tun. Die gegenteilige Behauptung, man habe erwartet, dass er nach Weihnachten 1998 zeitnah das freie Laufen lernen würde, begründet keinen Entwicklungsknick und steht im Übrigen im Widerspruch zum sonstigen Vorbringen, wonach die Eltern die motorische Entwicklung des Klägers als normal empfanden, weil seine Geschwister ebenfalls Spätentwickler gewesen seien und sich normal weiter entwickelt hätten. Das ebenfalls vorgetragene Argument, er habe nach dem 30.01.1999 nicht mehr laufen können, belegt angesichts der ohnehin leicht retardierten Entwicklung, die sich bereits bei der U 6 im Oktober 1998 gezeigt hatte, und dem Umstand, dass der Kläger im Januar 1999 noch nicht laufen konnte, keinen Einbruch in der Entwicklung.
80 
Ein plausibler zeitlicher Zusammenhang zwischen Impfung und Erkrankung ist damit nicht gegeben, weil für den fraglichen Zeitpunkt keine entsprechenden ärztlichen Befunde vorliegen und die einzigen glaubhaft geschilderten Symptome einen Zusammenhang nicht begründen. Damit folgt der Senat den Gutachten des Prof. Dr. N. und des Prof. Dr. H.. Die abweichende Meinung von Dr. H. gründet darauf, dass er eine viel schwerere Symptomatik, nämlich die zuletzt geschilderte, als gegeben annimmt, wobei er selbst einräumt, es könne nicht beantwortet werden, warum dann initial keine Vorstellung beim Kinderarzt erfolgt sei, was letztlich seiner Argumentation die Plausibilität entzieht.
81 
Des Weiteren ist die Liquor-Serologie negativ, was ebenfalls nicht für eine durchgemachte Masern-Hirnentzündung spricht. Auch wenn die Aussagekraft dieser Liquor-Serologie nach Aussage von Prof. Dr. H. begrenzt ist, so war darüber hinaus auch das MRT negativ und es ließen sich keine Narben, die auf eine Hirnschädigung hindeuten, erkennen. Darauf hat insbesondere der Sachverständige Prof. Dr. N. hingewiesen, der im weiteren Verlauf in Auswertung der insoweit allein relevanten neuesten Datenlage, die in Impfschadensfällen der Entscheidung zugrunde zu legen ist, dargelegt hat, dass auch das frühkindliche Hirn entzündliche Erkrankungen des Gehirns mit nachweisbarer Narbenbildung und/oder Nervenwasserflüssigkeiten aufweisen kann, die aber beim Kläger fehlten. Dr. G. hat daher in seiner zuletzt vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme zu Recht darauf verwiesen, dass Dr. H. nicht beachtet hat, dass es am Nachweis einer neuroimmunologischen Reaktion im zentralen Nervensystem beim Kläger fehlt.
82 
Der hohe Titer im Serum ist lediglich auf den Impfschutz gegenüber Masern zurückzuführen, also eine durch die Impfung gewollte Reaktion, und beweist keinesfalls einen kausalen Zusammenhang. Die von Klägerseite zitierte Divertatia ist nicht belegt, worauf Prof. Dr. N. zur Recht hinweist.
83 
Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem im Verfahren mehrfach angeführten BSG-Urteil vom 20.07.2005 (B 9/9a VJ 1/07 R), in dem das BSG entschieden hat, dass ein Anspruch nur aus einer Impfung mit einem zugelassenen Impfstoff folgen kann. Die vom Kläger angeführte, im Urteil erwähnte Nutzen-Lastenanalyse ist allein Teil des strengen Zulassungsverfahrens für Impfstoffe, aber nicht maßgebend für die hier streitige Frage der Kausalität.
84 
Schließlich ergibt sich aus den vom Kläger zuletzt vorgelegten Unterlagen nichts Anderes, insbesondere betrifft der Fall des an ADEM erkrankten amerikanischen Klägers eine vom vorliegenden Sachverhalt abweichende Konstellation, nämlich eine zeitnahe Erstmanifestation einer neurologischen Erkrankung und gibt somit keinerlei Anhaltspunkte für eine abweichende Entscheidung.
85 
Es besteht auch kein Anspruch auf die hilfsweise beantragte Kann-Versorgung. Gemäß § 61 Satz 2 IfSG kann ein Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde anerkannt werden, wenn die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer über das übliche Maß hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung und einem dauerhaften Gesundheitsschaden nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht.
86 
Die Regelung entspricht der des § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG, so dass die dafür entwickelten Grundsätze auch für § 61 Satz 2 IfSG gelten (so Meßling in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 61 IfSG Rdnr. 21). Die wesentlichen rechtlichen Maßstäbe zur richtigen Anwendung der Kann-Bestimmung ergeben sich seit dem 1. Januar 2009 aus Teil C Nr. 4b der Anlage zu § 2 VersMedV (siehe oben). Danach ist eine Kann-Versorgung zu prüfen, wenn über die Ätiologie und Pathogenese des als Schädigungsfolge geltend gemachten Leidens keine durch Forschung und Erfahrung genügend gesicherte medizinisch-wissenschaftliche Auffassung herrscht und entsprechend die ursächliche Bedeutung von Schädigungstatbeständen für die Entstehung oder den Verlauf des Leidens nicht mit Wahrscheinlichkeit beurteilt werden kann. In diesen Fällen ist die Kann-Versorgung zu gewähren, wenn ein ursächlicher Einfluss des geltend gemachten schädigenden Tatbestandes in den wissenschaftlichen Arbeitshypothesen als theoretisch begründet in Erwägung gezogen wird (Teil C Nr. 4b bb).
87 
Dabei reicht die allein theoretische Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs nicht aus (vgl. zum Folgenden Urteil des Senats vom 13.12.2012 - L 6 VJ 1702/12 - Juris; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.11.2011 - L 4 VJ 2/10 - Juris). Denn die Verwaltung ist nicht ermächtigt, bei allen Krankheiten ungewisser Genese immer die Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs - die so gut wie nie widerlegt werden kann - ausreichen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 10.11.1993 - 9/9a RV 41/92 - SozR 3-3200 § 81 Nr. 9 m.w.N.). Es genügt nicht, wenn ein Arzt oder auch mehrere Ärzte einen Ursachenzusammenhang nur behaupten. Vielmehr ist es erforderlich, dass diese Behauptung medizinisch-biologisch nachvollziehbar begründet und durch wissenschaftliche Fakten, in der Regel statistische Erhebungen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 9 RV 17/94 - SozR 3-3200 § 81 Nr. 13), untermauert ist. Die Fakten müssen - in Abgrenzung zu den Voraussetzungen der Pflichtversorgung - zwar (noch) nicht so beschaffen sein, dass sie bereits die überwiegende medizinische Fachwelt überzeugen. Die niedrigere Schwelle zur Kann-Versorgung ist daher bereits dann überschritten, wenn die vorgelegte Begründung einschließlich der diese belegenden Fakten mehr als die einfache Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs belegt (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.1995 - SozR 3-3200 § 81 Nr. 13, sowie Urteil vom 17.07.2008 - B 9/9a VS 5/06 R - SozR 4-3200 § 81 Nr. 5) und damit zumindest einen eingeschränkten Personenkreis der Fachmediziner überzeugt ("Mindermeinung"). In seiner ständigen Rechtsprechung hat das BSG diesen Maßstab auf die „gute Möglichkeit“ eingeschränkt (BSG, Urteil vom 17.07.2008 - B 9/9a VS 5/06 R - SozR 4 - 3200 § 81 Nr. 5).
88 
Die abweichende Bewertung durch Dr. H. belegt nicht im Sinne einer fachwissenschaftlichen Mindermeinung mehr als die einfache Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs. Sie beruht auf der durch die Befundlage nicht gestützten Annahme, dass der Kläger in der Nacht zum 31.01.1999 eine ADEM-Erkrankung durchgemacht hat, und der Beurteilung des plausiblen Zusammenhangs zwischen der Impfung und der angenommenen Gehirnerkrankung am 30.01.1999 allein aufgrund der zuletzt vom Kläger vorgetragenen Symptome einer lebensgefährlichen Erkrankung in zeitlicher Nähe zur Impfung, ohne dieses auf der Grundlage des vorangegangenen Vorbringens und der (fehlenden) ärztlichen Befunde kritisch zu hinterfragen. Dies begründet nicht die für eine Kann-Versorgung erforderliche gute Möglichkeit eines Ursachenzusammenhanges.
89 
Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträgen war nicht stattzugeben. Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne die beiden Sachverständigen erneut zu hören, den Kläger ein weiteres Mal begutachten zu lassen oder die Mutter erneut zu befragen und sie danach zu vereidigen; er hat deswegen die darauf gerichteten Beweisanträge des Klägers abgelehnt.
90 
Die Mutter war als gesetzliche Vertreterin des Klägers nicht erneut zu befragen und danach zu vereidigen, denn die Parteivernehmung stellt im sozialgerichtlichen Verfahren kein Mittel der Sachaufklärung dar, mit dem ein Vollbeweis für eine behauptete Tatsache erbracht werden könnte. Dies ergibt sich daraus, dass § 118 Abs. 1 SGG nicht auf die Bestimmungen der §§ 445 ff. ZPO, die die Parteivernehmung regeln, verweist. Die Parteivernehmung stellt damit nach herrschender Meinung in der Literatur (z. B. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl 2014, § 118, Rn. 8) und Rechtsprechung (z. B. BSG, Urteile vom 28.11.2007, B 11a/7a AL 14/07 R und vom 03.06.2004, B 11 AL 71/03 R - Juris) im sozialgerichtlichen Verfahren kein förmliches Beweismittel und somit kein Mittel der Sachaufklärung dar. Im Übrigen liegen dem Senat bereits ihre mehrfachen Aussagen vor, die er bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Eine eidliche Parteivernehmung ist im sozialgerichtlichen Verfahren unzulässig (BSG, Beschluss vom 13.12.2005 - B 13 RJ 247/05 B – Juris).
91 
Dem Hilfsantrag, von Amts wegen Prof. Dr. N. und Dr. H. zur Erläuterung ihrer Gutachten zu laden, war nicht stattzugeben, weil Art. 103 Abs. 1 GG keinen Anspruch darauf gewährt, das Fragerecht gegenüber Sachverständigen in jedem Fall mündlich auszuüben (vgl. BVerfG vom 29.05.2013 - 1 BvR 1522/12 - Juris; vgl. auch BVerfG vom 17.01.2012 - 1 BvR 2728/10 - NJW 2012, 1346, Juris m.w.N.). Es ist auch nicht erkennbar, dass eine mündliche Befragung einen über die Wiederholung schriftlicher Äußerungen hinausreichenden Mehrwert hätte (so zuletzt BSG, Beschluss vom 10.12.2013 - B 13 R 198/13 B - Juris). Beide Sachverständige haben sich umfassend und Prof. Dr. N. sogar mehrmals geäußert. Welche Fragen den beiden Ärzten gestellt werden sollen oder wo noch Aufklärungsbedarf gesehen wird, hat der Kläger nicht dargelegt. Es entspricht dann dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens oder Anhörung des behandelnden Arztes zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (zuletzt Urteil des Senats vom 27.03.2014 - L 6 U 4001/13 - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15.04.1991 - 5 RJ 32/90 - Juris). Es müssen zwar keine Fragen formuliert werden, sondern es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen (BSG SozR 3-1750 § 411 Nr. 1). Daran fehlt es aber vorliegend, denn die Notwendigkeit einer Erörterung hat der Kläger überhaupt nicht begründet (BSG, Beschluss vom 25.04.2013 – B 13 R 29/12 B – Juris). Der Senat vermochte keine Notwendigkeit zu erkennen, weitere Ermittlungen durchzuführen, da der entscheidungserhebliche Sachverhalt hinreichend geklärt ist.
92 
Der weitere Hilfsantrag auf Einholung eines Obergutachtens war abzulehnen, weil die Würdigung widerstreitender Gutachtenergebnisse oder unterschiedlicher ärztlicher Auffassungen wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst gehört. Eine Verpflichtung zur Einholung eines sogenannten Obergutachtens besteht auch bei einander widersprechenden Gutachtensergebnissen im Allgemeinen nicht; vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 128 RdNr 7d, 7e mwN). Hält das Gericht eines von mehreren Gutachten für überzeugend, darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einzuholen. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (BSG, Beschluss vom 01.04.2014 - B 9 V 54/13 B - Juris). Dies gilt umso mehr, als ein weiteres epileptologisches Obergutachten schon deswegen nicht erforderlich ist, da Prof. Dr. N. als Leiter des Epilepsiezentrums M. über Sachkunde auf diesem Fachgebiet verfügt. Gründe für eine Ausnahme sind hier nicht dargelegt. Liegen bereits mehrere Gutachten (oder fachkundige Angaben) vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten (oder fachkundigen Angaben) grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr. 3). Derartige Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch für den Senat nicht ersichtlich.
93 
Eine Richtervorlage gemäß Art 100 GG war nicht vorzunehmen, weil der Senat die anzuwendenden Vorschriften für verfassungsgemäß hält, insbesondere eine generelle Beweislastumkehr, wie sie der Kläger fordert, vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsgebetes (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht zwingend (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.07.1979 - BVerfGE 52, 131) und im Impfschadensrecht noch nicht einmal erforderlich ist. Vielmehr beinhaltet der Maßstab der geforderten Wahrscheinlichkeit ohnehin eine abgesenkte Beweislast und ermöglicht dem Betroffenen in einer Vielzahl von Fällen, wie auch dem Senat aus seiner Praxis bekannt, die Anerkennung einer Schädigungsfolge zumal das Verfahren ohnehin vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägt ist. Die zweite Rechtsfrage betrifft das generelle Zulassungsverfahren der Impfstoffe und ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, weil es sich unstreitig um eine öffentlich empfohlene Impfung und nicht die Verwendung eines nicht zugelassenen Impfstoffs handelt. Eine Richtervorlage an das Bundessozialgericht ist gesetzlich nicht vorgesehen.
94 
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
95 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
96 
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG. Der Antrag war daher abzulehnen.

Gründe

 
60 
Die nach den §§ 151, 143, 144 SGG form- und fristgerecht eingelegte sowie statthafte Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
61 
Rechtsgrundlage für den vom Kläger in zulässiger Weise mit einer kombinierten Anfechtungs-, Feststellungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 17.07.2008 - B 9/9a VS 5/06 R - SozR 4-3200 § 81 Nr. 5) geltend gemachten Anspruch auf Feststellung der myoklonisch-astatischen Epilepsie mit atypischem Autismus als Folge einer Impfung sowie auf Gewährung von Versorgungsleistungen ist § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG. Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen einer Schutzimpfung oder durch eine andere Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die von einer zuständigen Landesbehörde öffentlich empfohlen und in ihrem Bereich vorgenommen oder auf Grund des IfSG angeordnet wurde oder gesetzlich vorgeschrieben war oder auf Grund der Verordnungen zur Ausführung der Internationalen Gesundheitsvorschriften durchgeführt worden ist, auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), wer durch diese Maßnahme eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Gemäß § 2 Nr. 11 IfSG ist ein Impfschaden die gesundheitliche und wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung.
62 
Unter weiterer Berücksichtigung der im Sozialen Entschädigungsrecht und mithin auch im Bereich des IfSG geltenden allgemeinen Grundsätze bedarf es für die vom Kläger begehrte Feststellung somit der folgenden Voraussetzungen (vgl. dazu auch Urteile des Senats vom 21.02.2013 - L 6 VJ 4771/12 - und vom 20.06.2013 - L 6 VJ 599/13):
63 
Es müssen eine unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG erfolgte Schutzimpfung, der Eintritt einer über eine übliche Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung, also eine Impfkomplikation, sowie eine - dauerhafte - gesundheitliche Schädigung, also ein Impfschaden, vorliegen (hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 07.04.2011 - B 9 VJ 1/10 R, terminologisch anders noch die Rechtsprechung des BSG nach dem Bundesseuchengesetz, wonach als Impfschaden die über die übliche Impfreaktion hinausgehende Schädigung, also das zweite Glied der Kausalkette, bezeichnet wurde, so z. B. BSGE 60, 58, 59).
64 
Die Schutzimpfung muss nach der im Sozialen Entschädigungsrecht allgemein geltenden Kausa-litätstheorie von der wesentlichen Bedingung wesentliche Ursache für den Eintritt der Impfkomplikation und diese wesentliche Ursache für die dauerhafte gesundheitliche Schädigung, den Impfschaden, sein. Als wesentlich sind diejenigen Ursachen anzusehen, die unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes zu dem Erfolg in besonders enger Beziehung stehen, wobei Alleinursächlichkeit nicht erforderlich ist.
65 
Die Impfung und sowohl die als Impfkomplikation in Betracht kommende als auch die dauerhafte Gesundheitsstörung müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - im sog. Vollbeweis - feststehen. Allein für die zwischen diesen Merkmalen erforderlichen Ursachenzusammenhänge reicht der Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit aus (§ 61 Satz 1 IfSG). Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn mehr Umstände für als gegen die Kausalität sprechen. Die bloße Möglichkeit reicht nicht aus (BSGE 60, 58). Die Feststellung einer Impfkomplikation im Sinne einer impfbedingten Primärschädigung hat mithin grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen: Zunächst muss ein nach der Impfung aufgetretenes Krankheitsgeschehen als erwiesen erachtet werden. Sodann ist die Beurteilung erforderlich, dass diese Erscheinungen mit Wahrscheinlichkeit auf die betreffende Impfung zurückzuführen sind.
66 
Alle medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, sind auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu beantworten, auch wenn ein bestimmter Vorgang unter Umständen vor Jahrzehnten stattgefunden hat (BSG SozR 3-3850 § 52 Nr. 1 S. 3).
67 
Bei der jeweils vorzunehmenden Kausalbeurteilung sind im Sozialen Entschädigungsrecht die bis Ende 2008 in verschiedenen Fassungen geltenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) anzuwenden und zu berücksichtigen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG handelt es sich bei den schon seit Jahrzehnten von einem Sachverständigenbeirat beim zuständigen Bundesministerium (jetzt beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS]) erarbeiteten und ständig weiterentwickelten AHP um eine Zusammenfassung medizinischen Erfahrungswissens und damit um sog. antizipierte Sachverständigengutachten (siehe nur BSG SozR 4-3250 § 69 Nr. 9). Die AHP sind in den Bereichen des Sozialen Entschädigungsrechts und im Schwerbehindertenrecht generell anzuwenden und wirken dadurch wie eine Rechtsnorm ("normähnlich"). Die AHP enthalten in allen hier zu betrachtenden Fassungen (2005 bis 2008) unter den Nrn. 53 bis 142/143 Hinweise zur Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitszuständen, wobei die Nr. 56 Impfschäden im Allgemeinen und die Nr. 57 Schutzimpfungen im Einzelnen zum Inhalt haben. Die detaillierten Angaben zu Impfkomplikationen bei Schutzimpfungen in Nr. 57 AHP 2005 sind Ende 2006 allerdings aufgrund eines Beschlusses des Ärztlichen Sachverständigenbeirats „Versorgungsmedizin“ beim BMAS gestrichen und durch folgenden Text ersetzt worden:
68 
„Die beim R.-K.-Institut eingerichtete Ständige Impfkommission (STIKO) entwickelt Kriterien zur Abgrenzung einer üblichen Impfreaktion und einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung (Impfschaden). Die Arbeitsergebnisse der STIKO werden im Epidemiologischen Bulletin veröffentlicht und stellen den jeweiligen aktuellen Standard der Wissenschaft dar.
69 
Die Versorgungsmedizinische Begutachtung von Impfschäden (§ 2 Nr. 11 IfSG und Nr. 56 Absatz 1 der Anhaltspunkte) bezüglich Kausalität, Wahrscheinlichkeit und Kann-Versorgung ist jedoch ausschließlich nach den Kriterien von § 60 IfSG durchzuführen. Siehe hierzu auch Nr. 35 - 52 (S. 145 - 169) der Anhaltspunkte.“
70 
Die seit dem 1. Januar 2009 an die Stelle der AHP getretene Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) ist eine allgemein verbindliche Rechtsverordnung, die indes anders als die AHP keine Bestimmungen über die Kausalitätsbeurteilung bei einzelnen Krankheitsbildern enthält, sodass insoweit entweder auf die letzte Fassung der AHP (2008) zurückgegriffen werden muss oder bei Anzeichen dafür, dass diese den aktuellen Kenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nicht mehr beinhalten, andere Erkenntnisquellen, insbesondere Sachverständigengutachten, genutzt werden müssen (BSG, Urteil vom 07.04.2011 - a. a. O.).
71 
Ausgehend hiervon war die beim Kläger am 21.01.1999 durchgeführte MMR-Impfung zunächst eine öffentlich empfohlene Impfung, denn sie entsprach den Empfehlungen der STIKO. Streitgegenständlich ist allein die Verursachung der Schädigung durch den Masern-Impfstoff, weil – wie bereits im SG-Verfahren - nur die Feststellung beantragt ist, dass die Masernimpfung zur Schädigung des Klägers geführt hat. Soweit im Schriftsatz vom 02.04.2015 eine Schädigung durch die vorangegangene und die nachfolgende Mehrfachimpfung im Hinblick auf die Zusatzstoffe Thiomersal und Aluminiumhydroxid geltend gemacht wird, waren diese weiteren Impfungen nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens. Die genannten Inhaltsstoffe sind nach der Fachinformation in der hier streitgegenständlichen MMR-Impfung nicht enthalten.
72 
Beim Kläger liegt eine myoklonisch-astatische Epilepsie mit schwerer kognitiver Retardierung und atypischem Autismus vor. Dies entnimmt der Senat den insoweit übereinstimmenden Gutachten des Prof. Dr. N. und Dr. H. sowie den Berichten des Epilepsiezentrums K. und der Uni-Klinik F..
73 
In Auswertung der Befundunterlagen und der beiden im Klage- und Berufungsverfahren erstatteten Gutachten sowie des im Wege des Urkundsbeweises verwerteten Gutachtens des Prof. Dr. H. im Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung der Angaben der Mutter des Klägers im gesamten Verfahren besteht zur Überzeugung des Senats kein wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen der Impfung des Klägers mit M.-V. und der später aufgetretenen myoklonisch-astatischen Epilepsie mit atypischem Autismus. Demgegenüber konnte das abweichende Gutachten von Dr. H., dass sich allein auf das Ereignis im Januar 1999 sowie eine nicht im Vollbeweis gesicherte Erkrankung einer ADEM stützt, nicht überzeugen.
74 
Die Epilepsie muss, um Impffolge in Form einer fehlgeleiteten Immunreaktion sein zu können, durch eine stattgehabte Erkrankung des Gehirns in Form einer Enzephalitis oder Enzephalopathie, auch in Form der ADEM, hervorgerufen worden sein. Entgegen der Ansicht des Klägers im Schriftsatz vom 29.09.2014 genügt ein Krampfanfall im Sinne einer Erstmanifestation eines Anfallsleidens nicht, um einen ursächlichen Zusammenhang zu belegen. Ursache der Epilepsie ist nämlich in jedem Fall eine Hirnschädigung, sei sie angeboren oder erworben, bei letzterem durch Unfälle, Infektionen, Entzündungen, Hirntumore und Durchblutungsstörungen. Dies hat auch zuletzt Dr. H. in seinem Gutachten so dargestellt.
75 
Die plausible Pathophysiologie setzt vorliegend voraus, dass infolge der Impfung nachvollziehbar eine Hirnschädigung eingetreten ist, die zur Epilepsie führen konnte. Dies ist vorliegend nicht der Fall, auch wenn es generell denkbar ist, dass ein Autoimmun-Prozess durch die Impfung mit Lebendimpfstoff ebenso wie die Infektion mit dem Wildvirus eine entzündliche Gehirnerkrankung auslöst, die zu Epilepsie führt, was nach Studienlage mit 1:1 Million jedoch ein außerordentlich seltenes Geschehen ist. Hinweise für ein solches Geschehen zeigen sich beim Kläger allerdings weder durch einen Nachweis im Nervenwasser noch in Form von Narben im MRT als Zeichen größerer Läsionen. Die einzigen im MRT dokumentierten Veränderungen sind geringfügig erweiterte Liquorräume.
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Andere Ursachen der Erkrankung sind trotz umfangreicher Diagnostik nicht gefunden worden. Diesem Gesichtspunkt kommt aber angesichts des Umstands, dass nur in 25 % der Fälle von Epilepsie bei Kindern und Jugendlichen eine Ursache gefunden wird, worauf auch Dr. H. in seinem Gutachten hingewiesen hat, keine herausragende Bedeutung zu. Dass eine andere Ursache der klägerischen Erkrankung nicht gefunden wurde, führt auch nicht dazu, dass unterstellt werden muss, dass die streitige Impfung zu der Erkrankung geführt hat. Eine solche (negative) Beweisregel, wonach die Wahrscheinlichkeit eines Ursachenzusammenhangs zwischen einem Ereignis und einer Gesundheitsschädigung nur deshalb anzunehmen ist, weil ein anderer Ursachenzusammenhang mit anderen Ereignissen oder Einwirkungen nicht zu finden ist, ist im Sozialrecht jedoch nicht anerkannt (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 11.12.2013 - L 7 VE 11/11 - Breithaupt 2014, S. 659)
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Zur Überzeugung des Senats fehlt es vorliegend nämlich an einem plausiblen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Auftreten der Erkrankung. Die Sachverständigen im gerichtlichen Verfahren und der Gutachter im Verwaltungsverfahren haben übereinstimmend bekundet, dass eine Typ B-Impfreaktion auf Masernimpfstoff ca. 10 Tage nach der Impfung eintreten muss. Angesichts der am 21.01.1999 durchgeführten Impfung ist somit eine Manifestation der Erkrankung Ende Januar 1999 erforderlich. Ärztliche Befunde über diesen Zeitraum existieren nicht, da kein Arzt konsultiert wurde. Der Kläger hat im Zusammenhang mit der Antragstellung auf Beschädigtenversorgung lediglich ein Ereignis in der Nacht vom 30.01. auf den 31.01.1999 geschildert. Die zunächst geschilderten Symptome schrilles Schreien und Überstrecken des Bauches mögen zwar auf Krämpfe hindeuten, sind aber nicht so schwerwiegend wie bei einer lebensgefährlichen Erkrankung zu erwarten. Zu Recht hat der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. N., der spezialisiert auf Epilepsieerkrankungen besonders kompetent in dieser Fragestellung ist, darauf verwiesen, dass kindliche neurologische Symptome komplexe Erscheinungsformen darstellen, die Beschreibung durch Laien deswegen unzulänglich ist und falsche Schlüsse nach sich ziehen kann. Überdies sind die berichteten Symptome keineswegs spezifisch, sondern können auch mit anderen fieberhaften Krankheiten oder mit krampfartigen Schmerzen verbundenen Zuständen wie einer Gastroenteritis auftreten, was der Senat dem Gutachten des Prof. Dr. H. entnimmt, und was im Übrigen auch zunächst die Vermutung der Eltern war. Des Weiteren hat Prof. Dr. N. ergänzt, dass die Episode nur sehr kurz war und ohne ärztliche Intervention ausheilte. Etwas anderes gilt hinsichtlich der erstmals im Berufungsverfahren durch eine neue Bevollmächtigte des Klägers behaupteten Symptome Apathie und Bewusstseinstrübung, die der Senat seiner Bewertung jedoch nicht zugrunde legt. Die Mutter des Klägers hat diese nämlich weder im Verfahrensverlauf angegeben, insbesondere nicht im Rahmen ihrer ausführlichen Befragung in der ersten mündlichen Verhandlung vor dem SG, noch zeitnah einem Arzt berichtet, obwohl dazu Anlass bestanden hätte. Zu der vor dem SG vorgetragenen, nicht sehr erheblichen Symptomatik passt, dass die Eltern keinen Notarzt gerufen haben, weil sie zunächst eine Gastroenteritis angenommen haben und auch in den folgenden Tagen keinen Arzt aufgesucht haben. Auch litt der Kläger nach den Angaben der Kinderärztin bereits vor der Impfung am 04.12.1998 unter nächtlicher Unruhe und vermehrtem Krümmen.
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Prof. Dr. N. hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass die Schwere der Schädigung der Schwere der Erkrankung entspricht und angesichts relativ alltäglicher Symptome am 30.01./31.01.1999 nicht von einer an diesem Tag durchlebten schweren Gehirnerkrankung auszugehen ist. Denn bei der Enzephalitis handelt es sich um ein schweres Krankheitsbild, das mit schweren Allgemeinerscheinungen wie Fieber, Bewusstseinseintrübung und Apathie einhergeht, die Krankheitssymptome halten über mehrere Tage an und werden auch von dem insoweit erfahrenen Praktiker Prof. Dr. N. als sehr bedrohliches Ereignis eingestuft. Gegen eine schwere Erkrankung am 30./31.01.1999 spricht zudem, dass sich zunächst eine symptomlose Zeit anschloss. Erst im Oktober fiel bei der U 7 eine deutliche Retardierung auf. Soweit im Klageverfahren auffälliges Verhalten bereits nahtlos im Anschluss an die Nacht vom 30.01.1999 vorgetragen wird, überzeugt dies den Senat nicht. Der Kläger ist nämlich trotz Schilderung auffälliger neurologischer Symptomatik in der Folge nicht einem Kinderarzt vorgestellt worden, aber im April, Mai und Juni aus anderen Anlässen beim Kinderarzt gewesen, nämlich zu einer weiteren Impfung im April, wegen einem Zeckenbiss im Mai und einer Infektion am Finger im Juni, ohne dass die Kinderärztin Auffälligkeiten notiert oder die Mutter von solchen berichtet hat. Insbesondere aus Anlass der Impfung im April musste die Kinderärztin den Kläger untersuchen, um festzustellen, ob Impfhindernisse vorliegen, speziell akute Erkrankungen. Die Erklärung der Mutter des Klägers, sie habe die Auffälligkeiten nicht angesprochen, weil man seinerzeit noch keinen Zusammenhang zu der Impfung im Januar gesehen habe, überzeugt nicht, denn bei Vorliegen schwerer Symptome hätte unabhängig von der Kausalitätsbeurteilung ein Bedarf bestanden, einen Grund für das angeblich vollkommen veränderte Verhalten und das Keine-Nacht-mehr-Durchschlafen zu finden. Damit erscheint das Vorliegen schwerer neurologischer Auffälligkeiten nicht wahrscheinlich. Bei einem klinischen Bild wie zuletzt geschildert hätten die Eltern den Kläger bereits zeitnah im Februar einem Arzt vorgestellt und dem Kinderarzt wäre dies bei den stattgehabten Besuchen im April, Mai und Juni aufgefallen.
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Selbst wenn es sich um eine (allenfalls sehr milde) Enzephalitis zum Zeitpunkt des 30/31.01.1999 gehandelt hätte, so war der Kläger in den nächsten Tagen und Wochen nach dem Ereignis und vor Beginn der ersten, dann kleinsten Anfälle klinisch unauffällig, so dass jedenfalls nicht von einer weiter bestehenden Enzephalopathie, sondern von einem „symptomfreien Intervall“ ausgegangen werden muss, was Prof. Dr. N. für den Senat überzeugend herausgearbeitet hat. Der Kläger verlor nicht, wie jetzt behauptet, im Anschluss an den 30.01.1999 bereits erworbene Fähigkeiten und es trat auch kein Entwicklungsknick ein, was insbesondere Prof. Dr. H. für den Senat überzeugend dargelegt hat, vielmehr nur eine mäßige Entwicklungsverzögerung. Ein solcher wäre aber bei einer schweren Hirnerkrankung, die er zu dieser Zeit durchlebt haben soll, zu erwarten gewesen. Vielmehr lernte der Kläger sogar im Juni 1999 frei laufen und war somit ohne Zweifel in der Lage den „Meilenstein der Entwicklung“ zu tun. Die gegenteilige Behauptung, man habe erwartet, dass er nach Weihnachten 1998 zeitnah das freie Laufen lernen würde, begründet keinen Entwicklungsknick und steht im Übrigen im Widerspruch zum sonstigen Vorbringen, wonach die Eltern die motorische Entwicklung des Klägers als normal empfanden, weil seine Geschwister ebenfalls Spätentwickler gewesen seien und sich normal weiter entwickelt hätten. Das ebenfalls vorgetragene Argument, er habe nach dem 30.01.1999 nicht mehr laufen können, belegt angesichts der ohnehin leicht retardierten Entwicklung, die sich bereits bei der U 6 im Oktober 1998 gezeigt hatte, und dem Umstand, dass der Kläger im Januar 1999 noch nicht laufen konnte, keinen Einbruch in der Entwicklung.
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Ein plausibler zeitlicher Zusammenhang zwischen Impfung und Erkrankung ist damit nicht gegeben, weil für den fraglichen Zeitpunkt keine entsprechenden ärztlichen Befunde vorliegen und die einzigen glaubhaft geschilderten Symptome einen Zusammenhang nicht begründen. Damit folgt der Senat den Gutachten des Prof. Dr. N. und des Prof. Dr. H.. Die abweichende Meinung von Dr. H. gründet darauf, dass er eine viel schwerere Symptomatik, nämlich die zuletzt geschilderte, als gegeben annimmt, wobei er selbst einräumt, es könne nicht beantwortet werden, warum dann initial keine Vorstellung beim Kinderarzt erfolgt sei, was letztlich seiner Argumentation die Plausibilität entzieht.
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Des Weiteren ist die Liquor-Serologie negativ, was ebenfalls nicht für eine durchgemachte Masern-Hirnentzündung spricht. Auch wenn die Aussagekraft dieser Liquor-Serologie nach Aussage von Prof. Dr. H. begrenzt ist, so war darüber hinaus auch das MRT negativ und es ließen sich keine Narben, die auf eine Hirnschädigung hindeuten, erkennen. Darauf hat insbesondere der Sachverständige Prof. Dr. N. hingewiesen, der im weiteren Verlauf in Auswertung der insoweit allein relevanten neuesten Datenlage, die in Impfschadensfällen der Entscheidung zugrunde zu legen ist, dargelegt hat, dass auch das frühkindliche Hirn entzündliche Erkrankungen des Gehirns mit nachweisbarer Narbenbildung und/oder Nervenwasserflüssigkeiten aufweisen kann, die aber beim Kläger fehlten. Dr. G. hat daher in seiner zuletzt vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme zu Recht darauf verwiesen, dass Dr. H. nicht beachtet hat, dass es am Nachweis einer neuroimmunologischen Reaktion im zentralen Nervensystem beim Kläger fehlt.
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Der hohe Titer im Serum ist lediglich auf den Impfschutz gegenüber Masern zurückzuführen, also eine durch die Impfung gewollte Reaktion, und beweist keinesfalls einen kausalen Zusammenhang. Die von Klägerseite zitierte Divertatia ist nicht belegt, worauf Prof. Dr. N. zur Recht hinweist.
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Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem im Verfahren mehrfach angeführten BSG-Urteil vom 20.07.2005 (B 9/9a VJ 1/07 R), in dem das BSG entschieden hat, dass ein Anspruch nur aus einer Impfung mit einem zugelassenen Impfstoff folgen kann. Die vom Kläger angeführte, im Urteil erwähnte Nutzen-Lastenanalyse ist allein Teil des strengen Zulassungsverfahrens für Impfstoffe, aber nicht maßgebend für die hier streitige Frage der Kausalität.
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Schließlich ergibt sich aus den vom Kläger zuletzt vorgelegten Unterlagen nichts Anderes, insbesondere betrifft der Fall des an ADEM erkrankten amerikanischen Klägers eine vom vorliegenden Sachverhalt abweichende Konstellation, nämlich eine zeitnahe Erstmanifestation einer neurologischen Erkrankung und gibt somit keinerlei Anhaltspunkte für eine abweichende Entscheidung.
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Es besteht auch kein Anspruch auf die hilfsweise beantragte Kann-Versorgung. Gemäß § 61 Satz 2 IfSG kann ein Gesundheitsschaden als Folge einer Schädigung im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 IfSG mit Zustimmung der für die Kriegsopferversorgung zuständigen obersten Landesbehörde anerkannt werden, wenn die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer über das übliche Maß hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung und einem dauerhaften Gesundheitsschaden nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht.
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Die Regelung entspricht der des § 1 Abs. 3 Satz 2 BVG, so dass die dafür entwickelten Grundsätze auch für § 61 Satz 2 IfSG gelten (so Meßling in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, § 61 IfSG Rdnr. 21). Die wesentlichen rechtlichen Maßstäbe zur richtigen Anwendung der Kann-Bestimmung ergeben sich seit dem 1. Januar 2009 aus Teil C Nr. 4b der Anlage zu § 2 VersMedV (siehe oben). Danach ist eine Kann-Versorgung zu prüfen, wenn über die Ätiologie und Pathogenese des als Schädigungsfolge geltend gemachten Leidens keine durch Forschung und Erfahrung genügend gesicherte medizinisch-wissenschaftliche Auffassung herrscht und entsprechend die ursächliche Bedeutung von Schädigungstatbeständen für die Entstehung oder den Verlauf des Leidens nicht mit Wahrscheinlichkeit beurteilt werden kann. In diesen Fällen ist die Kann-Versorgung zu gewähren, wenn ein ursächlicher Einfluss des geltend gemachten schädigenden Tatbestandes in den wissenschaftlichen Arbeitshypothesen als theoretisch begründet in Erwägung gezogen wird (Teil C Nr. 4b bb).
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Dabei reicht die allein theoretische Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs nicht aus (vgl. zum Folgenden Urteil des Senats vom 13.12.2012 - L 6 VJ 1702/12 - Juris; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.11.2011 - L 4 VJ 2/10 - Juris). Denn die Verwaltung ist nicht ermächtigt, bei allen Krankheiten ungewisser Genese immer die Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs - die so gut wie nie widerlegt werden kann - ausreichen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 10.11.1993 - 9/9a RV 41/92 - SozR 3-3200 § 81 Nr. 9 m.w.N.). Es genügt nicht, wenn ein Arzt oder auch mehrere Ärzte einen Ursachenzusammenhang nur behaupten. Vielmehr ist es erforderlich, dass diese Behauptung medizinisch-biologisch nachvollziehbar begründet und durch wissenschaftliche Fakten, in der Regel statistische Erhebungen (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 9 RV 17/94 - SozR 3-3200 § 81 Nr. 13), untermauert ist. Die Fakten müssen - in Abgrenzung zu den Voraussetzungen der Pflichtversorgung - zwar (noch) nicht so beschaffen sein, dass sie bereits die überwiegende medizinische Fachwelt überzeugen. Die niedrigere Schwelle zur Kann-Versorgung ist daher bereits dann überschritten, wenn die vorgelegte Begründung einschließlich der diese belegenden Fakten mehr als die einfache Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs belegt (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.1995 - SozR 3-3200 § 81 Nr. 13, sowie Urteil vom 17.07.2008 - B 9/9a VS 5/06 R - SozR 4-3200 § 81 Nr. 5) und damit zumindest einen eingeschränkten Personenkreis der Fachmediziner überzeugt ("Mindermeinung"). In seiner ständigen Rechtsprechung hat das BSG diesen Maßstab auf die „gute Möglichkeit“ eingeschränkt (BSG, Urteil vom 17.07.2008 - B 9/9a VS 5/06 R - SozR 4 - 3200 § 81 Nr. 5).
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Die abweichende Bewertung durch Dr. H. belegt nicht im Sinne einer fachwissenschaftlichen Mindermeinung mehr als die einfache Möglichkeit eines Ursachenzusammenhangs. Sie beruht auf der durch die Befundlage nicht gestützten Annahme, dass der Kläger in der Nacht zum 31.01.1999 eine ADEM-Erkrankung durchgemacht hat, und der Beurteilung des plausiblen Zusammenhangs zwischen der Impfung und der angenommenen Gehirnerkrankung am 30.01.1999 allein aufgrund der zuletzt vom Kläger vorgetragenen Symptome einer lebensgefährlichen Erkrankung in zeitlicher Nähe zur Impfung, ohne dieses auf der Grundlage des vorangegangenen Vorbringens und der (fehlenden) ärztlichen Befunde kritisch zu hinterfragen. Dies begründet nicht die für eine Kann-Versorgung erforderliche gute Möglichkeit eines Ursachenzusammenhanges.
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Den in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsanträgen war nicht stattzugeben. Der Senat konnte in der Sache entscheiden, ohne die beiden Sachverständigen erneut zu hören, den Kläger ein weiteres Mal begutachten zu lassen oder die Mutter erneut zu befragen und sie danach zu vereidigen; er hat deswegen die darauf gerichteten Beweisanträge des Klägers abgelehnt.
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Die Mutter war als gesetzliche Vertreterin des Klägers nicht erneut zu befragen und danach zu vereidigen, denn die Parteivernehmung stellt im sozialgerichtlichen Verfahren kein Mittel der Sachaufklärung dar, mit dem ein Vollbeweis für eine behauptete Tatsache erbracht werden könnte. Dies ergibt sich daraus, dass § 118 Abs. 1 SGG nicht auf die Bestimmungen der §§ 445 ff. ZPO, die die Parteivernehmung regeln, verweist. Die Parteivernehmung stellt damit nach herrschender Meinung in der Literatur (z. B. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Aufl 2014, § 118, Rn. 8) und Rechtsprechung (z. B. BSG, Urteile vom 28.11.2007, B 11a/7a AL 14/07 R und vom 03.06.2004, B 11 AL 71/03 R - Juris) im sozialgerichtlichen Verfahren kein förmliches Beweismittel und somit kein Mittel der Sachaufklärung dar. Im Übrigen liegen dem Senat bereits ihre mehrfachen Aussagen vor, die er bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Eine eidliche Parteivernehmung ist im sozialgerichtlichen Verfahren unzulässig (BSG, Beschluss vom 13.12.2005 - B 13 RJ 247/05 B – Juris).
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Dem Hilfsantrag, von Amts wegen Prof. Dr. N. und Dr. H. zur Erläuterung ihrer Gutachten zu laden, war nicht stattzugeben, weil Art. 103 Abs. 1 GG keinen Anspruch darauf gewährt, das Fragerecht gegenüber Sachverständigen in jedem Fall mündlich auszuüben (vgl. BVerfG vom 29.05.2013 - 1 BvR 1522/12 - Juris; vgl. auch BVerfG vom 17.01.2012 - 1 BvR 2728/10 - NJW 2012, 1346, Juris m.w.N.). Es ist auch nicht erkennbar, dass eine mündliche Befragung einen über die Wiederholung schriftlicher Äußerungen hinausreichenden Mehrwert hätte (so zuletzt BSG, Beschluss vom 10.12.2013 - B 13 R 198/13 B - Juris). Beide Sachverständige haben sich umfassend und Prof. Dr. N. sogar mehrmals geäußert. Welche Fragen den beiden Ärzten gestellt werden sollen oder wo noch Aufklärungsbedarf gesehen wird, hat der Kläger nicht dargelegt. Es entspricht dann dem Beweisrecht, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, einem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens oder Anhörung des behandelnden Arztes zum Beweis einer bestimmten Tatsache beliebig oft nachzukommen (zuletzt Urteil des Senats vom 27.03.2014 - L 6 U 4001/13 - unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 15.04.1991 - 5 RJ 32/90 - Juris). Es müssen zwar keine Fragen formuliert werden, sondern es reicht vielmehr aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen (BSG SozR 3-1750 § 411 Nr. 1). Daran fehlt es aber vorliegend, denn die Notwendigkeit einer Erörterung hat der Kläger überhaupt nicht begründet (BSG, Beschluss vom 25.04.2013 – B 13 R 29/12 B – Juris). Der Senat vermochte keine Notwendigkeit zu erkennen, weitere Ermittlungen durchzuführen, da der entscheidungserhebliche Sachverhalt hinreichend geklärt ist.
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Der weitere Hilfsantrag auf Einholung eines Obergutachtens war abzulehnen, weil die Würdigung widerstreitender Gutachtenergebnisse oder unterschiedlicher ärztlicher Auffassungen wie die anderer sich widersprechender Beweisergebnisse zur Beweiswürdigung selbst gehört. Eine Verpflichtung zur Einholung eines sogenannten Obergutachtens besteht auch bei einander widersprechenden Gutachtensergebnissen im Allgemeinen nicht; vielmehr hat sich das Gericht im Rahmen der Beweiswürdigung mit den einander entgegenstehenden Ergebnissen auseinanderzusetzen (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 128 RdNr 7d, 7e mwN). Hält das Gericht eines von mehreren Gutachten für überzeugend, darf es sich diesem anschließen, ohne ein weiteres Gutachten einzuholen. Bei einer derartigen Fallgestaltung ist für eine weitere Beweiserhebung regelmäßig kein Raum (BSG, Beschluss vom 01.04.2014 - B 9 V 54/13 B - Juris). Dies gilt umso mehr, als ein weiteres epileptologisches Obergutachten schon deswegen nicht erforderlich ist, da Prof. Dr. N. als Leiter des Epilepsiezentrums M. über Sachkunde auf diesem Fachgebiet verfügt. Gründe für eine Ausnahme sind hier nicht dargelegt. Liegen bereits mehrere Gutachten (oder fachkundige Angaben) vor, ist das Tatsachengericht nur dann zu weiteren Beweiserhebungen verpflichtet, wenn die vorhandenen Gutachten (oder fachkundigen Angaben) grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche enthalten oder von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde des Gutachters geben (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr. 3). Derartige Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen und sind auch für den Senat nicht ersichtlich.
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Eine Richtervorlage gemäß Art 100 GG war nicht vorzunehmen, weil der Senat die anzuwendenden Vorschriften für verfassungsgemäß hält, insbesondere eine generelle Beweislastumkehr, wie sie der Kläger fordert, vor dem Hintergrund des Rechtsstaatsgebetes (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht zwingend (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.07.1979 - BVerfGE 52, 131) und im Impfschadensrecht noch nicht einmal erforderlich ist. Vielmehr beinhaltet der Maßstab der geforderten Wahrscheinlichkeit ohnehin eine abgesenkte Beweislast und ermöglicht dem Betroffenen in einer Vielzahl von Fällen, wie auch dem Senat aus seiner Praxis bekannt, die Anerkennung einer Schädigungsfolge zumal das Verfahren ohnehin vom Amtsermittlungsgrundsatz geprägt ist. Die zweite Rechtsfrage betrifft das generelle Zulassungsverfahren der Impfstoffe und ist vorliegend nicht entscheidungserheblich, weil es sich unstreitig um eine öffentlich empfohlene Impfung und nicht die Verwendung eines nicht zugelassenen Impfstoffs handelt. Eine Richtervorlage an das Bundessozialgericht ist gesetzlich nicht vorgesehen.
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Die Berufung war daher zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG. Der Antrag war daher abzulehnen.

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