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| Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Berufung, über die der Senat auf Grund dessen, dass das SG nicht durch Gerichtsbescheid entschieden hat und er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält sowie die Beteiligten hierzu vorher gehört hat, gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheidet, ist statthaft im Sinne der §§ 143 und 144 SGG. Insbesondere übersteigt vorliegend der Wert des Beschwerdegegenstandes den nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG erforderlichen Betrag in Höhe von 750,00 EUR. Denn maßgeblich für die Bestimmung des Wertes des Beschwerdegegenstandes ist nicht das, was der Kläger unter Zugrundelegung seiner Ausführungen nach Ansicht der Beklagten höchstens verlangen könnte, sondern das, was das SG dem Kläger versagt hat und was von diesem mit seinem Berufungsantrag weiterverfolgt wird (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 144 Rn. 14), vorliegend also das von ihm begehrte Insolvenzgeld in Höhe von weiteren 950,00 EUR. Die auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. |
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| Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Aufhebung des Urteils des SG vom 04.08.2016, mit dem die nach sachgerechter Auslegung auf die Abänderung des Bescheides vom 15.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2015 sowie die Verurteilung der Beklagten, höheres Insolvenzgeld in Höhe von 950,00 EUR zu gewähren, gerichtete Klage abgewiesen worden ist. Der Kläger verfolgt seine prozessualen Ziele zulässigerweise gemäß § 54 Abs. 1 Halbsatz 1, Abs. 4 SGG mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage. |
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| Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung weiteren Insolvenzgeldes. |
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| Rechtsgrundlage für sein Begehren ist § 165 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). |
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| Nach § 165 Abs. 1 Satz 1 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei einem Insolvenzereignis für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III gilt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers als Insolvenzereignis. |
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| Mithin wird der dreimonatige Insolvenzgeldzeitraum grundsätzlich durch das Insolvenzereignis festgelegt (zu § 183 SGB III a. F.: BSG, Urteil vom 01.07.2010 - B 11 AL 6/09 R - juris) und endet grundsätzlich mit dem Tag, der dem Insolvenzereignis vorausgeht (BSG, Urteil vom 03.10.1989 - 10 RAr 8/89 - juris). Da vorliegend mit Beschluss des Amtsgerichts Konstanz vom 01.12.2014 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Vielleber B. am 01.12.2014 eröffnet worden ist, umfasst der Insolvenzgeldzeitraum die Zeit vom 01.09.2014 bis zum 30.11.2014. |
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| Zutreffend hat die Beklagte nach Abzug des von der X. Bank AG vorfinanzierten Betrages das noch an den Kläger auszuzahlende Insolvenzgeld in Höhe des für November 2011 nicht ausgezahlten Nettoarbeitsentgelts von 2.730,75 EUR festgesetzt. |
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| Weiteres Insolvenzgeld wegen eines etwaigen in den Insolvenzzeitraum fallenden Anspruchs auf eine Jahresgratifikation (vergleiche Kühl in Brand, SGB III, 7. Auflage, § 165 Rn. 60) war dem Kläger nicht zuzusprechen, da ihm kein Rechtsanspruch auf die Gewährung einer Jahresgratifikation zusteht. |
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| Aus den Zahlungen der A. B. ist kein Anspruch aus betrieblicher Übung begründet worden. |
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| Bei Zahlung einer über das arbeitsvertraglich vereinbarte Gehalt hinausgehenden Vergütung ist durch Auslegung nach §§ 133 und 157 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu ermitteln, ob sich der Arbeitgeber nur zu der konkreten Leistung (beispielsweise Gratifikation im Kalenderjahr) oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat. Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich insbesondere aus einem Verhalten mit Erklärungswert wie einer betrieblichen Übung ergeben. Unter einer betrieblichen Übung versteht man die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder Vergünstigung auf Dauer gewährt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern regelmäßig nach § 151 BGB stillschweigend angenommen wird, erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen für die Zukunft. Entscheidend ist dabei nicht, ob der Erklärende einen Verpflichtungswillen hatte, sondern ob der Erklärungsempfänger die Erklärung oder das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände dahin verstehen konnte und durfte, der Arbeitgeber wolle sich zu einer über seine gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten. Dies ist im Wege der Auslegung des Verhaltens des Arbeitgebers zu ermitteln. Die Anforderungen an den Erklärungswert bestimmen sich nach der Art des Verhaltens des Vertragspartners, das eine betriebliche Übung begründen soll. Eine vertragliche Bindung wird regelmäßig anzunehmen sein, wenn besondere Umstände ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer begründen. Dabei kommt dem konkreten Verhalten des Arbeitgebers, insbesondere dessen Intensität und Regelmäßigkeit, entscheidendes Gewicht zu. Zwar gibt es keine allgemeinverbindliche Regel, ab welcher Zahl von Leistungen der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, er werde die Leistung auch zukünftig erhalten. Allerdings gilt für jährlich an die gesamte Belegschaft geleistete Gratifikationen die Regel, nach der eine zumindest dreimalige vorbehaltlose Gewährung zur Verbindlichkeit erstarkt, falls nicht besondere Umstände hiergegen sprechen oder der Arbeitgeber bei der Zahlung einen Bindungswillen für die Zukunft ausgeschlossen hat (Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 08.12.2010 - 10 AZR 671/09 - juris). |
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| Die A. B. hat vorliegend lediglich unregelmäßige und der Höhe nach unterschiedliche Sonderzahlungen gewährt. Diese unregelmäßigen Zahlungen konnten deshalb beim Kläger nicht die berechtigte Erwartung wecken, auch in den Folgejahren ein Weihnachtsgeld zu erhalten. Aus seiner Sicht konnte und durfte der Kläger diese Zahlungen nicht als ein Angebot verstehen, mit dem sich die A. B. dauerhaft und auch für die Zukunft zur Zahlung eines Weihnachtsgeldes verpflichten wollte. |
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| Auch aus § 4 des auf das am 01.07.2011 beginnende unbefristete Arbeitsverhältnis gerichteten Arbeitsvertrages resultiert kein Rechtsanspruch des Klägers auf Gewährung einer Jahresgratifikation. Dem steht schon der Freiwilligkeitsvorbehalt aus § 4 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags im Zusammenhang mit dem Hinweis in § 4 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages entgegen. |
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| Bei den in § 4 des Arbeitsvertrages vorformulierten Vertragsbedingungen handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB. Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. |
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| Der Arbeitgeber kann einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers grundsätzlich ausschließen und sich eine Entscheidung vorbehalten, ob und in welcher Höhe er zukünftig Sonderzahlungen gewährt. Er bleibt grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob und unter welchen Voraussetzungen er zum laufenden Arbeitsentgelt eine zusätzliche Leistung erbringen will. Allerdings muss ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt klar und verständlich im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB formuliert worden sein, um den Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung eindeutig auszuschließen. |
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| Ein Freiwilligkeitsvorbehalt darf nicht mehrdeutig sein. Er darf insbesondere nicht in Widerspruch zu anderen Vereinbarungen der Arbeitsvertragsparteien stehen. Gibt es einen solchen klar und verständlich formulierten Freiwilligkeitsvorbehalt, der jeden Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Sonderzahlung ausschließt, fehlt es an einer versprochenen Leistung im Sinne des § 308 Nr. 4 BGB. In diesen Fällen wird eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Leistung der Sonderzahlung unabhängig von dem mit der Sonderzuwendung verfolgten Zweck von vornherein nicht begründet. |
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| Vorliegend liegt ein klar und verständlich formulierter Freiwilligkeitsvorbehalt vor. |
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| Die Klausel in § 4 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags enthält den Hinweis, dass es sich bei der Jahresgratifikation um eine „freiwillige“ Leistung handelt. |
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| Zwar könnte eine solche Klausel unklar und missverständlich sein, wenn sie allein mit einer Widerrufsmöglichkeit verbunden ist. Einen solchen Widerrufsvorbehalt enthält auch § 4 Abs. 2 Satz 3 des Arbeitsvertrages, wonach „die Jahresgratifikation ... nach Auftragslage jederzeit widerrufen werden“ kann. Denn bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt entsteht schon gar kein Anspruch auf die Leistung, während bei einem Widerrufsvorbehalt hingegen der Arbeitnehmer einen Anspruch hat, der Arbeitgeber sich also vorbehält, die versprochene Leistung einseitig zu ändern, so dass die Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt dazu führen könnte, dass für einen um Verständnis bemühten Vertragspartner nicht deutlich wird, dass ein Rechtsbindungswille für die Zukunft ausgeschlossen bleiben soll (BAG, Urteil vom 08.12.2010 - 10 AZR 671/09 - juris). |
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| Vorliegend liegt aber nicht eine bloße Verknüpfung eines Freiwilligkeitsvorbehalts mit einem Widerrufsvorbehalt vor. Vielmehr enthält § 4 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages darüber hinaus den weitergehenden Hinweis, dass „durch die Zahlung ... kein Rechtsanspruch für die kommenden Jahre begründet“ wird und dies auch „durch wiederholte Leistung“ nicht der Fall ist. Ein solcher Vorbehalt schließt einen Rechtsanspruch auf zukünftige Zahlung der begehrten Jahresgratifikation unmissverständlich aus. Wegen dieser eindeutigen Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages kann die in § 4 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages getroffene Bestimmung, nach der die Jahresgratifikation eine „freiwillige“ Leistung ist, von einem um Verständnis bemühten Arbeitnehmer im Zweifel nicht nur als Hinweis zu verstehen sein, dass sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Gratifikation bereit erklärt, ohne dazu durch andere Regelungen gezwungen zu sein. Diese Klausel verstärkt nicht nur die Aussage der Freiwilligkeit und betont nicht nur die fehlende rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer entsprechenden Zahlung, sondern zeigt im Zusammenhang mit dem Hinweis in § 4 Abs. 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages, dass eben gerade kein Rechtsanspruch auf die Gewährung einer Jahresgratifikation begründet worden ist (BAG, Urteil vom 08.12.2010 - 10 AZR 671/09 - juris). Insoweit unterscheidet sich dieser Sachverhalt grundlegend von demjenigen, welcher der Entscheidung des BSG vom 08.12.2010 (a.a.O.) zu Grunde lag. |
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| Nach alledem hatte der Kläger keinen in den Insolvenzgeldzeitraum fallenden Rechtsanspruch auf Gewährung einer Jahresgratifikation. |
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| Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG war somit zurückzuweisen. |
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| Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. |
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