Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 11 KR 4149/18

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.10.2018 aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Betrag iHv 6.165,37 EUR nebst Zinsen iHv 5 % über dem Basiszinssatz seit 17.09.2016 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 6.165,37 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit der Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung iHv 6.165,37 EUR darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Kostenerstattung für die Implantation eines permanenten Embolieprotektionssystems zum Verschluss des linken Vorhofohrs (LAA-Okkluder) hat.
Bei der Klägerin handelt es sich um die Trägerin eines im Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg aufgenommenen Krankenhauses mit Sitz in K., das zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassen ist (§ 108 Nr 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V). Im Zeitraum vom 01.06.2016 bis zum 04.06.2016 wurde im Krankenhaus der Klägerin der 1940 geborene, bei der Beklagten versicherte H. B. behandelt und ein LAA-Okkluder (Modell: Amplazer Cardiac Plug) bei seit mehreren Jahren bestehendem paroxysmalen Vorhofflimmern zur Schlaganfallprophylaxe implantiert.
Der stationären Aufnahme zugrunde lag der Bericht des Facharztes für Innere Medizin Prof. Dr. H. (Kardiologie am F.) vom 15.03.2016 an den den Versicherten überweisenden Facharzt für Innere Medizin Dr. R. über die Vorstellung in der Sprechstunde. Dort wurden folgende Diagnosen genannt:
- Koronare Herzkrankheit mit 1-GE Zn 2 + DES der RCA [St. Vinc. KA]
- Paroxysmales Vorhofflimmern, EHRA II, milde Beschwerden
- Ektasie der Aorta ascendens
- M. Bechterew
- Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention
- Rezidivierende Hauteinblutungen unter Marcumar
Auf die kardiovaskulären Risikofaktoren arterielle Hypertonie, Hypercholesterinämie und chronische Niereninsuffizienz wurde hingewiesen. Wegen der Niereninsuffizienz sei ein neues orales Antikoagulanz bislang nicht eingesetzt worden. Prof. Dr. H. führte insbesondere aus, die Therapie unter Amiadaron solle fortgeführt werden. Kritischer sei jedoch die orale Antikoagulation mit Marcumar zu sehen, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass der Versicherte rezidivierende Hauteinblutungen habe. Er sei ein exzellenter Kandidat für einen interventionellen Vorhofohrverschluss mittels eines Okkluders.
Unter dem 09.06.2016 stellte die Klägerin für die Behandlung des Versicherten einen Betrag iHv 9.162,56 EUR unter Berücksichtigung des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) 8-837.s0 (Perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz- und Koronargefäßen: Maßnahmen zur Embolieprotektion am linken Herzohr: Implantation eines permanenten Embolieprotektionssystems) in Rechnung, der von der Beklagten zunächst beglichen wurde.
Mit Schreiben vom 28.06.2016 beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK) mit der Prüfung des Behandlungsfalls. Sie führte aus, es hätten sich keine Hinweise ergeben, dass die Behandlung dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Es sei der OPS 8-837.s0 abgerechnet worden. Anhand der Falldaten sei nicht erkennbar, ob die gewählte Behandlungsmethode dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Die Beklagte unterrichtete die Klägerin über die Beauftragung des MDK.
In dem sozialmedizinischen Gutachten vom 15.07.2016 gelangte der MDK zu dem Ergebnis, die medizinischen Voraussetzungen für die Leistung seien nicht erfüllt. Für den perkutanen Vorhofohrverschluss stünden die Medizinprodukte Watchman (Hersteller: Boston Scentific) und der hier verwendete Amplazer Cardiac Plug (Hersteller: St. Jude Medical) zur Verfügung. Der Vorhof-Okkluder Watchman besitze seit 2007 ein CE-Kennzeichen und sei in den USA im März 2015 zur Reduzierung des Risikos von Thrombembolien bei Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern und hohem Schlaganfallrisiko zugelassen worden. Dieser solle nicht bei Patienten mit Kontraindikationen für eine Therapie mit Warfarin (Vitamin-K-Antagonisten), ASS oder Clopidrogel eingesetzt werden. Der hier verwendete Amplazer Cardiac Plug (St. Jude Medical) besitze seit 2008 eine CE-Zertifizierung. Das NUB-Entgelt 257 – interventioneller Vorhofohrverschluss bei Vorhofflimmern sei 2015 von 15 Kliniken beantragt worden und habe vom InEK den Status 2 erhalten. Derzeitiger Gold-Standard zur Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern sei die orale Antikoagulation (OAK) mit Vitamin-K-Antagonisten, die jedoch auch Nachteile aufweise. Inzwischen seien weitere Medikamente (NOAK) für diese Indikation zugelassen. In der PROTECT AF-Studie habe sich die Methode des Vorhofohr-Verschlusses gegenüber der medikamentösen Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten nicht unterlegen gezeigt, es sei jedoch eine hohe Rate an prozeduralen Komplikationen beobachtet worden. Diese hätten der nachfolgenden PREVAIL-Studien gesenkt werden können, in der auch Patienten eingeschlossen worden seien, die mit Warfarin antikoaguliert worden seien. Die PREVAIL-Studie sei noch nicht abgeschlossen. Abgeschlossene Phase-III-Studien gebe es nicht. Die aktuelle ESC-Leitlinie zum Management des Vorhofflimmerns von 2012 führe aus, dass aufgrund eines Mangels an großen kontrollierten Studien mit systemischen follow-up keine schlüssige Evidenz vorliege, dass eine chirurgische Exzision oder ein Verschluss des Vorhofohrs das Schlaganfallrisiko bei Patienten mit Vorhofflimmern reduziere. Als Empfehlung sei gesehen worden, dass ein interventioneller perkutaner Vorhofohrverschluss bei Patienten mit einem hohen Schlaganfallrisiko und Kontraindikation für Langzeitantikoagulation in Betracht komme (Klasse IIb Level B). Eine chirurgische Exzision des Vorhofohrs könne bei Patienten, die sich einer Herzoperation unterziehen, in Erwägung gezogen werden (Klasse IIb Level C). Als Fazit sei gesehen worden, dass ein interventioneller Vorhofohrverschluss eine Rolle spiele bei Patienten mit thromboembolischem Risiko, die nicht langzeitantikoaguliert werden können. In dem Kommentar der Deutschen Kardiologischen Gesellschaft vom 22.05.2013 heiße zu den Leitlinien des ESC, die Leitlinien empfehlen daher die Erwägung einer Okkludertherapie bei Patienten mit hohem Schlaganfallrisiko und Kontraindikation für eine OAK. Es handele sich um eine IIb-, also Kann-Empfehlung. Es sei ferner darauf hingewiesen worden, dass die randomisierten Daten mit dem Watchman erhoben worden seien und daher nicht für alle Okkludertypen verallgemeinert werden könnten. Für den hier verwendeten Amplazer Cardiac Plug lägen keine randomisierten kontrollierten Studien vor, eine FDA-Zulassung sei bisher nicht erfolgt. Die Intervention sei als Behandlungsmethode mit hohem Risiko einzustufen. Eine Potenzialbewertung sei durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) noch nicht erfolgt. Das Qualitätslabel und die Anforderungen an die Patientensicherheit bedingten, dass gutachtlich eine Pflicht zur Kostentragung für die innovative, aber bezüglich ihres Nutzens noch nicht bewertbare Behandlungsmethode zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nur gesehen werde, wenn sie im Rahmen von kontrollierten Studien angewandt werde. Die Implantation des Vorhof-Okkluders sei anhand der medizinischen Unterlagen nicht plausibel begründet. Insbesondere sei nicht dargelegt, dass eine orale Antikoagulation nicht mehr durchgeführt werden könne. Grundsätzlich könnte bei Hauteinblutungen unter Marcumar neben einer engmaschigen INR-Kontrolle auch eine Umstellung der Antikoagulation zB auf Warfarin oder NOAK erfolgen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Versicherte adäquat aufgeklärt worden sei.
Mit Schreiben vom 20.07.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die medizinischen Voraussetzungen für die Implantation eines Vorhof-Okkluders nicht erfüllt seien. Der OPS 9-837.s0 sei zu streichen, es ergebe sich die DRG F49F. Der überbezahlte Betrag werde verrechnet, wenn keine Korrektur der Datensätze erfolge.
10 
Am 16.09.2016 verrechnete die Beklagte einen Betrag iHv 6.165,37 EUR mit einem anderen, zwischen den Beteiligten unstreitigen Behandlungsfall.
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Am 16.11.2016 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Die stationäre Behandlung sei aus Sicht der Klägerin erforderlich gewesen, da die Indikation zum Vorhof-Verschluss bestanden habe. Aus Sicht der Klägerin sei die Indikation zur Implantation eines Vorhof-Okkluders aufgrund der rezidivierenden Hämatome unter oraler Antikoagulation iVm einer schwer eingeschränkten Niereninsuffizienz Stadium 4 evident und die streitige Behandlung medizinisch notwendig. Es habe die dringende Indikation zur Absetzung von Marcumar bestanden. Marcumar sei bei Patienten mit manifester Niereninsuffizienz kontraindiziert. Die Gabe von oralen Antikoagulantien sei nicht in Betracht gekommen, da nach den bis August 2016 geltenden Europäischen Leitlinien zum Vorhofflimmern der Einsatz als schädlich eingestuft worden sei. Für die Anwendung der Methode existiere eine eigene Diagnosis Related Group (DRG). Der vom InEK vergebene Status 2 bedeute nur, dass keine zusätzlichen, über die DRG hinausgehenden Entgelte vereinbart werden können. Der Einsatz von Warfarin sei kontraindiziert bei fortgeschrittener Arteriosklerose. Bei dem Versicherten habe eine koronare Herzkrankheit mit Zustand nach mehrfachen Interventionen an den Herzkranzgefäßen und damit eine fortgeschrittene Arteriosklerose vorgelegen.
12 
Die Beklagte hat sich der Auffassung des MDK angeschlossen. Es handele sich bei der Implantation des Vorhof-Okkluders um ein Verfahren, das nicht durch eine hinreichende Studienlage belegt sei. Eine gesonderte Abrechnung komme jedenfalls deshalb nicht in Betracht, da das Verfahren als neue Untersuchung- und Behandlungsmethode mit dem Status NUB 2 bewertet worden sei. Dies besage, dass die Kriterien des § 6 Abs 2 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) nicht erfüllt seien. Es hätten Alternativbehandlungen zur Verfügung bestanden, insbesondere in Form der auch in der Einverständniserklärung des Versicherten genannten Fortführung der OAK. Streng genommen handele es sich um eine primäre Fehlbelegung, da die Aufnahme ausdrücklich zur Durchführung einer nicht anerkannten Methode erfolgt sei. Die Beklagte hat noch auf eine Grundsatzstellungnahme des MDK Rheinland-Pfalz aus Mai 2012 zur Implantation eines Embolieprotektionssystems Bezug genommen. Dort wird ausgeführt, dass hinsichtlich des Watchman-Systems eine randomisierte Studie (Holmes et al 2009) zur Verfügung stehe, die eine Nichtunterlegenheit zur OAK untersucht und festgestellt habe. Die Indikation zum Vorhof-Okkluder könne in sehr seltenen Fällen gegeben sein, wenn keine Behandlungsalternativen zur Verfügung stünden.
13 
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens des Chefarztes der Klinik für Innere Medizin, Kardiologie, Angiologie, Nephrologie und konservative Intensivmedizin des V. Klinikums N., Facharzt für Innere Medizin / Kardiologie und klinischer Pharmakologie Prof. Dr. D.. Dieser hat in seinem Gutachten vom 09.03.2018 ausgeführt, bei dem durchgeführten Vorhof-Verschlussverfahren handele es sich nicht um ein experimentelles Verfahren, sondern um eine Behandlungsmethode, die dem allgemeinen Stand der Wissenschaft entspreche und in der klinischen Routinetherapie angewandt werde. Die Indikationsstellung beim Versicherten sei korrekt, nämlich Blutungen unter Vitamin-K-Antagonisten-Therapie und aufgrund der Niereninsuffizienz. Als therapeutische Alternative sei daher die Implantation eines Vorhofohr-Okkluders verblieben. Es handele sich im Gegensatz zur Argumentation des MDK nicht um eine Hochrisikointervention, da die Punktion unter laufender Echokardiographie erfolgt sei. Die Behandlung mittels Okkluder-Implantation entspreche den kardiologischen Leitlinien und dem allgemeinen-anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse.
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Mit Urteil vom 24.10.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Behandlung habe im Zeitpunkt der streitigen Behandlung weder den von Prof. Dr. D. selbst zitierten kardiologischen Leitlinien entsprochen noch dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse. Zur Begründung hat sich das SG auf die Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie zum Management von Vorhofflimmern 2016 gestützt. Es werde dort ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Nutzen, vor allem für Patienten mit Kontraindikation zur Antikoagulation bislang weder im Vergleich zu oraler Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten, noch zu Nicht-Vitamin-K-basierten oralen Antagonisten anhand einer randomisierten Studie belegt sei. Das Vorliegen solcher randomisierten Studien fordere jedoch das Bundessozialgericht zur Gewährleistung der Qualitätskriterien des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V.
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Hiergegen richtet sich die am 21.11.2018 eingelegte Berufung der Klägerin. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie den bisherigen Vortrag. Es habe eine Kontraindikation gegen eine medikamentöse Antikoagulation mit Marcumar und allen anderen Vitamin-K-Antagonisten sowie gegen eine Therapie mit Nicht-Vitamin-K-oralen Antikoagulantien vorgelegen. Auch Prof. Dr. D. habe dies bestätigt. Entgegen der Argumentation der Beklagten wäre eine Behandlung mit Warfarin, das in Deutschland kaum gebräuchlich sei, nicht möglich gewesen, da der Einsatz von Warfarin bei der fortgeschrittenen Arteriosklerose-Erkrankung kontraindiziert sei. Soweit das SG in der Entscheidung ausführe, dass die randomisierte Studie bei Patienten ohne Kontraindikation gegen eine orale Antikoagulation stattgefunden habe, werde darauf hingewiesen, dass es aus ethischer/ärztlicher Sicht auch schwer vorstellbar sein dürfte, dass ein Vergleich einer oralen Antikoagulation bzw keiner Therapie bzw eines Vorhofverschlusses bei Patienten mit einer Kontraindikation gegen eine orale Antikoagulation von irgendeiner Ethikkommission genehmigt würde. Eine Vielzahl etablierter Therapien sei nicht in randomisierten kontrollierten Studien untersucht worden, insbesondere wenn individualspezifische Patientencharakteristika in Betracht gezogen würden. Es handele sich auch nicht um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.10.2018 zu verurteilen, an die Klägerin 6.165,37 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.09.2016 zu bezahlen.
18 
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
20 
Sie macht geltend, eine Indikation zur Implantation des Vorhof-Okkluders habe nicht bestanden. Im Falle des Patienten habe keine relevante Kontraindikation gegen eine orale Antikoagulation bestanden. Es hätten Alternativbehandlungen zur Verfügung gestanden. Diese seien auch nach der Intervention als Dauertherapie weitergeführt worden. Auch der Einsatz von Warfarin wäre möglich gewesen. Allein die Möglichkeit von Standardtherapien führe zu einem Ausschluss der Leistungspflicht. Die europäischen Leitlinien zum Management bei Vorhofflimmern von 2016 enthielten eine nur sehr vorsichtige Empfehlung, wonach der LAA-Verschluss als Option bei Patienten mit Kontraindikation für eine Langzeit-Antikoagulation in Betracht gezogen werden könne. Hieraus könne nicht geschlussfolgert werden, dass die Therapie allgemeiner Standard sei. Die Studienlage bei einer IIb-Empfehlung entspreche nicht einer randomisierten, kontrollierten Studienlage, sondern man befinde sich noch in einem quasi-experimentellen Stadium. Es sei bisher noch in keiner randomisierten Studie untersucht worden, wie wirksam der Vorhofohr-Verschluss bei Patienten mit echter Kontraindikation gegen eine orale Antikoagulation überhaupt sei. Die Einschlusskriterien der PROTECT-AF- und PREVAIL-Studie hätten vorgegeben, dass die Teilnehmer diese tolerieren müssten. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie-, Herz- und Kreislaufforschung eV habe aufgrund der hohen Komplikationsrate die Durchführung der Implantation im Sinne der Patientensicherheit die Anwendung auf wenige Herzzentren beschränkt. Zu diesen gehöre die Klägerin nicht.
21 
Am 21.10.2019 hat der MDK erneut ein Gutachten erstattet. Er hat insbesondere ausgeführt, die Voraussetzungen des § 2 Abs 1a SGB V seien nicht erfüllt. Bei Vorhofflimmern könne es zu einem Schlaganfall kommen, der potenziell tödlich sein könne. Eine akut lebensbedrohliche oder notstandsartige Situation gehe aus den Unterlagen nicht hervor. Es hätte Alternativen zur Verfügung gestanden, auch bei eingeschränkter Nierenfunktion wäre die Gabe von NOAK möglich gewesen. Die Evidenzlage sei unzureichend, der Nutzen des eingesetzten Medizinprodukts sei nicht belegt. Es habe zwar aufgrund des erhöhten CHA2DS2VASC-Scores von 4 beim Versicherten eine Indikation für eine Antikoagulation zur Schlaganfallprophylaxe bestanden. Unter Marcumar sei es zwar wiederholt zu Hauteinblutungen gekommen. Aus den vorliegenden Unterlagen gehe jedoch nicht hervor, wie häufig und unter welchen Voraussetzungen es dazu gekommen sei, auch die Ausprägung sei nicht dokumentiert. Aufgrund möglicher Wechselwirkungen mit den Medikamenten, die der Versicherte zum Zeitpunkt der Intervention eingenommen habe, sei eine Fortführung der Marcumar-Therapie bei eingeschränkter Nierenfunktion äußerst kritisch zu sehen. Die deutsche Pocket Leitlinie 2012 habe bei dem hier vorliegenden CHA2DS2VASC-Score als beste Option die Gabe von NOAK angegeben. Die Prüfung der Möglichkeit der Gabe von NOAK sei aus der Akte nicht ersichtlich. Bei eingeschränkter Nierenfunktion sei eine Dosisanpassung möglich. Unter Berücksichtigung der Empfehlungen zur Dosisanpassung sei nicht plausibel, dass die Gabe von NOAK nicht möglich gewesen wäre. Die Leitlinie empfehle den Vorhofohrverschluss lediglich bei Patienten mit klarer Kontraindikation für eine medikamentöse Antikoagulation.
22 
Die Klägerin ist dem entgegengetreten und hat eine Stellungnahme des Oberarztes Dr. M. vom 19.11.2019 vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, die Prozedur sei nicht experimentell. Sie habe zwischenzeitlich eine OPS-Ziffer erhalten. Das implantierte System sei seit 2008 CE-zertifiziert. Die Wirksamkeit und Effektivität der Prozedur sei für das Konkurrenzprodukt, das eine identische Funktions- und Implantationsweise aufweise, in randomisierten und kontrollierten Studien gesichert. Die Behauptung, die PREVAIL-Studie sei erst 2017 und damit nach dem Eingriff veröffentlich worden, sei falsch. Die Veröffentlichung sei im Jahr 2014 erfolgt. Die Prozedur sei in den Leitlinien zB der europäischen Gesellschaft für Kardiologie verankert mit einer Klasse IIb-Empfehlung für Patienten mit Schlaganfallrisiko durch Vorhofflimmern, die keine Antikoagulation einnehmen könnten. Klasse IIb bedeute: „Kann erwogen werden“. Der Versicherte habe einen CHA2DS2VASC-Score von 4 und damit eine klare Klasse Ia-Indikation zur Antikoagulation bei Vorhofflimmern, da ansonsten ein hohes Schlaganfallrisiko durch Embolie bestehe. Marcumar habe nicht länger eingenommen werden können wegen wiederkehrenden Hauteinblutungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. NOAK seien aufgrund der Niereninsuffizienz des Versicherten kontraindiziert. In dem Bericht der Praxis am F. in B. sei im Gegensatz zu den im Gutachten erwähnten Werten eine noch schlechtere Nierenfunktion dokumentiert.
23 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten und zum Sach- und Streitstand wird auf die Patientenakte, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.
25 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz ) eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig (§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG), sie ist in der Sache auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Klage auf Zahlung weiterer 6.165,37 EUR abgewiesen, denn die Beklagte war nicht berechtigt, in dieser Höhe gegen eine andere (unstreitige) Forderung aufzurechnen. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl eingehend BSG 25.10.2016, B 1 KR 9/16 R, SozR 4-5562 § 11 Nr 2; 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 2), mit die Beklagte hätte aufrechnen können, besteht nicht. Die Klägerin hat zu Recht für die stationäre Behandlung des Versicherten unter Ansatz des OPS 8-837.s0 einen Gesamtbetrag iHv 9.162,56 EUR abgerechnet.
26 
Die Klägerin hat mit der erhobenen (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG die richtige Klageart gewählt (dazu nur BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13, juris; BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Es handelt sich um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten ist (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 5).
27 
Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iSv § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (st Rspr BSG 16.12.2008, B 1 KN 1/07 R, BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R, BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2). Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG (beide idF des KHSG vom 10.12.2015, BGBl I 2229) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG; ebenfalls idF vom 10.1.2.2015) und die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2016 (Fallpauschalenvereinbarung 2016 - FPV-2016) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 sowie dem durch Entscheidung der Landesschiedsstelle vom 21.09.2005 festgesetzten Vertrag nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V über „Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung“ zwischen der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und den Verbänden der Krankenkassen mit Ausnahme der vom Bundessozialgericht (BSG) beanstandeten Regelung in § 19 Abs 2 (BSG 13.11.2012, B 1 KR 27/11 R, BSGE 112, 156 = SozR 4-2500 § 114 Nr 1).
28 
Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen, wobei unter Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ein Krankheitszustand zu verstehen ist, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erfordert (BSG 17.05.2000, B 3 KR 33/99 R; 13.05.2004, B 3 KR 18/03 R). Eine Krankenkasse ist nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V verpflichtet, die vereinbarten Entgelte zu zahlen, wenn eine Versorgung im Krankenhaus durchgeführt und iSv § 39 SGB V erforderlich (gewesen) ist. Konkret umfasst die Krankenhausbehandlung alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung eines Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung, § 39 Abs 1 Satz 3 SGB V (BSG 10.04.2008, B 3 KR 19/05 R). Dabei müssen Qualität und Wirksamkeit der im Krankenhaus durchgeführten Maßnahmen den in § 2 Abs 1 Satz 3, § 12 Abs 1 und § 28 Abs 1 SGB V festgelegten Qualitätskriterien, insbesondere dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (vgl BSG 21.03.2013, B 3 KR 2/12 R, aaO).
29 
Der Versicherte war vorliegend berechtigt, die Implantation des Okkluders in Anspruch zu nehmen. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Implantation eines LAA-Okkluders notwendig war und dem Qualitätsgebot entsprach. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Behandlungsmethode im Juni 2016 deshalb die Anforderungen der evidenzbasierten Medizin erfüllte oder wenigstens das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative iSd § 137c SGB V hatte, weil der interventionelle perkutane Verschluss des linken Vorhofohrs zur Behandlung eines Schlaganfallrisikos (bei oder ohne Vorhofflimmern) im Vergleich zu einer oralen Antikoagulation durch Vitamin-K-Antagonisten oder durch NOAK besser oder wenigstens gleich gut geeignet ist. Diese Frage bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Zwischen der Klägerin und dem MDK besteht Einigkeit, dass es im Jahr 2016 eine Indikation iS einer Empfehlung für den Verschluss des linken Vorhofohrs gab, wenn bei einem Patienten ein hohes Schlaganfallrisiko bestand und gleichzeitig eine Kontraindikation für eine Langzeitantikoagulation gegeben war.
30 
In seinem Gutachten vom 15.07.2016 führt der MDK aus, für den perkutanen Vorhofohrverschluss stünden die Medizinprodukte Watchman (Hersteller: Boston Scentific) und der hier verwendete Amplazer Cardiac Plug (Hersteller: St. Jude Medical) zur Verfügung. Der Vorhof-Okkluder Watchman besitze seit 2007 ein CE-Kennzeichen und sei in den USA im März 2015 zur Reduzierung des Risikos von Thrombembolien bei Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern und hohem Schlaganfallrisiko zugelassen worden. Dieser solle nicht bei Patienten mit Kontraindikationen für eine Therapie mit Warfarin (Vitamin-K-Antagonisten), ASS oder Clopidrogel eingesetzt werden. Der von der Klägerin verwendete Amplazer Cardiac Plug (St. Jude Medical) besitze seit 2008 eine CE-Zertifizierung. Derzeitiger Gold-Standard zur Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern sei die orale Antikoagulation (OAK) mit Vitamin-K-Antagonisten, die jedoch auch Nachteile aufweise. Die ESC-Leitlinie zum Management des Vorhofflimmerns von 2012 führe aus, dass aufgrund eines Mangels an großen kontrollierten Studien mit systemischen follow-up keine schlüssige Evidenz vorliege, dass eine chirurgische Exzision oder ein Verschluss des Vorhofohrs das Schlaganfallrisiko bei Patienten mit Vorhofflimmern reduziere. Als Empfehlung sei gesehen worden, dass ein interventioneller perkutaner Vorhofohrverschluss bei Patienten mit einem hohen Schlaganfallrisiko und Kontraindikation für Langzeitantikoagulation in Betracht komme (Klasse IIb Level B). Dieser Beurteilung haben die Klinikärzte der Klägerin nicht widersprochen. Im Gegenteil: Oberarzt Dr. M. hat in einer von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme vom 19.11.2019 dargelegt, dass das implantierte System seit 2008 CE-zertifiziert sei. Die Prozedur sei in den Leitlinien zB der europäischen Gesellschaft für Kardiologie verankert mit einer Klasse IIb-Empfehlung für Patienten mit Schlaganfallrisiko durch Vorhofflimmern, die keine Antikoagulation einnehmen könnten. Klasse IIb bedeute: „Kann erwogen werden“. Der Versicherte habe einen CHA2DS2VASC-Score von 4 und damit eine klare Klasse Ia-Indikation zur Antikoagulation bei Vorhofflimmern, da ansonsten ein hohes Schlaganfallrisiko durch Embolie bestehe.
31 
Zur Behandlung von Vorhofflimmern hat die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie Leitlinien (ESC-Leitlinien) herausgegeben. Abzustellen ist auf die ESC-Leitlinien für das Management von Vorhofflimmern 2012. Die Leitlinien 2016 wurde erst im August 2016 und damit nach dem hier streitgegenständlichen Eingriff veröffentlicht. Der interventionelle perkutane Verschluss des linken Vorhofohrs kann nach der ESC-Leitlinie 2012 bei Patienten mit hohem Schlaganfallrisiko und Kontraindikation gegen eine Langzeittherapie mit oralen Antikoagulantien in Erwägung gezogen werden. Als Empfehlungsgrad ist IIb (Nutzen/Effektivität einer Maßnahme ist weniger gut durch Evidenzen/Meinungen belegt), als Evidenzgrad ist C (Konsensusmeinung von Experten und/oder kleinen Studien, retrospektive Studien oder Registern) angegeben. Ergänzend ist ausgeführt, dass der interventionelle Vorhofohrverschluss berechtigterweise nicht als gleichwertige Alternative zur dauerhaften Antikoagulation angesehen wird, sondern nur für die Gruppe der Patienten mit hohem Schlaganfallrisiko und Kontraindikation gegen eine OAK.
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Aufgrund der dargelegten Ausführungen des MDK und der Klägerin (Oberarzt Dr. M.) dem Inhalt der ESC-Leitlinien aus dem Jahr 2012 sowie den Ausführungen von Prof. Dr. D. in dessen für das SG erstelltem Gutachten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass für die Implantation eines Okkluders im Juni 2016 eine Indikation gegeben war, wenn bei dem Patienten ein hohes Schlaganfallrisiko sowie eine Kontraindikation gegen eine Langzeitantikoagulation vorlag. Beides war der Fall.
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Nach den ESC-Leitlinien 2012 war im Falle des unter Vorhofflimmern leidenden Versicherten die Gabe von Antikoagulation indiziert, da der die Risikofaktoren für einen Schlaganfall abbildende CHA2DS2VASC-Score nach den ESC-Leitlinien bei 4 (Alter < 75 Jahre: 2 Punkte; arterielle Hypertonie: 1 Punkt; Gefäßerkrankung: 1 Punkt) lag. Dass bei dem Patienten ein hohes Risiko für einen Schlaganfall bestand, wird auch vom MDK nicht in Zweifel gezogen.
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Auch das Bestehen einer Kontraindikation für eine OAK war nicht umstritten. Beim Versicherten traten rezidivierende Hauteinblutungen auf. Ausmaß und Umfang wurden in der Patientenakte allerdings nicht dokumentiert. Dass es sich um Hämatome handelte, wie in der Klageschrift angegeben, lässt sich den Unterlagen nicht entnehmen. Das Blutungsrisiko wurde nicht angegeben. Der MDK hat jedoch in seinem Gutachten vom 21.10.2019 ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die Einnahme von Marcumar aufgrund der Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten äußerst kritisch zu sehen war. Vor diesem Hintergrund ist nach Ansicht des Senats von einer Kontraindikation von OAK auszugehen.
35 
Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass bei dem Patienten auch eine Kontraindikation für eine Behandlung mit NOAK gegeben war. Zwar ist bei einer Kontraindikation für Vitamin-K-Antagonisten zunächst eine Behandlung mit NOAK in Erwägung zu ziehen. Falls dosisadjustierte Vitamin-K-Antagonisten bei einem Patienten mit Vorhofflimmern und Indikation zur OAK aufgrund von Schwierigkeiten bei der Einhaltung des therapeutischen Bereichs, Nebenwirkungen oder der Unfähigkeit, ein INR-Monitoring durchzuführen, nicht eingesetzt werden können, wird in den ESC-Leitlinien die Gabe eines NOAK empfohlen. Eine Umstellung auf NOAK war jedoch zur Überzeugung des Senats im konkreten Fall ebenfalls nicht vorrangig. Nach den ESC-Leitlinien 2012 wird die Gabe von NOAK nicht empfohlen bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz (CrCl < 30 ml/min). Der Empfehlungsgrad beträgt III (Evidenz und/oder allgemeine Übereinkunft, dass eine Therapieform oder eine diagnostische Maßnahme nicht effektiv, nicht nützlich oder nicht heilsam ist und im Einzelfall schädlich sein kann), der Evidenzgrad beträgt A (Daten aus mehreren, randomisierten klinischen Studien oder Meta-Analysen). In dem Laborbericht der Gemeinschaftspraxis Dres R., R., E., M., Prof. Dr. H. (Kardiologie am F.) vom 25.05.2016 ist der GFR-Wert mit 30 angegeben, der Creatinin-Wert mit 2,27 mg/dl. In dem Entlassbrief vom 04.06.2016 ist eine chronische Niereninsuffizienz mit dem Stadium der kompensierten Retention mit Krea aktuell 2mg/dl und Harnstoff aktuell 30mg/dl angegeben. Allerdings ist in der Verlaufskurve in der Patientenakte als Diagnose ua eine „chron. NI II“, dh eine chronische Niereninsuffizienz im Stadium II angegeben. Im Bericht von Prof. Dr. H. vom 15.03.2016 war eine Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention angegeben, was ebenfalls dem Stadium II entspricht. Unter Zugrundelegung der Beschreibung im ICD 10, der die Begrifflichkeiten der Stadien in der Gruppe N18.- (chronische Nierenkrankheiten) benennt, handelt es sich um eine chronische Nierenkrankheit im Stadium II, wenn die glomeruläre Filtrationsrate 30 bis unter 60 ml/min/1,73m2 Körperoberfläche beträgt.
36 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass zum einen im Juni 2016 die Gabe von NOAK bei einer Niereninsuffizienz kritischer beurteilt worden sei als heute. Zum anderen habe bei dem Patienten die CrCl teilweise deutlich unter 30 ml/min gelegen. Dieser Wert schwanke ohnehin und hänge ua davon ab, wie viel Flüssigkeit der Patient zu sich nehme. Die im Termin anwesende Ärztin des MDK hat den aus der Akte ersichtlichen CrCL-Wert mit 30,6 ml/min angegeben. Der Senat geht davon aus, dass bei einem CrCl-Wert, der gerade 30 ml/min erreicht, aber Schwankungen nach oben und unten unterworfen ist, von einer Kontraindikation für die Gabe von NOAK ausgegangen werden darf. Im Übrigen hat der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Kardiologie, Angiologie, Nephrologie und konservative Intensivmedizin des V. Klinikums N., Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie und klinischer Pharmakologie Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 09.03.2018 der Klinik eine korrekte Indikation für die durchgeführte Maßnahme bescheinigt. Auch auf diese Einschätzung stützt der Senat seine Entscheidung. Hiermit steht im Einklang, dass in der Vergangenheit aufgrund der Niereninsuffizienz keine NOAK beim Versicherten eingesetzt worden sind, wie Prof. Dr. H. in dem Bericht vom 15.03.2016 ausgeführt hat.
37 
Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 19 Abs 3 des in Baden-Württemberg geltenden Vertrages nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V über die „Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung“. Danach kann das Krankenhaus bei Überschreiten des Zahlungsziels ab dem Fälligkeitstag Verzugszinsen berechnen, ohne dass es einer Mahnung bedarf. Da die Beklagte die Vergütung ursprünglich in vollem Umfange gezahlt hat, fallen Verzugszinsen erst ab dem Tag der jeweiligen Verrechnungen an. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz nach § 247 Abs 1 BGB.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 155 Abs 1 VwGO, da weder Klägerin noch Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
39 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Hs 1 SGG iVm §§ 63, 52 Abs 1, 3, 47 GKG.
40 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).

Gründe

 
24 
Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.
25 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz ) eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig (§§ 143, 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG), sie ist in der Sache auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Klage auf Zahlung weiterer 6.165,37 EUR abgewiesen, denn die Beklagte war nicht berechtigt, in dieser Höhe gegen eine andere (unstreitige) Forderung aufzurechnen. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten vgl eingehend BSG 25.10.2016, B 1 KR 9/16 R, SozR 4-5562 § 11 Nr 2; 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 2), mit die Beklagte hätte aufrechnen können, besteht nicht. Die Klägerin hat zu Recht für die stationäre Behandlung des Versicherten unter Ansatz des OPS 8-837.s0 einen Gesamtbetrag iHv 9.162,56 EUR abgerechnet.
26 
Die Klägerin hat mit der erhobenen (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG die richtige Klageart gewählt (dazu nur BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13, juris; BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Es handelt sich um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten ist (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 5).
27 
Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iSv § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (st Rspr BSG 16.12.2008, B 1 KN 1/07 R, BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R, BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2). Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG (beide idF des KHSG vom 10.12.2015, BGBl I 2229) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG; ebenfalls idF vom 10.1.2.2015) und die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2016 (Fallpauschalenvereinbarung 2016 - FPV-2016) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 sowie dem durch Entscheidung der Landesschiedsstelle vom 21.09.2005 festgesetzten Vertrag nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V über „Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung“ zwischen der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft und den Verbänden der Krankenkassen mit Ausnahme der vom Bundessozialgericht (BSG) beanstandeten Regelung in § 19 Abs 2 (BSG 13.11.2012, B 1 KR 27/11 R, BSGE 112, 156 = SozR 4-2500 § 114 Nr 1).
28 
Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert in aller Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen beim Versicherten bei der Aufnahme in das Krankenhaus grundsätzlich die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen, wobei unter Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ein Krankheitszustand zu verstehen ist, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erfordert (BSG 17.05.2000, B 3 KR 33/99 R; 13.05.2004, B 3 KR 18/03 R). Eine Krankenkasse ist nach § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V verpflichtet, die vereinbarten Entgelte zu zahlen, wenn eine Versorgung im Krankenhaus durchgeführt und iSv § 39 SGB V erforderlich (gewesen) ist. Konkret umfasst die Krankenhausbehandlung alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung eines Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung, Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung, § 39 Abs 1 Satz 3 SGB V (BSG 10.04.2008, B 3 KR 19/05 R). Dabei müssen Qualität und Wirksamkeit der im Krankenhaus durchgeführten Maßnahmen den in § 2 Abs 1 Satz 3, § 12 Abs 1 und § 28 Abs 1 SGB V festgelegten Qualitätskriterien, insbesondere dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (vgl BSG 21.03.2013, B 3 KR 2/12 R, aaO).
29 
Der Versicherte war vorliegend berechtigt, die Implantation des Okkluders in Anspruch zu nehmen. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass die Implantation eines LAA-Okkluders notwendig war und dem Qualitätsgebot entsprach. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Behandlungsmethode im Juni 2016 deshalb die Anforderungen der evidenzbasierten Medizin erfüllte oder wenigstens das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative iSd § 137c SGB V hatte, weil der interventionelle perkutane Verschluss des linken Vorhofohrs zur Behandlung eines Schlaganfallrisikos (bei oder ohne Vorhofflimmern) im Vergleich zu einer oralen Antikoagulation durch Vitamin-K-Antagonisten oder durch NOAK besser oder wenigstens gleich gut geeignet ist. Diese Frage bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung. Zwischen der Klägerin und dem MDK besteht Einigkeit, dass es im Jahr 2016 eine Indikation iS einer Empfehlung für den Verschluss des linken Vorhofohrs gab, wenn bei einem Patienten ein hohes Schlaganfallrisiko bestand und gleichzeitig eine Kontraindikation für eine Langzeitantikoagulation gegeben war.
30 
In seinem Gutachten vom 15.07.2016 führt der MDK aus, für den perkutanen Vorhofohrverschluss stünden die Medizinprodukte Watchman (Hersteller: Boston Scentific) und der hier verwendete Amplazer Cardiac Plug (Hersteller: St. Jude Medical) zur Verfügung. Der Vorhof-Okkluder Watchman besitze seit 2007 ein CE-Kennzeichen und sei in den USA im März 2015 zur Reduzierung des Risikos von Thrombembolien bei Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern und hohem Schlaganfallrisiko zugelassen worden. Dieser solle nicht bei Patienten mit Kontraindikationen für eine Therapie mit Warfarin (Vitamin-K-Antagonisten), ASS oder Clopidrogel eingesetzt werden. Der von der Klägerin verwendete Amplazer Cardiac Plug (St. Jude Medical) besitze seit 2008 eine CE-Zertifizierung. Derzeitiger Gold-Standard zur Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern sei die orale Antikoagulation (OAK) mit Vitamin-K-Antagonisten, die jedoch auch Nachteile aufweise. Die ESC-Leitlinie zum Management des Vorhofflimmerns von 2012 führe aus, dass aufgrund eines Mangels an großen kontrollierten Studien mit systemischen follow-up keine schlüssige Evidenz vorliege, dass eine chirurgische Exzision oder ein Verschluss des Vorhofohrs das Schlaganfallrisiko bei Patienten mit Vorhofflimmern reduziere. Als Empfehlung sei gesehen worden, dass ein interventioneller perkutaner Vorhofohrverschluss bei Patienten mit einem hohen Schlaganfallrisiko und Kontraindikation für Langzeitantikoagulation in Betracht komme (Klasse IIb Level B). Dieser Beurteilung haben die Klinikärzte der Klägerin nicht widersprochen. Im Gegenteil: Oberarzt Dr. M. hat in einer von der Klägerin vorgelegten Stellungnahme vom 19.11.2019 dargelegt, dass das implantierte System seit 2008 CE-zertifiziert sei. Die Prozedur sei in den Leitlinien zB der europäischen Gesellschaft für Kardiologie verankert mit einer Klasse IIb-Empfehlung für Patienten mit Schlaganfallrisiko durch Vorhofflimmern, die keine Antikoagulation einnehmen könnten. Klasse IIb bedeute: „Kann erwogen werden“. Der Versicherte habe einen CHA2DS2VASC-Score von 4 und damit eine klare Klasse Ia-Indikation zur Antikoagulation bei Vorhofflimmern, da ansonsten ein hohes Schlaganfallrisiko durch Embolie bestehe.
31 
Zur Behandlung von Vorhofflimmern hat die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie Leitlinien (ESC-Leitlinien) herausgegeben. Abzustellen ist auf die ESC-Leitlinien für das Management von Vorhofflimmern 2012. Die Leitlinien 2016 wurde erst im August 2016 und damit nach dem hier streitgegenständlichen Eingriff veröffentlicht. Der interventionelle perkutane Verschluss des linken Vorhofohrs kann nach der ESC-Leitlinie 2012 bei Patienten mit hohem Schlaganfallrisiko und Kontraindikation gegen eine Langzeittherapie mit oralen Antikoagulantien in Erwägung gezogen werden. Als Empfehlungsgrad ist IIb (Nutzen/Effektivität einer Maßnahme ist weniger gut durch Evidenzen/Meinungen belegt), als Evidenzgrad ist C (Konsensusmeinung von Experten und/oder kleinen Studien, retrospektive Studien oder Registern) angegeben. Ergänzend ist ausgeführt, dass der interventionelle Vorhofohrverschluss berechtigterweise nicht als gleichwertige Alternative zur dauerhaften Antikoagulation angesehen wird, sondern nur für die Gruppe der Patienten mit hohem Schlaganfallrisiko und Kontraindikation gegen eine OAK.
32 
Aufgrund der dargelegten Ausführungen des MDK und der Klägerin (Oberarzt Dr. M.) dem Inhalt der ESC-Leitlinien aus dem Jahr 2012 sowie den Ausführungen von Prof. Dr. D. in dessen für das SG erstelltem Gutachten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass für die Implantation eines Okkluders im Juni 2016 eine Indikation gegeben war, wenn bei dem Patienten ein hohes Schlaganfallrisiko sowie eine Kontraindikation gegen eine Langzeitantikoagulation vorlag. Beides war der Fall.
33 
Nach den ESC-Leitlinien 2012 war im Falle des unter Vorhofflimmern leidenden Versicherten die Gabe von Antikoagulation indiziert, da der die Risikofaktoren für einen Schlaganfall abbildende CHA2DS2VASC-Score nach den ESC-Leitlinien bei 4 (Alter < 75 Jahre: 2 Punkte; arterielle Hypertonie: 1 Punkt; Gefäßerkrankung: 1 Punkt) lag. Dass bei dem Patienten ein hohes Risiko für einen Schlaganfall bestand, wird auch vom MDK nicht in Zweifel gezogen.
34 
Auch das Bestehen einer Kontraindikation für eine OAK war nicht umstritten. Beim Versicherten traten rezidivierende Hauteinblutungen auf. Ausmaß und Umfang wurden in der Patientenakte allerdings nicht dokumentiert. Dass es sich um Hämatome handelte, wie in der Klageschrift angegeben, lässt sich den Unterlagen nicht entnehmen. Das Blutungsrisiko wurde nicht angegeben. Der MDK hat jedoch in seinem Gutachten vom 21.10.2019 ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die Einnahme von Marcumar aufgrund der Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten äußerst kritisch zu sehen war. Vor diesem Hintergrund ist nach Ansicht des Senats von einer Kontraindikation von OAK auszugehen.
35 
Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass bei dem Patienten auch eine Kontraindikation für eine Behandlung mit NOAK gegeben war. Zwar ist bei einer Kontraindikation für Vitamin-K-Antagonisten zunächst eine Behandlung mit NOAK in Erwägung zu ziehen. Falls dosisadjustierte Vitamin-K-Antagonisten bei einem Patienten mit Vorhofflimmern und Indikation zur OAK aufgrund von Schwierigkeiten bei der Einhaltung des therapeutischen Bereichs, Nebenwirkungen oder der Unfähigkeit, ein INR-Monitoring durchzuführen, nicht eingesetzt werden können, wird in den ESC-Leitlinien die Gabe eines NOAK empfohlen. Eine Umstellung auf NOAK war jedoch zur Überzeugung des Senats im konkreten Fall ebenfalls nicht vorrangig. Nach den ESC-Leitlinien 2012 wird die Gabe von NOAK nicht empfohlen bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz (CrCl < 30 ml/min). Der Empfehlungsgrad beträgt III (Evidenz und/oder allgemeine Übereinkunft, dass eine Therapieform oder eine diagnostische Maßnahme nicht effektiv, nicht nützlich oder nicht heilsam ist und im Einzelfall schädlich sein kann), der Evidenzgrad beträgt A (Daten aus mehreren, randomisierten klinischen Studien oder Meta-Analysen). In dem Laborbericht der Gemeinschaftspraxis Dres R., R., E., M., Prof. Dr. H. (Kardiologie am F.) vom 25.05.2016 ist der GFR-Wert mit 30 angegeben, der Creatinin-Wert mit 2,27 mg/dl. In dem Entlassbrief vom 04.06.2016 ist eine chronische Niereninsuffizienz mit dem Stadium der kompensierten Retention mit Krea aktuell 2mg/dl und Harnstoff aktuell 30mg/dl angegeben. Allerdings ist in der Verlaufskurve in der Patientenakte als Diagnose ua eine „chron. NI II“, dh eine chronische Niereninsuffizienz im Stadium II angegeben. Im Bericht von Prof. Dr. H. vom 15.03.2016 war eine Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention angegeben, was ebenfalls dem Stadium II entspricht. Unter Zugrundelegung der Beschreibung im ICD 10, der die Begrifflichkeiten der Stadien in der Gruppe N18.- (chronische Nierenkrankheiten) benennt, handelt es sich um eine chronische Nierenkrankheit im Stadium II, wenn die glomeruläre Filtrationsrate 30 bis unter 60 ml/min/1,73m2 Körperoberfläche beträgt.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin jedoch nachvollziehbar dargelegt, dass zum einen im Juni 2016 die Gabe von NOAK bei einer Niereninsuffizienz kritischer beurteilt worden sei als heute. Zum anderen habe bei dem Patienten die CrCl teilweise deutlich unter 30 ml/min gelegen. Dieser Wert schwanke ohnehin und hänge ua davon ab, wie viel Flüssigkeit der Patient zu sich nehme. Die im Termin anwesende Ärztin des MDK hat den aus der Akte ersichtlichen CrCL-Wert mit 30,6 ml/min angegeben. Der Senat geht davon aus, dass bei einem CrCl-Wert, der gerade 30 ml/min erreicht, aber Schwankungen nach oben und unten unterworfen ist, von einer Kontraindikation für die Gabe von NOAK ausgegangen werden darf. Im Übrigen hat der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Kardiologie, Angiologie, Nephrologie und konservative Intensivmedizin des V. Klinikums N., Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie und klinischer Pharmakologie Prof. Dr. D. in seinem Gutachten vom 09.03.2018 der Klinik eine korrekte Indikation für die durchgeführte Maßnahme bescheinigt. Auch auf diese Einschätzung stützt der Senat seine Entscheidung. Hiermit steht im Einklang, dass in der Vergangenheit aufgrund der Niereninsuffizienz keine NOAK beim Versicherten eingesetzt worden sind, wie Prof. Dr. H. in dem Bericht vom 15.03.2016 ausgeführt hat.
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Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 19 Abs 3 des in Baden-Württemberg geltenden Vertrages nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V über die „Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung“. Danach kann das Krankenhaus bei Überschreiten des Zahlungsziels ab dem Fälligkeitstag Verzugszinsen berechnen, ohne dass es einer Mahnung bedarf. Da die Beklagte die Vergütung ursprünglich in vollem Umfange gezahlt hat, fallen Verzugszinsen erst ab dem Tag der jeweiligen Verrechnungen an. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz nach § 247 Abs 1 BGB.
38 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 155 Abs 1 VwGO, da weder Klägerin noch Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
39 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Hs 1 SGG iVm §§ 63, 52 Abs 1, 3, 47 GKG.
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Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).

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