Urteil vom Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Senat) - L 2 AL 82/11

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 3.818,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger wehrt sich Rahmen einer Drittanfechtung gegen einen Aufhebungsbescheid.

2

Der Kläger ist ein Bildungsträger, der unter der Maßnahmenummer 034/1130/09 eine Bildungsmaßnahme mit dem Maßnahmeziel kaufmännisch/bürokaufmännische modulare Ausbildung im Zeitraum vom 09.11.2009 bis 29.04.1010 angeboten hat.

3

Bereits im Juli 2009 hatte die Beklagte im Hinblick auf die Arbeitnehmerin R., die einen Berufsabschluss als Kellnerin besitzt und seit 1999 als Empfangskraft/Kassiererin bei der H. B-Stadt GmbH in B-Stadt beschäftigt war, die Notwendigkeit einer beruflichen Qualifizierung festgestellt und mit einem Bildungsgutschein die Bereitschaft zur Übernahme der Kosten einer beruflichen Weiterbildung erklärt.

4

Auf Vorlage entsprechender Unterlagen wurden dann erstmals am 12. August 2009 für den Zeitraum vom 15.07.2009 bis 19.01.2010 Lehrgangskosten in Höhe von 2.067,48 €, die direkt an den Maßnahmeträger ausgezahlt wurden, bewilligt.

5

Die Bewilligung erfolgte im Hinblick auf die Maßnahmenummer 034/1083/2009. Maßnahmeträger war das Seminar für berufliche Integration GmbH (SbI). Ausweislich des Maßnahmebogens war Ziel dieser Maßnahme eine modulare Personal Entwicklung (MPE) Hoga - WeGebAU -. Zur Zugangsvoraussetzung heißt es im Maßnahmebogen: „minder und anders qualifizierte Mitarbeiter im Unternehmen“.

6

Weiter war als Schulungsort unter Ziffer 7 das S. R. Hotel bezeichnet, unter Ziffer 18 wurden als Schulungsstätten das O. in B-Stadt und die SbI GmbH angegeben. Maßnahmeinhalte sollten dem Maßnahmebogen zufolge die Fächer Berufsbildung/Ausbildungsbetrieb, Arbeitsorganisation, Informations- und Kommunikationssysteme, Anwenden von Fremdsprachen bei Fachaufgaben, Beschaffungsmarkt, Lieferanten und Nachauftragnehmer, Absatz, Erbringung von Leistungen, Betriebslogistik und Rechnungswesen sein. Die Maßnahmekosten wurden mit 3.790,40 € beziffert und die Gesamtstundenzahl betrugt nach dem Maßnahmebogen 920 Unterrichtsstunden. Unter „Sonstiges“ wurde darauf hingewiesen, dass der Bildungsträger für den einzelnen Teilnehmer einen individuellen Ablaufplan erstellt.

7

Mit Schreiben vom 23.09.2009 teilte die SbI GmbH mit, dass die Maßnahme zum 23.09.2009 aus betrieblichen Gründen abgebrochen worden sei. Im weiteren Verlauf ging im Oktober 2010 bei der Beklagten ein Hinweis des Hauptzollamtes B-Stadt auf Ermittlungen gegen den Geschäftsführer der SbI GmbH ein.

8

Mit Schreiben vom 27.10.2009 stellte die Beklagte erneut die Notwendigkeit einer beruflichen Qualifizierung der Arbeitnehmerin fest und übersandte einen Bildungsgutschein, wonach die Lehrgangskosten für eine Weiterbildungsmaßnahme mit einer Weiterbildungsdauer von bis zu 6 Monaten übernommen werden.

9

Ausweislich des vom Kläger als vorgesehenen Maßnahmeträger am 03.11.2009 unterzeichneten Kurzfragebogens in der Maßnahmeakte sollte die Weiterbildung im Unternehmen R. BLU in B-Stadt stattfinden, unter „Sonstiges“ heißt es dort:

10

“Die praktischen Ausbildungsinhalte werden individuell am Arbeitsplatz direkt vermittelt, überprüft und korrigiert. Das Niveau passt sich den Bedarfen der Teilnehmer inhaltlich wie auch zeitlich an“.

11

Zum Maßnahmeverlauf heißt es: „Individueller Maßnahmeverlauf, Regelverweildauer 6 Monate, Gesamtstundenzahl 920; Einstieg in Module, Anzahl der Module 7, Gesamtstundenzahl 1760".

12

Im Folgenden wurden der auf den 18.11.2009 datierende Fragebogen zur Übernahme der Weiterbildungskosten einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme für beschäftigte Arbeitnehmer, ein vom Kläger unterzeichneter Bildungsgutschein im Hinblick auf die Maßnahme 034/1130/09 mit einer auf die Arbeitnehmerin bezogenen Jahresübersicht für den Zeitraum 09.11.2009 bis 29.04.2010 mit einer Gesamtstundenzahl von 920 Stunden sowie der Maßnahmebogen für die Maßnahme 034/1130/2009 vorgelegt.

13

Nach der Unterschrift der Arbeitnehmerin befindet sich auf der letzten Seite des o. g. Fragebogens eine Bescheinigung des Beschäftigungsbetriebes, worin der Punkt 14 "Die Maßnahme findet außerhalb meines Betriebes statt und vermittelt Kenntnisse und Fertigkeiten, die über ausschließlich arbeitsplatzbezogene kurzfristige Anpassungsfortbildungen hinausgehen“ mit „Ja" beantwortet wird.

14

Ausweislich des Maßnahmebogens waren Zugangsvoraussetzungen für die Maßnahme ein kaufmännisch-verwaltender Berufsabschluss oder längere Berufserfahrung in kauf- männisch-verwaltenden Bereichen sowie Mobilität im Tagespendelbereich.

15

Als Schulungsort wird unter Ziffer 7 der BBV A-Stadt in der B. Straße in B-Stadt angegeben. Daneben wird unter Ziffer 18 als zweite Schulungsstätte das R. BLU Hotel genannt. Die praktischen Ausbildungsinhalte am zweiten Schulungsort würden individuell am Arbeitsplatz direkt vermittelt, überprüft und korrigiert. Das Niveau passe sich den Bedarfen der Teilnehmer sowohl inhaltlich wie auch zeitlich an.

16

Maßnahmeinhalte sollten dem Maßnahmebogen zufolge die Module Finanzbuchhaltung, Materialwirtschaft, Personalwesen, Marketing und Verkaufstraining, Kosten-Leistungsrecht, elektronische Datenverarbeitung und E-Commerce sein. Die Stundenzahlen der Module werden jeweils mit Maximalwerten angegeben, wobei sich bei einer Addition der Maximalwerte eine Gesamtstundenzahl von 1760 ergibt.

17

Unter Ziffer 18 heißt es: „Der BT erstellt für jeden Teilnehmer einen individuellen Ablaufplan, gem. der festgestellten persönlichen Ausbildungsdefizite des TN, mit einer genauen Aufstellung der Unterrichtsstunden. Die Abrechnung der LK erfolgt mit einem Kostensatz von 4,15 € pro Stunde."

18

Mit Bescheid vom 23.12.2009 bewilligte die Beklagte die Übernahme der Lehrgangskosten für die Zeit vom 09.11.2009 bis 29.04.2010 in Höhe von 3.818,00 €. Zugleich wies sie darauf hin, dass diese Kosten direkt an den Maßnahmeträger gezahlt werden.

19

In der Folgezeit zahlte die Beklagte an den Maßnahmeträger insgesamt 3.818 €.

20

Nachdem bei der Beklagten Kopien der Vernehmungen des Hauptzollamtes B-Stadt im Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der SbI GmbH T., gegen T. K. als Generalmanagerin H. und O. Z. (ehemaliger Restaurantfachleiter) betreffend die Bildungsmaßnahmen 034/1082/09 und 034/1083/09 eingegangen waren, wurde der Bewilligungsbescheid vom 12.08.2009 betreffend die Übernahme von Lehrgangskosten gegenüber der Arbeitnehmerin aufgehoben und gegenüber dem Insolvenzverwalter der SbI GmbH die Erstattungsforderung geltend gemacht. Den Widerspruch des Insolvenzverwalters gegen den „Erstattungsbescheid" wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2010 zurück, wobei sie sich in den Gründen der Widerspruchsentscheidung mit der Rechtmäßigkeit der Aufhebungsentscheidung auseinandersetzte.

21

Daneben wurde die Arbeitnehmerin R. zum Ablauf der Maßnahme 034/1130/2009 angehört. Sie erklärte im Rahmen ihrer Vernehmung am 27.04.2010, sie habe seit Beginn der Maßnahme zweimal für ca. 4 Stunden am theoretischen Unterricht teilgenommen. Aufgrund ihrer Schichten sei es ihr nicht möglich gewesen, mehr an den Modulen teilzunehmen. Die Themen seien mehr hotelspezifisch gewesen. Einen praktischen Teil habe es für sie nicht gegeben.

22

Mit Schreiben vom 16.02.2011 hörte die Beklagte die Arbeitnehmerin zur beabsichtigten Aufhebung des die Übernahme der Lehrgangsgebühren betreffenden Bewilligungsbescheides an und führte in diesem Zusammenhang aus, es sei bekannt geworden, dass die Arbeitnehmerin an der Bildungsmaßnahme nicht im erforderlichen Umfang teilgenommen habe, weil der Arbeitgeber sie nicht von der täglichen arbeitsvertraglichen Aufgabe für die Teilnahme an der Weiterbildung freigestellt habe. Aus diesem Grunde seien die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung und die Forderung der Erstattung der Lehrgangsgebühren durch den Bildungsträger beabsichtigt. Vor der abschließenden Entscheidung werde Gelegenheit zur Äußerung zum Sachverhalt gegeben. Zugleich wurde um Mitteilung gebeten, ob tatsächlich an der Bildungsmaßnahme teilgenommen worden sei und wie lange bzw. an wie vielen Tagen.

23

Die Arbeitnehmerin äußerte sich hierauf nicht.

24

Es erging daraufhin am 21.03.2011 ein Aufhebungsbescheid. Danach wurde die Leistungsbewilligung ganz in Höhe von 3.818,- € aufgehoben. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Arbeitnehmerin habe während des genannten Zeitraumes in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden und sei für die Teilnahme an der Weiterbildung beim Bildungsträger BBV T. nicht freigestellt worden. Sie habe keinen Anspruch auf die Förderung der Weiterbildung gehabt. Deshalb sei die Bewilligungsentscheidung aufzuheben. Der Verpflichtung der Arbeitnehmerin, der Agentur für Arbeit alle wesentlichen Änderungen anzuzeigen, sei zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen worden (§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB X). Zudem hätte erkannt werden müssen, dass der zuerkannte Anspruch ganz oder zum Teil weggefallen sei (§ 48 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB X). Da die Zahlung der bewilligten Lehrgangskosten durch Überweisung an den Bildungsträger erfolgt sei, würde auch die Rückerstattung vom Bildungsträger eingefordert.

25

Mit Schreiben vom 28.03.2011 hörte die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf den gegenüber der Teilnehmerin ergangenen Aufhebungsbescheid zur Entscheidung über die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen durch ihn in Höhe von 3.818,00 € an. Man gebe, bevor über die Erstattung entschieden wird, Gelegenheit zur Stellungnahme.

26

Der Kläger nahm hierzu Stellung mit Schriftsatz vom 11.05.2011, in dem er ausführte, die Beklagte habe nicht hinreichend zwischen den beiden Maßnahmen unterschieden. Die von ihr angebotene Maßnahme unterscheide sich maßgeblich von der Maßnahme der SbI GmbH. Bei der Maßnahme der SbI GmbH habe es sich um eine außerbetriebliche Weiterbildung mit Schulungen gehandelt, die nicht am Arbeitsplatz, sondern außerhalb durchgeführt worden seien.

27

Dass die hier streitige Maßnahme begleitend zur Berufstätigkeit durchgeführt werde, sei allen Beteiligten bekannt gewesen. Es seien für die Teilnehmer individuelle Module entwickelt worden, die sich aus den zur Einsicht überlassenen Akten der Teilnehmer nicht ergeben würden. Die Kursinhalte seien mit den Mitarbeitern der BA abgesprochen worden. Hintergrund für die modulare Fortbildung sei gerade gewesen, dass nicht alle Teilnehmer an allen Bausteinen teilnehmen sollten, sondern dies von dem individuellen Qualifizierungsbedarf abhängen sollte. Die Teilnahme habe sich schleppend entwickelt, was u. a. am 22.12.2009 mit der Geschäftsführerin Frau K. angesprochen worden sei.

28

Man habe das Problem auch mit Herrn L. (BA) erörtert und angefragt, wie die Abrechnung erfolgen solle. Es sei dahingehend entschieden worden, dass es bei der pauschalen Abrechnung bleiben solle. Später sei dann entschieden worden, dass Mitarbeiter, deren Teilnahme unsicher sei, aus der Maßnahme genommen und abgemeldet worden seien. Für diese sei auch keine pauschale Vergütung mehr gefordert worden.

29

Der gegen die Arbeitnehmer ergehende Aufhebungsbescheid habe eine Doppelwirkung. Vor diesen Hintergrund hätte auch der Bildungsträger, gegenüber dem die Erstattungsforderung dann geltend gemacht werden sollte, beteiligt werden müssen.

30

Höchst vorsorglich lege man Widerspruch gegen die Aufhebungsbescheide ein.

31

Mit Erstattungsbescheid vom 12.05.2011 über den Betrag von 3.818,00 € forderte die Beklagte von dem Kläger sodann unter Hinweis auf den gegenüber der Teilnehmerin ergangenen Aufhebungsbescheid und die Regelung des § 79 Abs. 2 S. 2 SGB III die Erstattung der an sie erbrachten Leistungen. Der Bescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung. Der Kläger hat hiergegen mit Schreiben vom 14.06.2011 Widerspruch eingelegt, über den - soweit ersichtlich - bisher nicht entschieden worden ist.

32

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.03.2011 als unzulässig zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Widerspruch sei unzulässig, weil ein Widerspruch nur zulässig sei, wenn er sich gegen einen den Betreffenden unmittelbar belastenden Verwaltungsakt (VA) richte. Im vorliegenden Fall sei kein VA für den Kläger ergangen. Dieser habe lediglich Kenntnis von einem VA, der an den Maßnahmeteilnehmer ergangen sei. Durch diesen werde keine unmittelbare rechtliche Wirkung für den Kläger herbeigeführt, er sei somit nicht unmittelbar betroffen. Auch eine Drittbetroffenheit sei nicht gegeben. Der ergangene VA greife nicht in eigene geschützte Interessen des Klägers ein.

33

Mit der beim Sozialgericht Stralsund am 20.06.2011 erhobenen Klage hat der Kläger sich gegen die Rückforderung verwahrt und geltend gemacht, die Beklagte stütze ihre Erstattungsforderung ausschließlich auf § 79 Abs. 2 S. 2 SB III und darauf, dass die Bewilligung der Leistung aufgehoben worden sei. Damit schließe sie den Kläger von inhaltlichen Einwendungen aus.

34

§ 79 SGB III sei eine Sonderregelung zu § 50 SGB X und eine Regelung zu Gunsten des Teilnehmers. Sie führe aber dazu, dass die Aufhebungsentscheidung unmittelbar Nachteile für den Träger mit sich bringe, so dass der Träger nicht erst bei der nachfolgenden Festsetzung der Erstattungsforderung, sondern bereits im Rahmen der Aufhebungsentscheidung förmlich zu beteiligen sei und ihm der Aufhebungsbescheid hätte bekannt gegeben werden müssen.

35

Die Teilnehmerin selbst habe angegeben, dass sie regelmäßig am theoretischen Unterricht teilgenommen habe, dennoch sei schematisch ein Aufhebungsbescheid erteilt worden. Die Begründung hierfür, dass die Teilnehmerin nicht vom Arbeitgeber freigestellt worden sei, sei unzutreffend, da die Teilnehmerin an der Maßnahme tatsächlich teilgenommen habe.

36

Verstehe man § 79 Abs. 2 S. 2 SB III als gebundene Entscheidung, müsse dem Kläger ein Widerspruchsrecht im ursprünglichen Aufhebungsverfahren zustehen. Das Anfechtungsrecht bestehe insbesondere auch in Fällen mittelbarer Betroffenheit (BSG - 4 RA 76/90). Deshalb sei die Beklagte zur Beteiligung des Klägers gemäß § 12 Abs. 2 S 2 SGB X verpflichtet gewesen. Tatsächlich sei die Beklagte nicht bereit, sich mit den inhaltlichen Einwendungen des Klägers auseinanderzusetzen. Diese würden sich im Wesentlichen darauf gründen, dass der Umfang der Maßnahme im Einzelnen mit der Beklagten abgesprochen gewesen sei und der Kläger es nicht zu vertreten habe, wenn der Arbeitgeber trotz mehrfacher Hinweise des Klägers keine ausreichende Freistellung seiner Arbeitnehmer für die Bildungsmaßnahme vornehme. Die Beklagte kenne die Umstände genau und wolle sich damit nicht auseinandersetzen. Das werde auch durch den hervorgehobenen Hinweis im Aufhebungsbescheid zur Geltendmachung der Erstattungsforderung gegenüber dem Bildungsträger deutlich.

37

Jedenfalls ergebe sich der Anspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Die Beklagte habe im Aufhebungsverfahren ihm gegenüber eine Informationspflicht, der sie nicht nachgekommen sei. Auf mögliche Schadensersatzansprüche gegenüber einem an der Pfändungsgrenze arbeitenden Teilnehmer könne er nicht verwiesen werden.

38

Der Kläger hat beantragt,

39

den Bescheid vom 21.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.05.2011 aufzuheben,

40

hilfsweise festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, im Rahmen der Zahlungsaufforderung Einwendungen zum Grunde der Aufhebung der Leistungsbewilligung zu erheben.

41

Die Beklagte hat beantragt,

42

die Klage abzuweisen.

43

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

44

Das Sozialgericht Stralsund hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 12.10.2011 als unbegründet zurückgewiesen und hierzu ausgeführt: Zu Recht habe die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unzulässig verworfen. Denn gegen den an die Versicherte gerichteten Aufhebungsbescheid stehe dem Kläger weder ein Widerspruchs- noch Drittwiderspruchsrecht zu. Er sei durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert. Insbesondere werde nicht in seine Rechte eingegriffen. Vielmehr betreffe die Entscheidung ausschließlich das zwischen ihr und der Versicherten bestehende Sozialrechtsverhältnis. An diesem Verhältnis sei der Kläger nicht beteiligt. Er sei nicht Leistungs-, sondern lediglich Zahlungsempfänger und als solcher nach § 79 Abs. 2 S. 2 SGB III ohne weiteres zur Rückgewähr heranzuziehen, soweit eine Entscheidung über die Bewilligung von unmittelbar an den Träger erbrachten Leistungen aufgehoben worden sei. Sein zivilrechtlicher Anspruch auf Vergütung, der ihm im Falle der Erbringung der geschuldeten Leistung gegen seinen Vertragspartner zustehe, bleibe von der Aufhebungsentscheidung der Beklagten unberührt. Schuldner der Vergütung sei nur die Versicherte, nicht die Beklagte.

45

Der Kläger könne sich nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Eine die Anwendung des Herstellungsanspruchs eröffnende Verpflichtung zur Information, Aufklärung oder Beratung bestehe anlässlich des die Teilnehmerin betreffenden Aufhebungsverfahrens im Verhältnis der Beteiligten des hiesigen Verfahrens nicht.

46

Sofern der Kläger selbst einen Antrag nach § 44 SGB X zu stellen beabsichtige, habe die Beklagte über einen derartigen Antrag bisher nicht entschieden.

47

Auch hinsichtlich des Hilfsantrags sei der Klage der Erfolg zu versagen. Inhaltliche Einwendungen gegen den Aufhebungsbescheid könne der Kläger nicht im anschließenden gegen ihn gerichteten Erstattungsverfahren nach § 79 Abs. 2 S. 2 SGB III geltend machen. Einwendungen seien vielmehr im Verfahren über die Aufhebung vorzubringen und zwar im Rahmen der nach § 12 Abs. 2 S. 2 SGB X vorgesehenen Beteiligung. Eine Beteiligung des Klägers sei unstreitig unterblieben und könne wegen der eingetretenen Bestandskraft der Aufhebungsentscheidung derzeit nicht nachgeholt werden. In der Folge sei der Kläger mit inhaltlichen Einwendungen einstweilen ausgeschlossen. Auf die ggf. bestehende Möglichkeit des Klägers, die Teilnehmerin im Rahmen ihrer vertraglichen zivilrechtlichen Nebenpflichten zu verpflichten, bei der Beklagten einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu stellen und die Beteiligung des Klägers an dem Verfahren zu beantragen, sei bereits hingewiesen worden.

48

Gegen die am 25.10.2011 zugestellte Entscheidung des Sozialgerichts hat der Kläger am 25.11.2011 Berufung eingelegt. Er führt zur Begründung aus, zwischen ihm und der Beklagten bestehe nach § 84 SGB III bezüglich der Anforderungen an den Bildungsträger und nach § 85 SGB III bezüglich der Anforderungen an die Maßnahme in Verbindung mit der Verordnung über das Verfahren zur Anerkennung von fachkundigen Stellen sowie zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach dem 3. Buch SGB (AZWV) eine sozialrechtliche Sonderbeziehung.

49

Die Auffassung des Sozialgerichtes, wonach der Kläger weder in dem Aufhebungsverfahren gegenüber dem jeweiligen Teilnehmer als Beteiligter noch in dem Erstattungsverfahren nach § 79 Abs. 2 8GB III berechtigt wäre, Einwendungen vorzubringen, könne im Lichte von § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X bzw. Art. 103 Abs. 1 GG nicht richtig sein.

50

Soweit das Sozialgericht darauf verweise, dass sich der Kläger doch schließlich aufgrund des Fortbildungsvertrages unmittelbar an die Teilnehmerin wenden könne, stelle dies nur eine formale Möglichkeit dar, die nicht zu einem Ausgleich der Forderungen des Klägers führe, denn das fragliche Programm WeGebAU richte sich gerade an gering qualifizierte Arbeitnehmer. Diese hätten im R. S. Hotel ein typisches Bruttoeinkommen von 1.250,00 €, was netto etwa 930,00 € ausmache und nicht pfändbar sei. Das Sozialgericht könne dem Kläger daher nicht entgegenhalten, dass Beteiligungsrechte im Rahmen der Aufhebung bzw. Zahlung „nicht erforderlich“ wären, da er sich an die einzelnen Teilnehmer „wenden" könne.

51

Die Beklagte habe im Aufhebungsverfahren von einer Beteiligung des Klägers zielgerichtet abgesehen, was eine Heilung des Anhörungsmangels ausschließe (Verweis auf BSG, Urteil vom 31.10.2002, Az. B 4 RA 15/01 R).

52

Charakteristisch sei insoweit die Einlassung der Teilnehmerin P. (Bl. 53 in der dortigen Verwaltungsakte), die im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Rücknahme des Bescheides Folgendes an die Beklagte geschrieben habe: „Der Bildungsträger hatte im Vorfeld der Weiterbildung erklärt, dass diese Maßnahme als „Training on the Job“ erfolge und ich somit meiner täglichen Arbeit weiter nachgehen könne. Da Vertreter der Bundesagentur für Arbeit meine Arbeitsstätte aufgesucht und das Projekt begleitet haben, gab es für mich keine Veranlassung, an der Rechtmäßigkeit der Weiterbildungsmaßnahme zu zweifeln. Grundsätzlich habe ich keine Einwände, dass Gelder vom Bildungsträger zurückgefordert werden, die dieser widerrechtlich erlangt hat, solange damit keine Nachteile für mich oder meinen Arbeitgeber verbunden sind.“

53

Eine rechtzeitige Information entsprechend § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X sei unterblieben, wobei die Beklagte nach den Ausführungen im Widerspruchsbescheid die Auffassung vertrete, dass der Kläger im Aufhebungsverfahren nicht zu beteiligen sei, da hier eine rechtsgestaltende Wirkung ausschließlich gegenüber den Teilnehmern erfolge, und in dem Zahlungsverfahren keine Einwendungen erheben könne, weil dies nicht vorgesehen sei. Hieraus folge im Umkehrschluss, dass es für die Beklagte allein auf die Aufhebungsentscheidung ankomme und mithin rechtsgestaltende Wirkung auch im Verhältnis zum Kläger vorliege.

54

Der Kläger habe im Aufhebungsverfahren förmlich beteiligt werden müssen und hierzu hätte die Beklagte ihn unter Hinweis auf die Beteiligungsmöglichkeit entsprechend informieren müssen. Der Mangel des Verwaltungsverfahrens sei auch nicht etwa im gerichtlichen Verfahren geheilt worden, weil es die Beklagte tunlichst vermeide, über die wahren Gründe der Aufhebungsentscheidung irgendwelche Aussagen zu treffen. Insbesondere sei zu den inhaltlichen Einwendungen des Klägers über den Ablauf der Maßnahme, die Vorgespräche und die rechtzeitige Information gegenüber leitenden Mitarbeitern der Beklagten entsprechend dem Schreiben vom 22.07.2011 keine Stellungnahme der Beklagten erfolgt. Bei einer wirksamen Nachholung hätte die Beklagte „spontan alle Haupttatsachen“ mitteilen müssen, auf die sie die seinerzeitige Aufhebungsentscheidung gestützt habe und zudem das Vorbringen des Klägers zur Kenntnis nehmen und „erkennbar und belegbar“ überprüfen müssen, ob weitere eigene Ermittlungen erforderlich wären (Verweis auf BSG, Urteil vom 31.10.2002, B 4 RA 15/01 R). Hierzu hätte es insbesondere gehört, dass die Beklagte die vom Kläger benannten Mitarbeiter entsprechend anhört.

55

Die unterlassene Anhörung sei auch nicht entsprechend § 42 S.1 SGB X folgenlos, weil inhaltlich keine andere Entscheidung in der Sache getroffen werden konnte:

56

Im Falle der Teilnehmerin A. (Az. der Beklagten: ... — K. A.) sei auf den Drittwiderspruch des Klägers ohne jede Begründung der ursprüngliche Erstattungsbescheid gegenüber dem Kläger von 3.818,00 € auf 996,00 €, d.h. um immerhin 70% reduziert worden. Gleichzeitig habe die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Kläger in dem Ausgangsverfahren nicht zu beteiligen wäre und ihm kein Drittwiderspruchsrecht zugestanden habe. In dem Verfahren gebe es im Gegensatz zu den übrigen 30 Verfahren keinerlei Besonderheiten, was die fehlende Freistellung des Arbeitgebers zur Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen anging, so dass die schlichte Überprüfung durch die Beklagte offensichtlich einen Fehler in Höhe von etwa 70% im Ausgangsbescheid ermittelt habe.

57

Die Beklagte habe den Kläger ganz bewusst im Rahmen der ursprünglichen Aufhebungsentscheidungen nicht beteiligt und ebenso bewusst in den laufenden Verfahren überhaupt nicht zu den Einwendungen des Klägers Stellung genommen, sondern im Gegenteil jegliche Einlassung dazu vermieden, welcher Mitarbeiter der Beklagten seinerzeit vor und während der Weiterbildungsmaßnahme über die mangelnde Freistellung der Teilnehmer informiert worden sei und dass es insbesondere mit der Geschäftsführung der Beklagten mehrfache Gespräche über die mangelnde Teilnahme und im Gegenteil das Angebot zum sofortigen Abbruch der Maßnahme gegeben habe und der Kläger darin bestärkt worden sei, die Maßnahme weiterzuführen.

58

Dieses Verhalten stelle einen „gewollten Rechtsbruch“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes dar, da die Anhörungspflicht vorsätzlich verletzt worden sei (Verweis auf Urteil vom 31.10,2002, Az. 8 4 RA 43/01 R). In diesen Fällen könne die Rechtsverletzung nur durch eine „wirksame Nachholung“ der Anhörung geheilt werden, so dass die Klage begründet sei.

59

Zu Unrecht meine das Sozialgericht, dass im Rahmen des Erstattungsverfahrens nach § 79 Abs. 2 BGB III Einwendungen des Klägers nicht vorgebracht werden dürften.

60

§ 79 SGB III sei eine Sonderregelung zu § 50 SGB X und eine Regelung zugunsten des Teilnehmers, führe aber dazu, dass eine Aufhebungsentscheidung unmittelbar Nachteile für den Träger mit sich bringe, so dass dieser nicht erst bei der nachfolgenden Festsetzung der Erstattungsforderung, sondern bereits im Rahmen der Aufhebungsentscheidung förmlich zu beteiligen sei (Eicher/Schlegel, § 79 5GB III Rdnr. 40; Hauck/Noftz, § 79 Rdnr. 57).

61

Aus dem Urteil des Sozialgerichts ergebe sich auch nicht, welche Art von Aufhebungsentscheidung getroffen worden sei. Aus dem vorgelegten Bescheid ergebe sich, dass eine Aufhebung gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 SGB X erfolgen sollte. Die Aufhebung sollte demnach mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse erfolgen, ohne dass im Bescheid angegeben worden sei, ab welchem Zeitpunkt sich denn die Verhältnisse geändert hätten.

62

Aus dem weiteren Inhalt des Aufhebungsbescheides ergebe sich, dass der Teilnehmerin vorgeworfen werde, gegen Mitteilungspflichten im Sinne von § 60 SGB 1 verstoßen zu haben. Nur aus dem sonstigen Akteninhalt ergebe sich, dass die Arbeitsagentur damit gemeint habe, dass die Teilnehmerin die fehlende Freistellung durch den Arbeitgeber nicht mitgeteilt habe. Hier sei allerdings zu berücksichtigen, dass die Teilnehmerin durchaus teilweise freigestellt worden sei, so dass eine Aufhebung ab dem 1. Tag wohl kaum in Betracht gekommen wäre, wenn ein ordnungsgemäßes Verwaltungsverfahren durch die Beklagte durchgeführt worden wäre.

63

Hinzu komme, dass die fehlende Freistellung mehrfach durch den Kläger gegenüber den zuständigen Sachbearbeitern und auch der Geschäftsführung der Beklagten mitgeteilt worden sei, so dass die erforderlichen Kenntnisse im Sinne von § 60 SGB I bei der Beklagten Vorgelegen hätten. Im Gegenteil sei es so gewesen, dass der Kläger seinerzeit ausdrücklich die sofortige Beendigung der Maßnahme gegenüber der Beklagten angeboten habe, was die Beklagte abgelehnt habe.

64

Die Beklagte habe sich erst zum Handeln veranlasst gesehen, als ausgehend von einem Ermittlungsverfahren gegen den vorherigen Träger weitere Ermittlungen der Staatsanwaltschaft durchgeführt worden seien und hierbei die Beklagte ausdrücklich befragt worden sei, aus welchen Gründen sie nicht auch bei dieser Fortbildungsmaßnahme Ermittlungen vornehme. Auf § 48 Abs. 1 Nr. 2 SGB X hätte sich die Beklagte für die Rücknahme daher nicht stützen können.

65

Gleiches gelte für den angeführten Grund nach § 48 Abs. 1 Nr. 4 SGB X. Hier habe die Teilnehmerin P. ausdrücklich entsprechend dem oben wiedergegebenen Zitat darauf hingewiesen, dass die Maßnahme als „Training on the Job" erfolgen sollte und auch Vertreter der Beklagten die Arbeitsstätte aufgesucht und das Projekt begleitet hätten, so dass es für sie „keine Veranlassung (gab), an der Rechtmäßigkeit der Weiterbildungsmaßnahme zu zweifeln".

66

Weil die Regelungen in § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X als Ausnahmefälle nicht analogiefähig seien, habe die Beklagte eine Rücknahme hierauf nicht stützen können. Jedenfalls liege ein atypischer Fall vor, da die Beklagte nicht nur erst im Jahr 2011, sondern bereits ab Beginn der Maßnahme im Dezember 2009 über die schleppende Beteiligung informiert worden sei. Eine Rücknahme für die Vergangenheit wäre daher gar nicht in Betracht gekommen.

67

Soweit in Parallelverfahren erörtert worden sei, ob der Kläger (zivilrechtlich) den jeweiligen Teilnehmer dazu veranlassen könnte, einen Überprüfungsantrag an die Beklagte gemäß § 44 SGB X zu stellen, sei dies keine praktikable Möglichkeit. Der Kläger könne hierauf nicht verwiesen werden. Fraglich sei schon, ob es eine rechtlich durchsetzbare Verpflichtung des jeweiligen Teilnehmers gebe, auf Wunsch des Klägers einen Überprüfungsantrag zu stellen. Zudem ergebe sich die Frage, ob dem jeweiligen Teilnehmer für den Überprüfungsantrag nicht die Beschwer fehlt, da aus der Rücknahme in Verbindung mit der Regelung des § 79 Abs. 2 SGB III gerade folge, dass bei einer Änderung der Aufhebungsentscheidung Zahlungen wieder an den Kläger zu erfolgen hätten bzw. sich dessen Erstattungsverpflichtung reduziere.

68

Der Kläger beantragt,

69

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts B-Stadt vom 12. Oktober 2011 und den Bescheid vom 21. März 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2011 aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass er berechtigt ist, im Rahmen der Zahlungsaufforderung Einwendungen zum Grunde der Aufhebung der Leistungsbewilligung zu erheben.

70

Die Beklagte beantragt,

71

die Berufung zurückzuweisen.

72

Sie führt Folgendes aus: Gemäß § 79 Abs.2 SGB III könne die Agentur für Arbeit Weiterbildungskosten, die unmittelbar bei dem Träger der Maßnahme anfallen (also insbesondere Lehrgangskosten), direkt an diesen auszahlen; diese Möglichkeit stehe im Ermessen der Arbeitsverwaltung; auf Verlangen des Trägers werde sie regelmäßig davon Gebrauch zu machen haben. Betroffen sei lediglich die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, materiell Berechtigter bleibe der geförderte Arbeitnehmer (Schmidt in beck-online § 79 SGB III). Soweit ein Bescheid über die Bewilligung von unmittelbar an den Träger erbrachten Leistungen aufgehoben worden sei, seien diese Leistungen ausschließlich von dem Träger zu erstatten (§ 79 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Die Regelung bezwecke, den Arbeitnehmer, an den Leistungen nicht ausgezahlt worden sind, vor einer Inanspruchnahme zu schützen (Stratmann in Niesel/Brandt, SGB III, § 79 Rdnr. 6).

73

Die Beklagte halte die Beteiligung des Klägers bereits bei der Aufhebungsentscheidung für nicht notwendig. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 S. 2 SGB X seien in der Regel dann erfüllt, wenn der Verwaltungsakt, dessen Erlass Ziel des Verwaltungsverfahrens sei, die Rechtsstellung eines Dritten derart berühre, dass dieser in einem anschließenden sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren notwendig beizuladen wäre (Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, § 12, Rdnr. 39).

74

Die Beiladung sei nach dem Sozialgerichtsgesetz notwendig, wenn durch die Entscheidung über das streitige Rechtsverhältnis zugleich in die Rechtssphäre des Dritten unmittelbar eingegriffen wird, wenn also die Entscheidung nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch unmittelbar Rechte Dritter gestaltet werden (vgl. Leitherer in Meyer- Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 75 Rdnr. 10). Der Fall einer notwendigen Beiladung sei vorliegend nicht gegeben.

75

In den §§ 84 und 85 SGB III seien die Anforderungen an Weiterbildungsträger normiert, um eine Auswahl geeigneter und zuverlässiger Maßnahmeträger zu gewährleisten, sowie die Anforderungen an die Maßnahmen an sich. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten lasse sich aus den Zertifikaten von durch die Beklagte anerkannten Zertifizierungsstellen sowie durch die Erteilung von Bildungsgutscheinen durch die Beklagte kein eigenes Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten ableiten. Vielmehr seien die Weiterbildungskosten als Leistungsanspruch des Arbeitnehmers ausgestaltet. Dies werde insbesondere auch dadurch deutlich, dass der Träger kein Recht auf eine unmittelbare Auszahlung der Lehrgangskosten an ihn habe.

76

So werde auch in der Kommentierung Eicher/Schlegel zu § 79 SGB III Rdnr. 39 ausdrücklich erklärt, dass die Gründe für die Aufhebung der Bewilligung der Weiterbildungskosten, die einen Verwaltungsakt darstelle, das Verhältnis zwischen der Beklagten und dem Arbeitnehmer beträfen. In solchen Fällen könne die Rückabwicklung Nachteile für den Träger mit sich bringen, der nun wieder auf seine Ansprüche gegen den Arbeitnehmer angewiesen sei und unter Umständen vorgeleistet oder auf eine Sicherheit verzichtet habe. Im sozialgerichtlichen Verfahren zwischen der Beklagten und einem Teilnehmer über die Aufhebung der Bewilligung der Weiterbildungskosten sei eine Beiladung sinnvoll. Von einer notwendigen Beiladung könne vor diesem Hintergrund aber keine Rede sein.

77

Daher könne auch keine Rede davon sein, dass die Beklagte von einer Beteiligung des Klägers im Rahmen der Aufhebungsentscheidung zielgerichtet abgesehen habe, wie der Bevollmächtigte darzustellen versuche. Wo eine Beteiligung als nicht notwendig angesehen werde, könne nicht zielgerichtet von ihr abgesehen werden. Da insofern kein Anhörungsmangel vorliege, brauche er auch nicht geheilt zu werden.

78

Zutreffend habe das Sozialgericht ausgeführt, das SGB III enthalte insgesamt und insbesondere in § 79 gerade keine Vertrauensschutzregelungen zugunsten des Maßnahmeträgers. Dieser könne sich nach der Erstattung wieder an den Teilnehmer wenden. Das Sozialgericht habe damit darauf verwiesen, dass Ansprüche zwischen dem Weiterbildungsträger und dem Arbeitnehmer bestehen, die sich nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen richten. Dass dies nach den Befürchtungen des Bevollmächtigten nur eine formale Möglichkeit sei, ändere nichts an den bestehenden Regelungen.

79

Im Rahmen eines Erörterungstermines vor dem Landessozialgericht hat der Mitarbeiter des Klägers B. auf Nachfrage ausgeführt, dass während der streitigen Maßnahme zwei Mitarbeiter des Klägers die Schulungsmaßnahmen vor Ort durchgeführt hätten. Das seien er und der inzwischen im Ruhestand lebende Herr L. gewesen. L. sei Diplom-Betriebswirt FH sowie Restaurantmeister mit langjähriger Erfahrung im Weiterbildungsbereich. Er persönlich sei Küchenmeister und Restaurantfachmann und seit 1994 im Weiter- bzw. Fortbildungsbereich tätig. L. habe sich während der Maßnahme täglich im Betrieb der Firma R. BLU aufgehalten. Er persönlich sei gelegentlich anwesend gewesen, nach seiner Erinnerung seien es 215 Stunden gewesen. Die Nachfrage der Teilnehmer sei sehr gering gewesen. Man hätte das Angebot zeitlich wie personell ausdehnen können.

80

Hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der jeweiligen Bildungsmaßnahme hat der Beklagtenvertreter erklärt, dass mit den Maßnahmeteilnehmern keine Vereinbarung über den zeitlichen Umfang ihrer Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme getroffen worden sei. Der zeitliche Umfang von 920 Stunden befinde sich allerdings im von der Klägerseite ausgefüllten Kurzfragebogen.

81

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

82

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts B-Stadt, mit der die Klage gegen den gegenüber der Teilnehmerin erlassenen Aufhebungsbescheid vom 21.03.2011 zurückgewiesen wurde, ist zulässig, aber unbegründet.

83

Die Beklagte hat zu Recht den Widerspruch des Klägers gegen den Aufhebungsbescheid als unzulässig verworfen. Dem Kläger stand ein Widerspruchsrecht gegen den Aufhebungsbescheid nicht zu, da er durch diesen nicht beschwert ist. Adressat des Bescheides ist allein die Teilnehmerin der Maßnahme, der gegenüber die Leistungsbewilligung aufgehoben worden ist. Diese Entscheidung berührt im Ergebnis weder unmittelbar noch mittelbar berechtigte Interessen des Klägers.

84

Eine eigene Beschwer und damit Anfechtungsbefugnis steht dem Kläger insbesondere nicht im Hinblick auf die Regelung in § 79 Abs. 2 S. 2 SGB III zu. Danach besteht eine Erstattungspflicht des Weiterbildungsträgers, wenn der Bewilligungsbescheid, auf Grund dessen zuvor direkt an ihn Leistungen ausgezahlt wurden, aufgehoben wurde. Die hier angefochtene Aufhebungsentscheidung, die gegenüber der Teilnehmerin bestandskräftig geworden ist, kann aber schon deshalb keine Grundlage für den Erlass eines Erstattungsbescheides gegenüber dem Kläger sein, weil der Aufhebungsbescheid ihm gegenüber keine Wirksamkeit entfaltet.

85

Ein Verwaltungsakt entfaltet seine Bindungswirkung nur zwischen den Beteiligten (§ 77 SGG). Nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 SGB X ist Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens u. a. derjenige, der nach Abs. 2 von der Behörde zu dem Verfahren hinzugezogen worden ist. Nach Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift kann die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag diejenigen, deren rechtliche Interessen durch den Ausgang des Verfahrens berührt werden, als Beteiligte hinzuziehen. Nach Abs. 2 Satz 2 a .a. O. ist ein Dritter "auf Antrag" als Beteiligter hinzuzuziehen, wenn der Ausgang des Verfahrens ihm gegenüber rechtsgestaltende Wirkung hat.

86

Höchstrichterlich ist geklärt, dass eine Person, die zu einem Verwaltungsverfahren notwendig hinzuzuziehen wäre, deren Hinzuziehung aber unterblieben ist, nicht Beteiligter ist (BSG, Urteil vom 31.01.2012 - B 2 U 12/11 R). Dies hat zur Folge, dass Entscheidungen, die gegenüber einem Versicherten getroffen werden, einem nicht hinzugezogenen Dritten gegenüber, dem sie auch nicht bekannt gemacht werden, weder wirksam noch unanfechtbar werden (BSG a.a.O. m.w.N.). Der zu Unrecht nicht Hinzugezogene kann gegen die Sachentscheidung weder Widerspruch noch Anfechtungsklage erheben (Roller in: von Wulffen/Schütze, SGB X, Kommentar, § 12 Rdnr. 19 m.w.N.). Er wird auch nicht allein durch die Erhebung des Widerspruchs Beteiligter (Roller a. a. O.).

87

Zwar kann eine rechtswidrig unterbliebene Hinzuziehung noch geheilt werden. Sie kann zunächst bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden (§ 41 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 SGB X). Ist das Verfahren ohne Hinzuziehung abgeschlossen worden, kann auf Antrag des Hinzuzuziehenden das Verwaltungsverfahren auch wiederholt werden, um seine Beteiligung nachzuholen. Auch dadurch würde der in einem Verstoß gegen § 12 Abs. 2 Satz 2 SGB X liegende Verfahrensmangel gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 6 SGB X geheilt (vgl. BSG a. a. O.).

88

Da vorliegend die gegenüber der Maßnahmeteilnehmerin erlassene Aufhebungsentscheidung im Hinblick auf die Regelung in § 79 Abs. 2 SGB III gegenüber dem Weiterbildungsträger rechtsgestaltende Wirkung hat, war dieser gem. § 12 Abs. 2 S. 2 notwendig hinzuzuziehen (Hengelhaupt in Hauck/Noftz Rdnr. 62 zu § 83 SGB III, Reichel in juris-PK SGB III Rdnr. 26 zu § 83 ). Die notwendige Hinzuziehung des Klägers ist jedoch unterblieben und auch nicht nachgeholt worden. Vielmehr hat die Beklagte eine Beteiligung des Klägers mehrfach abgelehnt und dies mit der Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig nochmals zum Ausdruck gebracht. Folge hiervon ist, dass dem Kläger zwar einerseits ein Widerspruchsrecht nicht zustand, andererseits aber die Aufhebungsentscheidung ihm gegenüber auch keine Bindungswirkung entfalten kann.

89

Soweit der Kläger hilfsweise die Feststellung begehrt hat, dass er Einwendungen gegen die Zahlungsaufforderung erheben kann, ist dieser Antrag unzulässig. Der Kläger kann bereits kein berechtigtes Feststellungsinteresse geltend machen, da er etwaige (zulässige) Einwendungen unmittelbar gegen die Zahlungsaufforderung bzw. gegen den gegen ihn gerichteten Erstattungsbescheid erheben kann.

90

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

91

Gründe für eine Revisionszulassung sind nicht ersichtlich gewesen.

92

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 1 und 3 GKG.

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