Urteil vom Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern (2. Senat) - L 2 AL 21/15

Tenor

1. Die Berufung wird zurückgewiesen.

2. Der Klägerin werden aus den Gerichtskosten 225,00 € auferlegt. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Zwischen den Beteiligten sind der Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit vom 1. Januar - 25. März 2009 sowie die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) für diesen Zeitraum streitig, insbesondere, ob die Klägerin einen wichtigen Grund hatte, ihr unbefristetes Arbeitsverhältnis in ein befristetes Arbeitsverhältnis mit Altersteilzeitvereinbarung zu ändern.

2

Die am 10. Januar 1948 geborene Klägerin stand seit Juli 1977 in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis und schloss am 28. Februar 2000 mit ihrer damaligen Arbeitgeberin, der W. AG A-Stadt, eine Altersteilzeitvereinbarung im Blockmodell für die Zeit vom 01. Januar 2004 bis 31. Dezember 2008 ab. Ab 01. Juli 2006 befand sie sich in der Freistellungsphase.

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Am 09. September 2008 beantragte sie eine Altersrente für Frauen, die ihr mit Rentenbescheid vom 07. November 2008 ab dem 01. Januar 2009 iHv 954,16 € netto (1.061,95 € brutto) bewilligt wurde, von der Klägerin letztlich aber nicht in Anspruch genommen wurde.

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Bereits am 24. September 2008 meldete sich die Klägerin arbeitsuchend. Am 01. Oktober 2008 meldete sie sich zum 01. Januar 2009 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Sie legte eine Bestätigung der Arbeitgeberin vom 30. September 2008 vor, wonach aufgrund dringend erforderlichen und wirtschaftlich notwendigen Personalabbaus der Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung unumgänglich gewesen sei.

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Im Fragebogen zum Eintritt einer Sperrzeit teilte die Klägerin mit, dass die damalige Situation auf dem Energiemarkt Anlass für den Personalabbau gewesen sei. Ihr sei Anfang 2000 deutlich gemacht worden, den Altersteilzeitvertrag zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung zu unterschreiben. Dies sei ihr auch seitens des Betriebsrates eindringlich angeraten worden. Aus Angst vor Arbeitslosigkeit habe sie ihre Unterschrift geleistet, um ihrem Sohn weiterhin eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Dem Fragebogen legte sie einen Auszug aus dem im Juni 2006 von ihrer Arbeitgeberin ausgestellten Arbeitszeugnis bei.

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Mit Bescheid vom 8. Januar 2009 stellte die Beklagte den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit vom 1. Januar bis 25. März 2009 fest. Während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Alg. Die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis bei der W. durch eigene Kündigung selbst gelöst und voraussehen müssen, dass sie dadurch arbeitslos werde. Die von der Klägerin vorgetragenen Gründe könnten bei Abwägung ihrer Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft den Eintritt einer Sperrzeit nicht abwenden. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Alg um 180 Tage (1/4 der Anspruchsdauer). Durch weiteren Bescheid vom 9. Januar 2009 wurde Alg ab 26. März 2009 bis 24. September 2010 in Höhe von 31,03 € täglich mit einer Anspruchsdauer von 720 Tagen gewährt und die Höhe des Alg für die Dauer der Sperrzeit mit 0,00 € ausgewiesen. Während der Zeit vom 1. Januar bis 25. März 2009 werde der Anspruch um 180 Tage gemindert.

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Mit ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, das Arbeitsverhältnis habe nach Auslaufen des bestehenden Altersteilzeitvertrages geendet. Sie sei bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages davon ausgegangen, nach der Freistellungsphase Altersrente in Anspruch zu nehmen. Diese Planung sei nicht aufgegangen, vor allem wegen zwischenzeitlich eingetretener Gesetzesänderungen in der Rentenversicherung. So sei die Anrechnung von Studienzeiten geändert worden, was die Altersrente um monatlich 60,00 € mindere. Außerdem sei vor ca. 5 Jahren (im Jahr 2004) von der W. entschieden worden, dass die betriebliche Zusatzrente nicht an die Arbeitnehmer gezahlt werde, die Ansprüche aufgrund des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) geltend machen könnten. Diese nicht vorhersehbare Entscheidung habe eine Reduzierung der Altersbezüge von etwa 65,00 €/Monat zur Folge. Aus diesem Grund habe sie sich entschlossen, noch keine Altersrente in Anspruch zu nehmen. Bei Abschluss des Altersteilzeitvertrages habe sie zudem damit rechnen müssen, aufgrund wirtschaftlich bedingter Umstrukturierungen des Betriebes ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Im Jahr 2000 sei bei der W. die Rahmenbetriebsvereinbarung mit den bereits bestehenden Altersteilzeitregelungen für ältere Arbeitnehmer um den Geburtsjahrgang 1948 erweitert worden. Dabei sei vom Vorstand und Betriebsrat davon ausgegangen worden, dass alle betreffenden Mitarbeiter die Regelung zur Vermeidung von betriebsbedingten Kündigungen in Anspruch nehmen. Diese Regelung habe für die Klägerin nur für die Zeit vom 01. Januar 2000 bis 31. Dezember 2000 gegolten.

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Die von der Klägerin in Bezug genommene Rahmenbetriebsvereinbarung vom 11. Juni 1999 mit einer Laufzeit vom 01. Januar bis 31. Dezember 2000 sah u.a. eine Verlängerung der Altersteilzeitregelung vor. Diese Regelung umfasse alle Mitarbeiter, die im Jahre 1948 geboren worden seien. Vorstand und Betriebsrat würden davon ausgehen, dass alle betroffenen Mitarbeiter diese Regelung in Anspruch nehmen. Per 31. Dezember 1999 werde die Altersteilzeit-Regelung für die Jahrgänge vor 1947 geschlossen. Der Vorstand verzichte grundsätzlich auf betriebsbedingte Kündigungen. In Einzelfällen seien Änderungskündigungen zulässig.

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Auf Nachfrage der Beklagten teilte die DRV Bund mit, dass die Klägerin am 03. Dezember 2002 und 22. November 2007 eine Rentenauskunft nach aktuellem Recht nach einer Kontenklärung erhalten habe. Eine Auskunft mit den Daten zum Stand vor und nach Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung könne aus technischen Gründen nicht erfolgen. Eine Schlechterstellung zu den Rentenauskünften aus Dezember 2002 und November 2007 sei aber nicht erfolgt. In der ersten Rentenauskunft vom 03. Dezember 2002 war eine Regelaltersrente von 938,15 € (brutto), in der Rentenauskunft vom 22. November 2007 eine Regelaltersrente von 1.131,95 € (brutto) mitgeteilt worden, jeweils unter Berücksichtigung der bis dahin zurückgelegten Zeiten und erzielten Entgelte.

10

Die W. teilte mit, es gebe keinen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Altersteilzeitvertrages und der Zahlung der betrieblichen Zusatzrente. Im Jahr 2002 sei bekannt geworden, dass die Klägerin in der Rentenversicherung eine Anwartschaft nach dem AAÜG erworben habe. Diese Anwartschaften schlössen nach dem Regelwerk der W. die Zahlung einer Betriebsrente aus.

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Durch Widerspruchsbescheid vom 20. August 2010 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin habe ihr Beschäftigungsverhältnis gelöst, indem sie ihr unbefristetes Arbeitsverhältnis im Rahmen einer mit ihrer Arbeitgeberin geschlossenen Altersteilzeitvereinbarung in ein befristetes umgewandelt habe mit der Folge, dass anschließend Beschäftigungslosigkeit eingetreten sei. Nach der Intention des Gesetzgebers solle durch Altersteilzeitarbeit älteren Arbeitnehmern ein gleitender Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ermöglicht werden (§ 1 Abs. 1 Altersteilzeitgesetz -AtG-); Arbeitslosigkeit solle also nicht eintreten. Die Klägerin habe sich nach Beendigung ihrer Beschäftigung in Altersteilzeit arbeitslos gemeldet anstatt planmäßig Altersrente zu beziehen. Diese Beschäftigungslosigkeit habe die Klägerin wissentlich (vorsätzlich) herbeigeführt. Sie könne sich nicht auf einen wichtigen Grund berufen. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Klägerin im Zusammenhang mit dem Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung für sie günstigere Rentenauskünfte erhalten habe.

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Mit der am 23. September 2010 beim Sozialgericht A-Stadt (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und ergänzend vorgetragen, sie habe durch Erwerb weiterer Entgeltpunkte durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung die Rentenkürzung ausgleichen müssen. Zur betrieblichen Zusatzrente führte die Klägerin aus, die Arbeitgeberin habe entschieden, dass die betriebliche Zusatzrente nicht an diejenigen Arbeitnehmer gezahlt werde, die Ansprüche aufgrund des AAÜG geltend machen würden. Zu dieser Problematik liege zwischenzeitlich auch Rechtsprechung bis zum Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 21. Januar 2003 - Az.: 3 AZR 35/02) vor. Durch die für sie nicht vorhersehbare Entscheidung des Arbeitgebers ergebe sich eine Reduzierung der Altersbezüge in Höhe von etwa 65,00 € monatlich. Die nunmehr seit August 2012 bezogene Rente betrage 1.273,37 € netto (1.417,22 € brutto).

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Auf Nachfrage seitens des SG hat die Klägerin schriftlich mitgeteilt, vor dem Abschluss des Altersteilzeitvertrages keine Rentenauskunft eingeholt zu haben. Aufgrund ihres damaligen Alters von 51 Jahren sei dies nicht zwingend erforderlich gewesen. Ihre Gedanken seien gewesen, sie habe noch genügend Zeit, diese anzufordern. Eine solche sei laut Nachfrage bei der BfA etwa im November 1999 auch nicht zeitnah erhältlich gewesen wegen eines hohen Arbeitsanfalls der Rentenversicherung. Ca. Ende 1999 sei ein Gespräch bei der Personalabteilung geführt worden, in die Altersteilzeit einzuwilligen. Ein ergänzendes Gespräch sei Anfang Januar 2000 geführt worden. Die Rahmenvereinbarung der W. sei jährlich angepasst worden, sodass es möglich gewesen sei, dass diese für sie im Folgejahr nicht mehr gegolten hätte. Eigentlich habe sie die Altersteilzeit aus finanziellen Gründen, dh wegen des Gehaltverlusts nicht nutzen wollen. Zu dem Zeitpunkt habe ihr Sohn aber noch studiert und es sei ihr wichtig gewesen, ihn bis zum Ende seiner Ausbildung zu unterstützen. Da die Bedingungen der Rahmenvereinbarung bis zum Renteneintritt zugesichert worden seien und damit auch die Zahlung der Rentenbeiträge bis zum Ende der Altersteilzeit, habe sie keinen Zweifel gehabt, diesen Weg schließlich zu gehen, ohne über die tatsächliche Höhe der Rente allerdings Bescheid zu wissen. Die gezielte Informationskampagne der W. habe das Gefühl erzeugt, dass die künftige Rente trotz Altersteilzeit im Bereich der eigenen nicht übertriebenen Erwartung liegen würde. Später habe sich dann gezeigt, dass die Bearbeitung der Kontenklärung von ihrem Antrag im März 2001 bis März 2003 gedauert habe.

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Die Klägerin hat beantragt,

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den Bescheid vom 8. Januar 2009 ganz und den Bescheid vom 9. Januar 2009 teilweise jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, Arbeitslosengeld ab 1. Januar - 25. März 2009 in Höhe von 31,03 €/Tag zu gewähren.

16

Die Beklagte hat beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Auf Nachfrage des SG ist folgender weiterer beruflicher Werdegang der Klägerin mitgeteilt worden:

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26.03.2009 bis 27.09.2009

Bezug von Alg

        

28.09.2009 bis 23.12.2009

Beschäftigungsverhältnis

        

24.12.2009 bis 31.12. 2009

Bezug von Alg

        

01.01.2010 bis 31.12.2010

Beschäftigungsverhältnis

        

01.01.2011 bis 28.07.2012

Bezug von Alg (neuer Anspruch, Anspruchsdauer 568 Tage)

        

Seit 01.08.2012

Altersrentenbezug

        

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Das SG hat die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung persönlich angehört. Diese hat u.a. erklärt, es sei damals von verschiedenen Seiten in der Firma darauf hingewiesen worden, wie wichtig es sei, dass die Älteren die Altersteilzeitregelung in Anspruch nehmen. Sie habe auch speziell eine Vorgesetzte gehabt, die da sehr hinterher gewesen sei. Es sei fast wie Mobbing gewesen. Es seien Ängste geschürt worden, dass man aufgrund der Änderung auf dem Energiemarkt arbeitslos werden könne. Anwaltliche Beratung habe sie aber nicht in Anspruch genommen, sie hätten mit den Kollegen untereinander gesprochen. Sie habe den Altersteilzeitvertrag zwar abgeschlossen, ohne gewusst zu haben, wie hoch ihre Rente später sein würde, es sei ihr am Ende aber auch egal gewesen. Sie habe für sich das Ziel gesetzt gehabt, dass sie im Alter monatlich 1.100,00 € als Rente zur Verfügung haben wolle. Als die Altersteilzeitregelung ausgelaufen sei, habe sie zwischenzeitlich eine Rentenauskunft erhalten und gewusst, dass sie 950,00 € monatlich als Rente bekommen werde. Das habe nicht mit ihrer Lebensplanung und der von ihr erwarteten Lebenserwartung zusammengepasst. Hätte sie versucht, noch im Jahr 2000 eine Rentenauskunft einzuholen, dann wäre ihr Aufstockungsbetrag im Laufe des Jahres immer geringer geworden, dh der Aufstockungsbetrag von Seiten der Arbeitgeberin sei umso höher gewesen, je früher sie sich entschieden habe, den Altersteilzeitvertrag zu unterschreiben.

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Das SG hat mit Urteil vom 19. März 2015 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin keinen wichtigen Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gehabt habe. Sie habe die Altersteilzeitvereinbarung geschlossen, ohne sich darüber im Klaren gewesen zu sein, welche Folgen dies für die Höhe ihrer späteren Altersrente haben würde. Insbesondere habe die Klägerin zuvor keine Rentenauskunft eingeholt. Unabhängig davon, ob seinerzeit die Kontenklärung noch längere Zeit in Anspruch genommen hätte, habe sie sich bei keiner fachkundigen Stelle beraten lassen. Sie habe vielmehr das Auslaufen des Altersteilzeitvertrages auf sich zukommen lassen und, nachdem zwischenzeitlich zwei Rentenauskünfte vorgelegen hätten, für sich entschieden, dass ihr die Rentenhöhe von 950,00 € monatlich nicht reiche. Die Prognose, dass die Klägerin bei Abschluss der Vereinbarung über Altersteilzeit beabsichtigte, aus dem Arbeitsleben auszuscheiden, liege hier nicht vor. Der Klägerin sei es im Wesentlichen darum gegangen, das Studium ihres Sohnes für die nächsten Jahre durch ein möglichst hohes eigenes Nettoeinkommen abzusichern ohne sich über die Folgen des Vertrages hinsichtlich der Höhe der Altersrente und erfolgende Abschläge im Klaren zu sein. Da der Klägerin die Höhe ihrer Rente nach Ablauf des Altersteilzeitvertrages zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages am 28. Februar 2000 nicht bekannt gewesen sei, komme es für die Prognose, in welchem Umfang Hochschulzeiten als Anrechnungszeiten bei der Altersrente Berücksichtigung finden, nicht an. Der Wegfall der betrieblichen Zusatzrente werde dadurch aufgefangen, dass die Zeit als AAÜG-Zeit berücksichtigt werde. Zudem hätte die Klägerin auch ohne Abschluss des Altersteilzeitvertrages keinen Anspruch auf die Betriebsrente gehabt.

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Auch der Vortrag, es hätten betriebsbedingte Kündigungen gedroht, wenn die Klägerin den Altersteilzeitvertrag nicht unterschrieben hätte, stelle keinen wichtigen Grund zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses dar. Es ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass konkret der Klägerin eine fristgemäße, sozial gerechtfertigte Kündigung gedroht habe. Vor dem Hintergrund 23-jähriger Betriebszugehörigkeit im Februar 2000 und als Alleinerziehende wäre die Klägerin einer solchen Kündigung nicht ausgesetzt gewesen. Aufgrund der „Sozialpunkte“ hätte die Arbeitgeberin eher jüngeren und Arbeitnehmern mit kürzerer Betriebszugehörigkeit eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen müssen, wenn sie es denn gewollt hätte.

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Eine besondere Härte liege nicht vor. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Klägerin subjektiv irrtümlich einen wichtigen Grund angenommen habe, der hier objektiv nicht vorliege, weil sie sich von vornherein gar keine Gedanken darüber gemacht habe, was nach Auslaufen ihres Altersteilzeitvertrages sein werde.

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Gegen das am 30. März 2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30. April 2015 Berufung eingelegt und ausgeführt, es sei ihr selbstverständlich nicht egal gewesen, wie hoch ihre Rente sein werde; sie sei aber davon ausgegangen, dass diese ungefähr 2300 bis 2500 DM monatlich betragen werde. Dies sei ein Erfahrungswert gewesen, der sich aus Gesprächen mit Kollegen, die bereits in Rente gegangen seien, ergeben habe. Selbstverständlich habe sie vor einer Entscheidung eine sichere Auskunft dazu einholen wollen. Bei der damaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte sei ihr aber mitgeteilt worden, dass eine kurzfristige Auskunft aufgrund des hohen Bearbeitungsvolumens nicht habe in Aussicht gestellt werden können. Letztendlich habe daher die Entscheidung ohne eine entsprechende Kontenklärung getroffen werden müssen. Der Zeitdruck zur Abgabe einer entsprechenden Erklärung sei durch die Arbeitgeberin so groß gewesen, dass eine Renteninformation nicht habe abgewartet werden können. Lediglich insoweit sei es letztendlich für die Entscheidung egal gewesen. Die Entscheidung, das Risiko einer baldigen Kündigung zu tragen, in Abwägung zu der gebotenen Altersteilzeitvereinbarung habe aber trotzdem gefällt werden müssen. Sie habe größte Angst gehabt, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Dagegen habe in der Waagschale das Angebot zu sicheren Einnahmen für die kommenden acht Jahre gelegen. Damit wäre ein Zeitpunkt erreicht gewesen, der auch aufgrund der familiären Situation ein Ausscheiden aus dem Berufsleben abschließend und unter Berücksichtigung der erwarteten Rente ermöglicht hätte. Sie habe sich damals nicht das Ziel gesetzt gehabt, 1100 € Rente zur Verfügung zu haben. Dies sei einfach der Betrag gewesen, von dem sie ausgegangen sei, dass er ihr zur Verfügung stehen werde und mit dem sie hätte leben können. Sich beispielsweise durch einen Rechtsanwalt beraten zu lassen, habe für sie nicht im Raum gestanden, auch dieser hätte über den Erfolg einer eventuellen Kündigungsschutzklage nur spekulieren können. Die Möglichkeit, die angebotene Altersteilzeit in Anspruch zu nehmen, habe nur bis zum 31. Dezember 1999 (richtig: 2000) bestanden. Es sei völlig offen gewesen, ob es im Folgejahr erneut ein entsprechendes Angebot der Arbeitgeberin geben würde. Sie selbst sei zu keinem Zeitpunkt davon ausgegangen, nach der Altersteilzeit eine ungekürzte Rente in Anspruch nehmen zu können. Die potentiell vorzunehmenden Abschläge seien ihr bekannt gewesen. Gerade unter Berücksichtigung dieser Abschläge habe sie sich nach den erfahrenen Rentenhöhen ihrer Kollegen den Betrag von ca. 1100 € errechnet. Was aber zum Zeitpunkt des Abschlusses der Altersteilzeitvereinbarung nicht bekannt gewesen sei, seien das Wegfallen der Anrechnung der Studienzeiten und der Wegfall der Betriebsrente in Bezug auf Leistungen nach dem AAÜG. Sie habe unter Berücksichtigung all der geschilderten Abschläge bei Abschluss der Vereinbarung die feste Absicht gehabt, nach Ablauf der Altersteilzeitvereinbarung in Rente zu gehen. Erst nach Erteilung der zweiten Rentenauskunft im Jahr 2007 habe sie erkennen müssen, dass sich die Rentenberechnung für sie anders als geplant dargestellt habe. Der endgültige Entschluss, nicht nahtlos in die Rente zu gehen, sei mit Erteilung des Rentenbescheides vom 7. November 2008 gefasst worden.

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Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 19. März 2015 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08. Januar 2009 und Abänderung des Bescheides vom 09. Januar 2009 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2010 zu verurteilen; Arbeitslosengeld ab 01. Januar bis 25. März 2009 in Höhe von 31,03 €/Tag zu gewähren.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Sie weist darauf hin, dass es vorrangig darauf ankomme, ob durch objektive Umstände die ursprüngliche feste Absicht der Klägerin ermittelt werden könne, im Anschluss an die Freistellungsphase eine Altersrente in Anspruch zu nehmen. Ein starkes Anzeichen für eine solche Absicht läge vor, wenn die Klägerin die berechtigte Erwartung gehabt hätte, eine abschlagsfreie Rente in Anspruch nehmen zu können. Diese habe ihr jedoch auch nach dem seinerzeit geltenden Rentenrecht nicht zugestanden. Sie habe es sogar unterlassen, ausreichende Informationen über die Höhe der zu erwartenden Rente einzuholen. Unerheblich sei hierbei, ob tatsächlich seinerzeit eine Rentenauskunft durch den Rentenversicherungsträger wegen Arbeitsüberlastung verweigert worden sei. Die Klägerin hätte sich auch anderweitig informieren können. Ein weiteres Indiz für ein Fehlen der Absicht, endgültig aus dem Erwerbsleben auszuscheiden, sei darin zu sehen, dass sich die Klägerin ein qualifiziertes Zeugnis habe ausstellen lassen.

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Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung von 17. Juni 2020 persönlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Befragung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), aber unbegründet.

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Gegenstand des Rechtsstreits ist, wie das SG zutreffend erkannt hat, nicht nur der Bescheid vom 8. Januar 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. August 2010, mit dem die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit festgestellt hat, sondern auch der Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 2009 über die Bewilligung von Alg für die Zeit ab 26. März 2010, soweit sie darin für die Zeit vom 1. Januar - 25. März 2009 die Zahlung von Alg abgelehnt hat. Nach der Rechtsprechung des BSG bildet dieser Bescheid eine rechtliche Einheit mit dem Sperrzeitbescheid (BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 – B 7 AL 6/08 R mwN).

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Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III ruht der Anspruch auf Alg für die Dauer einer Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, sich versicherungswidrig verhalten hat. Versicherungswidriges Verhalten liegt vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III). Die Sperrzeit beginnt nach § 144 Abs. 2 SGB III mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, also in Anwendung des Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 mit dem ersten Tag der Beschäftigungslosigkeit. Nach § 144 Abs. 3 SGB III beträgt in den Fällen des Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 die Dauer der Sperrzeit zwölf Wochen (Regelsperrzeit); sie verkürzt sich nach § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst b SGB III auf sechs Wochen, wenn eine Sperrzeit von zwölf Wochen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde.

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Die Klägerin hat ihr Beschäftigungsverhältnis gelöst, indem sie mit ihrem Arbeitgeber im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung das unbefristete Arbeitsverhältnis in ein befristetes umgewandelt hat. Sie hat ihre Arbeitslosigkeit mit dem Ende der Freistellungsphase zum 31. Dezember 2008 auch zumindest grob fahrlässig herbeigeführt, weil sie nicht mindestens konkrete Aussichten auf einen Anschlussarbeitsplatz hatte (vgl BSG, Urteil vom 17.11.2005 - B 11a/11 AL 49/04 R; Urteil vom 2.5.2012 - B 11 AL 6/11 R).

35

Die Klägerin kann sich für ihr Verhalten auch auf keinen wichtigen Grund berufen. Im Falle der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Altersteilzeitvertrag kann sich ein Arbeitnehmer auf einen wichtigen Grund berufen, wenn er bei Abschluss der Vereinbarung beabsichtigt, nahtlos von der Freistellungsphase der Altersteilzeit in den Rentenbezug zu wechseln und eine entsprechende Annahme bei prognostischer Betrachtung objektiv gerechtfertigt ist. Die Beurteilung des künftigen Verhaltens des Arbeitnehmers ist abhängig von seiner rentenrechtlichen Situation sowie davon, ob bzw. wie er diese unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Nachfragen bei sachkundigen Stellen eingeschätzt hat (BSG, Urteil vom 21.7.2009 – B 7 AL 6/08 R; Urteil vom 12. September 2017 – B 11 AL 25/16 R; Urteil vom 12.9.2019 – B 11 AL 19/18 R). Vor diesem Hintergrund sind neben Feststellungen zur rein subjektiven Vorstellung auch solche zum Vorhandensein bzw Nichtvorliegen von (möglichen) objektiven Begleitumständen (zB Abklärung der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit der Inanspruchnahme einer vorgezogenen Rente mit Bezug zu etwaigen damit verbundenen Abschlägen, vor Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung eingeholte Informationen, insbesondere sachkundiger Stellen) zu treffen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Oktober 2017 – B 11 AL 17/16 R).

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Ohne Belang hingegen ist eine abweichende spätere Entscheidung, sich entgegen der ursprünglichen Absicht dennoch arbeitslos zu melden, den Rentenbeginn hinauszuschieben und erst später eine Rente in Anspruch zu nehmen. Denn es bedarf bezüglich des wichtigen Grundes keiner retrospektiven Prüfung, sondern allein einer in die Zukunft gerichteten Prognose und damit einer ex-ante-Betrachtung ausgehend vom Zeitpunkt des Lösungstatbestandes (BSG a.a.O.). Zudem bedarf es für die Änderung der ursprünglichen Absicht keines wichtigen Grundes, hierfür fehlt es an einer rechtlichen Grundlage (BSG a. a. O.).

37

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lag ein wichtiger Grund nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin einen nahtlosen Wechsel von der Altersteilzeit in den Rentenbezug beabsichtigt hatte. Die objektiven Begleitumstände vermögen die diesbezügliche Behauptung der Klägerin nicht zu stützen. Die Klägerin hat in Bezug auf die nach Auslaufen der Altersteilzeit zu erwartende Höhe der Altersrente keinerlei Informationen bei sachkundigen Stellen eingeholt. Soweit sie – was allerdings nicht belegt ist - im November 1999 bei der Rentenversicherung diesbezüglich telefonisch angefragt haben will, ist ihr hierüber jedenfalls keine Auskunft erteilt worden. Die Klägerin hat auch nicht versucht, anderweitig eine – zumindest ungefähre – Berechnung ihrer zu erwartenden Altersrente zu erhalten, zB bei einem Rentenberater. Für den Senat ist daher nicht ersichtlich, dass die Klägerin sich ernsthaft mit der Höhe der zu erwartenden Rente auseinandergesetzt hat. Damit hatte die Klägerin aber im Ergebnis keine Grundlage dafür abzuschätzen, welche finanziellen Auswirkungen ein Renteneintritt unmittelbar nach Auslaufen der Altersrente für sie haben würde.

38

Soweit die Klägerin darauf verweist, sie habe im Hinblick auf die Rentenhöhe von Kollegen eine ungefähre Vorstellung von der Höhe der eigenen Altersrente gehabt, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Es ist offensichtlich, dass eine realistische Beurteilung der eigenen Rentenhöhe auf dieser Grundlage praktisch nicht möglich war, jedenfalls aber mit so erheblichen Unwägbarkeiten verbunden sein musste, dass sie keine taugliche Entscheidungsgrundlage für die Frage des Zeitpunkts der Inanspruchnahme einer Altersrente darstellen konnte. Der Senat hält es daher auch nicht für glaubhaft, dass die Klägerin gestützt auf eine solche Schätzung den Entschluss gefasst haben will, nach Auslaufen der Altersteilzeit in die Altersrente zu gehen. Vielmehr sprechen die Umstände und Erklärungen der Klägerin dafür, dass sie beabsichtigte, nur dann in die Rente zu gehen, wenn diese eine Höhe erreichen würde, die der Klägerin auskömmlich erschien. So hat sie vor dem SG - befragt zur Einholung einer Rentenauskunft - angegeben, dass dies aufgrund ihres damaligen Alters von 51 Jahren nicht zwingend erforderlich gewesen sei und ihre Gedanken gewesen seien, dass sie noch genügend Zeit habe, diese anzufordern. Ein Kontenklärungsverfahren ist dann auch erst 2001 von ihr eingeleitet worden. Die Klärung des Rentenkontos und der Rentenhöhe waren für die Klägerin somit offenbar nicht vordringlich. Zudem hat die Klägerin vor dem SG erklärt, dass sie den Altersteilzeitvertrag zwar abgeschlossen habe, ohne gewusst zu haben, wie hoch ihre Rente später sein würde, es sei ihr am Ende aber auch egal gewesen. Sie habe für sich das Ziel gesetzt gehabt, dass sie im Alter monatlich 1.100,00 € als Rente zur Verfügung habe. Diese Äußerungen lassen darauf schließen, dass die Klägerin es sich offen halten wollte, ob sie – abhängig von der Höhe der Rente - im Anschluss an die Altersteilzeit unmittelbar die Altersrente in Anspruch nimmt oder weiterhin dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.

39

Auch soweit die Klägerin geltend macht, entgegen ihrer ursprünglichen Absicht deshalb keine Rente in Anspruch genommen zu haben, weil sich die Rahmenbedingungen in Bezug auf die Rentenhöhe nachträglich geändert hätten, vermag dies nicht zu überzeugen. Bereits nach den eigenen Berechnungen der Klägerin wirken sich die von ihr nicht vorhersehbaren Änderungen in Höhe von nur ca. 125 € monatlich auf die Rente aus. Hierbei hat die Klägerin aber noch nicht berücksichtigt, dass der „Wegfall“ der Betriebsrente durch die Anerkennung von Ansprüchen aufgrund des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in der Regel kompensiert wird. Im Ergebnis ist daher eine etwaige „Rentenminderung“ nicht so erheblich, dass sich die tatsächliche Rentenhöhe nicht innerhalb der Schwankungsbreite bewegt, mit der die Klägerin selbst aufgrund ihrer eigenen nur sehr groben Schätzung rechnen musste.

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Im Ergebnis vermochte der Senat daher keinerlei objektive Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Altersteilzeitvertrages den unbedingten Entschluss gefasst hatte, im Anschluss an die Altersteilzeit die Rente in Anspruch zu nehmen.

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Ein wichtiger Grund lag schließlich auch nicht deshalb vor, weil die Klägerin im Falle des Nichtabschlusses der Altersteilzeitvereinbarung eine Kündigung fürchtete. Einen wichtigen Grund für den Abschluss eines Aufhebungsvertrags – und im Ergebnis stellt sich auch der Altersteilzeitvertrag als ein solcher dar - hat der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des BSG dann, wenn der Arbeitgeber mit einer objektiv rechtmäßigen ordentlichen Kündigung gedroht hat und dem Arbeitnehmer die Hinnahme dieser Kündigung nicht zuzumuten war (vgl ua BSG, Urteil vom 12. Juli 2006 – B 11a AL 47/05 R). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass der Klägerin überhaupt eine betriebsbedingte Kündigung zum gleichen (oder einem früheren) Beendigungszeitpunkt konkret gedroht hat. Vielmehr war der Rahmenbetriebsvereinbarung zu entnehmen, dass grundsätzlich auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet werden sollte. Auch wenn die Vereinbarung den Passus enthält, dass Vorstand und Betriebsrat davon ausgehen, dass alle betroffenen Mitarbeiter die Altersteilzeitregelung in Anspruch nehmen, bedeutet dies im Umkehrschluss keineswegs, dass den die Regelung nicht in Anspruch nehmenden Arbeitnehmern eine betriebsbedingte Kündigung konkret gedroht hätte. Im Übrigen dürfte eine betriebsbedingte Kündigung – wäre sie ausgesprochen worden - angesichts des Alters der Klägerin, der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit und bestehender Unterhaltsverpflichtungen ohnehin rechtswidrig sein.

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Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe erst mit dem Ende der Freistellungsphase, also ab 01. Januar 2009, zu laufen begann. Die Sperrzeit beginnt nach § 144 Abs. 2 SGB III mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet. Dieses Ereignis ist der Eintritt der Beschäftigungslosigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG ist nach dem Sinn und Zweck des Altersteilzeitrechts bei der Altersteilzeit im Blockmodell nicht die rein tatsächliche Beschäftigungslosigkeit - wie ansonsten in Sperrzeitfällen – maßgebend. Zeiten fehlender tatsächlicher Beschäftigung bei Altersteilzeit mit Blockfreistellungen führen somit sperrzeitrechtlich nicht zur Beschäftigungslosigkeit. Die Sperrzeit beginnt daher regelmäßig erst mit dem Ende, nicht bereits mit dem Beginn der Freistellungsphase (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juli 2009 – B 7 AL 6/08 R).

43

Die Dauer der Sperrzeit beträgt nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 3 SGB III zwölf Wochen; Gründe für die Herabsetzung der Sperrzeit auf sechs Wochen wegen einer besonderen Härte (§ 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2b SGB III) liegen nicht vor. Die Annahme einer besonderen Härte ist gerechtfertigt, wenn nach den Gesamtumständen des Einzelfalles der Eintritt einer Sperrzeit mit der Regeldauer im Hinblick auf die für ihren Eintritt maßgebenden Tatsachen objektiv als unverhältnismäßig anzusehen ist (vgl BSG, Urteil vom 26.03.1998 - B 11 AL 49/97 R). Die gesetzliche Regelung entzieht sich einer generalisierenden Betrachtung; vielmehr ist eine Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls vorzunehmen, wobei unverschuldete Rechtsirrtümer zu berücksichtigen sind (vgl BSG, Urteil vom 02.05.2012 - B 11 AL 18/11 R). Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin unverschuldet rechtsirrig davon ausgegangen ist, dass ihr eine – rechtmäßige – betriebsbedingte Kündigung droht, wenn sie die Altersteilzeitvereinbarung nicht abschließt, liegen nicht vor. Auch wenn auf die betroffenen Arbeitnehmer Druck ausgeübt worden ist, den Altersteilzeitvertrag zu unterschreiben, und allgemein Ängste in Bezug auf den Verlust des Arbeitsplatzes geschürt worden sind, ist nicht erkennbar, dass der Klägerin konkret eine Kündigung angedroht worden ist. Die allgemeine, wenn auch verständliche Befürchtung, dass infolge der Änderungen auf dem Energiemarkt der Arbeitsplatz gefährdet sein könnte, reicht unter den vorliegenden Gesamtumständen zur Annahme einer besonderen Härte nicht aus, insbesondere weil durch die Rahmenbetriebsvereinbarung Kündigungen ausdrücklich ausgeschlossen worden sind. Zudem wäre ein Irrtum dahingehend, eine solche Kündigung könnte in Bezug auf die Klägerin rechtmäßig sein, nicht unverschuldet, weil die Klägerin auch hierzu keinerlei Informationen bei sachkundigen Stellen eingeholt hat.

44

Der Alg-Anspruch mindert sich um die Anzahl von Tagen einer Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe; in Fällen einer Sperrzeit von zwölf Wochen mindestens jedoch um ein Viertel der Anspruchsdauer, die dem Arbeitslosen bei erstmaliger Erfüllung für den Anspruch auf Alg nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, zusteht (vgl. § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III). Das sind hier - ausgehend von einer Anspruchsdauer von 720 Tagen - 180 Tage.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

46

Die Auferlegung von Verschuldenskosten zu Lasten der Klägerin in Höhe von 225,00 € beruht auf § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Die Klägerin hat den Rechtsstreit fortgeführt, obwohl ihr vom Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2020 die Aussichtslosigkeit der Berufung und die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden sind und sie auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist.

47

Das Gericht hält in Ausübung seines Ermessens Kosten in Höhe von 225,00 Euro für angemessen. Zugunsten der Klägerin richtet sich das Gericht dabei an der gesetzlichen Mindesthöhe aus. Als verursachter Kostenbetrag gilt nach § 192 Abs. 1 Satz 3 SGG mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 SGG, d. h. vor dem erkennenden Gericht 225,00 Euro.

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Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

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