Urteil vom Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (13. Senat) - L 13 AS 202/18

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Aurich vom 26. Oktober 2018 wird geändert. Der Beklagte wird unter Änderung seines Bescheides vom 11. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2015 verurteilt, der Klägerin für Januar 2014 weitere Leistungen in Höhe von 15,23 € zu gewähren.

Im Übrigen wird Berufung zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Leistungsansprüche der Klägerin nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum vom 1. Dezember 2013 bis 31. Januar 2014 streitig, insbesondere die Anrechnung einer erhaltenen Zahlung in Höhe von 2.500 € als Einkommen.

2

Die 1990 geborene Klägerin stand nach der Trennung von ihrem Ehemann seit Mai 2013 im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II. Sie bewohnte mit ihrem 2012 geborenen Sohn eine Wohnung in M., für die eine Grundmiete von 320 € nebst Nebenkosten von 60 € und Heizkosten von 45 € (insgesamt 425 €) anfielen. Die Klägerin erzielte im streitbefangenen Zeitraum Einkommen aus einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis, wobei ihr im Dezember 2013 384,37 € (Arbeitsentgelt für November 2013) und im Januar 2014 380,96 € (Arbeitsentgelt für Dezember 2013) zuflossen. Für ihren Sohn erhielt die Klägerin Kindergeld in Höhe von 184 €, Unterhaltsvorschuss in Höhe von 133 € und Wohngeld in Höhe von 140 €.

3

Die für den Beklagten handelnde Gemeinde M. (nachfolgend einheitlich als Beklagter bezeichnet) bewilligte der Klägerin für den Bewilligungszeitraum vom 1. November 2013 bis 31. Januar 2014 – zum 1. Februar 2014 hatte die Klägerin den Zusammenzug mit ihrem Freund angekündigt – zunächst vorläufige Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 471,52 € monatlich (Bescheid vom 24. Oktober 2013). Bei der Berechnung der Leistungen ging der Beklagte davon aus, dass der Sohn der Klägerin seinen Bedarf durch Einkommen decken konnte. Am
31. Oktober 2013 ging auf dem Girokonto der Klägerin eine Überweisung in Höhe von 2.500 € ein. Diese stammte von den Käufern eines Hausgrundstücks, welches im Alleineigentum des getrenntlebenden Ehemannes stand und von den Eheleuten gemeinsam genutzt worden war. Zuvor hatten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin deren Ehemann aufgefordert, als Bedingung für die gemäß § 1365 Abs. 1 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erforderliche Zustimmung der Klägerin zu dem Hausverkauf einen Betrag von 2.500 € als Vorauszahlung auf die Zugewinnausgleichsansprüche zu zahlen.

4

Mit dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen, wiederum mit einem Vorläufigkeitsvorbehalt versehenen Änderungsbescheid vom 2. Dezember 2013 bewilligte der Beklagte der Klägerin daraufhin für Dezember 2013 und Januar 2014 monatliche Leistungen in Höhe von 54,86 €, wobei er die erhaltene Zahlung von 2.500 € mit einem monatlichen Teilbetrag von 416,66 € (Aufteilung auf sechs Monate) anrechnete. Aufgrund der Erhöhung der Regelbedarfe zum 1. Januar 2014 erteilte der Beklagte einen Änderungsbescheid vom 11. Dezember 2013, mit dem er für Januar 2014 nunmehr Leistungen in Höhe von 72,10 € bewilligte. Einen ausdrücklichen Vorläufigkeitsvorbehalt enthält dieser Bescheid nicht. Nach Vorlage der Lohnabrechnung für November 2013 erteilte der Beklagte einen weiteren Änderungsbescheid vom 6. Januar 2014, mit dem unter Wegfall des bisherigen Vorläufigkeitsvorbehalts für Dezember 2013 nunmehr Leistungen in Höhe von 67,36 € bewilligte.

5

Die Klägerin legte gegen den Bescheid vom 2. Dezember 2012 Widerspruch ein, mit dem sie sich gegen die Anrechnung der erhaltenen Zahlung in Höhe von 2.500 € als Einkommen wandte und geltend machte, dass diese nach § 11a Abs. 5 SGB II nicht berücksichtigt werden dürfe, da der Ehemann zu dieser Zuwendung weder rechtlich noch sittlich verpflichtet gewesen sei. Es handele sich um eine „Vorabzahlung auf eine ggf. zu treffende Scheidungsfolgenvereinbarung, Zugewinnausgleichsansprüche oder aber auch Versorgungsausgleichsansprüche“. Mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2015, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 14. Juli 2015, wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, der Betrag von 2.500 € sei als einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten aufzuteilen und dementsprechend mit monatlichen Beträgen von 416,66 € anzurechnen gewesen. § 11a Abs. 5 SGB II stehe dem nicht entgegen, da die Anrechnung nicht grob unbillig sei. Auch sei die Lage der Klägerin durch die Zuwendung durchaus günstig beeinflusst worden.

6

Die am 13. August 2015 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Aurich mit Urteil vom 26. Oktober 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der dem Konto der Klägerin am 31. Oktober 2013 gutgeschriebene Betrag von 2.500 € stelle Einkommen i. S. des § 11 SGB II dar, da für die Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen sei und die Zahlung hier nach dem Leistungsantrag der Klägerin erfolgt sei. Das Schicksal der Forderung sei insoweit unerheblich, zudem entstehe der Ausgleichsanspruch nach § 1378 Abs. 3 BGB erst mit der Beendigung der Zugewinngemeinschaft, welche hier noch nicht aufgelöst gewesen sei.

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Gegen das ihr am 8. November 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. Dezember 2018, einem Montag, Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass der erfolgten Vorauszahlung auf ihren Zugewinnausgleichsanspruch eine Vermögensposition zugrunde gelegen habe, sodass es sich um die Umwandlung vorhandenen Vermögens gehandelt habe und eine Anrechnung als Einkommen nicht habe erfolgen dürfen. Dessen ungeachtet hätte die Zahlung auch nach § 11a Abs. 5 SGB II nicht als Einkommen berücksichtigt werden dürfen, da der getrenntlebende Ehemann zu der Vorauszahlung weder rechtlich noch sittlich verpflichtet gewesen sei. Die Berücksichtigung als Einnahme stelle auch eine unbillige Härte dar, da sie nur der Absicherung des zukünftigen Ausgleichsanspruchs gedient habe.

8

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

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das Urteil des SG Aurich vom 26. Oktober 2018 aufzuheben und den Beklagten unter Änderung seines Bescheides vom 2. Dezember 2013 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 11. Dezember 2013 und 6. Januar 2014 und des
Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2015 zu verurteilen, ihr höhere Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Dezember 2013 bis 31. Januar 2014 zu zahlen.

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Der Beklagte beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

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die Berufung zurückzuweisen.

12

Er hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest und trägt ergänzend vor, dass eine grobe Unbilligkeit der Berücksichtigung des Einkommens i. S. des § 11a Abs. 5 SGB II nicht zu erkennen sei. Die vorzeitige Zahlung auf den Zugewinnausgleich habe lediglich dem Schutz der Klägerin vor einer eigenmächtigen Veräußerung der Vermögenswerte durch ihren getrenntlebenden Ehemann gedient. Hätte die Klägerin ihre Zustimmung zum Verkauf des Hausgrundstücks nicht erteilt, hätte das Hausgrundstück nicht veräußert werden können und die Vermögenswerte wären weiterhin vorhanden gewesen. Zudem sei durch die Zahlung die Lage der Klägerin auch günstig beeinflusst worden, da sich ihr Leistungsanspruch für sechs Monate um 416,66 € verringert habe.

13

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

14

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungs- und Prozessakten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

15

Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß § 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nur in geringfügigem Umfang begründet.

16

Der den Januar 2014 betreffende Änderungsbescheid vom 11. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2015 ist dahingehend zu korrigieren, dass der Klägerin im Hinblick auf das tatsächlich in diesem Monat erzielte Arbeitsentgelt ein um 15,23 € höherer Leistungsanspruch zuzuerkennen ist. Im Übrigen erweisen sich das Urteil des SG Aurich sowie die angefochtenen Bescheide des Beklagten als rechtmäßig.

17

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben dem Urteil des SG Aurich vom 26. Oktober 2018 der Bescheid des Beklagten vom 2. Dezember 2013, mit dem die Leistungen auf 54,86 € herabgesetzt wurden, und zwar für Dezember 2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6. Januar 2014 (Erhöhung auf 67,36 €) und für Januar 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 11. Dezember 2013 (Erhöhung auf 72,10 €). Diese Bescheide gelten, soweit sie vorläufig erlassen wurden, gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 41a Abs. 5 S. 1 SGB II als abschließende Festsetzungen. Da die Klägerin nach ihrem erstinstanzlichen Vorbringen die Leistungsberechnungen des Beklagten auch unabhängig von der im Vordergrund des Rechtsstreits stehenden Frage der Anrechnung der Zahlung des Ehemannes für unzutreffend hält und damit über den vorläufigen Bewilligungsbescheid vom 24. Oktober 2013 hinausgehende Leistungen begehrt, ist statthafte Klageart die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Abs. 4, § 56 SGG. Für die isolierte Anfechtung des abschließenden Leistungsbescheids mit dem Ziel, die vorläufig bewilligten Leistungen behalten zu dürfen, fehlt demgegenüber das Rechtsschutzbedürfnis. Bei einer reinen Anfechtungsklage würde der Verfügungssatz insgesamt entfallen, ohne dass dem verfahrensrechtlichen Anspruch des Klägers auf eine zutreffende abschließende Entscheidung über sein ursprüngliches Leistungsbegehren durch feststellenden Verwaltungsakt Rechnung getragen wäre (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. nur Urteil vom 8. Februar 2017 - B 14 AS 22/16 R - juris Rn. 11 m. w. N.).

18

Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs auf höheres Arbeitslosengeld II für die Monate Dezember 2013 und Januar 2014 ist § 19 Abs. 1 i. V. m. §§ 7, 9, 11 ff., 20 ff. SGB II. Die Klägerin erfüllte unstreitig die Grundvoraussetzungen für Leistungsansprüche nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II, auch erfüllte sie keinen Ausschlusstatbestand.

19

Bei der Berechnung der Leistungsansprüche für die hier streitbefangenen zwei Monate ist der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass die am 31. Oktober 2013 auf dem Konto der Klägerin eingegangene Zahlung in Höhe von 2.500 €, die von ihrem damaligen Ehemann durch Anweisung an die Käufer seines Hauses bewirkt worden war, als Einkommen i. S. des § 11 SGB II anzurechnen ist.

20

Einkommen i. S. dieser Vorschrift ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen i. S. des § 12 Abs. 1 SGB II das, was jemand vor der Antragstellung bereits hatte, wobei auszugehen ist vom Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zeitpunkt als maßgeblich bestimmt (so zuletzt Urteil vom 9. August 2018 - B 14 AS 20/17 R - juris Rn. 11 ff. mit umfangreichen Nachweisen aus der bisherigen Rechtsprechung). Hintergrund für diese Differenzierung ist, dass erst in der Bedarfszeit nach Antragstellung hinzukommende Mittel – von den Ausnahmen nach § 11a SGB II und den Absetzbeträgen nach § 11b SGB II abgesehen – grundsätzlich vollständig zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden sollen, während auf vorher Erlangtes nur zurückzugreifen ist, soweit es die Vermögensschongrenzen überschreitet.

21

Nach diesem Maßstab ist die hier in Rede stehende Zahlung als Einkommen zu berücksichtigen, da sie der Klägerin nach ihrem Antrag auf Leistungen nach dem SGB II zugeflossen ist. Es handelt sich entgegen ihrer Auffassung nicht um einen Geldzufluss aus der Umschichtung vorhandener Werte (z. B. Auszahlung eines Sparguthabens), welches grundsicherungsrechtlich grundsätzlich nicht als zum Lebensunterhalt einzusetzendes Einkommen anzusehen ist (vgl. BSG a. a. O. juris Rn. 14 m. w. N.). Insbesondere hat die Klägerin nicht vorhandenes Grundvermögen versilbert, da sie nicht Miteigentümerin des von ihrem Ehemann veräußerten Hausgrundstücks war. Dieses ist auch nicht deswegen dem Vermögen der Klägerin zuzurechnen, weil sie im Falle der Scheidung ggf. einen Anspruch auf Zugewinnausgleich hatte. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft wird dadurch gekennzeichnet, dass die Ehegatten am jeweiligen Vermögen des anderen dinglich nicht beteiligt sind und, wenn der Güterstand anders als durch Tod endet, ein Ausgleich stattfindet, indem dem Ehegatten mit geringerem Zugewinn eine Geldforderung auf die Hälfte des Betrages eingeräumt wird, mit dem der Zugewinn des anderen den eigenen Anspruch übersteigt (§§ 1372, 1378 BGB). Es handelt sich mithin um einen schuldrechtlichen Anspruch, so dass – wie das BSG zum früheren Arbeitslosenhilferecht bereits entschieden hat (Urteil vom 8. Juni 1989 - 7 RAr 34/88 - juris Rn. 31) – der Zugewinnausgleich keine Umschichtung innerhalb des Vermögens des ausgleichsberechtigten Ehegatten darstellt. Hieraus folgt auch für die Grundsicherung für Arbeitsuchende, dass nach dem Leistungsantrag erfolgte Zahlungen auf den Zugewinnausgleichsanspruch als Einkommen zu qualifizieren sind (so zutreffend Hessisches Landessozialgericht [LSG], Beschluss vom 6. April 2010 - L 7 AS 90/10 B ER - juris Rn. 31; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 13. Mai 2015 - L 4 AS 168/15 NZB - juris Rn. 18 ff.; SG Münster, Urteil vom 14. Dezember 2012 - S 3 AS 992/10 - juris Rn. 21 f.; Söhngen in: jurisPK-SGB II, § 11 Rn. 40.1; a. A. SG Berlin, Urteil vom 28. Januar 2010 - S 128 AS 25352/07 - juris Rn. 34 ff.).

22

Ob der von dem Ehemann bewirkten Zahlung von 2.500 € ein zivilrechtlicher Anspruch der Klägerin zugrunde gelegen hat, kann letztlich dahinstehen. Auch wenn eine auf Geld oder Geldeswert gerichtete (noch nicht erfüllte) Forderung (z. B Gehaltsforderung) einen wirtschaftlichen Wert darstellt und zum Vermögen des Forderungsinhabers gehört und eine Einnahme aus dieser bereits bestehenden Rechtsposition erzielt wird, führt dies nicht zu einer "Konkurrenz" dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung (z. B Gehaltszahlung) als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr ist nach § 11 SGB II im Falle der Erfüllung einer (Geld-)Forderung grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung von Bedeutung, sondern das Gesetz stellt insofern allein auf die Erzielung von Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen ab. Eine Ausnahme ist allerdings dann zu machen, wenn mit früherem Einkommen Vermögen angespart wurde, z. B bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen, weil andernfalls der Rückgriff auf das Ersparte bei dessen Auszahlung eine unzulässige erneute Bewertung als Einkommen wäre (vgl. zum Vorstehenden: BSG, Urteil vom 22. August 2013 - B 14 AS 78/12 R - juris Rn. 27 m. w. N.). Nach diesen Kriterien ist vorliegend allein auf den Zufluss des Geldes am 31. Oktober 2013 abzustellen. Im Übrigen trägt die Klägerin selbst vor, dass ihr Ehemann zu der Zahlung rechtlich nicht verpflichtet gewesen sei, und dies stimmt mit § 1378 Abs. 3 S. 1 BGB überein, wonach die Ausgleichsforderung erst mit der Beendigung des Güterstandes entsteht. Die Erzielung der Einnahme in Höhe von 2.500 € stellt damit ohnehin keine Realisierung einer vermögenswerten Rechtsposition dar.

23

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das erzielte Einkommen auch nicht nach § 11a Abs. 5 SGB II von der Berücksichtigung ausgenommen. Diese Vorschrift, welche in modifizierter Form die Regelung aus § 84 Abs. 2 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) übernimmt, betrifft Zuwendungen, die ohne rechtliche oder sittliche Verpflichtungen erbracht werden, und nimmt diese von einer Anrechnung aus, wenn die Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder sie deren Lage nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Der Senat lässt dahinstehen, ob es sich bei der hier in Rede stehenden Zahlung überhaupt um eine Zuwendung i. S. des § 11a Abs. 5 SGB II handelt. Der Begriff der Zuwendung stimmt nicht mit dem Einkommensbegriff des § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II überein, welcher alle Einnahmen in Geld umfasst, sondern ist enger gefasst. Beispielhaft genannt werden in der Gesetzesbegründung Soforthilfen für Katastrophen, gesellschaftliche Preise zur Ehrung von Zivilcourage, Ehrengaben aus öffentlichen Mitteln, Spenden aus Tombolas (BT-Drucks. 17/3404, S. 94). Mit derartigen, stets freiwillig erbrachten Leistungen ist die hier erfolgte Vorleistung auf einen gesetzlichen Anspruch, welche mit der Drohung, die Zustimmung zum Hausverkauf zu verweigern, erzwungen worden war, jedenfalls nicht unmittelbar vergleichbar. Auch kann dahinstehen, ob nicht eine sittliche Verpflichtung des Ehemannes der Klägerin bestanden hat, seine durch die Trennung in finanzielle Not geratene Ehefrau an dem nach Abzug der Verbindlichkeiten verbleibenden Verkaufserlös des gemeinsam gewohnten Hauses teilhaben zu lassen, anstatt diesen zunächst in voller Höhe zu vereinnahmen und ggf. erst im Rahmen des Zugewinnausgleichs anteilig an die Klägerin auszukehren. Selbst wenn es sich bei der fraglichen Zahlung um eine Zuwendung handelt, zu der der Ehemann weder rechtlich noch sittlich verpflichtet war, sind die weiteren Voraussetzungen des § 11a Abs. 5 SGB II für die Anrechnungsfreiheit nicht erfüllt.

24

Die Anrechnung stellt sich nicht als grob unbillig dar. Nach der Gesetzesbegründung (a. a. O.) sind dies Fälle, bei denen eine Berücksichtigung des zugewendeten Betrags nicht akzeptabel wäre und die Zuwendung erkennbar nicht auch zur Deckung des physischen Existenzminimums verwendet werden soll. Bei der Prüfung, ob ein Härtefall vorliegt, muss beachtet werden, dass es sich im Verhältnis zu § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II um eine Ausnahmevorschrift handelt (vgl. Schmidt in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 11a Rn. 43). Die Berücksichtigung von sämtlichen, nicht besonders privilegierten Einnahmen beruht auf der Selbsthilfeverpflichtung und der durch die Einnahmen eröffneten Selbsthilfemöglichkeit (vgl. zum Sozialhilferecht: Schmidt in: jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 84 Rn. 19). Nach diesen Maßstäben ist hier eine grobe Unbilligkeit der Berücksichtigung nicht erkennbar. Die Inanspruchnahme der Vorschusszahlung des Ehemannes entsprach der Selbsthilfeobliegenheit der Klägerin und eine besondere Zweckbestimmung war mit der Zahlung nicht verbunden. Ihr Einsatz zur Bestreitung des Lebensunterhalts entspricht dem Regelfall, dass alle erzielten Einnahmen entsprechend zu verwenden sind, und stellt sich im Vergleich hierzu nicht als übermäßig hart dar. Angesichts der Höhe der Zuwendung war sie schließlich auch geeignet, die Lage der Klägerin günstig zu beeinflussen.

25

Davon ausgehend hat der Beklagte die Einnahme zu Recht als einmaliges Einkommen behandelt, gemäß § 11 Abs. 3 S. 4 SGB II auf einen Zeitraum von sechs Monaten aufgeteilt und mit einem monatlichen Teilbetrag von 416,66 € berücksichtigt. Als weiteres Einkommen der Klägerin ist ferner das erzielte Arbeitsentgelt, jeweils bereinigt um den Grundfreibetrag und den Erwerbstätigenfreibetrag, zu berücksichtigen, und zwar für Dezember 2013 in Höhe von 227,50 € (384,37 – 100,00 – 56,87) und für Januar 2014 in Höhe von 224,77 € (380,96 – 100 – 56,19). Ferner ist das den eigenen Bedarf des Sohnes übersteigende Kindergeld anzurechnen, und zwar für Dezember 2013 in Höhe von 20,50 € (224,00 € Regelbedarf + 212,50 € hälftige Aufwendungen für Unterkunft und Heizung = 436,50 € – 184 € Kindergeld – 133 € Unterhaltsvorschuss – 140 € Wohngeld) und für Januar 2014 in Höhe von 15,50 € (229,00 € Regelbedarf + 212,50 € hälftige Aufwendungen für Unterkunft und Heizung = 441,50 € – 184 € Kindergeld – 133 € Unterhaltsvorschuss – 140 € Wohngeld). Der Bedarf der Klägerin belief sich im Dezember 2013 auf 732,02 € (382,00 € Regelbedarf + 137,52 € Mehrbedarf wegen Alleinerziehung + 212,50 € hälftige Aufwendungen für Unterkunft und Heizung) und im Januar 2014 auf 744,26 € (391,00 € Regelbedarf + 140,76 € Mehrbedarf wegen Alleinerziehung + 212,50 € hälftige Aufwendungen für Unterkunft und Heizung). Hieraus errechnen sich unter Berücksichtigung des anzurechnenden Gesamteinkommens (664,66 € bzw. 656,93 €) Leistungsansprüche für Dezember 2013 in Höhe von 67,36 € und für Januar 2014 in Höhe von 87,33 €, woraus unter Berücksichtigung der bewilligten Leistungen ein Nachzahlungsanspruch für Januar 2014 in Höhe von 15,23 € resultiert.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Angesichts des nur geringfügigen Obsiegens der Klägerin ist eine anteilige Belastung des Beklagten mit deren außergerichtlichen Kosten nicht gerechtfertigt.

27

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

 


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