Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (5. Senat) - L 5 SF 24/12 B KO

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 2. April 2012 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

1

In dem Rechtsstreit des Antragstellers vor dem Sozialgericht Schleswig gegen die Berufsgenossenschaft Druck- und Papierverarbeitung (S 28 U 83/07) hatte das Sozialgericht das persönliche Erscheinen des Antragstellers zum Termin der mündlichen Verhandlung am 26. Oktober 2009 angeordnet und zuvor ein Gutachten bei dem Arzt für Orthopädie Dr. L. in Damp in Auftrag gegeben, das nach ambulanter Untersuchung des Antragstellers am 12. Oktober 2009 erstattet wurde.

2

Für die Wahrnehmung der beiden Termine hat der Antragsteller eine Kostenerstattung in Höhe von 973,36 EUR geltend gemacht. Der Kostenbeamte des Sozialgerichts hat die Entschädigung in Höhe von 75,50 EUR festgesetzt und der dagegen gerichteten Erinnerung nicht abgeholfen. Durch richterlichen Beschluss vom 2. April 2012 hat das Sozialgericht die Kosten in Höhe von 75,50 EUR festgesetzt. Laut Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses könne gegen die Entscheidung Beschwerde eingelegt werden.

3

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, die am 20. April 2012 bei dem Sozialgericht Schleswig eingegangen ist. Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die Beschwerde zulässig und begründet sei. Insbesondere sei die Beschwerde zulässig. § 4 JVEG sei lex specialis gegenüber § 178 SGG. In § 1 JVEG sei ausdrücklich geregelt, dass die Vorschriften des JVEG auch für die Sozialgerichtsbarkeit gelten würden und die Vergütung bzw. Entschädigung nach diesem Gesetz einheitlich für alle Gerichtsbarkeiten gewährt werde.

4

Der Antragsgegner hält die Beschwerde ebenfalls für zulässig, jedoch für unbegründet.

5

Nach Anhörung der Beteiligten hat der zuständige Einzelrichter das Verfahren gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG dem Senat übertragen.

II.

6

Der Senat entscheidet gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG mit seinen Berufsrichtern.

7

Die Beschwerde ist nicht statthaft und deshalb als unzulässig zu verwerfen.

8

Nach § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde nur statt, soweit nicht im SGG etwas anderes bestimmt ist. Nach § 178 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht endgültig, wenn gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten das Gericht angerufen wird. Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Antragsteller hat gegen den Kostenansatz des Sozialgerichts Schleswig Erinnerung eingelegt, über die das Gericht mit Beschluss vom 2. April 2012 entschieden hat. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angegriffen werden, weil das Sozialgericht „endgültig“ entschieden hat. Hieran ändert auch die Rechtsmittelbelehrung über die Zulässigkeit der Beschwerde nichts.

9

Wegen des abschließenden Normgefüges der §§ 172 ff. SGG (vgl. hierzu Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 26. Januar 2011 – L 1 B 266/09 SF E – mit weiteren Nachweisen betreffend das RVG, dessen ausführlicher Begründung sich der beschließende Senat uneingeschränkt bereits auch das GKG betreffend angeschlossen hat – Beschluss vom 3. September 2012 – L 5 SF 18/12 B KO -) ist auch bei der Erinnerung gegen den Kostenansatz nach § 8 JVEG die Beschwerde an das Landessozialgericht gegen die Entscheidung des Sozialgerichts ausgeschlossen. Nach der Systematik des SGG sind auf eine Erinnerung ergangene Beschlüsse des Sozialgerichts unanfechtbar. Neben der Regelung des § 178 Satz 1 SGG sieht deshalb das SGG auch für das Kostenfestsetzungsverfahren in § 197 Abs. 2 SGG und im Verfahren zur Feststellung der Pauschgebühr in § 189 Abs. 2 SGG nur eine gerichtliche – endgültige – Entscheidung auf die Erinnerung gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten vor, nicht aber eine Beschwerdemöglichkeit gegen den auf die Erinnerung hin ergangenen Beschluss.

10

Die Beschwerdemöglichkeit nach § 4 Abs. 3 JVEG (ebenso wie nach § 56 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 RVG und nach § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG) ist danach nur in Verfahrensordnungen denkbar, die dieses Rechtsmittel nicht ihrerseits ausgeschlossen haben (vgl. zum Ausschluss der Beschwerde im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 8 JVEG Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. Juni 2011 – L 14 SF 143/11 BE –; Landessozialgericht Rheinland-Pfalz vom 7. April 2008 – L 2 B 47/08 SB –; anderer Ansicht Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 3. September 2009 – L 6 R 303/09 B –; Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 3. April 2012 – L 6 SF 306/12 B -). Für die Statthaftigkeit des Rechtsbehelfs ist das JVEG das allgemeinere Gesetz, das durch die speziellere Norm des § 178 Satz 1 SGG verdrängt wird.

11

Anders als auf das GVG und die ZPO in § 202 enthält das SGG keine Verweisung auf das JVEG. Soweit deshalb das SGG Verfahrensregelungen über die Kostenfestsetzung und die Rechtsmittel/Rechtsbehelfe enthält, sind nach dem gesetzgeberischen Willen die SGG-Vorschriften auch deshalb vorrangig anzuwenden. Der Grundgedanke des § 202 SGG bezogen auf die dort genannten Normen von GVG und ZPO gilt erst recht, soweit das SGG keine Verweisung auf Normen außerhalb des SGG ausspricht.

12

Die vom Sozialgericht fehlerhaft erteilte Rechtsmittelbelehrung vermag ein Rechtsmittel, das – wie hier – gesetzlich ausgeschlossen ist, nicht zu eröffnen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 10. Aufl. vor § 143 Rdn. 14b; Bundessozialgericht, Urteil vom 20. Mai 2003, B 1 KR 25/01 R).

13

Das Verfahren ist nach § 4 Abs. 8 Satz 1 JVEG gebührenfrei.

14

Kosten werden nach § 4 Abs. 8 Satz 2 JVEG nicht erstattet.

15

Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen